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Studienauftrag | 09/2023

Entwicklung Hauptareal Stiftung Bühl in Wädenswil (CH)

Teilnahme

Neon Deiss GmbH Architektinnen ETH BSA SIA

Stadtplanung / Städtebau

Perita AG

Architektur

Kollektiv Nordost

Landschaftsarchitektur

Synaxis AG

Tragwerksplanung

Holzbaubüro Reusser GmbH

Bauingenieurwesen

Gruenberg + Partner AG

TGA-Fachplanung

studio durable - Planung und Beratung GmbH

Bauphysik

Filippo Bolognese Images

Visualisierung

Erläuterungstext

Das Kinderheim Bühl in Wädenswil wurde im Jahr 1870 eröffnet und das Angebot seitdem kontinuierlich erweitert. Baulich wurden die Einzelgebäude ergänzt bis zum heutigen Areal. Der Neubau integriert Schulräume, die heute ausserhalb des Areals liegen und erweitert das räumliche Angebot um Klassenzimmer, Turnhalle und Aula und Räumd für die Tagesbetreuung. Das Zentrum der Anlage bildet die Dorflinde. Die offene Pausenhalle zum Platz betont deren Bedeutung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Basierend auf dem Vorschlag «Kopfbau» der Zwischenbesprechung haben die Projektverfassenden die Bearbeitung fortgesetzt: Nach dem Rückbau der bestehenden Turnhalle schlagen die Projektverfassenden die Setzung eines langgestreckten viergeschossigen Baukörpers mit volumetrischer Auszeichnung gegenüber dem Bestand vor. Die selbstbewusste Setzung lässt im Zusammenspiel mit dem winkelförmigen Bestand eine neue ortsbaulich selbstverständliche Grossform entstehen, deren Schwerpunkt sich zum Schulneubau verlagert und das Gesamtensemble stärkt. Die Wohnbauten verbleiben hierarchisch den öffentlichen Bauten untergeordnet. Die Identitäten der Baukörper und Aussenräume auf dem Areal werden gestärkt. Der Umgang mit dem Boden ist schonend und effizient, weil der Neubau sich in seiner Ausdehnung nicht zu weit in Richtung Schreinerei erstreckt und der Gewächstunnel an seiner heutigen Stelle verbleibt. Der kleine Annexbau an das Haus C wird zur Klärung der Aussenräume rückgebaut, die Nutzungen im Erdgeschoss des Neubaus ersetzt. Eine doppelte Erschliessungsspur für den Langsamverkehr führt beidseitig des Hauses A vom Haupteingang und aus dem Hof über den freigespielten Platz um die identitätsstiftende Linde direkt zum Haupteingang der Schule und in die vorgelagerte Kolonnade.

Aus Freiraumsicht fügt sich der Neubau gut in den Bestand und die Hanglandschaft ein. Die Platzierung der Tiefgarage unter dem Gebäude ist sehr zu begrüssen. Der Freiraumentwurf nutzt und ergänzt das Potenzial der heutigen Situation geschickt: Dank des Abbruchs des Anbaus von Gebäude C kann der bestehende Platz erweitert werden. Zugleich ist der Eingang des Neubaus auf den Platz ausgerichtet. So wird der Platz zum einladenden Bindeglied zwischen Alt und Neu. Wenige gezielte gestalterische Eingriffe wie die Belagswahl stärken den Platzcharakter, der Allwetterplatz bleibt angrenzend erhalten. Südlich des Neubaus spielt die Gebäudesetzung am Hangfuss eine grosszügige Fläche für die Spiellandschaft frei. Sie ist eine wertvolle Ergänzung des Freiraumangebots, ihre Erschliessung von aussen wäre jedoch zu präziseren: Im Osten wäre anstelle der mächtigen Treppenanlage eine subtilere Wegführung im Hang angemessener. Im Westen ist die Verbindung vom Schulhaus zum Spielbereich sinnvoll, ihre Weiterführung zur Strasse aber aus Sicherheitsgründen eher kritisch. Gut gelöst ist auch der Zugang von der Bushaltestelle zum Eingang des Neubaus durch eine Kolonnade, die auch als gedeckter Pausenbereich dient.

Die filigrane und farblich heitere Ausformulierung der Holzfassade setzt das innere Konstruktionsprinzip nach aussen fort. Das Schulhaus wirkt einladend und die eigenständige Materialisierung unterstreicht die ortsbauliche Qualität als zweiter Schwerpunkt des Areals. Die Ausformulierung der Kolonnade führt nebst der verkehrssicheren Wegführung auch einen kindgerechten Massstab der Fassade ein, der in der doppelgeschossigen Eingangszone logisch zum Haupteingang führt. Die geschlossene Fassade im Aulageschoss hat eine beschwerende, beruhigende Wirkung als Abschluss der sorgfältigen Gestaltung und Proportionierung, allerdings wird vom Innenraum her der Ausblick auf den See vermisst.

Die Anordnung der Funktionen ist klar strukturiert: Im Längstrakt liegen die Schulräume, im Kopfbau sind Turnhalle, Tagesstruktur und Aula angeordnet. Dazwischen liegt der Eingang mit Treppe und Foyers. Die Tiefgarage kommt unter dem Längstrakt zu liegen. Die einfache Gebäudestruktur des Holzbaus ermöglich eine flexible Einteilung der Schulnutzungen. Ein breiter Mittelkorridor mit Raumtaschen zu den Gruppenräumen erschliesst die gut proportionierten und belichteten Schulzimmer. Die relativ grossen und langgezogenenen Cluster mit stirnseitiger Erschliessung werden aus pädagogischer Sicht jedoch kritisiert, da durch diese Bündelung von Schlülerinnen- und Schülerströmen die Nutzbarkeit der Vorzonen eingeschränkt und ein ruhiges Lernumfeld gestört wird. Im Dachgeschoss erfährt der Mittelkorridor dank eines Versatzes in der Dachform des Pultdachs eine zusätzliche natürliche Belichtung von Norden und wertet ihn als Aufenthaltszone auf. Die Tagesstruktur und der Kindergarten, angesiedelt auf der südlichen Gebäudeseite mit direktem Zugang zum Aussenraum, haben eine hohe Aufenthalts- und Nutzungsqualität. Dank der darüber liegenden Laube werden sie beschattet. Allerdings sind die Treppen der Laube, die die direkte Anbindung des Dachgeschosses an den Aussenraum erlauben, betrieblich fragwürdig, weil sie die Sicherheit der Kleinkinder im Aussenraum gefährden. Die Organisation wird intensiv diskutiert, weil durch die Lage des zentralen Foyers und der Vertikalerschliessung eine Entflechtung der Nutzungen als schwierig erscheint. Gerade jedoch diese Entflechtung ist für die speziellen Bedürfnisse der Kinder von sehr grossem Stellenwert, damit sie ihren Alltag in kleinen Raumeinheiten mit einer guten Tagesstrukturierung, Orientierung und Übersichtlichkeit sicher und reizarm verbringen können.

Aus der sorgfältigen Recherche und Analyse des Originalzustands und der Umbaumassnahmen aus den 1980er Jahre wird ein schlüssiger Vorschlag zur Rekonstruktion des äusseren Erscheinungsbildes und der Eingriffe abgeleitet. Die Absenkung des Geschossdecke ermöglicht die direkte hindernisfreie Erschliessung aus dem Aussenraum und eine angemessene Raumhöhe. Der Lifteinbau und die weiteren baulichen Massnahmen sind geschickt platziert und aufs Minimum beschränkt. Die offene Theke und Grösse des Empfangs fallen räumlich eher knapp aus. Das vorgeschlagene Sanierungskonzept für die Gebäudehülle schlägt äussere sowie innere Massnahmen vor, und ist in der Realisierung unter laufendem Betrieb und unter Nutzung der Räume eher suboptimal.

Der Vorschlag des Verfasserteams wird sehr geschätzt und führt zu intensiven Diskussionen über die spezifischen pädagogisch und funktionalen Anforderungen der Schule als sicherer, übersichtlicher Ort innerhalb des Gesamtensembles. Letztlich vermag er trotz selbstbewusster ortsbaulicher Setzung, einer guten aussenräumlichen Einbindung und einem freundlichen, willkommen heissenden Ausdruck in seiner funktionalen und organisatorischen Ausformulierung das Beurteilungsgremium nicht zu überzeugen.