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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Umnutzung und Aufstockung Bunker im Quartier Luisenhöfe in Aachen

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

Architektur Hammers

Architektur

Erläuterungstext

Ein Bunker war ein bedrückender Rückzugsort für Menschen in extremer Not, verbunden mit Überlebensängsten, aber auch der Hoffnung, der Beengtheit lichtloser Räume zu entkommen.

Durch gezieltes Aufbrechen dieser historischen Mauern soll symbolisch das Licht ins Innere geführt werden. Dosiert lernt man den Wert des Tageslichtes neu zu schätzen.

Die neugestalteten Räume, die ihre Mächtigkeit weitestgehend behalten sollen, werden den künftigen Nutzer*innen und Besucher*innen neue „Lichtblicke“ gewähren. Die „gebunkerte“ Geschichte kann und soll freigesetzt werden und mit nachhaltiger zeitgemäßer Symbolkraft ein Anziehungspunkt, ein Merkpunkt, eine Stadtmarke für Menschen nicht nur aus dem Quartier werden: anschauen, erleben, diskutieren, eintreten, eindringen und auf das Dach steigen können.

Ein Erfahrungsraum, der den Bunker neu belebt.

Die Aufstockung respektiert die klar begrenzte Form des Bunkers, weist aber dennoch durch ihre weite Auskragung den Weg in eine neue Zeit weit über die Gebäudegrenze hinaus, ohne den Bunker im „Schatten“ stehen zu lassen. Im Gegenteil, die großflächige Panoramaverglasung öffnet sich dem Quartier und lädt ein, neugierig zu sein, das Innere zu erfahren. 

Ziel ist es, den Betonbunker als vermeintlich „unkaputtbaren“ Zeitzeugen aufzubrechen und mit nachhaltiger Baukunst zu kontrastieren.


Kontrast der Form: Aus Quader wird Prisma

Kontrast des Materials: Aus Beton wird Holz

Kontrast der Farben: Aus Grau wird Grün

Kontrast des Lichtes: Aus Dunkelheit wird Licht und Schatten

Kontrast der Nutzung: Aus Fluchtpunkt wird Lebensraum


Dach- und Fassadenbegrünung

Alle Dach- Wand- und Schrägdachflächen werden begrünt. In städtischen nachverdichteten Quartieren ist eine Verstärkung klimawandelbedingter Einflüsse, wie z.B. durch höhere Temperaturen und Starkregenereignisse zu erwarten. 


Dach- und Fassadenbegrünungen sind hier gebotene Maßnahmen für diese Herausforderungen. Eine Verbesserung des Mikroklimas, der Luftqualität, eine Minderung der Abflussspitzen bei Regenereignissen, sowie eine Erhöhung der Bio-Diversität ist ebenso zu erwarten, wie eine verbesserte Gebäudedämmung, Kühlung und Schalldämmung.


Begrünte Dächer und Fassaden wirken sich nicht nur direkt auf das Gebäude, sondern auch auf das Quartier aus. Sie besitzen das Potential, die Überwärmung städtischer Gebiete zu reduzieren.  

Begrünte Dächer und Fassaden tragen durch ihre Bindung von Feinstaub und Luftschadstoffen zu einer Verbesserung der Luftqualität ebenso bei, wie zur Reduktion von CO2.

Die visuelle Aufwertung des Wohn- und Arbeitsumfeldes durch Begrünungsmaßnahmen wird von vielen Menschen als sehr positiv für die allgemeine Lebensqualität und das Wohlbefinden empfunden und wirkt sich nachweislich auch auf eine bessere Arbeitsproduktivität aus.


Wichtig ist, dass neben sommergrünen auch immergrüne, artenreiche Pflanzen eingesetzt werden, um ganzjährig eine optische Aufwertung zu gewährleisten. Dies ist nicht nur aus ästhetischen Gründen wünschenswert, sondern führt insgesamt auch zu einem ökologischen Mehrwert.

Ob und inwieweit die begrünten Flächen als Ausgleichs- oder Kompensationsfläche für die Quartiersentwicklung angerechnet werden können, ist mit den jeweiligen Fachbereichen vor Ort auszuhandeln, da es hierzu noch keine einheitliche Rechtsprechung gibt.


Kellergeschoss

Das Kellergeschoss kann sowohl über eine Rampe mit dem Fahrrad, als auch über die Treppenräume erschlossen werden. Es bietet Platz für 216 Fahrräder über ein Fahrradaufhängesystem, 5 Lastenräder und 10 E-Bike Ladestationen. Außerdem bietet ein Selfservice (Werkstatt) die Möglichkeit kleiner Reparaturen.

Es stehen zwei Kellerräume, als zusätzliche Lagerfläche, für Stadtmarken zur Verfügung.

Die außen liegende, bestehende Trafostation wird in den Bunker verlegt.

 

Erdgeschoss

An der Nord-Westseite öffnet sich der Bunker durch einen zweigeschossiges, verglastes und begrüntes Prisma, das aus allen Richtungen des Quartiers gut sichtbar den Eingang markiert.

Ein kleiner Vorplatz erweitert den nördlich angrenzenden Kastanienhof und leitet gleichzeitig zur südwestlich anschließenden Außengastronomie über. Der natürliche Geländeversprung zwischen Nord- und Südseite des Bunkers wird durch eine großzügige Stufen- und Rampenanlage ausgeglichen. Die sonnenbeschienene Anlage soll zum Verweilen einladen und ist wichtiges Bindeglied zwischen dem neuen Wohnquartier und den vorhandenen Spielflächen im Süden.

Der Eingangsbereich – die „Lobby“ des Bunkers – bietet neben einem Infopunkt und einer Packstation ausreichend Platz für den Wartebereich und dient als Treffpunkt.

 

An den Wänden könnte eine kleine Dauerausstellung zur Historie des Bunkers und des Quartiers installiert werden. Auch Wechselausstellungen sind vorstellbar.

 

Über die Lobby erreicht man das unveränderte alte Treppenhaus, mit zwei gegenüberliegenden Aufzügen, von denen einer vorrangig für das Büro der Stadtmarken vorgesehen ist. Der andere Aufzug führt zu den Veranstaltungs- und Funktionsräumen im 1. und 2. OG.

 

Vom Eingangsbereich und von der Terrasse aus wird die Gastronomie erschlossen.

Wände, Böden und Decken sollen hier weitestgehend im Erscheinungsbild des Bunkers erhalten bleiben. Im östlichen Teil des Erdgeschosses schließen sich Küche und Nebenräume der Gastronomie an. Die Andienung, sowie die Ver- und Entsorgung des Restaurants erfolgt über einen neuen Zugang an der Nordseite mit Anbindung durch die Toreinfahrt an die Südstraße.

Über diesen Zugang wird auch ein Probenraum für Musiker störungsfrei erreicht.

 

1. Obergeschoss

Direkt neben dem Haupttreppenhaus, an der Westseite des Bunkers, liegen zwei Gäste- Apartments.  Ein drittes Apartment kann optional auf gleicher Ebene am gegenüberliegenden zweiten Treppenhaus angeboten werden. Für die übrige Hauptfläche auf der ersten Etage, wird ein Nutzungskonzept vorgeschlagen, das fast keine baulichen Eingriffe in die vorhandene Substanz erforderlich macht.

 

Dialog-Museum 

Das Dialog-Museum ist ein Museum, das „Sinne“ macht.

Die Ausstellung „Dialog im Dunkeln“ ist vollkommen lichtlos.

Ein Bunker ist daher wie geschaffen für eine solche „Sinneserfahrung.“ Man sieht tatsächlich nichts, dafür geht man mit allen anderen Sinnen auf Entdeckungstour. Kleine Gruppen werden von blinden oder sehbehinderten Menschen durch einen lichtlosen Parcours mit wechselnden Themenräumen geführt.

Dabei entsteht ein Perspektivwechsel, der sensibilisiert und Inklusion unmittelbar erlebbar macht.

Dieses Ausstellungskonzept wurde vor vielen Jahren in Frankfurt am Main entwickelt, ist seither nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Hamburg ansässig und gilt heute als herausragendes Beispiel für soziales Unternehmertum.

Die Franchise-Ausstellung wurde vielfach ausgezeichnet, ist auch international erfolgreich und findet sich in vielen Großstädten dieser Welt.

Dialog im Dunkeln ist ein unvergessliches und nachhaltig veränderndes Erlebnis.


2. Obergeschoss

Auf einer Fläche von ca. 30 qm soll die Decke über dem 2.OG. herausgenommen werden, sodass großzügig Licht in die Ebene des 2. OG. fällt. Diese Fläche wird als begehbares Atrium, als Lichthof den hier angeordneten Räumen (Atelier, Bibliothek, Co-Working und Mehrzwecksaal) ausreichend Licht spenden und zugleich auch ein geschützter Freisitz sein.

Die Außenhülle des Bunkers kann somit auch auf dieser Etage weitestgehend unangetastet bleiben. Im westlichen Teil der Etage sind auch hier, direkt neben dem Treppenhaus, die Kreativ- und Besprechungsräume für das Büro Stadtmarken geplant.

                                                                                                                                         

3. und 4. Obergeschoss (Aufstockung)

Das vorhandene alte Treppenhaus an der Westseite wird in gleicher Breite und Anordnung als Betontreppenhaus fortgeführt und erschließt die beiden Obergeschosse und auch die neue Gründachfläche. Das Treppenhaus, die Außenwände und zwei Stützen sind tragend ausgebildet, sodass auf beiden Etagen größtmögliche Flexibilität für die wechselnden Ansprüche moderner Arbeitsplatzformen gewährleistet ist.

Die Belichtung der Flächen erfolgt über geschosshohe Glaswände an der Ostseite, direkt über dem Atrium und an der Westseite über eine „fliehende“ Panoramaverglasung, die dem Verlauf der rautenförmigen Gebäudeform folgt. Zu dieser Seite hin wird ein großzügiger Blick über das ganze Areal des Blockinnenbereiches gewährt.

 

Tragwerk der Aufstockung

Büroetagen, die auf wechselnde Anforderungen kreativ reagieren müssen, um zukunftsfähig zu sein, sollten offen und mit natürlichem blendfreiem Licht durchflutet sein. Sie müssen an unterschiedliche langfristige Anforderungen anpassbar sein und mit nachhaltigen Produkten gebaut werden.

Für die Konstruktion der Büroaufstockung werden für Wände, Dach und Decke großformatige massive Holzsperrholztafeln verwendet. Durch die Vorelementierung geschosshoher Wandscheiben, können problemlos weite Auskragungen und Spannweiten bewältigt werden.

Kurze Montagezeiten und überflüssige Trockenzeiten verkürzen die Bauzeit.

 

Für die Herstellung der weitgespannten Deckenfelder kommt eine hybride Konstruktion mit der Deltabeam-Technologie der Firma Peikko zum Einsatz. Ohne Unterzüge und nur mit wenigen Stützen lassen sich große Spannweiten für ein maximal nutzbares Raumvolumen realisieren. Hybride Konstruktionen, bei denen Holzdecken und -stützen mit Beton und Stahl kombiniert werden, entsprechen dem Zeitgeist, da das Holz ein erneuerbarer Rohstoff mit geringen

CO2-Emissionen ist.

Anschlussdetails sind vorgefertigt und standardisiert, sodass der Bau schnell und einfach und die Installation der Heizungs- und Lüftungsanlagen schnell und kosteneffizient ist.  Alle Anforderungen an den Brandschutz in der Gebäudeklasse V können mit dieser Bauweise erfüllt werden.

 

Brandschutz und Rettungswege

Da beide vorhandenen Treppenhäuser vom Keller bis ins 2. OG als abgeschlossen angesehen werden können, verfügen alle Geschosse über einen zweiten baulichen Rettungsweg. Durch eine entsprechend gesicherte Türschließung können im Brandfalle alle Nutzungseinheiten den jeweils zweiten baulichen Rettungsweg erreichen. Die beiden Apartments sind zusätzlich auch ohne Drehleiter anleiterbar.

Für die beiden Büroetagen der Stadtmarken sind verschiedene zweite Rettungswegoptionen möglich. Welche die beste ist, hängt u.a. auch von der Verfügbarkeit weiterer Feuerwehraufstellflächen im bestehenden städtebaulichen Konzept ab.

Variante 1: Die Gründachfläche auf dem Bunkerdach an der Ostseite dient als Sammelpunkt. Von hier aus kann mit der Drehleiter von der Nordseite aus angeleitert werden.

Variante 2: An gleicher Stelle kann ein zweiter baulicher Rettungsweg als schmale geradläufige Stahltreppe außen an der Nordfassade des Bunkers angebracht werden.

Variante 3: Von einer Feuerwehraufstellfläche auf dem Eingangsvorplatz kann die Loggia an der Westseite im 4.OG. angeleitert werden.

Variante 4: Aus dem 3. OG kann eine Rettungstreppe ins Atrium ein Geschoss tiefer geführt werden, um von hier aus zum vorhandenen zweiten Treppenhaus zu gelangen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept setzt sich zum historischen Gebäude deutlich ab. Die Qualität der Einbindung in die Umgebung erscheint der Jury jedoch fragwürdig, es wird eine „Pathosformel“ definiert, die eine Achse suggeriert, die jedoch nicht in die Umgebung weitergeführt wird. Die Selbstbezogenheit des Gebäudes steht im Wiederspruch zur gewünschten Kommunikationsfähigkeit mit dem Quartier. 

Im Grundriss sind gute Ansätze erkennbar. Allerdings sind beispielsweise die Anschlüsse der Fensterflächen mit den Bodenflächen nicht definiert, es ist unklar ob die rückwärtige Terrasse funktional gut zu erreichen ist und auch die Qualität der Arbeitsplätze ist durch die mangelnde Belichtung nicht überzeugend.  Positiv wird die Idee des Dialogmuseums hervorgehoben, da diese einen Umgang der entstehenden Räume mit einer besonderen Nutzung ermöglicht.  

Insgesamt bietet die Arbeit positiver Beiträge und unternimmt den Versuch eines neuen identifizierbaren Gebäudes, überzeugt aber nicht gänzlich. 

Lageplan

Lageplan

Nutzungsmix

Nutzungsmix

EG

EG

OG1

OG1

OG2

OG2

OG3

OG3

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht West

Ansicht West