modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 12/2023

Erneuerung Siedlung Hirschwiese in Zürich (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

PASTAMISTA

Architektur

Perita AG

Architektur

Strukturatelier wozniak+

Tragwerksplanung

studio durable - Planung und Beratung GmbH

Nachhaltigkeitskonzept

Beurteilung durch das Preisgericht

Würdigung der 1. Stufe
Die Projektverfassenden schlagen mit dem Projekt «Pasta Mista» eine interessante Verschränkung von Bestand, Neubau und Bestandstransformation vor. Sie verbinden diese Absicht mit manifestartigen Erläuterungen. Es gelingt mit dem Ansatz viele der bestehenden Wohnhäuser zu erhalten und diese in ein gutes Gleichgewicht mit den Neubauten zu setzen. Durch die weiterhin offene Bebauung erfolgt eine sehr gute Erschliessung und Anbindung an das Quartier, auch wenn die Verbindung zur Tramstation noch nicht optimal ist.

Das Projekt verfügt über eine gute Freiraumstruktur mit fiessender und durchlässiger Raumbildung: Es entstehen unterschiedliche Räume und Orte mit vielfältiger Nutzbarkeit: Gartenhof, Spielwiese, Pausenplatz etc. (Der Aussenbereich des Kindergartens ist auch als solcher zu beschriften). Die Aufweitungen des Hirschgartnerweges zu kleinen Platzsituationen als Trefpunkte überzeugen. Wertvolle Bestandsbäume können grösstenteils erhalten werden. Die Etappierung erscheint sinnfällig und für den Lärmschutz sind interessante «bandscheibenartige Zwischenstücke» für gemeinschaftliche Nutzungen angedacht. Gewürdigt werden auch die suggestiven Skizzen.

Für das Wohnen wird eine grosse Varianz an verschiedenen Wohnungen vorgeschlagen: Kompakte Wohnungen mit neuen Aussenräumen im Bestand, Geschosswohnungen und «Dachhäuser» in den Neubauten. An der Schafhauserstrasse fnden sich nochmals andere Varianten davon. Dem Lärmschutz wird dabei bis auf einzelne Zimmer in den obersten Geschossen Rechnung getragen. Die Ansätze für das Haus Geering sind interessant. Seine Lage an heutiger Stelle ist gut.

Würdigung der 2. Stufe
Das Projekt «Pasta Mista» wurde in der zweiten Stufe sorgfältig und qualitätsvoll weiterentwickelt. Die Verfassenden sind ihrer Idee einer situativen Entwurfsbetrachtung mit einem hohen Mass an Bestandserhalt treu geblieben. Mit dem Bezug auf die Strategie des As found oder der Absichtserklärung zum «Verschmelzen verschiedener Zeitlichkeiten» wird die Idee auch in den Erläuterungen schön refektiert. Fest steht, dass im Modell die Volumenverteilung sehr ausgewogen und selbstverständlich, im Quervergleich sogar bescheiden wirkt, was die Jury insgesamt überzeugt. Die grösste städtebauliche Änderung erfuhr das Haus der Familie Geering.

Das Projekt «Pasta Mista» schafft es im Vergleich zu anderen Bebauungsvarianten im Projektwettbewerb, die Erhaltungsziele des ISOS sehr selbstverständlich zu berücksichtigen. Trotz der hohen Ausnützungsreserven gemäss Bau- und Zonenordnung und der damit einhergehenden Verdichtung innerhalb der Siedlung kann so eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des ISOS ausgeschlossen werden.

Auf der architektonischen Ebene der Grundrisse und Fassaden wurde auf die Hinweise der ersten Stufe eingegangen. Die Grundrisse haben sich sehr positiv weiterentwickelt und versprechen in ihrer Einfachheit und Varianz eine hohe Wohnqualität für verschiedene Bedürfnisse. Die Bestandsbauten erhalten über eine Aufstockung zusätzliche Wohnungen und mit dem Vorbau ein
Vierjahreszeitenzimmer sowie mit dem Lift eine hindernisfreie Erschliessung. Bei den als Zweispänner angelegten Zeilenbauten bestehen zwei Gebäudetypen. Im westlichsten Haus wird mit dem polyvalent nutzbaren Raum am Treppenhaus ein interessantes Angebot geschaffen. Schön sind die grosszügig dimensionierten Essküchen mit Südausrichtung. Ebenfalls unbedingt weiterzuentwickeln sind die sogenannten Dachhäuser, Maisonettewohnungen in den obersten zwei Geschossen. Noch nicht ganz zu überzeugen vermag das Turmhaus an der Schafhauserstrasse.

Auch hinsichtlich der Konstruktion und Materialisierung wurden interessante Konkretisierungen erarbeitet. Für die grossen Zeilen ist dabei ein Betonskelett mit Holzdecken angedacht. Die Fassaden werden mit einer Stülpschalung verkleidet. Die beiden Turmhäuser haben einen nochmals anderen Ausdruck, womit die beabsichtigte typlogische Vielfalt auch auf der Ebene des architektonischen Ausdrucks herausgearbeitet wird. Insgesamt handelt es sich um Häuser mit diskretem Ausdruck, im Falle der Bestandshäuser fast schon um anonyme Architekturen, was im Kontext der Zürcher Gartenstadt eine interessante Haltung darstellt.

Aus Sicht des Freiraums ist die städtebauliche Strategie sehr begrüssenswert. Sie ermöglicht nicht nur den Erhalt der fiessenden Freiräume, sondern vor allem auch vieler Bestandsbäume. Dazu trägt auch die konsequente Platzierung der Tiefgaragen unter den Neubauten bei. Zwar bleibt die Freiraumgestaltung auch in Phase 2 noch schematisch, sie verspricht aber vielfältige, gut nutzbare Räume und Angebote: den Siedlungspark, den Spielwald, die Gemeinschaftsgärten, die Hirschwiese als von Bäumen gegliederte Spielwiese und nicht zuletzt den Hirschgartnerweg, der in der Überarbeitung von der Parkier- zur Spielstrasse umgedeutet wurde. Entlang der Hirschwiesenstrasse grenzt ein Gehölzstreifen die Bebauung von der Strasse ab und schaft Bezug zum gegenüberliegenden Irchelpark. Noch nicht abschliessend gelöst wurde die Anbindung der Siedlung an die Nachbarschaft und die Tramhaltestelle Hirschwiesenstrasse im Westen.

Durch An- und Aufbauten sowie eine energetische Sanierung wird am Bestand gezielt weiter gebaut. Die Einsparungen an Grauer Energie und Treibhausgasemissionen sind bedeutend. Die Massnahmen begründen einen neuen Lebenszyklus und die rundum erneuerten Häuser erfüllen sowohl die heutigen energetischen Anforderungen als auch die Vorgaben zur Hindernisfreiheit. Letztere wird allerdings durch eine hohe Anzahl von Liftanlagen erkauft. Die Neubauten sind kompakt und überzeugen durch eine hohe Grundrissvielfalt. Die Wohnungen eignen sich auch für eine hohe Belegung. Die Strukturen sind, auch dank einer geschickten Anordnung der Tiefgarage und Kellerräume, durchgängig bis in die Untergeschosse. Konstruktiv ist die Aufgabe zwar noch nicht ganz bewältigt. Das Projekt «Pasta Mista» gibt aber auf erfrischende Art überzeugende Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit.

Das Projekt «Pasta Mista» wird von der Jury einstimmig zur Weiterbearbeitung empfohlen. Es überzeugt durch den Ansatz eines bedeutenden Bestandserhalts, des sorgfältigen Weiterbauens und mit einem austariertes Gleichgewicht zwischen Bestands- und Neubauten. Mit dem Ansatz gelingt es ferner eine hohe Varianz an verschiedenen Wohnformen für verschiedene Bedürfnisse anzubieten. Schliesslich werden auch konstruktiv Möglichkeiten zu einer nachhaltigen Bauweise aufgezeigt, die kohärent zum diskreten Ausdruck der Häuser sind.