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Projektwettbewerb | 09/2021

Neugestaltung Kammgarnhof und Erstellung Tiefgarage in Schaffhausen (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 50.000 CHF

Metron AG

Architektur, Verkehrsplanung, Landschaftsarchitektur

WKP Bauingenieure AG

Bauingenieurwesen

Edelmann IngenieurbĂĽro AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Gesamtkonzept und Identität Die Projektverfassenden interpretieren mit dem Projekt CELASTRINA den Kammgarnhof durch seine geografische Lage als Bindeglied zwischen der dichten urbanen Altstadt und dem ruralen Gewässerraum des Rheins. Damit wird der Kammgarnhof zur vermittelnden Bühne zwischen Rhein und Altstadt. Eine neu geschaffene, öffentliche Halle soll die Klosterstrasse im Bereich des Risaliten mit dem Kammgarnhof verbinden und gleichzeitig die Erschliessung der Tiefgarage aufnehmen. Ein weiterer Durchgang führt von der Baumgartenstrasse zum Hof. Projektwettbewerb Neugestaltung Kammgarnhof und Erstellung Tiefgarage, Schaffhausen Jurybericht SUTER • VON KÄNEL • WILD 23 Mit wenigen baulichen Eingriffen wird der Kammgarnhof strukturiert und zoniert: Zum einen mit der Idee, den Kastanienbaum in mittelalterlicher Tradition hervorzuheben, indem der Baumstamm durch eine in freier Form erhöhte Bühne gerahmt wird. Zum anderen säumt ein zweigeschossiger Pavillon, entlang der Rheinstrasse verlaufend, den Hof. Sowohl Sicht als auch Lärm werden durch die städtebauliche Setzung reduziert. Im Innern des Hofes kann dank weitreichenden Überlegungen zum Erhalt der Artenvielfalt ein angenehmes Mikroklima entstehen, indem eine naturnahe Materialwahl, eine tierund pflanzengerechte Gestaltung und die Schwammstadtprinzipien berücksichtigt werden. Wichtige Grundlage dieser Massnahmen bildet die Tatsache, dass die Tiefgarage sich in Form und Positionierung den oberirdischen Erfordernissen und Bedürfnissen anpasst, damit neben der alten Tanz-Kastanie noch viele weitere mehrstämmige Bäume als Bruchwald gepflanzt werden können. Nutzung und Funktion Der Holzpavillon als Hofabschluss ist sowohl Infrastrukturbaute als auch Gastronomie, Aussichtsplattform, Tribüne und Bühne. Er fasst die Tiefgarageneinfahrt, deren Neigung in der Decke zu Sitzstufen genutzt werden und dessen Dach als Treffpunkt mit Weitsicht dient. Zusätzliche Nutzungen wie WC-Anlagen oder die Lift- und Treppenerschliessung zur Tiefgarage sind in der Holzkonstruktion integriert. Der architektonische Ausdruck sucht seine Analogie in der Bühne um die Kastanie, deren Holzkonstruktion auch einfach gehalten wird. Ergänzt werden die baulichen Eingriffe durch eine hölzerne Pergola entlang des Westflügels und durch drei auf dem Platz eingestreute Ensembles aus Holzmöbeln, die als Aufenthaltsinseln zum Verweilen einladen. Ein Brunnen mit Wasserspiel ergänzt das bauliche Angebot. Die Einfahrt der Tiefgarage ist zweispurig ausgelegt und entspricht bezüglich der Positionierung den Vorgaben, der Verkehrsknoten muss aber noch optimiert werden. Die Garage bietet aktuell 99 Parkplätze. Sowohl Lagerräume wie Räume der Haustechnik werden im Untergeschoss, neben der Tiefgarage, gut erschlossen angeboten. Von Fassade zu Fassade, resp. von Tanz-Kastanie zu Holzpavillon und von Pergola zu Bruchwald spannt sich ein Freiraum auf, der als inszenierter Flickenteppich, zwischen verschiedenen Bodenbelägen von befahrbar bis zur naturnahen Spontanvegetation changiert. Zur Platzmitte löst sich die Pflästerung langsam auf, die Fugen bleiben offen, fester Kies mischt sich dazu, bis nur noch loser Kies verbleibt. Der wechselnde Bodenbelag eröffnet Möglichkeiten bezüglich der Befahrbarkeit sowie der Nutzung. Auf eine klare Zonierung mittels Bodenbelags wird verzichtet, spezifische Nutzungen werden eher durch die baulichen resp. architektonischen Elemente generiert: Die Pergola zum Westflügel bietet der Mieterschaft einen halböffentlichen Aufenthaltsbereich und vermittelt zwischen Gebäude und Hof. Die Arbeitsplätze der IWC im Ostflügel werden durch ein Gehölzrand, mit mehrstämmigen Bäumen als Bruchwald, vor Einsicht geschützt. Die Tanz- Projektwettbewerb Neugestaltung Kammgarnhof und Erstellung Tiefgarage, Schaffhausen Jurybericht SUTER • VON KÄNEL • WILD 24 Kastanie, der Holzpavillon und die Sitzensemble sowie eine im Halbkreis eingelassene Sitzbank bieten eine Vielzahl an Sitzgelegenheiten unterschiedlicher Qualitäten. Wirtschaftlichkeit und Ökologie Sämtliche oberirdische Neubauten und Eingriffe werden in Holz ausgeführt. Holz als Baustoff ist bezüglich der Nutzung ein plausibler und nachhaltiger Baustoff. Die Tiefgarageneinfahrt, wie auch die amorphe Tiefgarage erfordern Anpassungen, die sich sowohl auf die Kosten niederschlagen als auch eine Reduktion der Parkplätze zur Folge haben. Zur Entwässerung des Hofes wird genügend Sickerfläche angeboten. Die Erschliessung der Lagerflächen erfordert bauliche Anpassungen des Kellerniveaus im Bereich des Lifts. Der definierte Schutzperimeter um den Kastanienbaum wird von der Tiefgarage unterschritten. Inwieweit die Auslassung im Bereich der bestehenden Kastanie ausreicht, bleibt zu prüfen. Auch unklar bleibt, ob die vorgeschlagene Vielfalt von Hofbespielungen im Alltag umsetzbar ist. Die Reinigung der IWC-Fassade erfordert eine bessere Zugänglichkeit und die bei der IWC vorgeschlagene Treppe zur Tiefgarage muss verlegt werden. Würdigung Das Projekt CELASTRINA überzeugt durch seine Einfachheit und seine sehr konsequente Auseinandersetzung mit der Örtlichkeit. Wichtige Fragen bezüglich einer nachhaltigen Bauweise und eines ausgewogenen Mikroklimas werden aufgegriffen und mit Vorschlägen beantwortet. Die daraus resultierende freiräumliche Planung generiert eine Vielfalt qualitätsvoller Aufenthaltsbereiche mit unterschiedlichen Bespielbarkeiten. Die vorgeschlagenen baulichen Eingriffe hingegen wirken banal, als ob sie einer vorgegebenen Corporate Identity folgen müssten. Auf eine zusätzliche Gastronomie auf dem Dach des Pavillons kann zu Gunsten eines kleineren Volumens verzichtet werden. Insgesamt schlagen die Projektverfassenden ein kohärentes räumliches und nachhaltiges Grundgerüst vor. Vermisst wird jedoch eine charakteristische Architektursprache, die dem Ort eine stimmungsvolle Identität und Kraft zu verschaffen mag. Inwieweit der changierende Bodenbelag bezüglich der Nutzungsflexibilität und Hindernisfreiheit den Ansprüchen standhält, bleibt zu prüfen.