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Einladungswettbewerb | 04/2019

Gemeindezentrum Pettneu am Arlberg

1. Preis

UNVERBLÜMT Architekt DI Erich Strolz

Architektur

Erläuterungstext

Brücke - Bindeglied – Pettneu 1 = Brücke – Ausbildung des Gemeindeamtes als Longitudinalbau
Öffnung und Durchblicke – prägen die Strahlkraft des Gemeindezentrums
Platz-Entree – Vorplatz als multifunktional bespielbarer Außenraum

Kommunikationsräume - Gedeckte Außenbereiche bilden vielschichtige Übergänge und Verbindungen
Organisation und Bespielbarkeit –übersichtliche Funktionsbereiche bieten viele Nutzungsmöglichkeiten
Klarheit in Form und Konstruktion – einfache und ökonomische Bauweise

Städtebauliche und architektonische Aspekte
Pettneu erstreckt sich entlang seiner - als zentrales Bindeglied im örtlichen Umfeld – einprägsamen Dorfstraße. Der Bauplatz des Gemeindezentrums liegt auch an dieser zentralen Entwicklungsachse der Gemeinde im direkten Nahbereich zur gotischen Kirche und zum bauhistorisch wertvollen Widum. Um der künftigen baulichen Entwicklung in der Gemeinde gerecht zu werden, soll das Umfeld des Dorfzentrums in eine Begegnungszone umfunktioniert werden, wo auch Pkw’s zukünftig nicht mehr parken werden. Das Gebäude positioniert sich so auf dem Grundstück, dass es einen Vorplatz für das Amt und den Gemeindesaal bereitstellt. Der satteldachgeformte Amtskörper erstreckt sich parallel zur Gemeindestraße und zum Kirchenschiff und bildet so die Brücke zwischen dem kulturellen und dem wirtschaftlichen Pettneu sowie dem Stanzertal und dem Gebirge. So wird es klar kontextualisiert und spannt einen Platzraum mit dem Foyer und dem Zugang zur Gemeindeverwaltung auf. Der großzügige Vorplatz kann multifunktional genutzt und bespielt werden und bildet ein adäquates Entree mit Aufenthaltsqualität. Das Gebäude öffnet sich an mehreren Seiten, großzügig und differenziert. Es lässt Durchblicke zu und wird von einer – auch durch die trichterförmigen Lichtkörper in der Saaldecke - eigenen Strahlkraft geprägt.

Funktionelle Aspekte
Der Entwurf sieht eine klare und übersichtliche Organisation der einzelnen Funktionen und Räume vor. Diese werden in öffentliche und veranstaltungsinterne Funktionsbereiche zusammengefasst und gegliedert. Der Veranstaltungssaal lässt sich durch ein bewegliches, transparentes Raumtrennsystem zum Foyer hin öffnen. Im Zusammenspiel von Foyer und Veranstaltungssaal ergeben sich somit weitere Nutzungsmöglichkeiten. Damit eine möglichst große Nutzungs- und Veranstaltungsvielfalt gegeben ist, wird auf eine Galerie verzichtet.
Zudem lässt sich der Saal - über in der Decke eingelassene Raumteiler - in 2 gleich große Räume teilen. Die differenzierten Einschnitte in das Sockelvolumen bilden sowohl hochwertige, gedeckte Außenbereiche, als auch überdachte Nebeneingänge und Anlieferungsmöglichkeiten. Der Großteil der Saal-Funktionen ist erdgeschossig situiert. Die Gemeindeverwaltung hat eine übersichtliche und klare Form mit großzügigem Raumerlebnis im Obergeschoss; der Satteldachkörper ist auch im Innenraum als solcher erlebbar und versteht sich als verbindendes Element. Das Amt kann auch vom neuen Parkplatz direkt im OG erreicht werden.
Materialien / Farben
Die Materialbestimmung erschließt sich aus dem Grundgedanken, das Sockelgeschoss durch die einzelnen Funktionsbereiche und die Verbindungsräume zu differenzieren und zu gliedern. Die Funktionsbereiche des Erdgeschosses werden mit fein geschliffenen Betonoberflächen, die Einschlüsse von heimischem Gestein beinhalten, ausgestattet. Verbindungsräume bilden mit ihrer - tlw. transparent gläsernen und reflektierenden Oberfläche einen spannungsvollen Kontrast zur Holzstruktur des Saales und den erdigen Betonoberflächen. Die öffentlichen Bereiche im Erdgeschoss werden mit einem Terrazzoboden mit heimischen Steineinschlüssen belegt und schaffen eine materielle Fortführung des Vorplatzes in das Foyer. Der Veranstaltungssaal wird in einer einfachen - aber dennoch haptisch und sinnlich hochwertigen - hölzernen Oberfläche ausgeführt. Das Gemeindeamt strahlt - als hölzerne Satteldachbrücke mit historischem Kontext - die Offenheit und Transparenz einer modernen Verwaltung aus.
Bautechnische Aspekte
Ein orthogonaler Grundriss ermöglicht eine einfache und günstige Bauweise. Die tragenden Wände und Decken des Sockelgeschosses werden in Massivbau/Stahlbeton errichtet. Die Wände des Veranstaltungssaales in Stahlbeton überspannen als wandartige Träger die großzügigen Öffnungen und sorgen für einen optimalen Schallschutz. Sämtliche Öffnungen und Verglasungen des Saales können durch Vorhänge oder Rollos verdunkelt werden. Das Dachtragwerk über dem Veranstaltungssaal wird in einer klaren aber luftig-hellen Holzkonstruktion ausgeführt.


1 Erstmals erwähnt wird Pettneu um das Jahr 1300 als „Pudnew“, was sich vermutlich von ponte novu bzw. punt nou (‚neue Brücke‘) ableitet. Die bis 2005 erhaltene neue Brücke stammte aus dem späten 18. Jahrhundert und war ein Beispiel der früher verbreiteten gedeckten Holzbrücken ohne eiserne Verbindungsmittel. Die Brücke wurde bei einem Hochwasser am 23. August 2005 von den Fluten der Rosanna mitgerissen. (Quelle: Wikipediaeintrag zu Pettneu am Arlberg)

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt überzeugt mit gelungenem dörflichen Maßstab und Zusammenspiel von Außen- und Innenraum. Die erdgeschossigen Vorbereiche werden mit einem schlanken, brückenartigen Baukörper überragt. Es entsteht ein Raumfluss von Vorplatz, geschütztem Eingangsbereich, Foyer und Mehrzwecksaal. Durch die Setzung und das Eingraben des Saales in den nordseitigen Bauplatzbereich, wird eine großzügige, klare Lösung der funktionellen Zusammenhänge und Trennungen erreicht. Die bauplastische Ausformung der Baukörper lässt auch innenräumlich höchste Qualität erwarten. Die Anknüpfung an örtliche Bautradition mit zeitgenössischer Architektursprache ist rundum geglückt.