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Studienauftrag im selektiven Verfahren | 04/2023

Neubau Hochhaus Sulzerallee in Winterthur (CH)

Gewinner

Dürig AG Architekten

Architektur

TEN

Architektur

Inside / Outside

Landschaftsarchitektur

uas AG

Projektsteuerung

Dr. Schwartz Consulting AG

Tragwerksplanung

Dr. Vollenweider AG

Geologie

Amstein + Walthert AG

Akustikplanung, Bauphysik, Brandschutzplanung

PPEngineering GmbH

Fassadenplanung

IBV Hüsler AG

Verkehrsplanung

Architektin Deepshi Kaushal

Nachhaltigkeitskonzept

Ökologe Andre Rey

Architektur

Vitalba GmbH

sonstige Fachplanung

Dr. Neven Kostic | Structural engineering | Tragwerksplannung

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau
Das Projektteam setzte sich die Prämisse, ein Gebäude zu entwerfen, welches, unabhängig von Alter, Beeinträchtigung oder Aufenthaltsdauer, stets das Gefühl von ‘zu Hause’ vermittelt. Dies widerspiegelt sich bereits in der städtebaulichen Setzung, die weder Ausreizung noch Provokation sucht, sondern ganz unprätentiös ein dreiteilig erscheinendes Hochhaus mit einer zentralen Erschliessungsstruktur in die Strassenflucht der Sulzer-Allee setzt, im Süden hingegen bewusst eine räumliche Distanz zur Nachbarschaft sucht, zu Gunsten einer räumlichen Durchlässigkeit und zusätzlichen Verbindung zum Pocketpark.
Das längliche, beinahe filigran anmutende Hochhaus bildet gemeinsam mit dem Park einen markanten räumlichen und programmatischen Auftakt an der Sulzerallee und vermittelt aussenräumlich, architektonisch und funktional zwischen Ost und West. Der Park wird ins öffentlich programmierte Erdgeschoss weitergeleitet und offeriert einen Ort des Austausches zwischen Quartier und Bewohner. Auch die beidseitig auskragenden ersten Obergeschosse mit der Pflegeabteilung stehen bewusst in direktem Bezug zum Park und seinen Bäumen.

Der Anspruch einer ‘grünen’ Oase wird auf überzeugende Weise im Innern weitergeführt. Im vertikalen, filigran strukturierten Mittelteil des Gebäudes wird der Park über gestapelte, zweigeschossige, unterschiedlich bepflanzte Himmelsgärten weitergeführt. Dieser zentrale Bereich ist Erschliessung und kollektives Raumangebot in Form von Wintergärten oder überdachten Terrassen zugleich. Die eingangs erwähnte Absicht, ein Zuhause zu schaffen, findet in eben dieser Mitte sowohl strukturell, materiell als auch inhaltlich ihren Höhepunkt. Mit diesem Hintergrund ist die separierte Adressierung von Oase und Wohnungen ein kleiner Wermutstropfen.

Freiraum
Das Projekt besticht durch eine differenzierte Bespielung der privaten und halbprivaten Freiräume am Gebäude und einer robusten Park-Setzung mit umlaufendem Baumkranz. Im Dialog der unterschiedlichen Grünräume entsteht ein Ensemble von hoher Nutzungsvielfalt und ökologischer Potentiale. Das Verständnis der Begrünung des Hochhauses als Humboldt’sche Vegetationsstufen basiert im Ansinnen, die Balkone und Terrassen «standortgerecht» zu begrünen. Der grüne «Mittelrisalit» ist so etwas wie das Markenzeichen des Gebäudes. Entsprechend ist (auch für den Erhalt derer dauerhaften Qualität) der Bewirtschaftung der «Aussenräume» ein hoher Stellenwert beizumessen.
Das vorgeschlagene Retentionssystem in der Kombination mit Pflanzen, die im Sommer austrocknen dürfen, verspricht einen zeitgemässen Lowtech- Ansatz, den es noch weiterzuentwickeln gilt. Die grundsätzliche Disposition des räumlich starken Baumkranzes des Parks als Pendant zur Setzung des Hochhauses überzeugt und erlaubt eine ebenso robuste Weiterentwicklung des Projektvorschlags. Durch den umlaufenden Staudengürtel mit mittiger chaussierter Fläche erscheint der Park jedoch eher introvertiert, was die Erkennbarkeit des Freiraumes als öffentlicher Raum reduziert. Diese Raum- und Belagsabfolgen müssen in der Weiterbearbeitung auch bzgl. ihrem Bezug zur Nutzungs- / Leistungsfähigkeit einer öffentlichen Parkanlage noch geprüft / resp. Weiterentwickelt werden. Die eingestreuten Gartenzimmer versprechen kleinräumige und flexibel anmutende Nischen im grossmassstäblichen Umfeld, allerdings sollte die Zahl der «Zimmer» zugunsten von nutzungsoffenen Aneignungsflächen reduziert werden.

Architektur
Holz, Beton und Stahl in Verbindung mit unterschiedlich behandeltem Glas in Anlehnung an die historischen Industriebauten werden unterschiedlich eingesetzt und kombiniert. Bei den Wohntürmen werden durch die durchgängig auskragenden Beton-Platten mit den Blumentrögen aus Stahl die Horizontale betont, während im Mittelbereich mit Beton, Stahl und Glas die Ausrichtung in die Höhe vorherrscht. Die Auskleidung der Himmelsgärten reflektieren Licht und Farbe und kommt der Idee eines verbindenden, leicht wirkenden Körpers sehr nahe. Aber auch die geschossweise variierende Bepflanzung im Brüstungsbereich und in der Mittelzone sind ein wichtiger Bestandteil der Architektur. Die Holzelemente sind brandschutztechnisch kritisch.

Struktur
Das Gebäude soll auch in seiner strukturellen Leichtigkeit kaum zu überbieten sein. Mit der Kombination von Holz, Beton und offenem Stahl-Fachwerk als aussteifende Wirbelsäule sollen Materialpotenziale maximal ausgeschöpft und eingesetzte Ressourcen minimiert werden. Die gewählte Stützen-Platten-Struktur erlaubt zum einen eine maximale Flexibilität, bringt jedoch, insbesondere bei kleinteiligen Nutzungsstrukturen, gewisse räumliche Einschränkungen mit sich. Die Anordnung der Fluchttreppen erfüllen die Brandschutzanforderungen nicht vollumfänglich.

Nutzung
Das Erdgeschoss ist in seiner Ost-West-Orientierung überzeugend strukturiert, insbesondere die zentrale Eingangshalle als horizontale Fortsetzung der Gebäudestruktur. Auch das durchgesteckte Restaurant trägt zur Verbindung von Park und Talackerstrasse bei. Die Lage der Küche im Zusammenhang mit der Belieferung der Pflegestationen ist nicht optimal gewählt.

Die beiden Pflegegeschosse weisen eine attraktive und vielseitig bespielbare Mitte aus. Sowohl aus betrieblicher als auch aus Benutzer-Sicht sind die Erschliessungs- und Aufenthaltsflächen übersichtlich und schaffen durch den grosszügigen Aussenraum zusätzlich einen spürbaren Mehrwert. Die Pflegestudios sind gut durchdacht und erlauben auf kleinem Raum eine optimale, individuell wählbare Raumtrennung. Die Wohnungen sind aufgrund des Mittelteils und den Ecksituationen zwei- bis dreiseitig ausgerichtet und erlauben bereits beim Betreten der Wohnung den Blick nach aussen.

Nutzungsbereich Pflege und Pflegestudios
Pflegegeschoss
Die sehr positive Beurteilung durch die Jury findet ihren Niederschlag auch in den Nutzungsbereichen Pflege und Pflegestudios. Der gesamte Wohnbereich wird als integrierter Lebensraum für Menschen in der Hochaltrigkeit wahrgenommen. Es ist eine Art Alters-Clusterwohnung mit um den gemeinschaftlichen Wohnbereich herum angeordneten privaten Zimmern. Die weiteren Funktions- und Aufenthaltsräume (inkl. Erschliessungskerne) sind modulartig in die Gesamtfläche integriert. Dies impliziert eine grosse Vielfältigkeit, die auch Entwicklungspotential beinhaltet – je nachdem, wie die Bewohnenden die einzelnen Flächenmodule annehmen. Auch die Interaktion zwischen den Bewohnenden bzw. mit dem Personal wird mit dieser innovativen Flächennutzung gefördert. Wie immer bei offenen Aufenthaltsflächen ist bei der Weiterbearbeitung auf die Bewilligungsfähigkeit zu achten: Korridor- und Aufenthaltsflächen dürfen sich nicht konkurrenzieren.
Besonders attraktiv ist der Bezug zur Aussenfläche im Demenzbereich. Der Wintergarten, gefolgt vom freien Aussenbereich erlaubt eine ganzjährige Nutzung und trägt wesentlich zur natürlichen Belichtung der Gemeinschaftsflächen bei. Der Aussenbereich in der Wohngruppe (klassisch) Pflege könnte noch etwas stärker und direkter mit den innenliegenden Aufenthaltsbereichen verbunden sein.

Pflegezimmer und Pflegestudios
Die Flächen der Pflegezimmer stehen dank des breiten Achsmasses fast vollständig für das Wohnen zur Verfügung; der Eingangsbereich ist ebenfalls gut nutzbar. Die Raumdimension lässt verschiedene Möblierungsvarianten zu. Die Pflegestudios erfüllen zwar die Anforderung an die Zonierung in eine Tage- und eine Nachtzone, weisen jedoch ein Optimierungspotenzial aus. Würdigung Das Projekt schafft es, auf hohem Niveau Gemeinschaft, gestalterischen Anspruch, Ökologie und Ökonomie zu vereinen. Insbesondere die durchgängigen Gemeinschaftsflächen mit den damit verbundenen Bepflanzungen, sowie die effizienten und gleichzeitig attraktiven Pflegegeschosse haben überzeugt.