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Studienauftrag | 12/2022

Neugestaltung Kocherei auf dem Attisholz-Areal in Riedholz (CH)

Teilnahme

ssm architekten AG

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Luzius Saurer Garten- und Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Schnetzer Puskas Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

Prof Dr. Joachim Huber

sonstige Fachplanung

Reto Emch

Kunst

Beurteilung durch das Preisgericht

STÄDTEBAU/ARCHITEKTUR

Urbane Porosität und Schicht für Schicht steht im Zentrum des städtebaulichen und architektonischen Leitgedankens. Die bestehende Substanz mit dem geschichtsträchtigen Kochereigebäude soll als Rückgrat, und somit als bestehende Schicht, verstanden werden.
Dieses mehrgeschossige Sockelgeschoss stellt das Grundfundament, oder im Wording der Projektverfasser die Grundschicht dar. Die Aufstockung fragmentiert sich in ihrer Geschosshöhe und innenräumlichen Bespielung. Das Neubauvolumen ordnet sich dem Prinzip des Jengas unter und erscheint als gestapelter Baukörper. Die Projektverfasser verstehen diesen vielschichtigen Baustein als Dreh- und Angelpunkt im Attisholz-Gesamtgefüge. Ein fliessendes Raumgebilde wird etabliert, welches den geforderten Innenhof mit Aarefenster durch eine spezifische Stapelung der Baukörper zu erreichen beabsichtigt. Der gewählte Ansatz lässt nicht nur ein, sondern mehrere Aarefenster entstehen.

Die Autoren versuchen mit dem Spiel der gesetzten Öffnungen auf die unterschiedlichen städtebaulichen Situationen zu reagieren, um interessante Durch- und Querblicke zu generieren. Die starren Prinzipien der Stapellogik des Jengas lassen betreffend ortsspezifischer Relevanz gewisse Fragen offen.

Die vorgeschlagene Schichtung des Neubaus gewährt beinahe von allen Seiten den Blick auf die geschichtsträchtige Kocherei, was als identitätsstiftende Geste verstanden werden kann. Auf der Ebene der Erschliessung und Anbindung im Areal werden detailliert und klar ausformulierte Antworten aufgezeigt. Die Kocherei übernimmt in diesem Projektvorschlag eine zentrale Rolle der Erschliessung und Ankunftsort aller bestehenden und neu generierten Gebäudevolumen. Die im Erdgeschoss der Kocherei befindende offen interpretierte Markthalle fungiert als Schwellenraum zwischen dem öffentlichen Kochereiplatz und dem halbprivaten Innenhof der vorgeschlagenen neuen Jenga-Wohnüberbauung. Im Bestandesbau werden die geschichtsträchtigen runden Kocher thematisch etabliert und in Szene gesetzt. Die runden Kocherelemente werden auch in den Wohngeschossen zum charakteristischen Treiber der Grundrissdispositionen.
Ein gemeinschaftlich nutzbarer Dachgarten mit direktem Zugang rundet das Wohnungsangebot in der Kocherei ab. Die vorgeschlagene Aufstockung mit acht Duplexwohnungen mit nordseitigem Laubengang komplettiert das Wohnungsangebot in der Kocherei.

In den Innenhof zwischen dem Neubau und des Bestandes gelangt man durch die neu etablierte Markhalle. Die nach dem Prinzip des Jengas abwechselnd gestapelten Volumen, werden über die in den Knotenpunkten positionierten Vertikalerschliessungen erschlossen, was eine logische Konsequenz der Lesung des Spiels bedeutet. Das Angebot der Wohnungstypen und deren Positionierung im Gebäudekomplex sind nachvollziehbar, jedoch überzeugt, wie bereits in der Zwischenbesprechung angesprochen, die Qualität der Wohnungen und der Aussenräume nur bedingt.

FREIRAUM

Bezüge zum Umfeld

Der strengen orthogonalen Gebäude-Anordnung wird auch die Idee des Fensters zur Aare untergeordnet, sie ist nur rudimentär nachvollziehbar. Es entsteht ein monolithischer Gesamteindruck, der die Korrespondenz mit dem Umfeld nicht klar erkennen lässt.

Bauplatzbezogener Freiraum

Die Freiräume setzen sich primär aus überdachten und bewitterte Hybridräumen, Hofbereichen und Dachterrassen zusammen. Die zusammenhängenden Dachterrassen bilden einen grosszügigen Kontrapunkt zu den ansonsten kleinteiligen Freiraumstrukturen, die zwar vielfältige Blicke zur Aare ermöglichen, ansonsten jedoch nicht überzeugen können. Die Abgrenzung der privaten und gemeinschaftlichen Nutzung folgt dem Prinzip des orthogonalen, aber aufgelockerten Rasters und ist konsequent gelöst. Die angedachte Aussenküche ist mit Bezug zum Platz an der Aare gut situiert und stellt eine interessante Ergänzung zu den Dachgärten dar.

WIRTSCHAFTLICHKEIT/MARKTFÄHIGKEIT

Der Beitrag erreicht bis auf eine geringe Abweichung die angestrebte Dichte des Programms.

Der Nutzungsmix weicht bezüglich Verhältnis Wohnen – Dienstleistung leicht vom Programm ab. Die reduzierten Dienstleistungsflächen erfüllen jedoch die Anforderungen an die Vorgaben.

Im Wohnungsmix wurden die 3 Zimmer-Wohnungen leicht übergewichtet, bezüglich Flächen sind insbesondere die Wohnungen in der Kocherei wohl attraktiv, jedoch durchgehend zu gross.

Die Dienstleistungsflächen sind nachvollziehbar angeordnet und gut vernetzt. Die Erschliessungsstruktur erlaubt eine flexible Nutzung und vielfältige Einteilung.

Mit der Stapelung der Baukörper ergibt sich eine komplexe Baustruktur mit grosser Gebäudehüllenabwicklung und anspruchsvoller Statik.

Der Beitrag ist aufgrund der komplexen Struktur in Erstellung und Unterhalt kostenintensiv. Auch wenn eine hohe bauliche Dichte erreicht wurde, ist infolge der flächenmässig zu grossen Wohnungen die Ertragsqualität reduziert. Mögliche Nutzungskonflikte (Wohnungen – Terassen) werden in der Vermietung als herausfordernd betrachtet.

Das Projekt weist eine genügende Wirtschaftlichkeit aus, es ist jedoch erhöhten Risiken bezüglich Vermietbarkeit, Kosten und Betrieb behaftet.

FAZIT

Der Entscheid, den Entwurfsprozess und alle einhergehenden Überlegungen dem Prinzip eines Spiels und seiner Deutung unterzuordnen, wird der Wichtigkeit des Ortes und deren Geschichte und Einzigartigkeit nicht in gewünschtem Masse gerecht. In vielen Punkten verbleibt der vorliegende Projektvorschlag zu theoretisch, was wichtige ortsspezifische Fragestellungen unbeantwortet lässt.