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Offener Wettbewerb | 06/2021

Ein innovativ nachhaltiges Schulhaus - Neubau Primarschule Walkeweg in Basel (CH)

1. Preis

STUDIO 511

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Den Projektverfassenden von «You’ll never walk alone» ist es gelungen, eine schlĂŒssige Argumentation zur gestellten Aufgabe aufzubauen und diese mit konstant hoher QualitĂ€t in Architektur zu ĂŒbersetzen. Gleichzeitig haben sie dabei ein feines GespĂŒr fĂŒr die Angemessenheit der Mittel bewiesen. Die stĂ€dtebauliche Setzung ist so einfach wie klar: GewĂ€hlt wird ein kompakter, viergeschossiger LĂ€ngsbau, der mit einem knappen Fussabdruck auskommt und damit eine grössere zusammenhĂ€ngende FlĂ€che als eigenen Garten freispielen kann. Dieser bildet in Kombination mit der «rue extĂ©rieure» eine attraktive rĂ€umliche Schnittstelle zu den benachbarten Wohnbauten und schafft ĂŒber die gesamte LĂ€nge eine lebendige Adresse zum Quartier. Zum zentralen Platz reagiert das Schulhaus im Erdgeschoss mit den öffentlichen Nutzungen, wie Tagesstruktur und einem ElterncafĂ©. Auf der Westseite dient ein Wintergarten als Puffer zum nah angrenzenden Friedhof. Der respektvolle Abstand schafft in Kombination mit der massvollen GebĂ€udehöhe ein gut vertrĂ€gliches Nebeneinander von Schulhausbetrieb, StadtgĂ€rtnerei und Friedhof. Die Turnhalle wird quer in die bereits vorhandene Baugrube gestellt und ist durch den bestehenden GelĂ€ndeverlauf auf einer gesamten LĂ€ngsseite natĂŒrlich belichtet. Der Baukörper selbst ist als serielles Holzskelett konzipiert, das auf einem Fundament aus Recyclingbeton steht. Das Thema Re-Use wird im Wintergarten mit den gebrauchten Holzfenstern aufgenommen. Photovoltaikelemente werden formal in die SheddĂ€cher integriert. Auch funktional folgt das Projekt einem streng seriellen Aufbau: SĂ€mtliche Klassenzimmer sind einhĂŒftig ĂŒber die «rue extĂ©rieure» erschlossen und haben damit eine eigene «Adresse» zum gemeinsamen GrĂŒnraum im Osten. Die GruppenrĂ€ume wiederum besetzen die gesamte Westseite und profitieren von der zusĂ€tzlichen Möglichkeit fĂŒr einen witterungsgeschĂŒtzten «Finken-Weg» zwischen den verschiedenen RĂ€umen und Nutzungen. Aufgrund der Anordnung des Baukörpers quer zum Wind, sollte eine gute natĂŒrliche QuerlĂŒftung mit einfachen Mitteln möglich sein. Die zweilĂ€ufigen Treppen an den beiden Enden des Laubengangs werden durch einen runden Lift-Turm ergĂ€nzt, der in Stampflehm ummantelt ist und im Erdgeschoss die Position des Zugangs in die Turnhalle markiert. Eine Besonderheit stellt die Gleichwertigkeit von Klassenzimmer und Gruppenraum zugunsten einer symmetrischen Rasterweite dar. Über bewegliche Wandelemente und zusĂ€tzliche Vorhangsysteme sind vielfĂ€ltige Nutzugsszenarien vom klassischen Klassenverband ĂŒber Team-Teaching bis hin zu fliessenden Lernlandschaften denkbar. Die SpezialrĂ€ume fĂŒr z. B. Musik, Textilunterricht und Werken bieten unter den SheddĂ€chern eine attraktive Atelierstimmung mit natĂŒrlicher Belichtung und lassen sich dank der drei kleinen HofrĂ€ume jeweils in den Aussenraum erweitern. Der architektonische Ausdruck ist nicht von einer grossen Geste, sondern von einer sehr rationellen Logik geprĂ€gt. Die liebevolle Ausarbeitung des Entwurfs lĂ€sst auf eine kluge FĂŒgung der konstruktiven Teile und ausgefeilte, feine Details hoffen.
Innovationskraft und Konzepte zur Nachhaltigkeit
Das Projekt fĂŒhrt einen gesamthaft innovativen Ansatz mit angemessenen, aber noch wenig prĂ€zisen Teillösungen zusammen. Die teils aussen, teils in einem Wintergarten liegende Erschliessung reduziert die real beheizte FlĂ€che und bietet so eine suffiziente Lösung durch FlĂ€cheneffizienz. Die modulare Bauweise ermöglicht eine flexible bauliche Anpassung und RĂŒckbaubarkeit des GebĂ€udes. Auf den DĂ€chern befindet sich nach SĂŒden ausgerichtete Photovoltaik. Der nach Westen orientierte Wintergarten gewĂ€hrleistet als eine Art LungenlĂŒftung die BelĂŒftung der angrenzenden RĂ€ume. Aufgrund der effizienten Erschliessung besitzt das oberirdische GebĂ€ude einen vergleichsweise kleinen Footprint. Dieser wird jedoch durch die Querstellung der Turnhalle eingeschrĂ€nkt. Der dadurch erhöhte Versiegelungsgrad des Bodens muss ĂŒberdacht werden. Die einzelnen Nachhaltigkeitsthemen werden auf einer hohen Flugebene stimmig beschrieben. Es gibt dennoch einzelne WidersprĂŒche, die sich aber bei einer Konkretisierung der erzĂ€hlten Innovationsstory auflösen dĂŒrften. Soziale Nachhaltigkeit und Mehrwert fĂŒrs Quartier Das Projekt nimmt die besondere AtmosphĂ€re des Ortes zwischen Friedhof und dichtem Wohnquartier auf und schafft eine vermittelnde Mitte zwischen den sehr unterschiedlichen Zonen. Die ruhigere Wintergarten- und Schulgarten- Seite schafft einen respektvollen Übergang zum Friedhof Wolfgottesacker und einen ruhigen Ort fĂŒr die Schulkinder. Zum Quartierplatz öffnet sich das Schulhaus mit einem Treppenturm und erdgeschossig mit einem auskragenden Vordach. Ein an die Tagesstruktur angeschlossenes ElterncafĂ© kommuniziert hier ganz direkt zwischen Schule, Eltern und Quartier. ZusĂ€tzlich schafft an der Ostfassade die erdgeschossige «rue extĂ©rieure» eine einladende Verbindung zwischen Innen und Aussen. Auf dem Dach erschliessen die Werk-, Textil- und KunstrĂ€ume mit Pergola-gedeckten Patios fĂŒr den Freilichtunterricht den attraktiven Dachraum fĂŒr die ganze Schule – und vielleicht dereinst auch fĂŒr Zweitnutzungen durch die Nachbarschaft? Die liebevoll und kindgerecht gestaltete Umgebung rĂ€umt den Schulkindern eine besondere WertschĂ€tzung ein. Nutzersicht Durch die Setzung des schlanken Baukörpers ergeben sich fĂŒr die Schule gut nutzbare und attraktiv gestaltete Aussenbereiche. Eine zusĂ€tzliche Einbindung ins Quartier geschieht ĂŒber die Anordnung der Tagesstrukturen zum Platz und ĂŒber die Position der Aula zu den Wohnbauten. Ein klarer Zugang zur Schule fehlt aber. Der Kindergarten ist geschickt angeordnet, zusammen mit einem attraktiven, eigenen Aussenraum. Die vorgeschlagene Konzentration von 12 Klassenzimmern auf einem Geschoss wird als sehr anspruchsvoll fĂŒr den Betrieb angesehen. Das Dachgeschoss mit den SpezialrĂ€umen bietet attraktive Aussen-LernrĂ€ume. Die Nutzungsverteilung und detailliertere Lösungen fĂŒr Nasszellen, Garderoben, etc. mĂŒssen im Studienauftrag prĂ€zisiert werden. FĂŒr die Erweiterung auf drei KlassenzĂŒge wird mit der Auslagerung des Kindergartens in einen separaten Pavillon auf dem Pausenhofareal sowie einer Verdichtung auf dem Dachgeschoss eine attraktive Lösung geschaffen.
QualitÀt FreirÀume
Zum Friedhof und zum Werkhof der StadtgĂ€rtnerei werden die passiven und eher ruhigen Nutzungen des Aussenraumes vorgeschlagen, zum Quartier die aktiven Nutzungen der Schule mit einem stark begrĂŒnten Aussenraum. Der fliessende Übergang zum Quartierplatz macht die Erweiterung des Pausenhofs auf den öffentlichen Platz fĂŒr die Schule möglich. Das Projekt flicht Themen wie BiodiversitĂ€t, Umgang mit Wasser und Ökologie selbstverstĂ€ndlich in die Aussenraumgestaltung ein. Die Projektidee ist klar strukturiert und aus dem Massstab der Kinder gedacht. Insgesamt besticht die Gestaltung des Aussenraums durch seine Vielschichtigkeit und seine AtmosphĂ€re.
Résumé
Insgesamt begeistert der Entwurf durch seine lĂ€ssige Entspanntheit und die Angemessenheit der eingesetzten Mittel. Um auf den Song von Johnny Cash zurĂŒckzukommen, möchten wir diesem Team mit grosser Vorfreude zurufen: «Walk on, walk on with hope in your heart»!