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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2019

Ersatz dreier Stahlbrücken im Oberengadin (CH)

1. Preis

Preisgeld: 40.000 CHF

Casutt Wyrsch Zwicky

Bauingenieurwesen

Chitvanni + Wille GmbH

Bauingenieurwesen

GREDIG WALSER ARCHITEKTEN AG

Architektur

Kohler Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

‚Lingia cotschna‘ schlicht, reduziert und radikaler als man vorerst vermutet. Das Projekt überzeugt mit einer grosszügigen und angemessenen Geste als regelrecht gelungener Schachzug. Mit einer überraschenden Zusammenfassung zu einer einzelnen Intervention schaffen die Projektverfasser Ruhe in die teils chaotische Situation.
Die neue Flazbach- und die neue Binnenkanalbrücke werden mit demselben Brückenquerschnitt mit kompakter Trogbodenplatte ausgebildet. Die etwas grössere Bauhöhe bei der Innbrücke erlaubt es, den Trogboden hier als quer gerippte, orthotrope Plattenkonstruktion zu erstellen. Die beiden seitlichen Blechträger als obenliegende Tragwerke und mit klassisch geradem Obergurt erhalten eng- maschig angeordnete Aussteifungsrippen (Stabilisierung von Steg und Flansch, auch gegen Anprall). Diese Profilierung in der Ansicht wertet die Jury positiv. Die tektonische Gliederung gefällt. Allerdings generiert diese Ausführung eine grosse Oberfläche. Die Jury ist sich bewusst, dass dies einen aufwendigen Korrosionsschutz und einen entsprechend höheren Unterhalt bedingt. Die Rippennischen werden dank dem Gefälle des Untergurts als wenig kritisch bezgl. Ablagerungen von Schnee und Dreck angesehen. Die Jury begrüsst zudem den typischen, klassischen und durchdachten Stahlquerschnitt. Es sind Tragwerke, die sich bescheiden und zurückhaltend in die Umgebung einfügen.
Wie das Tragkonzept wird auch das Ersatzkonzept der drei Brücken einheitlich gehalten.
Die Stahltragwerke sollen komplett ausserhalb des Einbaubereichs erstellt werden. Die fertig erstellte Kunstbaute kann dann mit schweren Hebegeräten in einem Stück eingehoben werden. Der Ausbau der bestehenden Brücke erfolgt in derselben Zugbetriebspause wie der Einbau der neuen Tragwerke. Die neuen Widerlager werden deshalb vor dem Rückbau der bestehenden Fachwerke erstellt. Die neuen
Widerlager aus Beton (oberer Teil schalungsglatt in Fortsetzung der Stahlbrücken, unterer Teil in Anlehnung an Natursteinstützmauern in rauem Kratzbeton, was das Bauwerk optisch im Terrain verankert) sind unmittelbar hinter den bestehenden platziert. Dies führt zu entsprechend grösseren Brückenspannweiten. Die damit resultierenden, grösseren lichten Öffnungen bewertet die Jury aus optischer, verkehrstechnischer und gestalterischer Sicht vorteilhaft. Die bestehenden unterirdischen Fundamente werden beibehalten und in die neu abgeteuften Fundamentschächte integriert. Die Schächte überzeugen, die Verbindung von alt und neu dünkt die Jury aber unlogisch. Die Flügelmauern an den Brückenenden werden in Stahlbeton ausgeführt und ragen wie der Oberflansch der drei Brücken über die Schienenoberkante hinaus. Entlang des Bahndamms werden sie zudem zu durchgehenden Seitenwänden des Bahntrassees verlängert. Damit wird der Gefahrenbereich der Bahn optisch und physisch von der Umgebung getrennt. Die Jury bewertet diese durchgezogene Brüstung nicht als Verunklärung, sondern sieht darin eine gelungene Geste, das Konglomerat an Einzelinterventionen zu einem Gefüge zusammenzubündeln.
Das neue Element schafft eine geometrische Ordnung und eine verbindende Ruhe am eher chaotischen Ort. Die Engadiner Ebene hat eine Topografie, für welche die Unterstreichung der Horizontalen die richtige Reaktion ist.
Die Seitenwände, welche das Bahntrassee klar definieren und einen neuen Fussweg leiten, werden auch über die der Innbrücke angrenzenden Feldwegunterführung verlängert und ermöglichen so eine kontinuierliche und vor allem betriebstechnisch vorteilhafte Gestaltung des Schottertroges bis zum Bahnhof Samedan. Die Passerelle über die Kantonsstrasse bzw. entlang der Binnenkanalbrücke wird neu ostseitig (flussabwärts) über verjüngende Stahlkonsolen an die Brücke angehängt. Entsprechend schliesst der flache aber kurze Rampenschwung (inkl. einer kurzschliessenden Treppe) ostseitig an die Binnenkanalbrücke an und entschärft den engen Verkehrsknotenpunkt westlich der Binnenkanalbrücke.
Um die Bushaltestelle auf der Westseite der Bahnlinie zu erreichen, ist zwischen der Inn- und der Binnenkanalbrücke eine neue Personenunterführung unmittelbar vor dem Widerlager Süd der Innbrücke vorgesehen. Dank ihr bietet sich neu ein Verbindungsnetz mit kurzen Weg- distanzen (allerdings auch mit mehreren Höhenunterschieden). Das Dorf und die Gewerbezone erhalten die bereits in mehreren Anläufen umzusetzen versuchte ganzheitliche Langsamverkehrsverbindung (die politische und raumplanerische Situation gilt es künftig noch zu beobachten und definitiv zu klären).