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Offener Wettbewerb | 06/2020

Bildungscampus Burgdorf: Neubau Technische Fachschule TF Bern (CH)

2. Preis / 2. Rang

Preisgeld: 100.000 CHF

Franziska / Sebastian Müller Architekten

Architektur

Carolin Riede Landschaftsarchitektin

Landschaftsarchitektur

Pfyl Partner AG

Bauingenieurwesen

3-Plan Haustechnik AG

TGA-Fachplanung

Rapp Gebäudetechnik AG

sonstige Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf die grundsätzliche Fragestellung, wie grossmassstäbliche Volumen in ein Quartier aus der Gründerzeit integriert werden können, wählen die Projektverfasser eine pragmatische Strategie. Die Vereinbarkeit soll mittels Einfachheit, Ausdruck und einer Volumetrie, welche auf den unmittelbaren Kontext reagiert, angestrebt werden. Die geschickte Nutzung der vorgefundenen Topografie ermöglicht sowohl seitens Technikumstrasse als auch seitens Pestalozzistrasse eine angemessene Höhenentwicklung. Unterschiedliche Abstufungen erzeugen unterschiedlich wahrnehmbare Gebäudelängen, Aussenräume und Zugangssituationen.
Seitens Technikumstrasse wird eine Ensemblewirkung mit dem bestehenden Technikum angestrebt. Die geschickte Situierung mit einer leichten Zurückversetzung definiert eine Hierarchie, in welcher das bestehende Gebäude als Hauptvolumen bestehen bleibt. Der Raum zwischen den zwei bestehenden Gebäuden wird zum Haupterschliessungsraum und zur Adressierung der technischen Fachschule. Der Versatz, welcher den Eingangsbereich zum Neubau definiert, nimmt jedoch wenig Bezug zum Bestand und wird kritisch hinterfragt.

Die Situierung des Volumens und dessen Ausgestaltung ergibt zwei Adressierungen. Der Hauptzugang der technischen Fachschule erfolgt ab dem bestehenden Platz zwischen den zwei Gebäuden des alten Technikums, der Zugang der gemeinsamen Nutzungen mit Mensa, Aula und Sport auf dem Niveau des ersten Obergeschosses ab der Pestalozzistrasse. Obwohl eine Staffelung der Gebäudestruktur erfolgt, teilt der Neubau den TF-Bereich in einen neuen und alten Teil. Diese Zweiteilung wird noch verstärkt durch die unterschiedlichen Gestaltungsvorschläge und Materialisierung. So bleibt der westliche Teil weitgehend mit Hartbelägen ausgestaltet. Die runden eingeschriebenen Intarsien, als Baum- und Möblierungsinseln ausformuliert, sind zwar denkbar und als kleiner Beitrag zur Biodiversität verständlich, lassen aber den wichtigen historischen Kontext mit dem Altbau vermissen.

Die Notwendigkeit der grossen Treppenanlage ist aus Gründen der Topographie verständlich, vermag aber in dieser Ausformulierung nicht zu überzeugen. Ebenso ist die sehr formale Ausweitung der oberen Zugangssituation mit Aussenbereich der Mensa in den für das Quartier bedeutsamen Freiraum kaum denkbar. Der grosse, parkartig ausgestaltete Grünraum im östlichen Bereich, ist hingegen wohltuend und ein informeller Spielbereich wäre hier gut denkbar. Die Aufnahme der bestehenden Obstanlage als Gestaltungsthema wird begrüsst. Warum die Veloparkplätze nicht bei den Eingängen situiert sind bleibt unverständlich.

Die Architektur ist konsequent aus der gewählten Strategie entwickelt. Ein Sheddach, welches einen vertrauten Verweis auf die Nutzung darstellt, prägt sowohl den architektonischen Ausdruck als auch die stringente, atmosphärische Dichte der Innenräume. Ob allerdings die Metallfassade, welche sich gemäss den Projektverfassern auf günstige Werkhallen referenziert, trotz der konkaven Profilierung die Anforderungen an die Integration ins gründerzeitliche Quartier zu erfüllen mag, wird bezweifelt. Vielmehr wird durch die gewählte Materialisierung die Autonomie des Volumens und deren Nutzung verstärkt, ein kontextueller Bezug zur Einmaligkeit der Situation wird vermisst.

Eine interne Strasse erstreckt sich über die gesamte Gebäudelänge und verbindet die zwei Zugänge auf zwei Geschossen. Deren Ausformulierung, Eingangsbereiche, Belichtung mittels dreier Lichthöfe sowie die vertikalen Raumbezüge sind angemessen und ermöglichen gute Betriebsabläufe. Zudem sind die mittig über 2 Geschosse angeordneten Büro- und Schulungsräume ideal, ermöglichen kurze Wege, Ein- und Aussichten sowie eine hohe atmosphärische Dichte. Die Erschliessung einzelner Räume und Werkstätten ausschliesslich über andere Nutzräume wird jedoch als negativ beurteilt.

Infolge der hohen Nutzlasten schlagen die Projektverfasser einen Stahlbetonskelettbau mit Flachdecken vor. Die Werkhallen mit Sheddach sind als Stahlkonstruktion geplant. Dies ermöglicht für die Werkstätten, welche grosse Spannweiten bedürfen, eine Minimierung der benötigten Stützen und demzufolge eine hohe Nutzungsflexibilität. Der pragmatische Konstruktionsansatz ist äusserst plausibel umgesetzt und wird begrüsst.

Das Projekt vermag die Anforderungen an die Nachhaltigkeit mit der gewählten Konstruktion und der robusten Materialwahl zu erfüllen. Die vorgeschlagene Gebäudestruktur ermöglicht zudem eine einfache Systemtrennung sowie eine hohe Nutzungsflexibilität. Das Projekt weist noch wesentliche Mängel bezüglich Brandschutz auf. Dank der geschickten Nutzung der Topografie hat das Projekt einen unterdurchschnittlichen Anteil an unterirdischem Bauvolumen, was sich auf die Erstellungskosten positiv auswirkt.

Das Projekt besticht durch seinen selbstbewussten konzeptionellen Ansatz und hat grundsätzlich das Potential, dem Bildungscampus einen neuen, eigenständigen Ausdruck zu verleihen. Das Projekt HEPHAISTOS hat somit einen wesentlichen, qualitätsvollen Diskussionsbeitrag zur Fragestellung der Integration einer Technischen Fachschule im Quartier geliefert. Leider wird das vorhandene Potential jedoch nicht ausgeschöpft. Bei einzelnen Betriebsabläufen als auch bei der Materialisierung und dem daraus resultierenden architektonischen Ausdruck bleiben zu viele Fragen offen.