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Mehrfachbeauftragung | 07/2023

Entwicklung Wohnquartier Q3 in Dresden

Außenvisualisierung

Außenvisualisierung

2. Rang

ATELIER . SCHMELZER . WEBER Architekten PartGmbB

Stadtplanung / Städtebau, Architektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU + LEITIDEE

Das Baufeld befindet sich im Südosten der Landeshauptstadt Dresden, in den Stadtteilen Seidnitz-Tolkewitz, welches überwiegend durch Wohnbebauung geprägt ist. Unterschiedliche Stadtvillen, Einfamilienhäuser sowie Zeilen- und Plattenbauten bilden eine heterogene Stadtstruktur. Im Rahmen der Entwicklung des Gebietes wird auf dem Baufeld der USD ein Quartier konzipiert, welches sich durch eine eigene in sich geschlossene städtebaulich Qualität auszeichnet und zugleich zur umgebenden Bebauung vermittelt. Das Quartier „Experimentelles Bauen“ zeichnet sich durch einen Charakter aus, der an die Ideen der Gartenstadt und Selbstversorgung anknüpfen. Es wird ein städtebaulich klar lesbares Quartier entwickelt, welches die äußeren städtebaulichen Kanten klar besetzt, im Inneren und den Zwischenräumen jedoch einen starken landschaftlichen Charakter erfährt. Die ehemals vorhandenen Flächen der Gärtnerei und ihren Gewächshäusern werden thematisch interpretiert und fließen in das Gesamtkonzept ein. Zwischen den Häusern und auf den Dächern können wieder Gewächshäuser integriert werden. Es wird angeregt zu prüfen, ob die vorhanden Gewächshäuser weiterverwendet werden und den Bewohner:innen zur Verfügung gestellt werden können. Die angrenzenden Straßenräume der nördlichen Erschließungsstraße werden daher überwiegend mit höheren, markanten und raumakzentuierenden 4- geschossigen Gebäudetypologien besetzt, wohingegen die inneren Bereiche durch pavillonähnliche, 3- bis 4- geschossige Gebäudetypologien bestimmt werden. Es wird die westliche vertikale Achse der im Norden neu geplanten Gebiete Q1 und Q2 aufgenommen und als Auftakt in das neue Quartier Q3 verlängert. Die inneren Erschließungswege und Platzflächen werden als verkehrsberuhigte und wasserdurchlässige Mischflächen ausgebildet, dennoch sind die Bereiche für notwendige Aufstellflächen der Feuerwehr sowie Pflegearbeiten und Anlieferungen vorgesehen. Es sollten aktiv nutzbare Flächen entstehen, die nicht nur der Erschließung dienen, sondern als Gemeinschaftsflächen verstanden werden. Das Abstellen der privaten Fahrzeuge sowie der Besucher erfolgt daher auf den umliegenden und dezentral konzipierten Parkplatzflächen sowie der neuen Tiefgarage.


FREIRAUM

Die Konzeption der Freianlagen des neuen Q3-Areals werden mit einem besonderen Fokus auf das Ausschöpfen ökologischer Möglichkeiten gestaltet. Für das Freiraumkonzept ist die „Gartenstadt“ das übergeordnete Thema. Daher wird der Versiegelungsgrad so Minimal wie möglich gehalten und das Quartier autofrei gestaltet. Um die Erdgeschosszonen der Wohngebäude entstehen kleine Mietergärten mit Anschluss an einen gemeinschaftlich nutzbaren Bereich. An den Pergolen auf den Dachterrassen sorgen Rankhilfen für üppige Begrünung. Hochbeete erlauben das gemeinsame Gärtnern. Schattige Aufenthaltsflächen für das Spielen und Entspannen im Freien werden besonders im Sommer zum beliebten Treffpunkt. Die geschützten Hofbereiche zeichnen sich durch einen hohen Grad an Durchgrünung aus. Im Inneren entstehen Spielorte aus langlebigen Klettergeräten aus Metall, Rundkies als Fallschutz und Sandspielbereichen für die Kleinen. Darüber hinaus werden Grillstellen und Sitzmöglichkeiten vorgesehen. Pflanzungen überwiegend heimischer Gehölze und Retentionsmulden schaffen eine grüne Atmosphäre mit angenehmen Kleinklima und hoher ökologischer Wertigkeit. Auch werden wichtige Punkte wie Biodiversitätsflächen am Standort durch die Auswahl und Positionierung geeigneter Bepflanzung sowie die Ausbildung von Insektenhotels und Nisthilfen geschaffen. Im Prinzip einer Schwammstadt werden dezentrale Maßnahmen für die Oberflächenentwässerung ausgeschöpft. Das Regenwassermanagement soll in Form von
Retensionsmulden im Außenraum angelegt werden. Hier werden nicht nur die Regenmengen der befestigten Flächen der Freianlagen, sondern auch das überschüssige Wasser der Dächer zurückgehalten. Um die maximale Einleitmenge zu gewährleisten, werden ergänzend Rückstaukanäle oder Sickerschächte im Untergrund vorgesehen. Dachbegrünung sorgt für weitere Einstaumöglichkeiten und mittels Verdunstungseffekten auch für eine Verbesserung des Kleinklimas.


HOCHBAU

Das Quartier wird aus drei übergeordneten unterschiedlichen Gebäudetypologien generiert, welche ein breites Spektrum an Lebens- und Wohnmodellen abbilden. Dem Wunsch nach einem eigenen Haus mit selbstbewirtschafteten Garten wird ebenso Rechnung getragen wie der Bedarf nach kompakten Geschosswohnungsbau, der eine hohe Vielfalt an Miet- und Eigentumswohnungen mit kollektiv genutzten Freiflächen zur Verfügung stellt. Der Gebäudetyp „Zeile“ und „Stadthaus“ bilden die Grundlage von effizienten, aber dennoch qualitätsvollen und großzügigen Wohnen. Von den Eingangszonen wird man zu den Treppenhäusern mit Fahrstuhl und Zugang zur Tiefgarage/Keller geleitet. Auch ist jeweils ein Raum für Kinderwagen, Rollstühle oder Rollatoren in den Bereichen vorhanden. Die Geschosse wurden mit dem Ziel einer hoch effizienten Ausbildung der Verkehrsflächen geplant. Somit konnte ein Maximum an Wohnfläche generiert werden. Auf Basis des zu grundliegenden Achsrasters von 3,6m x 3,6m kann eine adaptive Grundrissstruktur konzipiert werden, die auf unterschiedliche Lebensphasen reagieren kann. So kann durch gezieltes öffnen oder schließen von Wänden eine Vielzahl von Wohnungen und Wohnformen für Jung und Alt umgesetzt werden. Auch kann problemlos der Anteil an Sozialwohnungen umgesetzt werden, da sich die Wohnungsgrößen im förderungsfähigen Rahmen befinden. Jede Wohnung im Erdgeschoss besitzt eine Terrasse mit vorgelagerten Grünflächen. Die Wohnungen in den oberen Geschossen verfügen über einen großzügigen Balkon der sich zur Hofseite ausbildet. Darüber hinaus wird jedes Haus durch eine multifunktional nutzbare Dachterrasse ergänzt, die durch ihre Vielzahl von Angeboten wie Gewächshauser, Hochbeeten und Kommunikationsbereiche einen deutlich Mehrwert für die Hausgemeinschaft darstellt. In dem Gebäudetypen „Zeile“ befindet sich die zusammenhängende Tiefgarage mit den nötigen PKW- Stellplätzen für das Areal. In der Berechnung des Stellplatzschlüssels wurden bereits die Abmilderungsfaktoren, wie nähe zu ÖPNV und Carsharing mit eingeschlossen. Auch werden die Technikbereiche ,Kellerabteile sowie ein Fahrradkeller im TG angeordnet. Der Gebäudetyp „Einfamilienhaus“ wird als Reihenhäuser konzipiert. Über jeweils drei Etagen werden die unterschiedlichen Wohn-, Schlaf- und Nebenräume organisiert. Die offene Gestaltung der Erdgeschosszonen erlaubt einen fließenden Übergang zum privaten Garten. Die unterschiedlichen und vielfältigen Gebäudetypologien generieren individuelle Adressen und bilden dennoch auf Grund ihrer Material- und Formensprache eine gesamtstädtebauliche Einheit.


KONSTRUKTION

Das Q3 Areal wird unter besonders nachhaltigen Aspekten als „KFN EH 40“ konzipiert. Daher ist eine tragende Holzkonstruktion geplant. Der Einsatz von Beton wird auf das Untergeschoss und die Treppenhauskerne reduziert. Um die CO2e- Emissionen der Betonbauteile weitestgehend zu reduzieren, werden sinnvolle Stützweiten geplant, so dass Deckenstärken und Betonfestigkeitsklassen reduziert werden können. Auch kann auf Grund der
Ausbildung einer Sockelzone zur neuen Planstraße auf eine mechanische Be-und Entlüftung der Tiefgarage verzichtet werden. Zur Schonung der natürlichen Ressourcen sollen Recycling- sowie natürliche Baustoffe zum Einsatz kommen und die Konstruktion rückbau- und recyclingfähig geplant werden. Daher werden für die Neubauten der Einsatz von Holz, Recyclingbeton, sowie Recycling-Parkett vorgeschlagen. Auch können beispielsweise für die Errichtung der Gewächshäuser die noch aktuell bestehenden Strukturen auf dem Baufeld genutzt werden. Für den Innenausbau werden Lehmbauplatten vorgeschlagen. Die Lehmbauplatten bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen und sind vollständig rückbau- und wiederverwendbar. Über die Reduktion der Wärmeverluste im Winter und Wärmegewinne im Sommer über die Fassade wird der Endenergiebedarf und damit die CO2e-Emissionen im Betrieb minimiert. Durch die vorgeschlagene Holzrahmenbauweise werden überwiegend nachwachsende natürliche Rohstoffe verwenden. Die Dämmung wird auf Grund der Bauweise in der Wandebene ausgeführt, wodurch eine optimale Flächeneffizienz erreicht wird. Auf Grund des hohen Vorfertigungsgrades der Holzelemente kann eine besonders hohe Bauteilqualität, eine kurze Bauzeit sowie eine kosteneffiziente Planung sichergestellt werden. Eine modulare Anordnung der Innenwände in dem vorgegebenen Konstruktionsraster erhöht die Flexibilität der Grundrisse in allen Ebenen. Bei wechselnden Nutzungsanforderungen sind Raumanpassungen unkompliziert und kosteneffizient realisierbar.


ENERGIE UND TECHNIK

Die Neubauten werden kompakt mit einem sehr günstigen A/V-Verhältnis angelegt. Insbesondere Architektur und Baukonstruktion tragen zu einer energetisch günstigen Gesamtbilanzierung bei. Zugunsten optimierter Betriebskosten wird sowohl im Winter als auch im Sommer eine hohe Energieeffizienz angestrebt, welche außerdem eine hohe Behaglichkeit im Gebäude sicherstellt. Auf Grund der bauphysikalischen Eigenschaften von Holz wird sowohl im Sommer als auch im Winter ein hoher Wärmeschutz sichergestellt. Zudem garantiert die Holzbauweise in Kombination mit den Lehmbauplatten ein gesundes Raumklima sowie eine optimale Luftfeuchtigkeit. Zur Erzielung eines geringen Primärenergiebedarfes soll eine Kombination von Fernwärme der SachsenEnergie und Photovoltaik- sowie Solarthermieanlagen auf den Dachflächen vorgesehen werden. Die Photovoltaikanlagen können zum optionalen Betrieb von Wärmepumpen mit Geothermie verwendet werden. Das energetisch-technische Gesamtkonzept muss in der weiteren Planung zusammenhängend betrachtet werden und ist auch in Abhängigkeit des Primärenergiefaktors der Fernwärme zu prüfen. Alle nicht begehbaren Dachflächen erhalten eine extensive Begrünung, welche regenabflussverzögernd wirkt und zur Verbesserung des Mikroklimas beiträgt. Weitherihn werden die Dachflächen zur Sammlung von Regenwasser und einer damit verbundenen Grauwassernutzung sowie der Bewesserung der Gärten verwendet. Die Speicherung des Wassers erfolgt in seperaten Zisternen auf den Grundstücken.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeichnet sich durch eine klare städtebauliche Struktur aus. Es wird ein Quartier entwickelt, welches die äußeren städtebaulichen Kanten besetzt und im Inneren einen starken landschaftlichen Charakter aufweist. Das Quartier weist einen Wechsel aus Punkthäusern und Zeilen auf und wird aus drei unterschiedlichen Gebäudetypologien generiert. Die einstigen Gärtnereiflächen werden thematisch neu interpretiert.

Der Straßenraums der Planstraße wird mit raumakzentuierenden viergeschossigen Gebäuden besetzt, die inneren Bereiche werden durch pavillonähnliche, drei- bis viergeschossige Gebäude geprägt. Die unterschiedliche Geschossigkeit der Punkthäuser und die Verschiebung und Variation der Baukörper werden positiv bewertet, ebenso die Aufnahme der Baufluchten und Achsen der Quartiere Q1 und Q2 sowie die Höhenstaffelung.

Als übergeordnetes Thema für das Freiraumkonzept wird die „Gartenstadt“ aufgegriffen. Es werden stark durchgrünte Hofbereiche und vielfältig nutzbare Aufenthaltsflächen angeboten. Um die EG-Zonen sind Mietergärten konzipiert. Teilweise ist die Zuordnung der Gartenflächen (privat, halböffentlich, öffentlich) nicht genau ablesbar. Die Gestaltung der Dachflächen mit aktiv nutzbaren Freibereichen (Urban Gardening) und Rankhilfen wird positiv bewertet.

Durch die Anordnung der Tiefgarage unter der nördlichen Gebäudezeile wird die Hoffläche nicht unterbaut, das hochgezogene Erdgeschoss gewährleistet die Belichtung der Tiefgarage.

Die Grundrisse sind funktional stimmig und professionell ausgearbeitet. Die teilweise innenliegenden Bäder erlauben eine wirtschaftliche Umsetzung, werden aber durch den Auslober USD kritisch gesehen.

Die vorgeschlagene Holzrahmenbauweise und der Einsatz von Lehmbauplatten im Innern werden in Bezug auf den CO2-Ausstoß und die Erreichung der Klimaziele als nachhaltig und zukunftsfähig bewertet. Die Holzbauweise kann zum experimentellen Image des Q3 beitragen, allerdings wird durch die gerasterten Fassaden teilweise ein monotones Erscheinungsbild des Quartiers befürchtet.

Der Entwurf wird insgesamt als nachhaltige, gut umsetzbare und durch die Bauweise mit hohem Vorfertigungsgrad schnell zu realisierende Planung bewertet.
Lageplan

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Schnitte

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Ansichten

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Isometrie

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