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Offener Wettbewerb | 03/2021

Neubau Campus Platztor für die Universität St.Gallen (CH)

5. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

Gunz & Künzle Architekt*innen ETH

Architektur

Kollektiv Nordost

Landschaftsarchitektur

PZM Polke, Ziege, von Moos AG

TGA-Fachplanung

BG Ingenieure und Berater AG

Brandschutzplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entscheidung, das Programm in kleine Einheiten aufzuteilen, ein System von öffentlichen Räumen zu definieren und diesem die bauliche Anordnung zu unterwerfen, ist zweifelsohne mutig. Für den urbanen Ort bietet sie bemerkenswerte Vorteile: An der Nahtstelle von drei unterschiedlichen Stadttypen, der Altstadt, dem Villenviertel am Rosenberg und der etwas fahrigen Bebauung im Nordosten, entsteht ein veritables kleines Quartier, das durch seine intelligente Geometrie und extreme Feingliedrigkeit als urbanes Vermittlungselement dient. Der kleine Platz an der Ecke zwischen Unterer Graben und St.Jakob-Strasse, in den auch der Ausgang der Unterführung einmündet und von welchem diagonal eine grosszügige Treppe zum Rosenberg-Hang führt, bildet ein Scharnier zwischen Altstadt und Campus-Komplex und ein angemessenes Zentrum der neuen Universitätsstadt zugleich. Ebenso gut gesetzt und bescheiden dimensioniert ist der zweite Platz am Ende der Treppenanlage. Zusammen mit den querliegenden Gassen bilden sie eine qualitätvolle Ergänzung des bereits reichen St.Gallener Repertoire an attraktiven öffentlichen urbanen Freiräumen. Die Baumpflanzungen entlang der Böcklinstrasse bilden einen weichen Übergang zum Rosenberg. Der Versiegelungsgrad ist naturgemäss hoch, und die Parkplätze im Norden machen eine Stützmauer erforderlich. Die mit PV-Anlagen stark besetzten Dachflächen stehen im Konflikt zur extensiven Dachbegrünung und beeinträchtigen sie.
Folge der städtebaulichen Grundentscheidung ist die eigenwillige, innovative, aber alles andere als unproblematische Aufteilung des Nutzungsprogramms in sechs unterschiedliche Gebäude unterschiedlichen Zuschnitts. An der prominentesten Stelle unmittelbar am Unteren Graben und am neuen Platz ist das Aula-Gebäude wirkungsvoll platziert; ebenso naheliegend die beiden Gastronomiebetriebe in den Erdgeschossen der seitlich respektive gegenüberliegenden Bauten. Die übrigen Geschosse sind dem Forschungs- und Lehrbetrieb vorbehalten, wobei deren Organisation unzureichend definiert wird. Die Aussage, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit seien das Ziel, wird kaum architektonisch konkretisiert. Die Fragmentierung der Baukörper erzeugt gut belichtete und angenehm überschaubare Räume, aber auch viel Erschliessungsfläche, Kosten und Energieverluste. Die betrieblichen Abläufe und die Nutzungsflexibilität sind durch die Aufteilung des Volumens auf mehrere Baukörper stark eingeschränkt.
Die Aufteilung der unterschiedlichen Abteilungen der Universität auf unterschiedliche Gebäude führt einen neuen, kleinen Massstab in deren Organisation ein, birgt aber auch das Risiko der Absonderung der Abteilungen voneinander. Auf jeden Fall fordert sie die Bereitschaft, über die Gasse zu laufen, um mit den Kolleginnen und Kollegen zu interagieren. So angenehm die Vorstellung ist, dass sich die Angehörigen der Hochschule die Verkehrsräume mit den Bürgerinnen und Bürgern teilen und damit die Universität demonstrativ und selbstverständlich zugleich auf die Stadt zugeht: Die nicht zuletzt witterungsbedingten möglichen Hindernisse lassen sich nicht ignorieren. Das sämtliche Gebäude verbindende Untergeschoss löst zwar die logistischen Probleme, aber nicht notwendigerweise jene der zwischenmenschlichen Kommunikation.
Architektonisch stellt sich die kleine Stadt in der Stadt einheitlich dar, was ihr die notwendige Präsenz sichert, allerdings mit fein nuancierten Variationen. Das robuste, unprätentiöse nach aussen gestülpte Tragsystem aus runden Betonsäulen und linearen Betondecken, das nicht ohne konstruktive und bauphysikalische Herausforderungen ist, suggeriert Zweckmässigkeit, die grossen Verglasungen Transparenz. Doch es ist primär ihre Verschmelzung mit der Stadt und ihren Räumen, die die offene und urbane Haltung der Hochschule massgeblich zum Ausdruck bringt.
Grundriss Ebene 02, Eingangsgeschoss Böcklinstrasse

Grundriss Ebene 02, Eingangsgeschoss Böcklinstrasse