Nichtoffener Wettbewerb | 08/2021
Neubau Integrierte Sekundarschule Garzauer Straße in Berlin Marzahn-Hellersdorf
©PPAG architects /Patricia Bagienski
Forum Bildungscluster
Anerkennung
Preisgeld: 5.000 EUR
Architektur
FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH
Bauingenieurwesen
Landschaftsarchitektur
TGA-Fachplanung
TGA-Fachplanung
Sachverständigenwesen, sonstige Fachplanung
Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure Brandschutz
Brandschutzplanung
Institute of Building Research and Innovation
Lichtplanung
Erläuterungstext
01 Städtebau:
Das Wettbewerbsgebiet im Cecilienviertel im Bezirk Marzahn-Hellersdorf ist räumlich geprägt von Wohngebäuden in Großtafelbauweise aus den 1980-er Jahren und den dazwischen liegenden Infrastrukturen. Die Schule integriert sich in einer Tradition der Wohnfolgeeinrichtungen bodennah im Hof in das übergeordnete Muster. Die bestehenden Sporthallen werden eingebunden.
Das Schulhaus entwickelt sich sowohl aus seinen inneren Bedingungen, als auch aus der existierenden städtebaulichen Situation heraus. Innere und äußere Orientierungslogik miteinander verbundener großer und kleiner Raumkubaturen erzeugen ein abstraktes Raumgefüge, Lebensraum der Kinder. Trotz klarer Orientierung des Haupteinganges zum Nahversorgungszentrum entwickelt das Gebäude rundum Vorderseiten und freundet sich mit der jeweiligen Umgebung an.
Alle Räume und Bereiche die auch dem sozialräumlichen Umfeld dienen, Schulgarten, Sporthalle, Jugend-/Mehrzweckraum, Versammlungsstätte und Bibliothek, sind direkt auffind- und barrierefrei erreichbar.
Das Haus soll – innen wie außen - betreffend Raumstruktur, Funktionsbeziehungen, Atmosphären und materieller Ausformung Lehrmittel und Lerninstrument, Werkzeug der Pädagogik und Werkstatt der Sinne sein. Ein Campus als gebauter Ausdruck von Lernfreude. Identitätsstiftend für 600 Schüler*innen und 65 Pädagog*innen. Offen für die Stadtgesellschaft.
02 Architektonisches Konzept:
Bildung für alle ist gesellschaftlich und demokratiepolitisch relevant. Die kontemporäre Pädagogik erkennt und begrüßt die Individualität jedes Kindes. Das findet in unterschiedlichen Arten der Wissens(v)ermittlung Ausdruck. Und das wiederum braucht vielfältigen und mehrfach nutzbaren Raum. Instruktiver Unterricht, Projektunterricht, freies Lernen und Lernen in unterschiedlichen Konstellationen, teamorientiert und gemischt mit freier Zeit im ganztägigen, ganzjährigen Rhythmus, haben gängige Bilder von Schule inhaltlich und visuell aufgebrochen.
Der Typus der ISS erhebt als Ort der Vermittlung eines ganzheitlichen Bildungsgedankens zudem einen ganz besonderen Anspruch an das Gebäude. In der Konsequenz daraus gehen die Ausübungsorte des multisensorischen Lernens mit Kopf und Hand und Fuß mit seinen teilweise sehr unterschiedlichen Anforderungen im Projektkonzept stark ineinander, die Schule selbst wird zum Werkzeug.
Alle Funktionsbereiche, Compartments, Fachräume, Mehrzweckbereich, Verwaltung und Sport sind Inhouse miteinander verbunden.
Sockel - verbunden mit der Nachbarschaft
Ein Sockel mit außerschulisch genutzten Räumen wie Mehrzweckbereich, Jugendmehrzweckbereich, Bibliothek und Sport sowie Verwaltung, Fachräumen und Inklusion fließt unter größtmöglicher Berücksichtigung des Baumbestands in den umgebenden Freiraum. Direkt und niederschwellig erreichbar. Gut sichtbar. Vor dem Eingang zum Wäldchen ein mit dem Nachbarschaftszentrum verbundener Hof. Ein Platz mit Aufenthaltsqualität für die vielen Schülerinnen und Schüler. Wie in den Compartments sind auch die Verkehrsflächen in den Fachraumbereichen als „Foren“ für klassenübergreifendes Arbeiten konzipiert.
Die Sporthalle nutzt betreffend Höhenlage den bestehenden Geländesprung. Ihr Fußboden liegt auf der sich dort ergebenden Fundamentsohle = FOK Untergeschoss fürs Schulgebäude. Sie tritt landschaftlich als niedriges Plateau in Erscheinung. Der ungedeckte Sportplatz liegt auf ihrem Dach.
Compartments – idealtypisch, multiorientiert, offen zur Welt
Die in sich idealtypisch konzipierten annähernd baugleichen Compartments liegen zu je 3 im 1.und 2.OG. Die Compartments realisieren die Idee der Schule in der Schule oder des Bezirkes in der Stadt. Sie werden über 3 zentrale Treppenhäuser erschlossen.
Die allseitig orientierten Compartments bieten kalkuliert unterschiedliche Qualitäten von Bereichen, in denen Lernen und freie Zeit gut stattfinden kann. Sie bieten den SchülerInnen atmosphärisch eine Art Zuhause. Gute Sichtverbindungen der SchülerInnen untereinander und zum Teambereich. Dezentral verteilte Lernterrassen und Freiluftklassen auf dem Dach des Sockels.
Der zentrale Lernhof / grüne Lunge bildet durch seine intime, geschützte Lage einen Klassenraum im Freien in dem die SchülerInnen aller Compartments einander begegnen können. Ausgänge von allen Compartments, zugänglich von den Teambereichen.
Beurteilung durch das Preisgericht
Durch die Integration der Erschließung in die pädagogischen Flächen, stellt der Beitrag eine flächeneffiziente Lösung dar. Der Anteil der mechanischen Lüftung wird auf ein Minimum beschränkt. Infolge des wenig kompakten Baukörpers und der vermehrten Wärmeverluste über die Hüllfläche verfügt die Arbeit im Vergleich zum Wettbewerbsmittel über den höchsten Energiebedarf. Zudem ermöglicht die Ausbildung der Dachlandschaft nur eine geringe Eigenstromversorgung, woraus überdurchschnittliche Energiekosten resultieren. Die Tageslichtversorgung der Compartments ist mäßig, wobei insbesondere die zur „Grünen Lunge“ orientierten Räume und die Foren zu wenig Tageslicht erhalten. Der außenliegende Raffstore ist effizient, eine Nachtluftkühlung jedoch nicht vorgesehen. In Bezug auf die Graue Energie wirkt sich die gewählte Holzkonstruktion positiv aus, demgegenüber erfordert das überdurchschnittliche Volumen an Baumasse unter Gelände erhöhte Ressourcenaufwendungen.
©PPAG architects / Patricia Bagienski
Haupteingang
©PPAG architects / EGKK
Lageplan
©PPAG architects
Axonometrie Städtebau
©PPAG architects
Axonometrie Bildungscluster