modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 11/2021

Neuentwicklung Areal Küttigerstrasse in Aarau (CH)

Teilnahme

Graf Biscioni Architektur

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

SKK Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau, Architektur

Dem Entwurf liegt eine bewusst gesuchte Urbanität und erlebbare Dichte zu Grunde. Sechs eigenständige und lose Volumen, welche sich zur Strasse parallel situieren und in die Tiefe abgewinkelt weiterentwickeln, formen ein neues Ensemble. Von aussen wird mit der orthogonalen Setzung eine Einbindung in die nahe Umgebung und in die Stadtstruktur gesucht, nach Innen werden zwei introvertierte und sehr urbane Wohnhöfe platziert. Die Höhenentwicklung der Baukörper weist eine Staffelung auf, welche auf die Nachbarschaft reagiert. Die Adressierung des neuen Ensembles am Weinbergplatz, mit dem Gebäude Kreuz und dem im Spitz zusammenkommendem neuen Gebäude mit einem Tankstelleneinschnitt im Erdgeschoss, lässt betreffend Auftakt und Erscheinung Fragen offen und vermag als neues Gesicht nicht vollumfänglich zu überzeugen. Konstruktiv wird eine Hybridkonstruktion aus Holzelementen mit grösstenteils Punktfenster vorgeschlagen. Für den Sockelbereich wird eine aussenliegende Betonfassade geplant. In den darüber liegenden Geschossen werden Aussen die Holzelemente mit einem Strukturputz vorgeschlagen. Im Innern schwebt den Projektverfasser vor, das Holz lasiert sicht- und erlebbar zu machen. In den Sockelgeschossen hin zur Stadt und zum Platz werden die Gewerbenutzungen untergebracht. Im Hof wird die städtische Typologie der Arkaden vorgeschlagen, um die Häusereingänge zu markieren und Platz für Gewerbe und temporäre Fahrradabstellplätze zu bieten. Im Bereich der Innenhöfe, mit der vorgeschlagenen Dichte und Nähe sowie gekoppelt mit den Arkaden, entsteht eine äusserst urbane Innenwelt, welche in diesem Quartier und in dieser Umgebung klar kritisch hinterfragt wird. In diesem Vorschlag werden, unter der Prämisse der Flexibilität und Unabhängigkeit, die Wohnangebote von SWICA und STEINER AG in einzelne Häuser verteilt. In den drei abgewinkelten Regelhäusern sind die Wohnungstypen analog aufgebaut. Die Zimmergrössen sind identisch und ermöglichen eine flexible Nutzung und Bespielung. Der Wohnbereich und der Küche- und Essbereich werden räumlich verzahnt und als fliessender Raum ausgebildet. Das vorgeschlagene Atelierhaus soll eine gesuchte Diversität ermöglichen, indem verschiedene Nutzungen im Gewerbe- und Wohnbereich angeboten werden können. Im bestehenden Gebäude Kreuz wird in den oberen Geschossen Wohngemeinschaftswohnungen angeboten. Das Eckhaus, welches im Erdgeschoss seiner städtebaulichen Bedeutung zu wenig Rechnung trägt, bietet in den oberen Geschossen verschieden grosse Wohnungen an. Die Attikageschosse, und somit die Attikawohnungen werden speziell ausformuliert. Die Attikabrüstung wird bepflanzt vorgeschlagen, die Wohnungen in einer Penthouseanalogie ausformuliert. Hier stellt sich die Frage der Angemessenheit dieses sehr grossurbanen Angebots. Eine neue Welt wird kreiert ohne den Bezug zum Darunterliegenden zu suchen.


Freiraum

Die Verfasser interpretieren den Ort überaus urban. Auf die gut strukturierten asphaltierten und baumbestanden Strassenräume folgt im Innern eine - mittels grosser Platten und Pflanztrögen belegte - Platzabfolge. Die Grünbereiche finden sich im östlichen Übergang zu den Nachbargrundstücken. Insgesamt bestehen Zweifel, ob so viel Urbanität mit entsprechenden Nutzungskonsequenzen an diesem Ort verträglich sind.


Lärmimmissionen

Das Konzept der Durchwegung mit der offenen Setzung der Baukörper bietet mässig Schutz vor Lärmimmissionen und erzeugt weniger leise Fassaden. Der Ansatz einer aktiven Klangraumgestaltung kann nur bedingt zur Optimierung beitragen. Die vorgeschlagene Wohnnutzung im Gebäude «Kreuz» wird nicht empfohlen. Die Tankstelle wird wenig abgeschirmt und begünstigt in der geplanten Form den Lärmeintrag in die Überbauung. Die zweiseitig orientierten Wohnungen in Haus 2 (Küttigerstrasse) sind gut konzipiert, für eine ausreichend lärmabschirmende Wirkung ist der Laubengang nicht tief genug geplant. Haus 3 und 4 weisen entweder sehr ruhige oder relativ lärmexponierte Wohnungen auf. Eine Konzeption mit jeweils einer lärmabgewandten Seite pro Wohnung wäre zu bevorzugen.


Stadtklima, Nachhaltigkeit

Das Konzept, die Gebäudevolumen als Solitäre auszubilden, begünstigt grundsätzlich eine gute Durchströmung und somit eine gute Klimaregulierung, jedoch leider zulasten des Lärmeintrages in die Überbauung. Die einzelnen Gebäudekörper sind kompakt geplant, jedoch werden Synergien durch Verschmelzen der Baukörper nicht genutzt, so dass insgesamt ein grosser Anteil an Fassadenflächen generiert wird. Der Aussenberiech weist eher grössere Anteile versiegelter Flächen auf, in der Ausgestaltung der Bepflanzung bleibt das Projekt vage. Die Konstruktion ist überirdisch als Hybridbau geplant mit Fassaden- und Wandelementen aus Holz und massiven Zwischendecken. Eine serielle Produktion sowie ein hoher Vorfertigungsgrad sind gut möglich. Die Layoutkonzeption der Gebäude weist einen zentral angeordneten Erschliessungskern mit effizient angegliederten und durchgehenden Installationsschächten vor. Die geforderten Flächen für eine Photovoltaikanlage sind auf den Dachflächenrändern nachgewiesen. Das Projekt findet teilweise gute Antworten auf die gestellten Anforderungen, in einzelnen Themenbereichen könnte der Beitrag noch mehr Potential entwickeln.


Wirtschaftlichkeit

Das Projekt weist mit einer Ausnützungsziffer von 2.34 eine durchschnittliche Dichte und somit Geschossfläche im Gesamtvergleich auf. Die generierte Hauptnutzfläche HNF kann die Vorgaben aus dem Studienauftragsprogramm nicht erfüllen. Der projektspezifische Wohn- und Gewerbeanteil von 81% zu 19% erfüllt die gesetzlichen Vorgaben formal nicht und hat einen möglichen Spielraum für standortspezifische Anpassungen bereits berücksichtigt. Der Wohnungsmix bildet infolge des gewählten Konzeptes nicht die geforderte Diversität an Wohnungstypen auf, so dass einzelne Wohnungstypen gar nicht angeboten werden. Bezüglich der Flächenverteilung können die Vorgaben zum Anlageprojekt nicht erfüllt werden. Entgegen der Vorgaben sind zur Umsetzung des Programms zwei Untergeschosse notwendig. Eine hohe Anzahl an Parkplätzen kann generiert werden. Die Baukosten liegen im Vergleich zu den anderen Projekten im Durchschnitt.


Fazit

Die stadtfigürliche Konzeption und die beschwingten Schnittfiguren scheinen auf den ersten Blick eine Möglichkeit zu sein, der Aufgabe gerecht zu werden. Überall dort, wo parallele Hauswände enge Nachbarschaften und Einblicke generieren, werden aber angespannte Verhältnisse geschaffen. Guten Wohnungsgrundrissen stehen Produkte- und Nutzungsideen (Attika) gegenüber, die kritisch gesehen werden.