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Studienauftrag | 12/2022

Gestaltung Hochhaus und Gewerbebau Towerkomplex in Winterthur (CH)

Teilnahme

Armon Semadeni Architekten GmbH

Architektur

Hager Partner AG

Landschaftsarchitektur

dsp Ingenieure & Planer AG

Bauingenieurwesen

Waldhauser + Hermann AG

TGA-Fachplanung

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Fassadenplanung

F. Preisig AG

Verkehrsplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf des Teams Armon Semadeni Architekten setzt mit der volumetrisch klar artikulierten Grossform ein prägnantes städtebauliches Zeichen an der Sulzerallee. Der Baukörper gliedert den Stadtraum in vier, sich klar unterscheidende Freiräume: die Sulzerpromenade im Süden, das Idapark-Band im Westen, das Iris-Wiesen-Band im Norden und Anlieferung zur Ohrbühlstrasse im Osten. Die architektonische Grossform fügt sich aus drei unterschiedlichen Baukörpern zusammen: dem Wohnhochhaus im Westen, dem Gewerbebau im Osten und einem, die beiden Volumen verbindenden eingeschossigen Sockelgebäude. Eine leichte, auf den zwei gegenüberliegenden Seiten angeordnete Auskragung gliedert das Volumen des Hochhauses in der Vertikalen und nimmt so Bezug auf die Höhe des Gewerbebaus. Doch trotz der sorgfältigen Ausarbeitung wirkt die Grossform nicht in allen Punkten überzeugend. Einerseits bildet der Sockelbau eine starke stadträumliche Zäsur Richtung Norden und anderseits ist dieser als eingeschossiges Volumen nicht prägnant genug, um die beiden grossmassstäblichen Formen miteinander zu verbinden. Auch die prägnante Symmetrie der Grossform wird kontrovers diskutiert.

Die Adressierung der Gebäude erfolgt über die zwei Haupterschliessungen von der Sulzerpromenade: im Westen für den Wohnturm und im Osten für das Gewerbegebäude. Zusätzlich ist zentral der Zugang für den Grossverteiler angeordnet. Die Entscheidung, die Hauptzugänge ausschliesslich von der Sulzerpromenade her anzuordnen, schwächt die anderen Eingänge, sowohl Richtung Idapark (welcher eine wichtige städtebauliche Anbindung in Nord-Süd-Richtung darstellt und über eine hohe Aussenraumqualität verfügt) als auch zum Iris-Wiesen-Band im Norden (welches eine wichtige Verknüpfung mit dem Schulbau Neu Hegi im Norden schafft). Auch der geplante Grossverteiler im Sockelbau aktiviert das Stadtniveau lediglich in dessen Eingangsbereich. Die Aktivierung der Erdgeschossfassaden ist an dieser städtebaulichen sensiblen Stelle von zentraler Bedeutung.

Das Hochhaus wird über ein eingeschossiges Gebäudevolumen mit dem Gewerbehaus verbunden und besetzt einen Grossteil der Parzelle. Aussagen zur Beurteilung der Geländemodellierung werden keine gemacht. Ein Band aus einem befestigten Belag umgibt das Gebäude und nimmt pragmatisch die Nutzungen von Anlieferung, Vorplatz und Wegnetz auf. Um dieses Band werden stimmig unterschiedliche Freiraumtypologien angeordnet, welche sich gut in die nachbarschaftlichen Nutzungen einfügen. Sei dies über das sogenannte Iris-Wiesen-Band zum Schulhaus hin oder den im Westen gelegenen Idapark. Zur Ohrbühlstrasse orientiert sich die Gestaltung am baumbegleitenden Strassenraum. Anlieferung und Tiefgaragenzufahrt werden somit angenehm untergeordnet, belegen jedoch einen überdimensionierten, befestigten Belag. Im Süden spannt sich neben der Sulzerallee die Sulzerpromenade auf. Die Hauptadressierung erfolgt über die Sulzerpromenade. Mit dieser Anordnung erfährt die Promenade auf der fussläufigen Stadtebene ein Gesicht und eine begrüssenswerte, alltägliche Belebung. Das Stauden- und Strauchband wirkt jedoch räumlich eher trennend zur Sulzerallee. Es gelingt den Verfassern nicht, einen Dialog zum öffentlichen Alleeraum zu vermitteln.

Das Hochhaus mit zentral angeordnetem Erschliessungskern ist kompakt und effizient organisiert. Die Terrassen und Loggien verleihen dem Volumen eine räumliche Tiefe und klare Tektonik. Der Bezug zwischen innen und aussen, zwischen den Wohn- und Schlafräumen und der Terrassenschicht resp. den Loggien wird von der Jury als sehr qualitätsvoll bewertet.

Die Grundrisse der einzelnen Wohnungen weisen jedoch teilweise lange Korridore und schlecht belichtete Zonen auf. Das Fehlen von unmittelbarem Tageslicht in Küchen- und Essbereichen wird als kritisch beurteilt.

Die beiden Atrien (in der Nord- und Südfassade) prägen den Charakter des Gewerbebaus und stärken die räumliche Beziehung zwischen innen und aussen. Im Bereich des zentralen Erschliessungskerns und der Atrien bieten die relativ schmalen Flächen nur wenig Nutzungsoptionen. Zudem stellt sich die Frage nach der Nutzungsintensität der beiden Aussenräume gerade auch in Bezug auf die geschossweise angeordneten Stegverbindungen. Das Verhältnis zwischen Mehrwert und Nutzen wird kritisch hinterfragt. Der Grundriss der Gewerbeflächen ist, ausgenommen von der mittleren Zone, gut organisiert und lässt sich flexibel nutzen und unterteilen.

Die Idee der in Teilen begrünten, grosszügigen Terrasse auf der Dachfläche des Sockelgebäudes wird grundsätzlich begrüsst, insbesondere das Angebot eines gemeinsamen Treffpunkts zur Förderung der Durchmischung der unterschiedlichen Nutzer*innengruppen. Dieses grosszügige Aussenraumangebot stellt aus Sicht der Jury die Zweckmässigkeit der beiden Atrien im Gewerbebau erst recht in Frage.

Die horizontale Gliederung der Fassaden bindet die beiden Hauptvolumen, das Wohnhochhaus und den Gewerbebau architektonisch zusammen. Im Detail sind die Fassaden der beiden Hauptvolumen jedoch unterschiedlich ausformuliert und weisen somit auch auf die verschiedenen Nutzungen von Wohnen und Arbeiten hin. Die Fassaden sind sorgfältig entwickelt und differenziert ausgearbeitet. Sie wirken jedoch etwas generisch und für den Ort wenig spezifisch.

Die Idee, eine Grossform an dieser komplexen städtebaulichen Stelle zu entwickeln, wird vom Beurteilungsgremium grundsätzlich gewürdigt. Auch die volumetrische Komposition weist hohe Qualitäten auf. Auf Stadtebene überwiegenden jedoch die Nachteile. Die Durchlässigkeit und Zugänglichkeit werden dadurch stark eingeschränkt und der Bezug zur Schule Neu Hegi und dem nördlichen Quartier wird eher geschwächt. Trotz der detaillierten und sorgfältigen architektonischen Ausarbeitung des Projektes überzeugen gerade die innenräumliche Organisation das Beurteilungsgremium aber leider nicht vollends.