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Studienauftrag im selektiven Verfahren | 02/2021

Neues Areal Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen (CH)

Teilnahme

Bachelard Wagner Architekten

Architektur, Stadtplanung / StÀdtebau

pg landschaften

Landschaftsarchitektur

Rudolf Keller & Partner

Verkehrsplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt prĂ€sentiert eine raffiniert gestaltete und volumetrisch ausdifferenzierte hangseitige Bebauung an der neu abgesenkten General-Wille-Strasse, die am Bahnzugang in einem Kopfbau mĂŒndet. Dieser markiert sowohl die mittlere PersonenunterfĂŒhrung wie auch den neuen Bushof, der nordwestlich anschliesst. Seeseitig wird die General-Wille-Strasse mit einer Promenade mit AufentaltsqualitĂ€ten und öffentlichem Charakter ergĂ€nzt. Durch die Absenkung der Strasse entsteht eine einheitliche hangparallele Strassenkote, die einen eben angelegten Bushof begĂŒnstigt, bezĂŒglich Höhenunterschied zum PU-Zugang und Anschluss an den bestehenden Bahnhof jedoch nachteilig beurteilt wird. Die Bebauung ist entlang der Strasse in vier Abschnitte gegliedert. Dies erlaubt von den wichtigsten Blickpunkten hangaufwĂ€rts Durchsichten zum See. Eine zusammenhĂ€ngende architektonische Formensprache verknĂŒpft die Teile. Vertikal ist sie dreiteilig konzipiert: Ein strassenbegleitender Sockel auf Strassenebene mit öffentlich wirksamen Nutzungen, HauszugĂ€ngen, Velogaragen und Erschliessungen; eine Mezzaninebene, welche die rampengefĂŒhrte Einstellhalle beherbergt und Luftraum fĂŒr ĂŒberhohe Erdgeschosse bietet; und eine Gleisebene, die der Lage entsprechend BĂŒros, ein Restaurant, eine Terrasse beim GĂŒterschuppen, gleisseitige WohnungszugĂ€nge fĂŒr die Maisonettewohnungen und im SĂŒdosten Geschosswohnungen mit Aussenraumbezug aufweisen. Die verschiedenen Ebenen sind ĂŒber gekonnt gestaltete vertikale KaskadenrĂ€ume verknĂŒpft, die auf die Gleisebene einladen und dabei eine poetische Kraft entfalten. Die Belebung der Gleisebene mit öffentlichen Nutzungen ist als Idee gut nachvollziehbar. Es wird jedoch befĂŒrchtet, dass dies zu ungunsten der Belebung der Strassenebene geschehen wird. Diese wirkt im Gegensatz zur Gleisebene eher monoton, und ihr Beitrag zur Ortskernerweiterung zum Bahnhof wird trotz der Allokation von drei Ladenlokalen bezweifelt. Die gestalterisch gesamthaft komponierte Gesamtanlage wirkt im heterogenen Kontext insbesondere aus FussgĂ€ngerperspektive auf dem nivellierten Strassenniveau wenig abwechslungsreich. Ein wichtiges rĂ€umliches Scharnier befindet sich im offenen Erdgeschoss des KopfgebĂ€udes beim Bushof. Dieses wirkt jedoch im Gegensatz zur stĂ€dtebaulichen Kopfbildung und architektonisch grosszĂŒgigen Kolossalordnung funktional eher umstĂ€ndlich, und fĂŒr die relevante Schnittstelle zwischen Bus und Bahn durch den zentralen Hauseingang zu domestiziert und intim. An dieser Stelle gelingt die ansonsten meist gekonnte Verschmelzung aus grosszĂŒgiger Gesamtanlage und detaillierter Mikrosituation nicht. Aus denkmalpflegerischer Sicht wird der GĂŒterschuppen durch Treppe und Sockel einerseits monumentalisiert, und somit zu einem wichtigen Element der Gesamtkomposition, andererseits wird das schĂŒtzenswerte GebĂ€ude durch die relativ einheitliche Materialisierung und Gestaltung der Gesamtanlage miniaturisiert. Die Kombination der beiden Gestaltungsmittel vermag nicht zu ĂŒberzeugen. Das Wohnungsangebot ist begrĂŒssenswert divers, die gekonnt organisierten Wohnungen weisen allesamt gute Ausrichtungen und Aussichten auf. Mit prĂ€zis gesetzten Durchblicken wird die Umgebung mit dem Perimeter in Bezug gesetzt. Die FreirĂ€ume befinden sich mehrheitlich auf Gleisniveau. Die halbprivaten FreirĂ€ume erhalten zwar so die nötige Distanz. Der Schwerpunkt des öffentlichen Raums rund um den GĂŒterschuppen verliert aber aufgrund der hohen, in einem nicht ganz verstĂ€ndlichen Bogen laufenden StĂŒtzmauer trotz grosszĂŒgiger Treppenanlagen den Bezug zur frequentierten Strassenebene. Wegen der verschachtelten GebĂ€udestruktur liegen die sĂŒdöstlich folgenden halbprivaten FreirĂ€ume der WohngebĂ€ude auf unterschiedlichen Niveaus, was deren ZugĂ€nglichkeit erschwert. Zudem ĂŒberschreitet der Zugang die Interessenslinie SBB. Der rĂŒckwĂ€rtige GrĂŒnraum im sĂŒdöstlichsten Teil dient vor allem ökologischen Funktionen und sorgt fĂŒr Distanz der Wohnungen zu den Gleisanlagen. Vor dem BahnhofgebĂ€ude verlĂ€uft die attraktive Terrasse mit Aufenthaltsmöglichkeit und Blick ĂŒber See und Berge. Etwas schade ist, dass der Rundblick der Reisenden zum See - aus dem Bahnhof tretend – durch Velosharing und Kiss&Ride-ParkplĂ€tze verstellt wird. Der Strassenquerschnitt ist konventionell und ohne BĂ€ume. Die teils schmalen Trottoirs, etwa beim GĂŒterschuppen, werden durch die hier vorgesehene FassadenbegrĂŒnung zusĂ€tzlich bedrĂ€ngt. Der Bushof ist nördlich des neuen BahnhofgebĂ€udes angeordnet und insgesamt zweckmĂ€ssig gelöst. Die Anordnung des Busses mit den Wendemöglichkeiten unter dem AufnahmegebĂ€ude und bei der Forchstrasse sind jedoch sehr grossflĂ€chig und wirken in Kombination mit der Parkierung sehr technisch. Die ZugĂ€nge zur mittleren und sĂŒdlichen PersonenunterfĂŒhrung sind eng mit den GebĂ€uden verbunden und wenig prominent. Der mittlere Zugang wird zwar durch die flĂ€chige, platzartige Gestaltung der Strasse hervorgehoben, die zahlreichen Parkfelder und fehlenden Erdgeschossnutzungen beim AufnahmegebĂ€ude stehen jedoch im Widerspruch zu dieser Geste. Der Strassenraum wird geprĂ€gt durch die differenziert ausgestalteten Bauten und Erdgeschossnutzungen. Das fehlende Angebot im Bereich des GĂŒterschuppens und die sehr schmalen Trottoirs wirken jedoch nicht sehr einladend und zu verkehrsorientiert. Die öffentlichen und privaten Parkierungsanlagen fĂŒr den Auto- und Veloverkehr sind zweckmĂ€ssig gelöst. Allerdings ist die ManövrierflĂ€che in der privaten Einstellhalle etwas gar grosszĂŒgig dimensioniert und die Veloparkierungsanlage im SĂŒden könnte einen direkten Zugang zur PersonenunterfĂŒhrung haben. Die Umdisponierung der Bahntechnik ist nachvollziehbar gelöst, aus FlexibilitĂ€ts- und Etappierungsperspektive ist jedoch eine Auslagerung in ein eigenstĂ€ndiges GebĂ€ude vorteilhaft. Gesamthaft betrachtet bewegen sich die Abweichungen bei den Erstellungskosten aller Projekte in einem, dem Bearbeitungsstand entsprechenden, vernachlĂ€ssigbaren Bereich. Die Kennwerte des vorliegenden Projektes weisen im Quervergleich relativ tiefe GeschossflĂ€chen, eine hohe NutzflĂ€cheneffizienz, kompakte GebĂ€udekörper und ein BahnhofsgebĂ€ude mit verhĂ€ltnismĂ€ssig aufwĂ€ndiger Statik auf. Dem Team gelingt mit seinem insbesondere architektonisch sorgfĂ€ltig ausgearbeiteten Projekt und der nur einseitigen Bebauung der General-Wille-Strasse eine rĂ€umliche KlĂ€rung der ortsbaulichen Situation. Leider vermögen die QualitĂ€ten des eher auf Verkehr ausgelegten, nivellierten und von einer linearen Bebauung gesĂ€umten Strassenraums zu wenig auf die Anforderungen einer Zentrumszone mit hoher AttraktivitĂ€t fĂŒr FussgĂ€nger zu reagieren. Die im Prinzip grossmassstĂ€blich konzipierte Anlage ist zwar gekonnt rhythmisiert und an den wichtigsten stĂ€dtebaulichen Schnittstellen ausdifferenziert, doch just die zentrale Schnittstelle zwischen Bus, Bahnzugang und Bebauung ist funktional kompliziert und wirkt intim und zu wenig öffentlich.