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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2021

Städtebauliche Entwicklung Ludwig-Quidde-Straße in Berlin Pankow

2. Preis

Preisgeld: 6.000 EUR

BUSCH & TAKASAKI ARCHITEKTEN BDA PartGmbB

Stadtplanung / Städtebau

mesh landschaftsarchitekten PartG mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

KONZEPT
Unser Entwurf für das neue Wohnquartier in der Ludwig-Quidde-Straße in Berlin Pankow reagiert naheliegend auf die im weiteren Umfeld heterogene Stadtstruktur und im näheren Umfeld kleinteilige Struktur im städtebaulichen Umfeld. Gleichzeitig erfüllt er die unterschiedlichen Anforderungen an Raumbildung, Schallschutz und Einfügung in die Umgebung. Grundlegend ist das gesamte Baugrundstück in 4 zusammengehörige „MikroQuartiere“ eingeteilt, die sich jeweils aus einem Schallschutzgebäude und 2 Geschosswohnungsbauten definieren. WA 1 gliedert sich im Norden an diese Gesamtstruktur an und übernimmt gleichzeitig die eher offene Bauart der nördlichen Nachbarbebauung.
Während an der Ostseite des Grundstücks eine fünf- bis sechsgeschossige (4 Vollgeschosse) Schallschutzbebauung (WA3) in Nord-Süd Richtung platziert ist, dehnen sich die „Finger“ des Grundstückes WA2 in Ost-West Richtung aus und nehmen so Bezug zu dem im Westen angrenzenden Naturraum auf.
Aus dieser Struktur ergeben sich 4 aufeinander Bezug nehmende Mikro-Quartiere, die sich großzügig zum angrenzenden Naturraum nach Westen öffnen und so eine offene und einladende Geste in die Umgebung generieren.
Die Platzmaschen zwischen den Mikro-Quartieren vernetzen das neue Quartier fußläufig mit der näheren Umgebung. Die mittlere großzügige Masche nimmt den vorhandenen Fußweg des angrenzenden Feldes im Westen auf, ermöglicht eine komplette Durchwegung bis zur Nord-Süd verlaufenden Grünfläche und kann mit dem vorhandenen Wegenetz vernetzt werden. Entlang der mittleren Platzmasche schlagen wir auch die Realteilung der Grundstücke WA2 und WA3 vor. Die Gebäude werden alle von den Platzmaschen aus erschlossen, so dass die Innenhöfe der privaten und semi-privaten Nutzung zugeordnet werden können.
Die Geometrie der Gebäude folgt einer klaren, orthogonalen Ausrichtung an den Grundstückslinien und verdichtet sich zu den Gartenmaschen (Innenhöfen) mit jeweils einem Knick pro Gebäude, um die Länge der Gebäuderiegel zu brechen und so visuell und räumlich eine kleinteiligere Wahrnehmung zu erzeugen. Gleichzeitig erfahren die Innenhöfe eine größere Lebendigkeit und Privatheit. Die 4-geschossigen Baukörper werden mit Staffelgeschossen ergänzt. Die Staffelgeschosse sind immer im Wechsel angeordnet, um räumliche Komplexität und Privatheit zu erzeugen. Die Dachflächen können als Gemeinschaftsgärten oder Gemeinschaftsterrassen von den Bewohner*innen der Gebäude genutzt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Gebäudegrößen ist die Entwicklung von sowohl 3-Spännern, als auch 4-Spännern denkbar und wirtschaftlich realisierbar. Die Ausrichtung der Wohnungen ermöglicht eine hohe Wohnqualität, die mit Freisitzen Balkonen und Loggien sinnvoll ergänzt werden können.
„Durchwohnen“ ist in einer Vielzahl der Wohnungen generell angedacht und gut realisierbar. Gleichzeitig ermöglichen die Gebäudetypologien eine große Vielzahl an unterschiedlichen Wohnungsgrößen.
Das gesamte Wohnquartier wird mit einer umfahrenden Straße erschlossen. Im Erdgeschoss der Schallschutzgebäude des WA3 finden in dezentral organisierten Mobility-Hubs alle notwendigen Fahrzeuge, Carsharing, e-Mobility und Fahrräder Platz. Somit ist jeder „Insel“ eine eigene Quartiersgarage zugeordnet, um Wege kurz zu halten und Nutzungen sinnvoll zu ergänzen. Eine insgesamt ausgewogene Dichte schafft Wohnqualität und attraktiven Freiraum im neuen Quartier.

SCHALLSCHUTZ
Um dem Bedürfnis nach Ruhe nachzukommen ist die Wohnbebauung entlang der östlichen Grundstückslinie als weitgehend geschlossene, fünf- bis sechsgeschossige Schallschutzbebauung (inkl. Garagengeschoss) gestaltet.
Die Bauhöhe schützt insbesondere die eigenen Freibereiche, dahinterliegende Fassaden und die westlich gelegene Wohnbebauung so, dass eine hohe Aufenthaltsqualität gewährleistet werden kann.
Die Durchwegungen sind so gestaltet, dass nur geringe Durchstrahleffekte in die Freibereiche entstehen und für Fenster an den schallabgewandten Fassaden die für Allgemeine Wohngebiete zulässigen Immissionsgrenzwerte eingehalten werden.
Vor allem die Grundrissgestaltung der Wohnungen trägt zum Schallschutz bei:
• ab 3-Zi-Wohungen mindestens ein Schlafzimmer an der schallabgewandten Seite
• Der Wohn- / Essbereich ist meist durchgesteckt mit Verglasungen an der schallabgewandten Seite
und großartigem Blick Richtung Osten.
• Jede Wohnung im Schallschutzriegel verfügt über einen Balkon oder eine Loggia zur ruhigen Seite

LANDSCHAFT
Die Freiräume des neuen Wohnquartiers werden durch zwei Typen von Maschen bestimmt:
Gartenmaschen und Platzmaschen. Durch diese Maschen werden sowohl Gebäude und Freiräume sowie das gesamte Quartier mit dem umgebenden Landschaftsraum verflochten. Innerhalb des Quartiers wechseln sich die Gartenmaschen und die Platzmaschen zwischen den Gebäuden ab.
Die Gartenmaschen verlaufen jeweils Richtung Westen als gemeinschaftliche Wohnhöfe zwischen den Gartenseiten der Gebäude bis hin zur offenen Wiese. Sie verdichten sich in der Mitte des Quartiers zu einer von Süden nach Norden verlaufenden grünen Naht, in der sich Flächen zur Regenrückhaltung sowie kollektiv nutzbare Gärten und naturnahe Spielorte befinden. Der Höhenunterschied, verschiedene Geometrien und natürliche Materialien wie Findlinge und Tothölzer fördern die Kreativität und Fantasie der Kinder. Die Privatgärten sind durch Hecken von den gemeinschaftlichen Freiflächen getrennt.
Die Platzmaschen verlaufen zwischen Ludwig-Quidde-Straße und Waldsaum als Nachbarschaftsplätze entlang der Eingangsseiten der Gebäude. Sie stellen Verbindungen her zu den nördlich-südlich, am Rand des Quartiers verlaufenden Fuß- und Radwegen und schließen nach Osten jeweils mit einem Platzbereich im Waldsaum ab, der das Quartier im Osten rahmt und als öffentlicher Freizeit- und Erholungsraum mit generationsübergreifenden und naturnahen Spielangeboten dient. Die offenen Belagsflächen der Nachbarschaftsplätze sind autofreie Zonen und bieten für Anwohnende sowie Besuchende zahlreiche Aufenthalts- und Spielmöglichkeiten für Kleinkinder.

ERSCHLIESSUNGSKONZEPT
Die innere Erschließung des neuen Wohnquartiers als Wohnstraße wird U-förmig parallel zum nördlichen Landapfelweg und entlang des östlichen Waldsaumes zur Ludwig-Quidde-Straße erschlossen, so dass der innere Bereich des Wohnquartiers autofrei bleibt. Die PKW-Stellplätze sind entlang der Erschließungsstraße angeordnet. An den Knotenpunkten mit den Platzmaschen werden Mobilitätshubs für Car- und Bike Sharing sowie behindertengerechte Parkplätze angeboten.
Die Fahrradstellplätze werden dezentral direkt an den Hauseingängen angeordnet. Über den mittleren Quartiersplatz wird der Fuß- und Radweg an den bestehenden angeschlossen.

UMGANG MIT REGENWASSER
Die extensiv begrünten Dachflächen halten einen Teil des anfallenden Regenwassers zurück. Das restliche Regenwasser von den Dachflächen und das im Quartier anfallende Oberflächenwasser werden zu den tiefer gelegenen Gartenmaschen geführt und dort versickert. Die an den Wohnhäusern installierten Zisternen sammeln Wasser für eine Bewässerung der Gärten und Grünflächen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Vor dem Hintergrund, dass die westlich an die Ludwig-Quidde-Straße angrenzende Freifläche langfristig von Bebauung freigehalten werden soll, ist die Entscheidung der Öffnung der Gebäudevolumen nach Westen folgerichtig. Es ergibt sich zur Ludwig-Quidde-Straße mit vier- bzw. fünfgeschossigen Köpfen eine maßstäbliche und angemessene städtebauliche Setzung. Die drei nördlich angeordneten Punkthäuser im Übergang zur kleinteiligen Nachbarbebauung werden grundsätzlich befürwortet, allerdings erscheint die Fünfgeschossigkeit hier eher massiv. Formal werden die Anforderungen hinsichtlich des bauordnungsrechtlichen Vollgeschossbegriffes für die Lärmschutzbebauung im Osten erfüllt, jedoch ergibt sich mit den faktisch sechs Geschossen und den entsprechenden Gebäudelängen zur Kleingartensiedlung und dem Grünzug eine sehr massive Wand. Die „Maschen“ aus Plätzen und Gärten überzeugen in ihrer Selbstverständlichkeit und Unaufgeregtheit, die Einbindung der übergeordneten Ost-West-Verbindung wird befürwortet. Ebenso stößt der Vorschlag, vis-a-vis der zukünftigen Kita ein Café anzuordnen, auf positive Resonanz. Kontrovers werden allerdings die sich ergebenden Freiräume diskutiert, die einerseits viel Potenzial für multifunktionale Nutzungen bieten, andererseits wird aufgrund der fließenden Räume befürchtet, dass die Aneignung durch die Bewohner nur eingeschränkt stattfinden wird. Die vorgeschlagene Niederschlagswasserentsorgung ist überzeugend gelöst. Die ringförmige Erschließung ist schlüssig, die Notwendigkeit einer Einbahnstraße erscheint nicht zwingend. Die Stellplätze sind in der Gesamtzahl ausreichend nachgewiesen, deren Unterbringung wird jedoch sehr kritisch bewertet. Die Stellplätze in den Erdgeschosszonen der Lärmschutzbebauung erzeugen zum westlich anschließenden gemeinschaftlichen Grünraum schwierige Räume. Im Zusammenspiel mit den ebenerdigen Stellplätzen entlang der Ringstraße wird zudem eine deutliche Rückseite nach Osten erzeugt und der parallel verlaufende öffentliche Grünzug qualitativ abgewertet. Aufgrund der geknickten Baukörper und der sich ergebenden Gebäudetiefen ist die Entwicklung individueller Grundrisse notwendig und möglich. Schwierige Eckgrundrisse werden in Gänze vermieden, die gezeigten Gebäudegrundrisse überzeugen aber nicht. Die geforderten Kennzahlen werden eingehalten bzw. erfüllt, insofern lässt der Entwurf eine gute Wirtschaftlichkeit erwarten. Der Entwurf überzeugt mit seiner großen Klarheit und Eindeutigkeit, kritisch aber wird die Ausformulierung nach Osten gesehen, da hier sowohl durch die sechsgeschossigen Riegel als auch durch die massive Parkierung eine Quartiers-Rückseite erzeugt wird.