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Einladungswettbewerb | 07/2023

Neugestaltung Zentrum Gelfingen - Areal Am Brunnen und Areal Neumühle

Hermes und Hestia

2. Rang

Preisgeld: 15.000 EUR

Lüscher Bucher Theiler Architekten AG

Architektur

fsp Architekten AG

Architektur

BNP Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfassenden schlagen für die Areale Neumühle und Am Brunnen zwei sehr unterschiedliche ortsbauliche Strategien vor. Die Absicht besteht darin, die Eigenheiten der - gemäss Verfassenden - unterschiedlichen Orte des industriell-bäuerlichen (Areal Neumühle) und bäuerlich-dörflichen (Areal Am Brunnen) entlang der Strasse miteinander in einen fruchtbaren Dialog zu bringen. Der Vorschlag eines landschaftsarchitektonischen Gestaltungskonzepts für den verbindenden Strassenraum zwischen den beiden Arealen wird begrüsst. Eine Eiche als Solitär an der Tankstelle, Dachplatanen auf dem Parkplatz des Gasthauses Sternen und vereinzelt Linden bei der alten Käserei sowie vor dem Neubau am Kreisverkehr, wird als klimatischer und atmosphärischer Beitrag zum Ortsbild geschätzt.

Areal Neumühle

Neben dem ortsprägenden Turm wird das Areal Neumühle durch ein neues raumgreifendes Volumen besetzt. Der Freiraum umspült die Bauten und bindet sie mit der Bahnhaltestelle zu einem dichten Ganzen zusammen. Das Neubauvolumen fällt durch eine rationale, seriell geprägte Struktur auf, die - aufgrund der dreieckigen Parzellenform – spannungsvolle Fassadenstufungen, Dachgliederungen und Zwischenräume hervorbringt. Die Fassade ist ebenso strukturiert ausgebildet und vermag eine überzeugende, ortsangepasste Raumstimmung hervorzubringen. Der zwischen Turm, Neubau und Bahnhaltestelle aufgespannte Vorplatz ist hinsichtlich Grösse und Programmierung dem Ort angemessen. Eine Gruppe von Zitterpappeln wächst zwischen den aus dem Silo herausgeschnittenen Betonplatten hervor. Sie werden als Belag wiederverwendet und teilweise zu Sitzzwecken genutzt. Zwischen Turm und Neubau entsteht ein lebendiger Raum, der sich bis in die Galerie des Gebäudes erstreckt. Es ist stimmig, die publikumsorientierten Erdgeschossnutzungen auf diesen Vorbereich auszurichten. Die dafür vorgesehenen Flächen für Bäckerei und Laden sind jedoch eher knapp bemessen.

Die Anlieferung und verkehrliche Erschliessung der oberirdischen Parkplätze erfolgt von der Luzernerstrasse her. Aufgrund der grossen Gebäudetiefe des Neubaus befindet sich die interne Erschliessungsstrasse innerhalb des Volumens in einer Art Erschliessungsgalerie. Diese Massnahme schwächt die Strassenfassade und die Ankunftssituation am Dorfrand empfindlich. Säuleneichen begleiten den flachen Neubau entlang der Luzernerstrasse. Sie sind der Situation entsprechend gut gewählt und würden aufgrund ihrer Vertikalität einen Bezug zum Silo herstellen.

Gebäudelänge wie -tiefe und die Skelettbauidee als nutzungsoffene Struktur sind volumetrisch zwar überzeugend, erweisen sich jedoch in der Organisation der Grundrisse als herausfordernd. So weist der Neubau im Vergleich mit anderen Projekten ein grosses Volumen mit einer verhältnismässig geringen Anzahl an Wohnungen aus. Die Wohnungsgrundrisse und inneren Raumsequenzen sind eigenwillig, mit einem hohen Anteil an Erschliessungsflächen und langen Korridoren. Die Ausrichtung der Wohnzimmer Richtung Alpen wird positiv gewürdigt.

Die Parkierung im Untergeschoss erweist sich als schlüssig. Die vorgeschlagene Erweiterung der Einstellhalle im Untergeschoss, widerspricht dem Baumkonzept des Freiraums und bringt gemessen an der Qualität der Baumbepflanzung auf dem Vorplatz keinen merklichen Mehrwert im Untergeschoss.

Silo-Turm

Der Umgang mit dem Turm überzeugt, da mit den Einschnitten in die Betonstruktur einerseits zusammenhängend bewohnbare Raumfolgen ausgebildet werden können und gleichzeitig die Eigenart des Silos sichtbar bleibt. Der Wiedererkennungswert der Wohnungen ist sehr hoch und einzigartig. Die regelmässige Anordnung der Schlitze in der Fassade erweist sich als eine Art Perforierung der Silohaut, die aufgrund der Gleichmässigkeit als möglich erachtet wird. Das Anhängen der Balkonschicht in formaler Einheit mit dem Dachaufbau ist schlüssig. Es stellt sich die Frage, ob eine Anordnung der Balkone auf einer Seite nicht genügen würde. Die formale Überformung des Turmes insgesamt wurde kontrovers diskutiert. Sie ist mit diesem Projektvorschlag sicherlich ausgereizt worden. Die intensive und vertiefte Auseinandersetzung mit der Transformation des Turmes wird sehr geschätzt.

Am Brunnen

Die Gebäude auf dem Areal Am Brunnen erweisen sich als gut durchkomponiert. Die teilweise tiefen Grundrisse und rigiden Raumschichten wirken bemüht. Ortsbaulich vermag der Vorschlag nicht zu überzeugen, da die Volumen im Freiraum zu schwimmen und so kein Strassenbezug wie bei Strassendörfern üblich hergestellt wird. Die nahezu quadratischen Gebäudeabmessungen und die Dreigeschossigkeit lassen die Bauten etwas gedrungen wirken. Die Fassaden wirken aufgrund der gewählten architektonischen Ausformulierung als zu papierig. Die Bauten entfalten nicht die für einen Strassenraum notwendige architektonische Präsenz. Im Freiraum befindet sich hinter einem Obstbaum-Filter entlang der Luzernerstrasse ein kleiner Begegnungsplatz. Drei der Wohnbauten richten sich mit ihren Eingängen auf diesen aus. Kombiniert mit Gemeinschaftsgarten und Spielplatz zum Strassenraum hin entfaltet der Vorschlag eher (bäuerlichen) Siedlungs- als Dorfcharakter.

Fazit

Zusammengefasst erweist sich der Vorschlag als architektonisch sehr ambitioniert und hochwertig ausgearbeitet. Gleichzeitig erweist sich der Beitrag teilweise als zu überfrachtet. Dies zeigt sich - mit Ausnahme des Umnutzungsvorschlags des Turms - in der nicht immer ganz überzeugenden Gliederung und Anordnung der Bauten sowie der ortsbaulichen Erscheinung des Gesamtvorschlags insbesondere im Bereich beim Areal Am Brunnen.