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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2010

Erweiterung der Hochschule für Musik Saar

1. Preis

Paul Werner Gard

Architektur

Erläuterungstext

Die Vorgaben des Wettbewerbs geben nur wenig Aktionsraum für städtebauliche Überlegungen. So konzentrieren sich die Lösungsvorschläge auf den Entwurf des Gebäudes und bieten dadurch die Chance, die erforderlichen Veränderungen und Bedürfnisse des erweiterten Umfeldes im Gesamtkontext zu untersuchen und zu lösen. Insbesondere Andienung, ruhender Verkehr und Freiraumgestaltung.

Der Entwurf konzentriert die Baumassen unter Ausnutzung der Höhenvorgabe in der maximal möglichen Nähe zur Bismarckstrasse. Der Neubau ankert noch im Bereich der Quartierbebauung. Im Süden stellt der Baukörper den Bezug zur eingeschossigen Musikschule wieder her. Durch die exemplarische Ausformung des
Baukörpers im Norden und der Bezugnahme zum Altbau im Süden bleibt es dem Betrachter überlassen, den Entwurf als eigenständiges Gebäude oder als Erweiterungsbau zu empfinden. Wegen der vielleicht eigenwillig anmutenden Architektur mit seiner neuen, ästhetischen Qualität kann sich der Entwurf gegenüber dem an Baumasse weit überlegenen Pavillon IV behaupten, die zurücknehmende Wahl der Materialien jedoch lässt eine dominierende Wirkung nicht erwarten und ist auch nicht erwünscht.

Begrüßt wird die Forderung nach der Spürbarkeit und Zugänglichkeit der Flussaue sowie der Erhalt und Ausbau der Blickachsen zur Saar. Im Entwurf begründen sich darin die neue Erschließung von Norden und der Rückbau des jetzigen Haupteingangs durch Entfall der Vordächer und der Rampe. Durch den leicht ansteigenden neuen Zugang ist das Erdgeschoss des Neubau und des Altbau dennoch barrierefrei zu erreichen.

Der lang gestreckte neue Zugang soll als so genannte „KULTURDIALOG - MEILE“ informieren und das Verständnis und den Austausch der verschiedenen kulturellen Bereiche fördern und unterstützen. Zenit-Licht mit Tageslichtlenkung sowie ständig wechselnde Exponate, Informationen und Aktionen erhöhen die Attraktivität des neuen Zugangs.

Parallel zur Erschließungsachse verläuft separat und doch perforiert durchlässig der Verwaltungsbereich. Quer zum neuen Haupteingang erreicht man über die offene Treppe das zweigeschossige Foyer des Untergeschosses mit den öffentlich zugänglichen Studios. Über den ebenfalls quer verlaufenden Flur werden die Vorlesungsräume sowie die Bibliothek und das Archiv erschlossen. Somit liegen die immissionschwachen Räume im Erdgeschoss folgerichtig zusammen.

Die Raumhöhe im Erdgeschoss ermöglicht die Einrichtung gegeneinander versetzter, zweigeschossiger Regalanlagen für das Magazin der Bibliothek. Der lang gestreckte Lesesaal erfährt durch die großzügige Verglasung entlang des lichtdurchströmten Foyers und der vorhandenen Raumhöhe eine gewisse Großzügigkeit.

Die lauten und schallgedämmten Übungsräume sind in den beiden Obergeschossen angesiedelt. Wegen den äußeren Schall- Immissionen der BAB 620 sind diesen Übungsräumen auf der Südseite die Flure vorgelagert. Nordseitig erhalten die Obergeschosse eine so genannte „Zweite Haut“ (ZH) als geschlossenes System aus U-Glasprofilen mit mechanischen Zu- und Abluftöffnungen. Damit lassen sich gleich mehrere positive Aspekte realisieren. Die schon Jahrzehnte aus dem Industriebau bekannten Gläser sind kostengünstig und entwickeln sich durch die verfeinerten Produktionsmethoden mit ihren unterschiedlichsten Oberflächen und Farbgestaltungen zu einem Baustoff der modernen Architektur. In Verbindung mit Lichteffekten lassen sich die vielfältigsten Performances realisieren. Entscheidend aber ist die bauphysikalisch und energetisch erzielbare Qualität in Relation zu den günstigen Herstellungskosten.
Die Zwischenräume der ZH werden abgeschottet, so dass jeder Übungsraum der Obergeschosse seine eigene Klimazone erhält. Gleichzeitig sind die einzelnen Räume dadurch auch akustisch entkoppelt.
Die Räume werden über die Fenster entlüftet. Allerdings wird die Energie nicht an die Außenluft abgegeben, sondern über die Wärmerückgewinnung mit entsprechendem Frischluftanteil wieder zugeführt. Weiterer Vorteile der ZH:

•Geringere Wärmeverluste
•Schallimmissionen von Innen nach Außen als auch von Außen
nach Innen werden stark minimiert.
•Gute Tageslichtnutzung der Räume durch entsprechend
abgestimmte Anteile an klaren und lichtstreuenden
U-Gläsern.
•Nachtauskühlung bei geöffneten Fenstern über die Zu- und
Abluftöffnungen.
•durch Splitgeräte mit Wärmerückgewinnung zwischen Außenwand
und ZH optimierte Klimabedingungen und Lufthygiene, geringe
Kanalinstallationen und Folgekosten, einfachste
individuelle Steuerung.
•Durch separate Lüftungsaggregate innerhalb einzelner
Brandabschnitte können aufwendige Brandschutzklappen
entfallen.

Der Anschluss an die Fernwärme liefert die erforderliche Energie zu nachheizen der neuen Gebäudeteile.

Die Studios im Untergeschoss wurden aus schalltechnischen Überlegungen im Erdreich angesiedelt und sind über das zweigeschossige Foyer direkt vom neuen Eingangsbereich gut zu erreichen. Der hinter den Studios verlaufende Flur mit direkten Zugängen zu den Treppenhäusern dient als zweiter Rettungsweg. Somit ist eine großzügige Nutzung der Foyerhalle auch als Studentenlounge gegeben.

Die geometrische Ausformung des Stahlbeton- Skelettbaus erhält durch die Wahl weiterer einfacher und bewährter Baumaterialien seine eigene Ästhetik:
•HWL Platten: B1 und schall absorbierend,
•Gussasphalt- Estrich, Oberflächen endbehandelt,
•hinterlüftete Fassadenverkleidung aus Faserzementplatten,

Der Rückbau des alten Anbaues erfolgt schonend:
Die Wand zum Altbau und die Bodenplatte bleiben erhalten; die restlichen Kellerwände verbleiben auf der Baustelle und werden in Teilflächen liegend und kraftschlüssig mit dem Erdboden und der vorhandenen Bodenplatte lagenweise eingebaut. Eine neue elastisch gebettete Bodenplatte wird mit den vorhandenen und neuen Kellerwänden als wasserdichte Wanne ausgebildet.