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4. Rang 6 / 6

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2023

Arealentwicklung Werkhof Hochstrasse Schaffhausen (CH)

4. Rang

Preisgeld: 15.000 EUR

Dost Architektur GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

MÄCKLERARCHITEKTEN

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

BÖE studio

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Idee

Die baulichen Interventionen des Projektvorschlags konzentrieren sich durch den Erhalt des Gebäudes an der Kreuzung Hochstrasse/ Finsterwaldstrasse auf den südlichen Arealbereich und die rückwärtige Industriehalle (heutige Shedhalle). Dabei wird das Areal in drei Hauptbereiche gegliedert: Den «Chronenplatz» mit öffentlichem Charakter um das Gebäude 131, den «Chronenhof» als grünes Zentrum auch für das Quartier und den «Chronengarten» als privatester Bereich vermittelnd zur südlichen Nachbarschaft. Die drei vorgeschlagenen Neubauten sind typologisch ähnlich in je zwei drei- bis sechsgeschossige Volumen gegliedert. Die markanteste Höhenentwicklung über sechs Geschosse findet sich am «Chronenhof», wo zusammen mit den vier- und fünfgeschossigen Teilvolumen ein klar definierter Raum geschaffen wird. Diese Disposition gestaltet sich gegensätzlich zum «Chronenplatz», der, gesäumt von den heterogenen Bestandesbauten und den offenen Strassenräumen, nicht gefasst ist. Zudem wird der öffentlichste Ort an der Kreuzung Hoch-/Finsterwaldstrasse durch die bescheidenen bestehenden Gebäudehöhen im Vergleich marginalisiert. Auch irritiert die ähnliche Typologie der Neubauten an den doch drei unterschiedlichen Situationen. Insbesondere die zweigliedrigen Volumetrien entlang der Hochstrasse und im Umgang mit der Shedhalle bieten wenig spezifische Lösungsansätze.

Freiraumgestaltung

Die Umgebung gliedert sich, von der Nutzung geprägt, in die drei Teilbereiche «Chronenplatz», «Chronenhof» und «Chronengarten». Die Nutzung entwickelt sich von Norden nach Süden von Öffentlich zu Privat. Der als Hartplatz ausgebildete öffentliche «Chronenplatz» positioniert sich etwas zurückversetzt zur Hoch- und Finsterwaldstrasse. Seine Qualität liegt sowohl in der klar formulierten Zugänglichkeit, die eine Belebung durch die Anwohner initiiert, als auch in der zurückversetzten Anordnung und Anbindung an das Café. Der «Chronenhof» liegt zentral und fungiert als erweiterter Eingangsbereich sowie als Treffpunkt der Bewohnenden. Dazu tragen Sitzbänke und Hochbeete aus Stahlrohren bei, welche Bezug zur alten Traktorenfabrik Meili nehmen. Der «Chronengarten» verweist mit seinem Namen auf die Nutzung dieses Arealbereichs als private Gärten. Die Gärten sind durch geschwungene Wiesenbereiche, Sträucher und Bäume gefasst.

Der Baumbestand entlang der Hochstrasse wird integriert. Auf eine Verwendung von weiteren grosskronigen Bäumen als Schattenspender sowie auf die Anlage grosszügiger Grünflächen als Retentionsflächen wird Wert gelegt.

Das Projekt geht sehr bewusst mit öffentlicher und privater Nutzung um. Die Art der Nutzung ist in allen drei Teilbereichen des Projekts ablesbar. Der öffentliche «Chronenplatz» verspricht, zur Bereicherung im Quartier zu werden, während die privaten Gärten zu einer hohen Wohnqualität beitragen. Durch die zentrale Lage mit Anbindung an die Gebäudezugänge bietet der «Chronenhof» Potenzial für spontane Treffen in der Nachbarschaft. Vermisst wird hier ein Angebot für Kinder und die Anbindung des Areals an die Hochstrasse wirkt etwas unentschlossen.

Architektur, Nutzungen, Funktionalität

Die öffentlich zugänglichen Nutzungen der Überbauung (Café, Quartierzentrum, Co-Working) sind richtigerweise in den Erdgeschossen der ehemaligen Shedhalle – bedauerlicherweise werden die Sheds über- bzw. rückgebaut – und des schützenswerten Gebäudes 129 vorgesehen. Dadurch entsteht mit den vorgelagerten Aussenräumen eine attraktive und belebte Zone vom «Chronenplatz» bis zum «Chronenhof». Einzig die vorgeschlagene Wohnung im Erdgeschoss des Gebäudes 131 wirkt diesbezüglich störend, was sich am privaten grünen Umschwung manifestiert. Im Bereich des «Chronengartens» reichen die Wohnungen bis ins Erdgeschoss mit stimmigem Bezug zum Grün.

Die 48 angebotenen Wohnungen mit 2.5 bis 4.5 Zimmern erfüllen die Vorgaben. Die Geschosswohnungen in den Neubauten sind als Vierspänner über eine zentrale, effiziente Erschliessung organisiert. Die grosszügigen Gemeinschaftsbereiche sind alle zweiseitig über Eck oder gegenüberliegend ausgerichtet und verfügen über grosse Balkone. Z. T. sind die Nasszellen von den nutzungsneutralen Individualzimmern aus nur störend über den Wohn-/Ess-/Küchenbereich erreichbar. Die Eingangsbereiche mit eingebauten Garderoben sind oft nur korridorartig knapp konzipiert.

Der Neubau an der Hochstrasse vermag die Lärmschutzanforderungen an die Wohnungen nicht einzuhalten, sie verschlechtert durch die Beschallung der gestaffelten Fassaden sogar die Lärmsituation.

Der architektonische Ausdruck der Neubauten wirkt noch vage. Die Fassadengestaltung wiederholt sich geschossweise und umlaufend in Form von nicht weiter bestimmten Holz- und gleichen Fensterelementen sowie auskragenden Balkonplatten. Auch die über die gesamte Bebauung vorgeschlagene, monochrome Farbgebung unterstreicht den wenig spezifischen Charakter der Architektur.

Erschliessung

Der Zugang zur Überbauung erfolgt primär im Bereich der bestehenden Bushaltestelle etwas umständlich um das Gebäude 131 und dessen privaten Aussenraum. Rückversetzt öffnet sich der «Chronenplatz» zur Finsterwaldstrasse, der jedoch durch die hiesigen Parkplätze in seiner Qualität gemindert wird.

Die Zufahrt zur Tiefgarage erfolgt an der südlichen Grundstücksgrenze. Eine weit ausholende Rampe führt unterirdisch zu den Parkplätzen und den drei Erschliessungskernen der Neubauten. Der Grossteil des Untergeschosses mit Tiefgarage befindet sich unter den Gebäuden bzw. versiegelten Flächen, was hochstämmige Baumpflanzungen ermöglicht.

Das Areal lässt sich ausgehend von der Bushaltestelle und dem «Chronenplatz» über den «Chronenhof» in direkter Wegführung bis zu den westlichen Nachbargrundstücken an der Finsterwaldstrasse durchschreiten. Daran angegliedert befinden sich gut auffindbar die Zugänge zu den Neubauten.

Wirtschaftlichkeit, Realisierbarkeit und Nachhaltigkeit

Die kompakte, zweigliedrige Volumetrie der Neubauten mit zentraler Erschliessung ohne Vor- und Rücksprünge in der Fassadenabwicklung entspricht einer nachhaltigen Bauform. Tragstrukturen und Nasszellen sind konsequent übereinander angeordnet, letztere konzentriert um die Erschliessung. Mit Ausnahme der in Holz konstruierten Fassaden werden die Neubauten unter Einsatz von Recyclingbeton in Massivbauweise ausgeführt. Z. T. weisen die Wohn-/Ess-/Kochbereiche grosse Spannweiten auf. Es wird eine ökologische und ressourcenschonende Bauweise angestrebt, die dem Materialkreislauf Rechnung trägt.

Die Wärme wird mittels Erdsonden gewonnen und über Bodenheizungen abgegeben. Die leicht geneigten Dächer der Neubauten, wo nicht als Terrassen genutzt bzw. begrünt, werden mit Photovoltaik-Modulen zur Stromerzeugung belegt.

Umgang mit denkmalpflegerischen Vorgaben

Das Projekt fokussiert in Bezug auf die Bestandesbauten auf die Bauten entlang der Hochstrasse. Das schützenswerte Haus an der Hochstrasse 129 und das Gebäude Hochstrasse 131 bleiben erhalten. Durch die gemeinschaftliche Nutzung des Hauses 129 bedarf es hier nur minimaler Anpassungen im Grundriss. Dies wirkt sich positiv auf die Eingriffstiefe der baulich nötigen Massnahmen im Bestand aus. Hingegen werden die Grundrisse des Hauses 131 unnötigerweise massiv verändert und die innere Struktur wird gänzlich umgekrempelt. Hier stellt sich dann schon fast die Frage, warum ein Gebäude erhalten wird und dann derart grundsätzlich neu eingeteilt wird.

Durch den Rückbau der an das Gebäude 129 angrenzenden Hallen entsteht eine neue Rückfassade des Hauses 129. Im Projekt wird diese Rückfassade fensterlos belassen und eine abweisende Rückfassade gegen die Neubebauung in Kauf genommen. Der industrielle Charakter der historischen Bebauung geht im Projekt durch den Rückbau der prägenden Industriehallen verloren. Der kleine Rest der Produktionshalle gegen die Finsterwaldstrasse vermag hier den baulichen Zusammenhang nicht mehr herzustellen.

Gesamtwürdigung

Mit der Gliederung des Areals in die drei Bereiche öffentlicher «Chronenplatz», «Chronenhof» als grünes Quartierzentrum und dem privaten «Chronengarten» wird das Potenzial des Ortes erkannt. Auch die Anordnung der unterschiedlichen Nutzungen sind mit Ausnahme der Erdgeschosswohnung im Gebäude 131 passend darauf ausgerichtet. Die städtebauliche Umsetzung mit drei analogen, zweigliedrigen Neubauvolumen vermag jedoch nicht zu überzeugen, insofern damit zu wenig auf die spezifischen Situationen eingegangen wird. Dies spiegelt sich auch in der doch eher vagen Architektur wider.

Die Wohnungen verfügen allesamt über grosszügige und attraktive Gemeinschaftsbereiche, gut besonnt und mit weitreichender Aussicht. Die Wohnqualität wird jedoch durch die konzentrierte Anordnung der Nasszellen und das damit einhergehende Queren des Wohn-/Ess-/Kochbereichs und die knappen Eingangszonen geschmälert.
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