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Städtebaulicher Investorenwettbewerb | 08/2023

Grundstücksentwicklung Münsterstraße 59 in Lüdinghausen

3. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

Röing genannt Nölke Architekten

Stadtplanung / Städtebau

Apollon Immobilien GmbH& Co. KG

Investor*in

Erläuterungstext

DER STEVERHOF
Der städtische Block
Der neue Stadtbaustein ist typologisch als Block um einen lärmgeschützen und identitätsstiftenden Innenhof konzipiert. Sowohl die benachbarte Kinobebauung, die im Süden angrenzende Gewerbehalle, als auch die sich im Westen befindlichen Wohnbebauungen erhalten durch den 4-geschossigen Baukörper mit Staffel eine Fassung und ein räumlich wirksames ›Gegenüber‹, welches mit seiner öffentlichkeitswirksamen Erdgeschossnutzung einer Quartierswerkstatt und den Wohnnutzungen in den Obergeschossen eine lebendige städtische und soziale Nutzungsmischung generiert: ›urbane Vielfalt und Identität‹. Die Blockbebauung treppt sich durch Staffelungen nach Süden und Westen ab und bildet städtebaulich zum Kreuzungspunkt Münsterstr./Konrad-Adenauer-Str. einen tektonisch gegliederten Hochpunkt. Ein neuer Quartiersplatz im Osten und die Ausbildung einer Gasse im Süden schaffen eine neue Verbindung zwischen Münster- u. Konrad-Adenauer-Str. an welcher später die benachbarte städtebauliche Entwicklungsfläche „Darlay“ anknüpfen kann. Der halb-öffentliche Innenhof ›die grüne Mitte‹ dient zum Aufenthalt und zur Erschließung. Durch die Durchwegung entstehen neben Blickbezügen viele Möglichkeiten der Begegnung. Die Ausbildung eines Hochparterres schafft den erforderlichen Abstand zum Straßenraum und generiert in Verbindung mit durchgesteckten Grundrissen qualitätsvollen Wohnraum.

Die soziale Nutzungsmischung
Im adressbildende Hochpunkt ist im EG eine den Hausbewohnern und dem Quartier zur Verfügung stehende halböffentliche Quartierswerkstatt angeordnet. Sie ist Anlaufstelle, Adresse und Umsetzerin für ein aktives Wohngebäude des Austauschs und der Begegnung im Quartier. Die geplante Wohnbebauung umfasst ges. 28 Wohneinheiten.
18 Wohnungen, sowie 2 Clusterwohngruppen (TRH 2+3) sind als sozial geförderter Wohnungsbau konzipiert. 6 Wohnungen (TRH 1) und zwei Wohn-Hybrid-Townhouses zur Münsterstr. sind als freifinanzierte Wohn- bzw. Büroräume geplant. Die Wohn-Hybrid-Townhouses können durch ihren flexiblen Grundriss sowohl als Wohn- oder Bürohaus genutzt werden. Die Clusterwohngruppen sind mit privatem Bad, gemeinschaftlicher Küche und Gemeinschaftswohnraum konzipiert und stehen insbesondere vulnerablen Gruppen, Auszubildenden oder Alleinstehenden zur Verfügung. Zusätzlich zum grünen Hof wird eine Gemeinschafts-Dachterrasse zum Urban Gardening vorgeschlagen, welche mit Blick auf die Altstadt und Burgenlandschaft Lüdinghausens als halböffentliche Stadtterrasse fungiert.

Der architektonische Ausdruck
Die steinerne Präsenz des rotbraunen Ziegelbaus unterstreicht den städtischen Charakter des Baukörpers. Diagonal stehende Läuferverbände gliedern die straßenzugewandten Fassaden in den OGs und schaffen eine starke Plastizität durch eine lebhafte, rhythmisierte Gliederung der Fassade. Der Sockel, die zurücktretenden Staffelgeschosse und der Innenhof setzen sich bewusst als glatte Ziegelbänder ab um die Differenzierung zwischen halböffentlichen und privaten Zonen nach außen ablesbar zu machen.

Die Ökologische und soziale Nachhaltigkeit
Das Projekt versteht sich als „E“-Gebäude = „Einfach“-Gebäude. Es wird ein nachhaltiger und sozialer Ansatz durch einfache dichte, massive und auf dem Dach begrünte Bauweise vorgeschlagen. Unterschiedliche Wohnungsgrößen sichern eine soziale Durchmischung. Die Dachflächen sind als Terrassen oder Gründach ausgebildet und bieten Platz für PV.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Gebäudeentwurf erfüllt mit einem breiten Wohnungsangebot und einer Gemeinschaftseinrichtung im Erd- geschoss weitestgehend die von der Auslobung geforderten Nutzungen. Hinsichtlich der sog. Quartiers-werkstatt
bleiben jedoch Fragen hinsichtlich einer dauerhaften Tragfähigkeit. Eine öffentlichkeitsorientierte Nutzung im Erdgeschoss, als verbindendes Glied zwischen 'Neustadt' und Altstadt, wird vermisst.
Ihren städtebaulichen Entwurf bezeichnen die Verfasser des Wettbewerbsbeitrags als 'Städtischen Block'. Diese Entwurfshaltung zeigt sich auch unmissverständlich in einer großstädtisch anmutenden städtebaulichen Figur, die fast zwingend ein gleichermaßen strukturiertes Weiterbauen nach Süden fordert. Eine solitäre Stellung des Gebäudes ist nicht gewollt und scheint auch nicht möglich zu sein.
Die Fassaden, mit ihrer monotaktischen Reihung – vertikal wie auch horizontal, wie auch die Massivität der Gebäudestruktur machen es schwer, eine Verwandtschaft mit der Stadtmorphologie und den Gebäudetypologien Lüdinghausens zu erkennen. Der relativ kleine 'Steverhof', als Innenhof zu dem sich fast alle Balkone/Loggien ausrichten, ist gleichzeitig ein möglicher Erschließungsweg für die Wohnungen. Aufgrund der Enge ist eine häufige Verschattung der inneren Fassaden zu erwarten.
An der südöstlichen Grundstücksgrenze ist auf der verbleibenden, nicht bebauten Fläche, ein Quartiersplatz geplant, der aufgrund seiner abseitigen Lage, direkt an der Konrad-Adenauer-Straße, die Anforderungen an einen Versammlungsort und Treffpunkt für die Bewohner nicht erfüllen kann.
Erfreulich ist die hohe Anzahl der angebotenen Wohnungen, die fast allesamt durchgesteckt sind und somit eine Durchlüftung und eine zweiseitige Belichtung gewährleisten. Die Wohnungen im Erdgeschoss werden durch das Preisgericht kritisch gesehen, da der Außenkontakt sich in erster Linie zu den Bürgersteigen orientiert. Die Kompaktheit und städtebauliche Dichte des Blocks bieten die Voraussetzung für ein erergetisch optimierbares Bauvorhaben. Die energetischen Aspekte beschränken sich laut dem Erläuterungsbericht des Verfassers lediglich auf das notwendige Maß. Um ein nachhaltiges und damit zeitgemäßes Gebäude zu erreichen und die städtische Zielsetzung von bilanzieller Klimaneutralität zu unterstützen wären nach Auffassung des Preisgerichts weitergehende Maßnahmen erforderlich.
Die Realisierung scheint hinsichtlich der bauordnungsrechtlichen und organisatorischen Belange grundsätzlich gegeben.

Insgesamt präsentiert sich hier ein diskussionswürdiger Wettbewerbsbeitrag, der am Ort zu wuchtig wirkt und die Zielsetzungen der Stadt Lüdinghausen nicht in Gänze erfüllt.