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Offener Wettbewerb | 11/2021

Neubau Bildungseinrichtung Hinaysgasse in Wien (AT)

3. Anerkennung

Preisgeld: 13.000 EUR

Laurenz Vogel Architekten

Architektur

IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und Bauökologie

Bauphysik, Brandschutzplanung

Erläuterungstext

21 HOCH 4

Mit dem Neubau der Bildungseinrichtung Hinaysgasse wird das Bildungsquartier entlang der Franklinstraße um eine Volks- und Mittelschule, einen Kindergarten, eine Musikschule und ein Jugendzentrum erweitert. Ziel des Entwurfs ist die Schaffung eines zukunftsfitten Bildungs-gebäudes, das zeitgemäßes Lernen ermöglicht und architektonisch wie ökologisch nachhaltig gestaltet ist.

ZENTRALE PUNKTE DES ENTWURFS
- Offenes und einladendes Bildungsquartier mit differenzierten Durchwegungen und Plätzen, das von allen Seiten zugänglich ist.
- Offen gestaltete Erdgeschosszone mit interessanten Blickbeziehungen.
- Effiziente und orientierungsfreundliche zentrale Erschließung mit hoher Aufenthaltsqualität.
- Hochwertige und helle Bildungsbiber mit flexiblen Multifunktionsflächen als Herzstück.
- Vielfältiges Angebot an Freibereichen im Innen- und Außenraum.
- Begrünte Terrassen, Loggien und Gärten, die ein Verlagern des Unterrichts nach Draußen fördern.
- Nachhaltige und ökologische Bauweise mit der natürlichen Ressource Holz.
- Ökonomische Bauweise dank hohem Vorfertigungsgrad.
- Intensive Fassadenbegrünung gegen sommerliche Überhitzung.
- Einsatz hocheffizienter alternativer Energiesystem Geothermie und Photovoltaik.

STÄDTEBAU
Der neue Campus gliedert sich in 4 Baukörper, die am Grundstück gleichwertig positioniert sind. Das Quartier ist von allen 4 Seiten zugänglich gestaltet.
Die geschlossene Blockrandbebauung wird entsprechend der besonderen Bestimmungen des Bebauungsplans aufgelöst, wodurch das neue Bildungsgebäude als Fortsetzung der Bildungsquartiere an der Franklinstraße gelesen werden kann. Durch das teilweise Abrücken der Baukörper von der Baulinie entstehen großzügige Vorplätze und einladende Freiraumangebote.
Die Baukörper weisen eine Höhenstaffelung auf. Eine Luftigkeit und Leichtigkeit der Gebäude wird durch die Höhenstaffelung, Einschnitte und Abtreppungen der einzelnen Bauteile erreicht.
Herzstück des Gebäudes bildet die zentrale Aula, welche sich als Erschließungskern in die Obergeschosse fortsetzt. Der Erschließungskern verbindet die 3 Schulbaukörper mit den Bildungsbibern und bildet deren gemeinsame Mitte.
Der Baukörper mit Jugendzentrum im Erd- und Musikschule in den Obergeschossen ist vom Schulbau abgerückt und an der Ecke Kahlgasse-Bentheimstraße positioniert. Die Musikschule ist über eine Brücke mit dem Schulgebäude verbunden, wodurch sich räumliche Synergien ergeben.

ZUGÄNGLICHKEIT & ERSCHLIESSUNG
Für das gesamte Quartier ist es sinnvoll, die Fußgängerzone Franklinstraße - zur besseren Anbindung des Neubaus an das gesamte Bildungsareal - bis zur Hinaysgasse zu verlängern.
Der Hauptzugang zum Schul- und Kindergartengebäude erfolgt über einen großzügigen Vorplatz als Erweiterung der Franklinstraße. Dieser ist zum Teil gedeckt. Die eingesenkten und im Erdgeschoss
4-seitig verglasten Turnsäle verbinden die geschaffenen Plätze und erweitern den Vorplatz somit optisch. Spannende Durchblicke durchs Quartier entstehen durch das offene und fließende Erdgeschoss.
Ein weiterer Vorplatz an der Hinaysgasse ermöglicht einen separaten Zugang zum Kindergarten, der 2-geschossig im Baukörper an der Ecke Hinaysgasse-Kahlgasse situiert ist. Der Mehrzwecksaal an der Hinaysgasse ist für eine externe Nutzung ebenfalls über diesen Vorplatz erschlossen.
Das Jugendzentrum liegt abgerückt vom restlichen Bildungsgebäude und kann diskret von der Kahlgasse bzw. Bentheimstraße betreten werden. Die über dem Jugendzentrum angeordnete Musik-schule ist über einen eigenen außenliegenden Aufgang mit dem Vorplatz verbunden.

SCHULE & KINDERGARTEN
Das Erdgeschoss ist als offener, fließender Raum konzipiert. Im Untergeschoss situierte Turnsäle öffnen sich dank ihrer 4-seitigen Verglasung zum Freiraum. Das Sportgeschehen lässt sich vom Freien beobachten. Das Quartier wird so auch abends belebt.
Der zum Vorplatz orientierte Speisesaal bildet eine Erweiterung der Aula. Beide öffnen sich zum Vorplatz. Im Sommer lassen sich Aula und Speisesaal zum Freiraum hin großzügig öffnen.
Die Nebenräume des Speisesaals sind an der Ecke Franklinstraße-Hinaysgasse situiert. Die Anlieferung erfolgt wie auch die Müllabholung auf kurzem Weg direkt von der Hinaysgasse. Eine Haltebucht wird dafür an der Hinaysgasse vorgesehen.
Im Baukörper an der Ecke Hinaysgasse-Kahlgasse sind im Erd- und 1. Obergeschoss die beiden Kindergarten-Biber positioniert. Sie sind über eine großzügige interne Treppe miteinander verbunden. Ein 3-seitig umlaufender 600 m² großer Garten steht dem Kindergarten exklusiv zur Verfügung.
Die 7 Bildungsbiber sind alle direkt über die zentrale Erschließung erreichbar und somit eng miteinander verknüpft. Die Biber verfügen über eine 4-seitige Orientierung um eine optimale Belichtung zu gewährleisten. Die Bildungs- bzw. Gruppenräume sind um die gemeinsame Multifunktionsfläche, die als Marktplatz das Herz des Bibers bildet, angeordnet. Die Multifunktionsfläche ist in unterschiedliche Bereiche gegliedert und flexibel teilbar. Eine vielfältige Nutzung ist möglich – von gemeinsamen Treffen aller Schülerinnen und Schüler über Gruppenarbeiten bis zu intimen Rückzugsmöglichkeiten. Alle Biber verfügen über einen exklusiven Freiraum – Loggien als Freiklassen bzw. ein eigener Garten für die beiden Kindergartenbiber.
Kreativbereiche – Bibliothek, Werkräume, Naturwissenschaftsraum & Lehrküche – sowie die Ver-waltung sind im Baukörper an der Ecke Franklinstraße-Hinaysgasse angeordnet. Aufgrund der direkten Anbindung an die zentrale Hauptstiege sind diese auf kurzen Wegen von allen Bibern zugänglich.

JUGENDZENTRUM & MUSIKSCHULE
Das Jugendzentrum ist bewusst abgerückt vom Schulbetrieb im nördlichen Teil des Grundstücks situiert. Die Zugänglichkeit und die Orientierung des Jugendcafés zur Ecke Kahlgasse-Benheimstraße erzeugt Exklusivität und Diskretion.
Die Musikschule ist 2-geschossig über dem Jugendzentrum angeordnet. Räumliche Synergien zwischen Jugendzentrum und Musikschule werden gefördert: Der Mehrzweckraum des Jugendzentrums kann von der Musikschule mitgenutzt werden und weist eine Sichtverbindung zu dieser auf. Der Bandproberaum der Musikschule hat einen externen Zugang zur Mitnutzung des Jugendzentrums. Gleichzeitig ist die Musikschule mit dem restlichen Schulgebäude verbunden, wodurch auch hier räumliche Synergien entstehen.

MATERIALITÄT & FASSADE
Das Gebäude ist als Holzmassivbau konzipiert. Wo technisch und wirtschaftlich möglich werden nachwachsende und ökologische Baustoffe eingesetzt. Generell liegt bei der Planung der Fokus auf der Lebenszyklusbetrachtung.
Holz als natürlicher und nachhaltiger Baustoff prägt die Gestaltung sowohl im Innen- als auch im Außenbereich. Über dem Eingangsbereich samt Speisesaal sowie den Turn- und Mehrzwecksälen bildet eine Kassettendecke aus hellem Tannenholz das Tragwerk.
Die Materialität zieht sich in die Bildungsbiber und Unterrichtsräume weiter: Lamellendecken, Parkett-böden und gerahmte Sitzfenster in hellem Holz erzeugen ein warmes und kindergerechtes Raumgefühl.
Die Fassade spiegelt die Entwurfsidee einer ökologisch-zeitgenössischen Bauweise wieder. Den hinterlüfteten Holzfassaden sind umlaufende Pflanzentröge vorgesetzt, über welche die Fassaden intensiv begrünt werden. Durch den Einsatz verschiedener Pflanzen – wie Blauregen, Geißblatt oder Pfeifenwinde – entsteht ein differenziertes Fassadenbild. Das auf den Dächern gesammelte Regenwasser dient der Bewässerung. Vorgesetzte Lärchenlatten sorgen für eine natürliche Beschattung. Dank großzügiger Öffnungen und einem hohen Verglasungsanteil sind die Innenräume sehr gut belichtet. Die Fassade ist in hellem Lärchenholz gestaltet und weist so eine hohe Albedo auf.
Durch den hohen Vorfertigungsgrad der Holzelemente kann das Gebäude rasch und ökonomisch errichtet werden. Ziel ist ein ökologisches und zukunftsfittes Bildungsgebäude mit nachhaltigen Baustoffen.

BAUPHYSIK UND NACHHALTIGKEIT
Dank der effizienten Gebäudekonfiguration ist die Grundlage für einen niedrigen Heizwärmeenergie-bedarf gegeben. Die opake Gebäudehülle ist hochwärmegedämmt, luftdicht und wärmebrückenarm. Durch den hohen Verglasungsanteil können in der Winterperiode hohe solare Einträge erzielt werden. Der niedrige Heizwärmebedarf wird mittels hocheffizienter Wärmepumpe mit Tiefensonden gedeckt.
In der Kühlperiode wird durch die geregelte außenliegende Verschattung und durch die Sicherstellung der natürlichen Nachtlüftung eine hohe Behaglichkeit garantiert. Die Fassadenbegrünung wirkt sich günstig auf Mikroklima und Verschattung aus und trägt damit wesentlich zum empfundenen Komfort bei. Zusätzlich wird eine nachhaltige Gebäudekühlung umgesetzt wodurch ein behaglicher Gebäude-betrieb auch bei sich ändernden Klimabedingungen garantiert werden kann. Über Fußbodenheizung wird sowohl geheizt als auch gekühlt.
Über eine Lüftungszentrale im Untergeschoss wird das Gebäude mit Frischluft versorgt. Sämtliche Aufenthaltsräume sind zudem auch manuell und konventionell belüftet.
Der Anteil der natürlichen Beleuchtung ist durch den optimierten Verglasungsanteil sehr hoch, wodurch der Bedarf an Kunstlicht reduziert ist. Der geringe Restbedarf an Beleuchtung wird mittels einer hocheffizienten LED-Beleuchtung gedeckt. Auf der Dachfläche der 4-geschossigen Baukörper sind Flächen für die Nutzung von Photovoltaik vorgesehen.
Durch die abgestimmte Planung können in allen Gebäudezertifizierungssystemen höchste Punktezahlen garantiert werden. In der klima:aktiv Bewertung kann der Gold Status erreicht werden.

FREIRAUM
Der gesamte Bildungscampus wird als grünes Quartier gestaltet. Die Vorplätze und Wege werden als unversiegelte, befestigte Flächen ausgeführt. Sitzelemente mit Bäumen und Wasserflächen erzeugen eine hohe Aufenthaltsqualität und wirken gleichzeitig der Sommerhitze entgegen. Sommerliche Überhitzung wird auch durch die intensive Fassadenbegrünung sowie Pflanzung neuer Bäume reduziert.
Der Baumbestand bleibt zum Großteil erhalten. Für 9 gefällte Bäume werden zumindest die erforderlichen 25 Ersatzpflanzungen direkt auf Eigengrund gepflanzt, wodurch die Baumbeschirmung erhöht wird. Der alte Götterbaum kann – wenn physiologisch möglich – erhalten bleiben.
Zusätzlich zu den exklusiven Freiräumen der Biber werden die Dachflächen der 3-geschossigen Baukörper und der Rücksprünge und Einschnitte als zusätzliche Terrassen genutzt und bieten den Kindern ein differenziertes Freiraumangebot. Der Hartplatz am Dach der Musikschule ist sowohl von den Sportumkleiden über die zentrale Hauptstiege der Schule als auch extern gut erreichbar.

BRANDSCHUTZ
Das Brandschutzkonzept sieht eine Gliederung der Brandabschnitte entsprechend der Baukörper-konfiguration mit einer horizontalen Staffelung vor. Die Haupterschließung des Gebäudes ist als breite 5-geschossige Fluchtstiege konzipiert, um die zu erwartende Personenanzahl sicher ins Freie führen zu können. Zusätzlich verfügen die Baukörper über weitere separate Fluchtstiegenhäuser, die direkt nach außen führen. Damit sind Rettungswege (2. Fluchtweg) gewährleistet.
Die Brandschutzqualitäten und -anforderungen werden entsprechend der OIB-Richtlinie 2 für die Gebäudeklasse 5 erfüllt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt überzeugt durch eine transparente offene Erdgeschoßzone und folgt
durch drei Gebäudeteile logisch den städtebaulichen Vorgaben.
Positiv wird bewertet, dass das Jugendzentrum als eigener Baukörper platziert
wird. Die Idee einer Durchwegung wird interessant gesehen.
Seitens der Jury wird positiv gesehen, dass die Haupterschließung zentral und
großzügig gelegen ist und alle Bereiche gut angebunden sind.
Die dargestellte Holzfassade wird städtebaulich nicht adäquat gesehen, dennoch
wird Grundintention mit nachhaltigen Stoffen zu arbeiten positiv gesehen.
Die kompakten und klaren Baukörper werden als wirtschaftlich angesehen. Die
Ausführung in Holzmassivbauweise und der ökologische Baustil wird Seitens der
Jury positiv bewertet.