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Einladungswettbewerb | 06/2023

Gebietsentwicklung Böbingen an der Rems

Blick in die neue Mitte

Blick in die neue Mitte

1. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

NUWELA Büro für Städtebau und Landschaftsarchitektur

Stadtplanung / Städtebau, Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Beurteilung durch das Preisgericht
Die Arbeit ist in ihrer Maßstäblichkeit und baulich-räumlichen Ordnung besonders ortsspezifisch entwickelt. Sie fügt sich überzeugend selbstverständlich, aber durchaus selbstbewusst in das bestehende Ortsbild und den vorhandenen Landschaftsraum ein. Auch diese gelungene Balance zwischen belebtem Ortskern mit ausgewählten aktiven Erdgeschossnutzungen sowie intensiver Freiraumnutzung gegenüber einem bis in die Ortsmitte geführten Naturerlebnisraum in Form eines Obst-gartens überzeugt.
Die klar adressierte und aktivierte Raumkante entlang eines Boulevards im Norden des neuen Frei-raums auf dem Tunnel ist optimal orientiert und bietet ein spannungsvolles Raumerlebnis. Die begleitende Baumreihe ist geschickt gesetzt da sie Schatten bietet und gleichzeitig den Übergang zum grünen Teil des neuen Freiraums bildet. Dieser definiert im Kreuzungspunkt mit der Verbindung zwischen St. Josef-Kirch – Nepomukplatz – Hirschplatz – Custinerplatz mit der neuen Mitte einen weiteren Ankerpunkt, welche mit einem viergeschossigen „Haus für Böbingen“ akzentuiert wird. Westlich daran grenzt der Obstgarten, welcher sich geschickt mit dem Naturraum entlang des Klotz-baches verzahnt. Östlich der neuen Mitte fördert eine neue Dorfwiese als multifunktionaler Freiraum die gemeinsame Aneignung durch alle Unter- und Oberböbinger:innen. Im Übergang zur Ausfahrt der B 29 schafft ein visueller Puffer aus wildblühenden Wiesenschollen und einer Baumreihe eine spürbare Distanz zum Verkehr. Den südlichen Abschluss des Tunnelfreiraums bildet eine ruhige Wohnbebauung. Durch die Stellung der zwei- bis dreigeschossigen Gebäude bzw. das Weglassen von Bebauung im Westen öffnet sich die neue Mitte sowohl zum Klotzbach, als auch in Richtung Schule am Römerkastell.
Die Baufelder nördlich und südlich des Tunneldeckels werden arrondiert und definieren klare Adresslagen sowie geschützte private Bereiche.
Die Bebauungsvorschläge in den weiteren Entwicklungsbereichen sind sehr behutsam eingeordnet und ersetzen überwiegend bestehende Baustrukturen, wobei die Neubauten stets räumliche und funktionale Mehrwerte mit sich bringen. Durch diese sensible Weiterentwicklung können sämtliche Bausteine unabhängig voneinander umgesetzt werden.
Die geschickte freiräumliche Verzahnung des Entwicklungsbereichs B 2 mit dem Ortskern sowie die hier vorgeschlagene lockere sternförmige Bebauung sind weitere logische Entwicklungsoptionen. Die Ausbildung der zentralen Nord-Süd-Verbindung wird als wiedererkennbares und nachhaltiges Rückgrat von Böbingen ist gelungen. Neben einer durchgängigen Gestaltung der Freiräume über-zeugen wiederkehrende grün-blaue Inseln mit Bäumen und Retentionsflächen. Eine Weiterführung dieses Motivs bis über den Custiner Platz hinaus wäre wünschenswert. Ebenso die stärkere Einbindung der Rems im Übergang zur neuen Mitte.
Die Überdeckelung der B 29 bleibt in dieser Arbeit autoarm, wobei über die Klotzbach- und Haupt-straße eine Verbindung zwischen Oberböbingen und Bahnhof weiterhin möglich ist. Dies wird im Sinne einer Verteilung der Verkehre Richtung Stuttgart sowie im Falle einer Sperrung der Bundes-straße sehr positiv bewertet wird. Die Fuß- und Radverbindung von der neuen Mitte entlang des Klotzbachs zum Bahnhof wird begrüßt, eine Neuordnung der Klotzbachstraße zugunsten der Langsamverkehre wird dennoch empfohlen.
Insgesamt kann die Arbeit in funktionalen, städtebaulichen, freiräumlichen und verkehrlichen Belangen überzeugen und stellt damit ein äußerst gelungenes integriertes Leitbild für Böbingen dar.
Projekttext / Ein Ort erhält seine Mitte
Mit der geplanten Maßnahme der Untertunnelung der B 29 ergibt sich für Böbingen an der Rems die einmalige Chance, eine aktive ortsräumliche Reparatur umzusetzen: Die derzeit in „nördlich“ und „südlich der Bundesstraße“ wahrgenommenen Teilbereiche können über ein neu geschaffenes Zentrum wieder geeint werden: „Ein Ort erhält seine Mitte“. Dieser Slogan ist sich seiner zwei Bedeutungen (Erhalten im Sinne ‚von bewahren/aufrechterhalten‘ einerseits, sowie gleichwohl Erhalten als ‚mit etwas bedacht werden, etwas [neues] bekommen‘) durchaus bewusst und beschreibt als planerisch-konzeptionelle Gesamtidee das Schaffen neuer Orte gleichermaßen wie den Erhalt und die Stärkung der existierenden Mitte.
Als städtebauliche und freiraumplanerische Leitidee verfolgt der Entwurf die Schaffung einer neuen Mitte, die landschaftliche Elemente („Landschaftsband/Kulturlandschaft bis in die Mitte“) mit Elementen des gebauten Dorfraums („Innerer Dorfraum“) in zentraler Lage zusammenbringt und für Böbingen einen einzigarten und vielfältig nutzbaren Raum mit hohem Wiedererkennungswert schafft. (siehe auch Abb. Leitbild neue Mitte: Landschaft trifft gebautes Dorf) Der innere Dorfraum meint dabei die baulich spannungsvoll gewachsenen dicht bebauten Bereiche entlang der Hauptstraße. Sie bilden vom Custiner Platz ausgehend in Nord-Süd-Richtung eine lebendige Ader mit Einzelhandel, öffentlichen (Platz-)Räumen und nicht zuletzt die wichtige Verbindung über die Bahnlinie hinweg zur Kirche St. Josef mit ihren umliegenden Sozialeinrichtungen. Dieser Achse wird nun im Zuge der Neuordnung der ehemaligen Bundesstraßenbereiche ein weiterer Baustein hinzugefügt: die neue Mitte samt dem „Haus für Böbingen“, einem Gemeindehaus mit sozialen und (dorf-)gemeinschaftlichen Nutzungen. Der zentrale Platzbereich ist ein Ort hoher Öffentlichkeit. Hier treffen neu geschaffene belebte Erdgeschosszonen (‚Böbinger Boulevard‘) auf die Dorfwiese (‚Böbinger Anger‘) und den gemeinschaftlichen Obstgarten. Diese aneigenbaren Freiräume markieren in Ost-West Richtung den Übergang in die Kulturlandschaft, bzw. führen diese vielmehr bis in Zentrum. Über attraktive Fuß-und Radwegverbindungen wird die Landschaft erlebbar und die effiziente Mobilität mittels Fahrrads auch im ländlichen Raum garantiert und ausgebaut.
Der zentralen Lage gerecht werdend, flankieren weitere bauliche Setzungen die ‚Mitte‘: Sogenannte ‚urbane Vieleskönner‘ beleben den südlich der Dorfwiese gelegenen Boulevard. (siehe auch Abb. Gebäudetypologien) Neben Einzelhandel/Gastronomie und einem Ärzt:innenhaus bildet vor allem das Haus der Generationen in zentraler Lage und unmittelbarer Nähe zu wichtigen Versorgungsstrukturen eine Chance, die innerörtliche Wohnmobilität anzukurbeln und Neuausweisungen am Ortsrand aktiv entgegenzuwirken. (Ältere alleinstehende Menschen ziehen aus ihrem Einfamilienhaus in eine kleine betreubare Wohnung im Ortskern, wodurch das Einfamilienhaus bspw. für einen junge Familie frei wird.)
Für die einzelnen Entwicklungsfelder (E) sowie Flächen mit Bauerwartung (B) werden unterschiedliche Szenarien entwickelt. Dabei gilt festzuhalten, dass ein Erhalt bestehender Strukturen immer möglich bleibt und eine bausteinartige, sukzessive Entwicklungsmöglichkeit angestrebt wird.
E1: An der Kante zum Custiner Platz bildet ein neues Ensemble aus zwei Baukörpern eine räumliche Kante. Hier finden geförderte sowie frei finanzierte Wohnungen unterschiedlicher Größe Platz. Die Erdgeschoße zum Platzbereich werden mit sozialer Infrastruktur vorgesehen. Der Erhalt ortbildprägender landwirtschaftlicher Strukturen sollte forciert werden. Für das bestehende Gebäude wird eine Umnutzung zu gemeinschaftlichen Wohnformen samt Büro-/Werkstattnutzung im Erdgeschoss vorgeschlagen.
E2: Durch die Lage an der neuen Mitte erfährt dieser Bereich eine immense räumliche Aufwertung. Neben der Möglichkeit des Bestandserhalts finden sich hier Bausteine des „neuen Wohnens im Ortskern“ sowie das „Haus für Böbingen“ am neuen zentralen Platz. Die rückwärtigen Gartenlagen bleiben adressfrei und erlauben eine ruhige gärtnerische Qualität.
E3: Neben den selbstbewussten „urbanen Vieleskönnern“ am Park erschließt sich in zweiter Reihe über eine adressbildende, vom Durchgangsverkehr befreite Gasse ein kompaktes Wohncluster, das Wohnraum für diversifizierte Lebensstile in zentraler Lage bietet.
E4: Aus der aktuellen landwirtschaftlichen Nutzung - die eine innere Erschließungsstruktur benötigt - abgeleitet, schlagen wir für den Bereich ein Aufgreifen des Hofes als Arbeitsbereich vor: die innenliegende Erschließung wird zum kleinen „Werksviertel“ weiterentwickelt. Kleinteiliges Handwerk und Ateliers nutzen den gemeinschaftlichen adressbildenden Hofraum. In den Obergeschossen wird gewohnt.
E5: Ein präzise gesetzter ruhiger Satteldachbau schafft einen kompakten Nutzungsbaustein im dicht gewachsenen Gefüge. Der Lage gerecht werdend findet im Erdgeschoss eine Gewerbeeinheit Platz. E6: Direkt an die neue Mitte angrenzend werden aktivierte Erdgeschosslagen angeboten, die den Platzbereich bespielen. In den Obergeschossen findet Wohnnutzung statt.
B1 und B2: Durch die Schaffung verdichteten und diversifizierten Wohnraums innerhalb der Entwicklungsfelder wird Neuausweisungen aktiv entgegengewirkt. So kann die ökologisch wertvolle Fläche B2 (Baumbestand, Feuchtstandort) unbebaut bleiben. B1 bietet Potential zur Entwicklung eines hochwertigen, verdichteten Wohnungsbaus, ganz nach dem Credo des ‚Einfach Bauens‘. Einfache Volumen passen sich zurückhaltend in die bewegte (Kultur-)Landschaft ein. Das ‚Wohnen am Hang in den Streuobstwiesen‘ stellt eine flächensparende Möglichkeit der begrenzten Neuausweisung von Bauland dar. Kompakte Erschließungshöfe halten den Versiegelungsgrad gering und fördern die Gemeinschaft.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit ist in ihrer Maßstäblichkeit und baulich-räumlichen Ordnung besonders ortsspezifisch entwickelt. Sie fügt sich überzeugend selbstverständlich, aber durchaus selbstbewusst in das bestehende Ortsbild und den vorhandenen Landschaftsraum ein. Auch diese gelungene Balance zwischen belebtem Ortskern mit ausgewählten aktiven Erdgeschossnutzungen sowie intensiver Freiraumnutzung gegenüber einem bis in die Ortsmitte geführten Naturerlebnisraum in Form eines Obstgartens überzeugt.

Die klar adressierte und aktivierte Raumkante entlang eines Boulevards im Norden des neuen Freiraums auf dem Tunnel ist optimal orientiert und bietet ein spannungsvolles Raumerlebnis. Die begleitende Baumreihe ist geschickt gesetzt da sie Schatten bietet und gleichzeitig den Übergang zum grünen Teil des neuen Freiraums bildet. Dieser definiert im Kreuzungspunkt mit der Verbindung zwischen St. Josef-Kirch – Nepomukplatz – Hirschplatz – Custinerplatz mit der neuen Mitte einen weiteren Ankerpunkt, welche mit einem viergeschossigen „Haus für Böbingen“ akzentuiert wird. Westlich daran grenzt der Obstgarten, welcher sich geschickt mit dem Naturraum entlang des Klotzbaches verzahnt. Östlich der neuen Mitte fördert eine neue Dorfwiese als multifunktionaler Freiraum die gemeinsame Aneignung durch alle Unter- und Oberböbinger:innen. Im Übergang zur Ausfahrt der B 29 schafft ein visueller Puffer aus wildblühenden Wiesenschollen und einer Baumreihe eine spürbare Distanz zum Verkehr. Den südlichen Abschluss des Tunnelfreiraums bildet eine ruhige Wohnbebauung. Durch die Stellung der zwei- bis dreigeschossigen Gebäude bzw. das Weglassen von Bebauung im Westen öffnet sich die neue Mitte sowohl zum Klotzbach, als auch in Richtung Schule am Römerkastell.

Die Baufelder nördlich und südlich des Tunneldeckels werden arrondiert und definieren klare Adresslagen sowie geschützte private Bereiche. Die Bebauungsvorschläge in den weiteren Entwicklungsbereichen sind sehr behutsam eingeordnet und ersetzen überwiegend bestehende Baustrukturen, wobei die Neubauten stets räumliche und funktionale Mehrwerte mit sich bringen. Durch diese sensible Weiterentwicklung können sämtliche Bausteine unabhängig voneinander umgesetzt werden. Die geschickte freiräumliche Verzahnung des Entwicklungsbereichs B 2 mit dem Ortskern sowie die hier vorgeschlagene lockere sternförmige Bebauung sind weitere logische Entwicklungsoptionen. Die Ausbildung der zentralen Nord-Süd-Verbindung wird als wiedererkennbares und nachhaltiges Rückgrat von Böbingen ist gelungen. Neben einer durchgängigen Gestaltung der Freiräume überzeugen wiederkehrende grün-blaue Inseln mit Bäumen und Retentionsflächen. Eine Weiterführung dieses Motivs bis über den Custiner Platz hinaus wäre wünschenswert. Ebenso die stärkere Einbindung der Rems im Übergang zur neuen Mitte.

Die Überdeckelung der B 29 bleibt in dieser Arbeit autoarm, wobei über die Klotzbach- und Hauptstraße eine Verbindung zwischen Oberböbingen und Bahnhof weiterhin möglich ist. Dies wird im Sinne einer Verteilung der Verkehre Richtung Stuttgart sowie im Falle einer Sperrung der Bundesstraße sehr positiv bewertet wird. Die Fuß- und Radverbindung von der neuen Mitte entlang des Klotzbachs zum Bahnhof wird begrüßt, eine Neuordnung der Klotzbachstraße zugunsten der Langsamverkehre wird dennoch empfohlen. Insgesamt kann die Arbeit in funktionalen, städtebaulichen, freiräumlichen und verkehrlichen Belangen überzeugen und stellt damit ein äußerst gelungenes integriertes Leitbild für Böbingen dar.
Kulturlandschaft bis in die Mitte

Kulturlandschaft bis in die Mitte

Gesamtkonzept

Gesamtkonzept

bauliche Innenentwicklung

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gemischte Typologien für Wohnen und mehr

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vielfältige neue Mitte

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Schnittansichten

Schnittansichten