modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Projektwettbewerb | 02/2024

Neubau Siedlung Felsenrain in Zürich Seebach (CH)

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

Graber Pulver Architekten

Architektur

KOLB Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Zimraum Raum + Gesellschaft

Stadtplanung / Städtebau

WaltGalmarini AG

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Ausgehend von einer sehr sorgfältigen und soliden Konzeption zeigt das Projekt eine sowohl räumlich als auch atmosphärisch differenzierte, vielfältige Ausformulierung. In den Grundzügen nah am formulierten Zielbild, eröffnet sich auf der Detailebene ein reichhaltiges Angebot, das sowohl für die künftigen Bewohner*innen als auch für das umliegende Quartier einen hohen Wohnwert und attraktive Freiräume verspricht.

Getragen von der von Ost nach West verlaufenden Hauptachse, rahmen zwei Hochpunkte das Areal. Sie bilden die programmatischen Ankerpunkte mit einer Fülle an gut geschnittenen Kleinwohnungen. Baulich vermitteln sie ins umliegende Quartier und bilden die Anknüpfungspunkte der inneren Wegachse. Diese dient einerseits der inneren Erschliessung der Siedlung und andererseits als Verbindung zum angrenzenden Quartier und verspricht als sich verengendes und erweiterndes Platz-Weg-Kontinuum ein anmutender Raum zu werden. Darauf aufbauend, bilden die gestaffelten Zwischentrakte gemeinsam mit den Nachbarbauten eine differenzierte Stadtfigur, die unterschiedliche Lesarten und Erlebbarkeiten erlaubt. Der Siedlungsplatz und der Wohnhof liegen direkt an dieser Achse. Grosszügig dimensioniert und mit stadtklimagerechten Baumarten ausgestattet, entstehen zwei wohltuende Aufweitungen im dichten Stadtgefüge. Gut bewertet werden auch die begrünten Vorzonen zwischen den öffentlichen und privaten Bereichen, die trotz der städtebaulichen Dichte eine angemessene Abstufung der Privatsphäre ermöglichen. Das naturnahe und ruhige Hangband im Norden bildet einen spannenden grünen Kontrapunkt zur aktiven und dynamischen Freiraumachse im Süden. Es schafft Rückzugsorte und verspricht interessante Nischen- und Aneignungsräume.

Das Projekt schafft ein Raumprogramm, das sich spürbar intensiv mit dem Zukunftsbild Felsenrain und den Erkenntnissen der Testplanung auseinandergesetzt hat und entwickelt auch aus sozialräumlicher Sicht sehr plausible Lösungen für die komplexen Anforderungen. Die Überlegungen zum Generationenwohnen sind differenziert und mögen sowohl im Hinblick auf die Anordnung der Gebäude und Nutzungen, das Verteilungskonzept SAW/ SFW, die Erdgeschossnutzungen wie auch das fein abgestimmte Freiraumkonzept zu überzeugen. Das Raumprogramm ermöglicht dabei vielseitige Kontakt- und Aneignungs- aber auch Rückzugsmöglichkeiten.

Als grosse Gemeinsamkeit aller Gebäude, bildet eine zweigeschossige Sockelzone einen Filter zum öffentlichen Raum. Die Zone schafft einen Schwellenraum zum Schutz der notwendigen Privatheit der bodennahen Nutzungen und gliedert die Bauten in ihrem Ausdruck. Darüber werden Wohnwelten geschaffen, die unterschiedliche Formen des Zusammenlebens erwarten lassen. Erschlossen mit offenen Laubengängen, zeigen die länglichen Baukörper eine Repetition von ähnlich konzipierten, aber in der Ausformulierung massgeschneiderten, durchgestossenen Wohnungen. Während die Mischung in den Gebäuden das gewünschte, aktive Zusammenleben erwarten lassen, zeigen die Wohnungsgrundrisse in den niedrigeren Gebäude leider einige Defizite. Obschon das Konzept der Familienwohnungen mit abgewinkelter, räumlich getrennter Küche und individuellen Arbeitszonen interessant ist, überzeugt die Umsetzung nicht. Die Anordnung der Individualzimmer im Eingangsbereich führt zu einer Durchmischung von Rückzugs- und Gemeinschaftsbereichen innerhalb der Wohnungen und übergrossen internen Erschliessungsbereichen zu Lasten der Wohnräume. Darunter leidet die Möblierbarkeit und die Nutzung bei zu erwartender hoher Belegung ist eingeschränkt.

Die Pflegewohnungen überzeugen in Lage und Organisation. Die winkelförmige Anordnung umrahmt einen geschützten Aussenraum und ermöglichen damit auch einen schönen, subtil in den Kontext eingebetteten Ort für den Demenzgarten mit samt dem dazu nötigen Schutz. Kritischer beurteilt werden die Erschliessungszonen. Insbesondere das Treppenhaus im hohen Haus West scheint den eigens gesetzten Ansprüchen nach begegnungsfördernder Architektur bis auf Geschossebene nicht ganz gerecht zu werden.

Das Projekt setzt vollständig auf Ersatzneubauten. Konstruiert als Holzskelettbauweise mit Treppenhauskern aus Stahlbeton im Hochhaus, verfolgen diese das Prinzip einer ökologischen Bauweise. Das unterirdische Volumen ist jedoch vergleichsweise hoch. Die Eignung für eine SNBS-Zertifizierung ist jedoch grundsätzlich gegeben. Optimierungen wären notwendig bezüglich Tageslichtversorgung, Mikroklima und Gebäudebelüftung. Auf Grund einer Geschossfläche im oberen Durchschnitt aber einer vergleichsweise eher geringen Hauptnutzfläche und der teuren Konstruktionsweise liegt im Vergleich ein eher unwirtschaftliches Projekt vor.

Das Projekt besticht einerseits durch seine aus der städtebaulichen Idee und der konsequenten Interpretation der Bestellung entwickelten Klarheit und hoher Qualität in der räumlichen Umsetzung. Andererseits bleiben die innere Organisation der Bauten und die Grundrissqualität insbesondere der Familienwohnungen hinter den Erwartungen zurück. Die Bescheidenheit und der Pragmatismus des architektonischen Ausdrucks wird zwar geschätzt, verströmt aber auch einen leisen Anklang von unerwünschter Banalisierung.

Dessen ungeachtet zeichnet sich das Projekt «Deux Chevaux» aus durch eine umsichtige Bearbeitung, die aus den programmatischen und räumlichen Gegebenheiten attraktive Mehrwerte schafft. Mit feiner Klinge geschnitzt, zeigt das Projekt eine grosse Stringenz im Zusammenspiel von baulicher Struktur, Konstruktionsweisen, stadträumlichen Qualitäten und Nutzungen und entwickelt daraus eine subtile Poesie des Alltags.