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Offener Wettbewerb | 08/2023

Neuentwicklung Bahnhofplatz und Bushof in Dietikon (CH)

Visualisierung Zentrumsplatz

Visualisierung Zentrumsplatz

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 40.000 CHF

GFA Gruppe für Architektur GmbH

Architektur

Umland GmbH

Landschaftsarchitektur

Emch+Berger Verkehrsplanung AG

Verkehrsplanung

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Tragwerksplanung

IBG Engineering

TGA-Fachplanung

fokusform GmbH

Lichtplanung

Erläuterungstext

Der neu gestaltete Bahnhofplatz mit seinen Mobilitäts- und Aufenthaltsnutzungen bildet zusammen mit dem Markt- und Kirchplatz ein attraktives Zentrum für Dietikon. Wir lesen die Abfolge dieser Räume und Plätze als eine Einheit, die über die Materialisierung, die Bepflanzung und auch die Ausstattung als Ganzes verstanden wird. Die neue Nutzungsqualität des Bahnhofsplatzes fördert eine angemessene Ankunft und Adressierung in Dietikon.

Die beiden ringförmigen Haltestellen werden in ihrer Geometrie so verändert, dass sie sich einerseits städtebaulich dem Bahnhof angliedern und anderseits eine maximal breite, nicht befahrene Fläche in ihrer Mitte ausscheiden, welche eine ungehinderte fussgängige Passage von der Bahnhofsunterführung bis hoch zu Markt- und Kirchplatz erlaubt. Neue lineare Ordnungsstrukturen, welche aus den bestehenden reihenförmig aufgestellten markanten Pappeln und Fackelleuchten entwickelt worden sind, rhythmisieren diesen Weg und sorgen für eine hohe Aufenthaltsqualität, ohne den Bewegungsfluss zu hemmen. Die von diesen linearen Elementen zusammengehaltene Abfolge von immer grösser werdenden Platzräumen vom Bahnhof über die Esplanade und den Zentrumsplatz bis hin zu den in ihrer Gestalt und Grösse unveränderten Plätzen vor der Markthalle und der Kirche unterstützt das Gefühl des Flanierens, welches Bewegung und Begegnung kunstvoll zu kombinieren versteht. Im Bereich der Platzfolge unterstützen die Bäume in ihrer linearen Aufstellung also den Bewegungsfluss, während die dichten Vegetations-Oasen in der Mitte der Businseln die Bewegung verlangsamen und das Warten klimatisch und atmosphärisch aufwerten. Die ringförmigen Perrondächer sind nach aussen angehoben. Ihre schillernde metallische Untersicht spiegelt die Bewegungen der Passanten und Busse und verbindet sich im Falle von Regen optisch mit dem Wasservorhang, welcher sich - ohne von einer Dachrinne gefasst zu werden - an der hinteren Dachkante frei in die mittige Oase ergiesst. Das gesammelte Regenwasser wird in der offenen Mitte der Businseln über den dafür konditionierten Bodenaufbau aufgesaugt und über einen längeren Zeitraum - die Umgebung kühlend - wieder verdunstet («Sponge-City»). Die an der Kante zu der hofartigen Bepflanzung gelegenen Betonschwellen dienen zur Aufnahme der Haltestellen-Infrastruktur und können in beide Richtungen als Sitzgelegenheit genutzt werden.

Der zu planende Perimeter fügt sich fliessend in die bestehenden Stadträume mit ihren Strassen und Gassen, Trottoirs und Tramgleisen ein. Durch die Verwendung eines Asphaltbelages gibt es keine Übergänge bei den entstehenden Anschlüssen. Die neuen Plätze Zentrums- und Bahnhofplatz übernehmen die Belagswahl des Markt- und Kirchplatzes. Dieselben Natursteinplatten im gleichen Format deuten auf gewohnte Art als Intarsie im Asphalt die Plätze an, ohne sie wirklich zu begrenzen. Die linearen Vegetationsflächen haben verschiedene Funktionen. Sie leiten den Besucher zum Bahnhof, verbinden die einzelnen Plätze, sichern die Entwässerung des Belages über die Schulter und vernetzen nicht zuletzt Lebensräume. Die in ihnen gepflanzten Bäume stehen in unregelmässigen Reihen und bilden ein schattenspendendes Baumdach, welches zur Hitzeminderung beiträgt, räumlich wirkungsvoll ist und als wichtiger Lebensraum und Nahrungsquelle dient. Trittstufen und Brücken sorgen für Abkürzungsmöglichkeiten. Die Mobilitätsinseln um die Bushöfe heben sich in ihrer Materialisierung, sie sind in Beton angedacht, vom Aufenthaltsbereich ab. Ein minimaler Absatz für sehbehinderte Menschen macht den Abschluss zur Asphaltfläche. So ist eine saubere Trennung zwischen Langsamverkehr, MIV und öffentlichem Verkehr sichergestellt, ohne bauliche Barrieren auszubilden. Der Bahnhofplatz zwischen den Businseln wird als Drehscheibe und Orientierungspunkt verstanden, während der Zentrumsplatz für grössere Anlässe und längeren Aufenthalt konzipiert ist. Möbliert wird die Anlage mit Bänken aus Spolien.


Beurteilung durch das Preisgericht

Architektur & Freiraum
Der Projektvorschlag «Oasis» knüpft an die bestehende Gestaltung an und interpretiert den Zentrums- und Bahnhofbereich als urbanen Freiraum. Die Baumrabatten verbinden eine Abfolge von drei mit Steinplatten ausgezeichneten Plätze: Den zum Aufnahmegebäude hin abgedrehten Bahnhofsplatz, den neuen Zentrumsplatz auf Höhe Kirchstrasse sowie den bestehenden Marktplatz. Das Projektteam strukturiert den Raum mit gestalterischen Interventionen auf verschiedenen Ebenen. Dabei spielen die vorgefundenen Spuren von Ueli Zbinden eine tragende Rolle. Entsprechend finden einzelne Bauteile wieder eine Verwendung. Räumlich verbinden hochstämmige Baumpflanzungen unterschiedlicher Dichte den Bahnhof bis zum Marktplatz. Die beiden Businseln werden durch stark aufgefaltete, in der Untersicht verspiegelte Dächer gefasst. Deren Geometrie orientiert sich an der städtebaulichen Situation und schafft so eine klare räumliche Zuordnung. Die Businseln weisen im Innern begrünte Versickerungszonen mit dichten Baumbepflanzungen auf, die nicht für den Aufenthalt gedacht sind. Durch diese Insel- und Dachdisposition entsteht eine Einschnürung der Zugangssituation zum Bahnhof, auf die mit einer (gegenüber dem Richtprojekt) verschobenen Haupttreppe im Aufnahmegebäude reagiert werden muss.
Die Verkehrsflächen für den ÖV werden in Beton ausgeführt. Das übrige Bahnhofplatzareal wird mehrheitlich mit Asphalt versiegelt und verschiedenerorts mit darin eingelegten Platzfeldern als Intarsien versehen. Das auf das Bahnhofsgebäude ausgerichtete Belagsfeld trägt den Titel Bahnhofplatz, in der Verlängerung der Kirchstrasse entsteht der Zentrumsplatz mit einem Wasserbecken. Es folgt der bestehende Marktplatz, der mit dem gegenüberliegenden Kirchplatz in Beziehung steht. Die verwendeten Natursteinplatten in Granit setzen eine Materialverwendung fort, die teilweise im Bestand vorhanden ist. Aufgrund der Orientierung an den bestehenden Gestaltungselementen erfahren diese Plätze und die Anordnung der Bäume eine geometrisch-lineare Ausrichtung in Längsrichtung zwischen Bahnhof und Stadtzentrum. Diese strenge Ordnung wird durch das Einfügen von tiefer liegenden, parallel verlaufenden, bewachsenen und baumbestandenen Versickerungsbändern betont. Sie erschweren allerdings die Querbeziehungen und die Nutzungsmöglichkeiten. Die Ausrichtung der Geometrien sowie deren Abweichungen resp. Überlagerungen von Elementen führen zu einem gestalterisch etwas überladenen Ausdruck, der aufgrund des begrenzten Platzraumes nur eine bescheidene Qualitätssteigerung erzeugt. Kritisch beurteilt wird die Ausformulierung der beiden Busdächer. Die Jury sieht in der Verspiegelung der Untersicht kaum räumliche Qualitäten. Vielmehr wird befürchtet, dass dies zusammen mit den Busbewegungen zu Irritationen führen könnte. Die doppelte Stützenreihe schränkt den Raum für Möblierung und Bewegung deutlich ein. Die nicht-betretbare Inselmitte enthält eine poetische Komponente, wird jedoch aufgrund der eingeschränkten Freiflächen eher bedauert.
Insgesamt handelt es sich um einen sorgfältig ausgearbeiteten Vorschlag, der gestalterisch an der heutigen Situation anknüpft und somit die Geschichte des Ortes nachvollziehbar weiterschreibt. Er überzeugt in seinen Einzelteilen, zeigt interessante Ansätze zum Thema Schwammstadt und gleichzeitig eine klare urbane Haltung (ein Begriff, der während der Jurybesprechungen intensiv diskutiert wurde). Die dabei entstehenden Qualitäten liessen im Schlussvergleich hinsichtlich seiner etwas eingeschränkten Nutzungsflexibilität und der Ausgestaltung der Busdächer letztendlich doch einige Fragen offen.
Mobilität
Die Projektverfassenden haben die beiden Businseln des Richtprojekts konsequent weiterentwickelt. Trotz der Weiterentwicklung ist aufgrund der Haltestellenanordnung und der Platzverhältnisse die Machbarkeit von durchgehend hohen Haltekanten (22cm) nicht an allen Haltekantenstandorten möglich.
Für den Bahnersatzbus ist bei der «Haltestelleninsel Nord» an der Haltekante parallel zum Aufnahmegebäude eine zusätzliche Haltemöglichkeit im Sinne einer Fliesskante vorgesehen. Die Führung des Veloverkehrs, gemeinsam mit dem Fussverkehr, in Nord-Süd-Richtung entlang dem Aufnahmegebäude ist eng und könnte Konflikte schaffen.
Tragwerk
Das allseitig verkleidete, mehrschichtig verkleidete Tragwerk mit seinen umlaufenden Längs- und in der gleichen Ebene eingefügten Querträgern in Stahl ist klar gefügt und in seiner Funktion beschrieben. Das Tragwerk manifestiert sich dabei nicht in seiner äusseren Form und ist «nur» Mittel zum Zweck. Die unter den beiden Längsträgern im regelmässigen Abstand gesetzten Stützen bewirken, dass diese, in Querrichtung gesehen, zueinander unregelmässig versetzt sind. Ob dies im alltäglichen Gebrauch des Busbetriebs tauglich ist, ist zu hinterfragen.
Die Dachknicke bei den Eckpunkten hätten vielleicht mit darunter gestellten, in Richtung der Knicke ausgerichteten Stützen das Potential gehabt, die Dachplatte als Faltwerk auszubilden, um das Tragwerk sichtbar machen zu können.

Visualisierung Bushaltestelle Süd

Visualisierung Bushaltestelle Süd

Situationsplan 1:500

Situationsplan 1:500