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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2022

IBA’27 StadtRegion Stuttgart – Wohnen am Fluss in Untertürkheim

Inselstrasse 140

Inselstrasse 140

1. Preis

Preisgeld: 60.000 EUR

NL Architects

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Inselquartier


Inselstrasse 140 - Never Demolish!


Der Erhalt des Gebäudes lässt das neue Quartier natürlich entstehen und gibt ihm eine eigene Identität. Die bestehenden Bäume können erhalten bleiben. Das Erdgeschoss öffnet sich zur Inselstrasse. Der von dem zurückliegenden Baukörper generierte Vorraum wird genutzt als Vorplatz für neue kommerzielle Nutzungen. Entlang der Inselstrasse entsteht ein spannender neuer öffentlicher Raum.


Durch den Erhalt des Gebäudes wird ein kostengünstiger Raumüberschuss generiert, der mit gemeinschaftlichen Funktionen programmiert wird: ein co-work space, eine Werkstatt und ein an der gemeinschaftlichen Dachterrasse situierte multifunktioneller Raum. Die gemeinschaftlichen Räume können auch vermietet werden, es gibt B&B Zimmer, die durch die Bewohner als Gästezimmer genutzt werden können.


Das Gebäude erhält 2 Vorderseiten: die öffentlichen Nutzungen im Erdgeschoss beleben mit ihrer Interface die Inselstrasse. Nachbarschaftliche Funktionen orientieren sich zum neuen Quartiersplatz an der anderen ehemaligen Rückseite. Das Gebäude vernetzt sich mit seiner Umgebung: Laufbrücken und Treppen reichen wie Tentakel zu den umliegenden Gebäuden und visualisieren die Bedeutung der Inselstrasse 140 als Nachbarschaftshub. Das Gebäude wird zum klopfenden Herz des neuen Quartiers und verbindet es darüberhinaus mit dem Zentrum von Untertürkheim und dem Rest der Stadt.


An der Strassenseite schafft eine vorgehängten Struktur aus Treppen und Gallerien einen Bewegungs- und Begegnungsraum für die neuen Nutzungen im Gebäude. Diese verglaste Zone fungiert gleichzeit als Lärmschutz für die dahinterliegenden Funktionen. Die bestehenden Treppenhäuser bleiben erhalten und werden durch die anliegenden Blöcke mitgenutzt.


Das hohe Erdgeschoss beherbergt einen Laden und ein Restaurant. In der Mitte schafft ein grosser 2-geschossiger Durchbruch eine zentrale Halle. Dieser multifunktionale Raum erschliesst auch die im ersten Geschoss liegenden Büroräume und die Kita. Bei Regenwetter kann hier gespielt werden. Die Kita ist über eine Brücke verbunden mit dem niedrigen Dach der Mikroapartments. Hier befindet sich eine der Aussenspielflächen.


Im 2. Geschoss befinden sich 55m2 Wohnungen die über einen innenliegenden Gang erschlossen werden. Die charakteristischen Stützen bleiben sichtbar, es entstehen Eingangsbereiche vor den einzelnen Wohnungen.


Im 3. Geschoss sind 100m2 grosse, durchgesteckte Wohnungen angeordnet, die sowohl als 2-3 Zimmerwohnungen als auch Co-working- bzw. Atelierwohnungen eingerichtet werden können.


Die Wohnungen im 4. Geschoss sind Känguruhwohnungen: sehr grosse Wohnungen, die sich aus einem grossen (100m2) und einem kleineren Teil (55m2) zusammensetzen. Diese sind geschaltet oder einzeln zu nutzen.


Im Staffelgeschoss befinden sich 80m2 Wohnungen mit grossen individuellen Dachterrassen. Auf dem Gemeinschaftsdach ist eine Urban Farm, PV Installationen und eine grosse Terrasse.



Städtebau


Das Gebäude der Inselstrasse 140 bleibt erhalten. Seine Höhe und Ecklage macht es zum markanten Erkennungspunktes des neuen Gebietes. Der breite Grünstreifen mitsamt dem alten Baumbestand entlang der Inselstrasse bleibt erhalten und wird intensiviert. Gewerbe entwickelt sich entlang der Inselstrasse in den hohen Räumen des Bestandsgebäudes und entlang der Promenade Am Ölhafen. Ein weiterer hoher Baukörper entlang der Inselstrasse schirmt das Gebiet vom Lärm ab.


Die Körnung der Baukörper formen ein Zwischenmass von kleinteiliger Dorfstruktur von Untertürkheim und den Grossstrukturen der umliegenden Industriezonen.


Der grüne Charakter des Quartiers setzt sich fort zwischen den aufgelockerten Baukörpern und fliesst als Grünraum über in den Park entlang des Ufers des Neckararms. Eine Fahrradbrücke verbindet das Lindenschulviertel mit dem neuen Quartier und schliesst es an die zu entstehende Radschnellstrecke an. Auch entlang des Ölhafens wird die grüne Uferzone fortgesetzt bis an die Neckarbrücke.


Innerhalb des begrünten Hofes fungiert eine runde, um ein paar Stufen versenkte Fläche als Treffpunkt, Spielfläche und Bühne. Entlang der Uferzone entsteht ein grüner Pocketpark zwischen den Blöcken.


Die verschiedenen Wohnungsgrössen werden jeweils in einem Gebäude zusammengefasst. Gleiche Grundrisse werden wiederholt und gestapelt = kostengünstig und effizient. Die verschiedenen Zielgruppen wohnen zusammen in einem Gebäude. So entstehen gut funktionierende Hausgemeinschaften. Eine Begegnung und Mengung der verschiedenen Gruppen findet im Aussenraum und in dem Nachbarschaftshub der Inselstrasse 140 statt.


Durch den Gebrauch gleicher Materialien werden die einzelnen Gebäudekörper zu einer Einheit zusammengefasst.

Die einzelnen Häuser haben quarakteristisc­he eigene Eigenschaften, sind aber gleichzeitig aneinader verwandt.



Wohnen am Wasser


Ein Großteil der Wohnungen hat direkte Aussicht auf den Neckar oder Neckararm. Die höher gelegenen Wohnungen und die Wohnungen des Bestandgebäudes haben weite Aussichten entlang des Neckarufers aufgrund der fehlenden Bebauung der gegenüberliegenden Straßenseite der Inselstrasse und der niedrigeren Baukörper im Inselquartier.


Die Parkartige Zone entlang des Ufer des Neckararms wird visuell verbreitert und ökologisch aufgewertet mittels schwimmender Gärten. Diese sind teilweise zugänglich oder werden als Naturspielplatz genutzt.


Der sehr dichte Baumbestand wird aufgelockert und das Ufer zugänglich gemacht. Eine gemeinschaftliche schwimmende Minisauna und der öffentliche Sonnensteg macht das Ufer nutzbar und erlebbar für alle Bewohner des neuen Viertels.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Setzung erfolgt selbstverständlich und unprätentiös. Es entstehen wohlproportionierte hierarchiefreie Außenräume – die gleichwohl im Detail noch weiter zu definieren sind. 

Kontrovers diskutiert wird die Setzung des zweigeschossigen Baukörpers im Innenbereich mit seiner Nähe zu den angrenzenden Gebäuden. 

Die Organisation des Baukörpers im Norden direkt an der Inselstraße lässt private Außenräume vermissen. 

Das Bestandsgebäude erfährt eine behutsame Transformation mit wenigen, gezielt gesetzten Eingriffen wie z. B. der zweigeschossigen multifunktionalen Halle als zentrales Element und einer vorgehängten Struktur, die Erschließungselemente und Galerien aufnimmt und damit auch zur Vernetzung mit dem Kontext in hohem Maße beiträgt. Die Erdgeschosszone mit Laden, Restaurant und KiTa erfährt sowohl zur Inselstraße als auch zum Innenraum eine qualitätsvolle Aufwertung. Die Positionierung der Cafeterrasse zur Inselstraße hin ist jedoch zu überdenken. In den Obergeschossen finden sich differenzierte Wohntypologien – kleinere Einheiten über einen Mittelflur erschlossen ebenso wie große durchgesteckte Wohnungen. 

Die geforderten differenzierten Wohnungstypen werden jeweils in einem Haus umgesetzt; die Durchmischung erfolgt auf Quartiersebene. 

Die Neubauten weisen zeitgemäße und gut nutzbare Wohntypologien auf; vom Microappartment mit dem dazwischenliegenden frei bespielbaren Hallenraum über die gestapelte Reihenhaustypologie hin zu Möglichkeiten des Selbstausbaus, jeweils rational angeordnet in einem Haus. Der Großteil der Wohneinheiten ist anpassbar an die jeweilige Lebenssituation der Bewohner und ebenso an sich verändernde Anforderungen des Wohnungsmarktes – ein adaptives Habitat entsteht. Bezüge zum Neckar sowie zum Kanal sind gegeben.


Freiraum 

Der zentrale kleine Kubus verbaut einen zusammenhängenden, gemeinschaftlichen Freiraum für die Begegnung der hier Wohnenden. Der größte Teil des Hofes wird durch die KITA-Freifläche ausgezäunt. Die Gestaltung des Freiraums bleibt im Übrigen schematisch, mit vielversprechenden, aber räumlich nicht ablesbaren Themen, die sich auf den kleinen Restflächen wohl kaum umsetzen lassen würden. Auch die Vorschläge am Kanal, wie z.B. der öffentliche Naturspielplatz und die Gemeinschaftssauna sind wohl unrealistisch. Der Versiegelungsgrad ist überdurchschnittlich hoch und klimatisch wirksames Großgrün wird vermisst. 


Verkehr 

Der Stellplatzschlüssel von 0,7 liegt im Mittelfeld der eingereichten Arbeiten. Ein Beitrag zur Reduzierung von Autonutzung und Besitz kann allenfalls in moderatem Maße geleistet werden. Bemerkenswert ist jedoch der Zugang ausschließlich über zwei Treppenhäuser im Innenhof und nicht direkt von den einzelnen Wohneinheiten aus. 

Fahrradstellplätze sind zwar ebenerdig im Gebäude untergebracht, aufgrund der nur zwei hierfür vorgesehenen Positionen ergeben sich jedoch längere Zu- und Abgangswege. Zusätzlich sind zwei Bereiche der Tiefgarage für den Radverkehr reserviert. Diese sind über Rampen erschlossen, deren Ausprägung (Breite / Befahrbarkeit) jedoch überarbeitet werden sollte. 


Fazit 

Die Arbeit besticht durch ihre konzeptionelle und unkonventionelle Herangehensweise sowohl im Städtebau als auch in der Entwicklung der Wohntypologien und insbesondere im Umgang mit dem Bestandsgebäude. Die Realisierbarkeit der Wohnkonzepte müsste aber noch weiter untersucht werden und das sehr schematisch dargestellte Freiraumkonzept müsste weiter konkretisiert werden. Insgesamt entsteht ein qualitätsvolles und zukunftsfähiges (IBA)-Wohnquartier mit Werkstattcharakter - wegweisend über den konkreten Standort des Inselquartiers hinaus.

Quartiersplatz

Quartiersplatz

Ufer Neckararm

Ufer Neckararm

Multifunktionale Halle Inselstrasse 140

Multifunktionale Halle Inselstrasse 140

Lageplan

Lageplan

Wettbewerbspanel 1

Wettbewerbspanel 1

Wettbewerbspanel 2

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Wettbewerbspanel 3

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Wettbewerbspanel 4

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Wettbewerbspanel 5

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