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Offener Wettbewerb | 09/2021

Gestaltung Saint-Louis-Park in VoltaNord, Basel (CH)

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 20.000 CHF

Krebs und Herde GmbH

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden unterteilen die Parkfläche in ihrer Längsrichtung. Die Flächen an den Gleisen stehen der Natur zur Verfügung, die den Bauten vorgelagerten bilden einen grosszügigen Freiraum, der sich auf der gesamten Länge von Baufeld 2 erstreckt. Die Spiel- und Liegewiese (Lysbüchel-Allmend) bildet den Auftakt am südlichen Parkende. Sich in ihrer Breite gegen Norden verjüngend, geht sie sukzessive über in die chaussierte Esplanade. Vor den Bauten erstreckt sich auf der gesamten Länge des Parks der 7.40 Meter breite Fuss- und Veloweg, der durch einen Grünstreifen von den Fassaden abgesetzt ist. Westlich grenzt er an ein locker gesetztes Baumvolumen, das einen willkommenen Puffer zu den Gebäuden bildet. Spiel- und Aufenthaltsbereiche für unterschiedliche Alters- und Nutzungsgruppen finden sich in der gesamten Parkfläche, eine Pergola bei der Spielwiese sowie ein Spielbereich am nördlichen Ende der Esplanade setzen dichtere Akzente. Längs gerichtete und zueinander versetzte Natursteinmauern strukturieren die gesamte Fläche. Sie trennen Freiraumnutzung und Naturschutzbereich voneinander ab, dienen als Sitzkante und sind gleichzeitig Rückwand für Aufenthaltsbereiche. Die dem Naturschutz zugeschlagene Parkhälfte zieht sich als unterschiedlich stark geneigte gefaltete Böschung bis auf eine Höhe von maximal drei Metern über Terrain an den Gleisen. Von hier fällt eine schräge Blocksatzmauer aus lokalen Kalksteinen zum Bahntrassee hin ab. Auf der Naturschutzfläche erlauben unterschiedlich zusammengesetzte Bodensubstrate die Ansiedlung verschiedener Pflanzengesellschaften des wärmeliebenden Spektrums. Dabei nimmt der Wärmegradient in westöstlicher Richtung ab, sodass ein fliessender Übergang zwischen ruderalen Ersatzfluren an den Gleisen hin zur klimaaktiven Gehölzzone an den Gebäuden entsteht. Basierend auf einer sorgfältigen Analyse der vorhandenen und potenziell entwickelbaren Lebensgemeinschaften und deren Bedeutung im regionalen Biotopverbund erweitern die Projektverfassenden das aktuell einseitig zusammengesetzte, stark pionierhafte Lebensraumgefüge mit vernetzungsrelevanten reiferen Sukzessionsstufen und entwickeln eine kleinteilige ineinandergreifende Zonationsabfolge von offenen, ruderal geprägten Pionierflächen (vornehmlich) in Gleisnähe hin zu stärker geschlossenen, trockenrasenähnlichen Vegetationsstrukturen mit eingestreuten Gehölzen gegen die frei nutzbaren Parkteile. In definierten, abgegrenzten Nischen («Dornröschenparzellen») soll sich die Vegetation von menschlichen Nutzungen gar über mehrere Jahre ungestört zu Krautbrachen und Vorwaldgesellschaften entwickeln können und so der Flora und Fauna wertvolle Refugien bieten. Diese Vegetationsabfolge ermöglicht ein breites Artenspektrum thermo- und mesophiler Spezialisten und bettet die Naturschutzflächen optimal in den regionalen Biotopverbund ein. Eine auf die Vegetationstypen abgestimmte Pflege mit teils kuratierten Störungen soll dafür sorgen, dass die ruderale Prägung des Ortes auch über die Jahre erhalten bleibt. Das anfallende Meteorwasser der Bauten wird im Pflanzstreifen entlang der Fassaden gesammelt. Das Element Wasser tritt in Form eines Wassertischs in der Esplanade zur Erscheinung. Die Verfassenden gehen mit ihrem Entwurf konsequent auf den Ort ein. Sie transformieren die vorhandenen Materialien wie Quader- und Randsteine, Betonabbruch und Eisenbahnschienen zu neuen Parkelementen (Liegen, Kletterinstallation, Pergola, Trennelemente, Mauern). Damit stärken sie den Genius Loci und schaffen einen seiner Geschichte angepassten Ort. Mit dieser gestalterischen Sprache machen die Verfassenden Rückgriffe auf die Naturgartenbewegung der 1980er-Jahre. Das in ihrem Entwurf vorgeschlagene Klamottmauerwerk erinnert an die Steingebilde eines Louis le Roy, die Pflästerung mit vorhandenen Steinen sowie die Pflanzenverwendung an Projekte Eduard Neuenschwanders. Dass der die Stadtkante abschliessende Weg nach deren Zeitgenosse und im selben Umfeld tätigen Lucius Burckhardt benannt werden soll, ist in dieser Hinsicht nicht mehr als konsequent. Der dahinterliegende Nachhaltigkeitsgedanke findet sich im gesamten Entwurf. Auch für die Erdmodellierungen wollen die Verfassenden kein Material zufügen, sondern lediglich dasjenige angrenzender Baufelder verwenden. Mit einer gezielten Nutzerlenkung tragen die Verfassenden einerseits den Anforderungen des Naturschutzes Rechnung und sind dennoch darauf bedacht, dass der Mensch nicht Gast im Park ist, sondern auf unterschiedliche Arten die (Ersatz-)Natur aktiv erleben kann. Damit trifft der Entwurf einen Nerv der Zeit. Ob die getroffenen Lenkungsmassnahmen im kontrastierenden Verbund mit dem recht dichten Netz an Naturerkundungspfaden und den verwischten Vegetationsgrenzen die Beeinträchtigung der Naturflächen beim zu erwartenden hohen Nutzungsdruck allerdings ausreichend begrenzen können, erscheint fraglich. Das Beurteilungsgremium würdigt den hohen Detaillierungsgrad des Entwurfs. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er die Aspekte Natur und Gestaltung gleichwertig behandelt und trotz den in der Aufgabenstellung angelegten Zielkonflikten überzeugende Lösungen vorschlägt. Mit seinem Nutzungsangebot bietet der Park eine sinnvolle Ergänzung zum in unmittelbarer Nachbarschaft geplanten Lysbüchelplatz. Mit ihren Aussagen zu Recycling und Reuse blicken die Verfassenden nicht nur zurück in die Zeit der erstarkenden Umweltbewegung, sondern greifen auch aktuelle Themen auf. Das Beurteilungsgremium hinterfragt hauptsächlich die Angemessenheit und Beständigkeit/Alterungsfähigkeitder der stark in der Naturgartenbewegung verhafteten gestalterischen Sprache. Vor allem ihr Zusammenspiel mit den noch zu entwickelnden Bauten wird kritisch beurteilt. Der Entwurf ist in sich stimmig, gibt dadurch aber auch viel vor. Seine Veränderbarkeit und Aneigenbarkeit durch die künftigen Parknutzenden ist dadurch zu wenig gegeben.