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Eingeladener Studienauftrag mit Zwischenbesprechung | 11/2017

Transformation Dreispitz in Basel-Münchenstein

Teilnahme

Morger Partner Architekten AG

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Westpol Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Metron AG

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

PRÄAMBEL
Die Vision „Dreispitz“ von H&deM von 2002, die das abgeschlossene Gewerbe- und Industrieareal in einen lebendigen und urbanen Ort umgestalten wird, sieht für die Nordspitze einen Cluster von verschieden hohen Hochhäusern vor. Der laufende Studienauftrag „Basel-Dreispitz-Nordspitze“ sucht nun nach einer konkreten städteräumlichen Grundlage, um den nördlichen Teil des Dreispitzareals in einen integralen Teil von Basel und Münchenstein zu transformieren.
Die Nordspitze hat das grosse Potential ein völlig neuer urbaner Ort mit einer eigenständigen Typologie zu werden und als Scharnier die unterschiedlichen Strukturen des Gundeldingerquartiers (Blockrand) und des Dreispitzareals (Zeile) besser zu verbinden.
Anstatt eines Clusters von Hochhäusern und Flachbauten stellten wir für die Zwischenabgabe einen das ganze Areal umfassenden Blockrand mit einem auf einem durchgehenden Sockel liegenden Park zur Diskussion. Die Idee war Dichte und gleichzeitig Weite mit städtischer Grösse zu verbinden. Obwohl das Preisgericht diesen radikal anderen Entwurfsansatz anerkennt, gibt es unmissverständlich zu bedenken, dass das Konzept aufgrund des exorbitanten Massstabs, den Anforderungen an plausible Etappierungen und kaum einlösbare Erfordernisse an Park und Erdgeschoss nicht realisierbar erscheint. Die Kritik veranlasst uns im Grundsatz keinen utopischen sondern einen vielmehr machbaren städteräumlichen Entwurf zu entwickeln. Diese Einsicht bedingt in der Folge einen völlig neuen Denkansatz.
Nichtsdestoweniger wird – in alternativer Lesart – der Ort in städteräumlicher, architektonischer und gesellschaftlicher Hinsicht ein Forum einer neuen urbanen Identität.

FORUM
Die beiden festen Stadtteile Gundeldingen (Block) und Dreispitz (Zeile) werden über einen beweglichen Gelenkraum (Forum) verbunden. Im Kontrast zu den stark strukturierten formellen Strassen- und Platzräumen schafft das Forum andersartige, informelle Räume. Das Forum wird gerade auch deswegen zu einem urbanen Ort der Bewegung und Kommunikation. Es entsteht ein städtisches Territorium mit unterschiedlichen grossen Plätzen und differenten schmalen Gassen. Vielfältigste Nutzungsangebote in den Gebäuden wie auch auf den verschiedenen Plätzen unterstützen diese Idee. Im Verlauf der Zeit entwickelt das Forum ihre spezifische Identität und wird zu einem lebendigen Teil der Stadt. Sieben in ihrer Grundform nahezu gleich grosse, unregelmässige 5-eckige und verschieden hohe Gebäude bilden in ihrer kompositorisch angeordneten verdichteten Ansammlung einen Cluster. Die geometrisch identische Form der Hochbauten bestimmt sich über ein empirisches Verfahren bzw. über eine typologische Grundlage, die vielfältige Nutzungen zulässt. Die Höhen und die Anordnung der Häuser werden bestimmt über die gesetzlichen Lichteinfallswinkel zur Nachbarschaft und über ein übergeordnetes gestalterisches Arrangement, das ein spannungsvolles Verhältnis zwischen Baukörper und Freiraum sucht. Durch die Plastizität der Baukörper und ihre differenten Stellungen wird der Cluster in immer anderen kompositorischen Konstellationen wahrgenommen. Diese städteräumliche Massnahme verhindert eine monotone Erscheinung.

DREISPITZ
Der neue Rand des Dreispitzareals verlagert sich gegenüber unserer ersten Idee um die M-Park Schicht nach Norden. Er wird in verschiedenen möglichen Etappen mit Gebäuden ergänzt. Der M-Park wird im Osten und Westen durch Anbauten komplettiert und mit einer Leichtbauhalle für ein neuartiges Freizeitzentrum aufgestockt. Entlang der Münchensteiner- und Dornacherstrasse erfolgen weitere Verdichtungen durch verschiedene neue Gewerbebauten, die dem Rand in ihrer finalen Fassungen gegenüber dem neuen Forum zu einem städteräumlich markanten Abschluss verhelfen.

NUTZUNGEN
Die Nutzungen sind primär durch die südliche und nördliche Bebauung geteilt. Im nördlichen Teil beherbergen die Wohnhäuser und -türme quartierbezogene EG-Nutzungen, wenige Büroflächen und ca. 700 Wohnungen. Im nördlichen Teil ist weiterhin der MParc, weitere Verkaufsflächen, Gewerbe und Migros-Sondernutzungen (Bildung und Fitness) untergebracht. Auch eine Hotelnutzung ist hier möglich.

WOHNEN
Wohnnutzungen sind in den Punktbauten zwischen dem 3. Obergeschoss und bis zu einem 47. Geschoss untergebracht. Durch die Positionierung und Ausrichtung der Bauten hat jede Wohnung eine freie Aussicht. Wir sehen für die Wohnungen durchlaufende Balkone und tiefergelegte Loggien vor, deren Oberflächen mit schallabsorbierenden Materialen belegt werden. Alle Wohnungen partizipieren über grundrisstypologische Lösung mit dem Stadtplatz. Die Sockel der fünf Wohnbauten sind mit unterschiedlichen quartierbezogenen Nutzungen bespielt. zwei weitere, niedrige Punktbauten vervollständigen das Ensemble und werden bespielt mit einem Quartierzentrum und einem Gastronomie-Betrieb.

WOHNEN
Die Geometrie der 5-eckigen Geschossflächen maximiert die Flächen zu den Fassaden und minimiert die schlecht belichteten Binnenflächen. Neben der Effizienz der Vertikalerschliessung (mit einem Kern werden bis zu acht Wohnungen erschlossen!) können die unterschiedlich grossen Wohnungen gemäss Raumprogramm systemimmanent ohne grosse Fixierung flexibel angeordnet werden. Durch die Disposition der Baukörper und durch deren Lage und Form profitieren alle Wohnungen von einer einzigartigen Weitsicht in alle vier Himmelsrichtungen.


M PARK OBI
Die Mall des M Parcs funktioniert in der heutigen Situation sehr gut als Erschliessung aller Verkaufsflächen. Dieses Prinzip soll in der Erweiterung des Einkaufszentrum um einen unterirdischen Obi aufgegriffen und weitergeführt.
Die bestehende Mall wird unterkellert und um ein weiteres Geschoss ergänzt. Offene, grosszügige Lufträume verbinden die Etagen der Mall und führen die Besucher über Rolltreppen in die untere Verkaufsebene. Der Obi kommt neu im Untergeschoss und in Verbindung zur zentralen Obi-Mall zu liegen. Die Nähe des Baumarktes zum M Parc und zum auf gleicher Ebene sich befindenden Parking wertet das gesamte Einkaufszentrum auf. Durch die Verlegung des M Parcs in das Untergeschoss wird das Erdgeschoss freigespielt für den grossen Stadtplatz und die darauf platzierten Hochbauten.

ERSCHLIESSUNG
Die Erschliessung für den Fuss- und Veloverkehr erfolgt primär von der Münchensteinerstrasse her über die repräsentative Achse vor dem bestehenden M-Parc. Aber auch andere Zugänge von der Münchensteiner-, Reinacher- und Dornacherstrasse her sind möglich. Der Ort charakterisiert sich durch die drei unterschiedliche Raum-Typen Strassenräume, Erschliessungsräume und Platzräume: Die repräsentativen Strassenräume stellen die primäre Erschiessung des Planungsperimeters für Auto, Tram, Velo, Fussgänger sicher und vernetzen sich mit der Stadt. Die Erschliessungsräume bilden Vorzonen und Gassen für Fussgänger, die in erster Linie den stark frequentierten Nutzungen M-Park, Obi und Gewerbe vorgelagert sind oder eine arealinterne Anlieferung für Fahrzeuge garantieren. Aus den verschiedenen partiellen Platzräumen erwächst das neuartige Stadt-Forum, welches den Fussgängern vorbehalten bleibt und durch seine Gestalt über eine hohe urbane Aufenthaltsqualität verfügt. Die Verschiebung der Tramhaltestelle verbessert die Erschliessungsqualität des Areals mit dem ÖV gegenüber der heutigen Situation. Die Zufahrt für PW erfolgt über die Dornacherstrasse. Um die Reinacherstrasse nicht zusätzlich mit Verkehr zu belasten, wird die Ausfahrt aus der Tiefgarage auf die Münchensteinerstrasse geführt. Die Anlieferung liegt wie im heutigen Zustand an der Dornacherstrasse.

ETAPPIERUNG
Die Umsetzung der baulichen Massnahmen erfolgt in fünf Etappen. Der Ablauf der ersten beiden Etappen ist zwingend. Für die restlichen drei Etappen kann die Reihenfolge frei gewählt werden, da keine gegenseitigen Abhängigkeiten bestehen. In einer ersten Phase wird der M-Park um den Baumarkt OBI erweitert, der im Westen angebaut und unterirdisch zugefügt wird. Gleichzeitig erfolgt die hallenartige Aufstockung des bestehenden Einkaufzentrums für ein Freizeitzentrum. Die zweite Etappe sieht den Rückbau des bestehenden Baumarktes OBI, die anschliessende Realisierung der sieben Hochbauten und die Gestaltung der Platzanlage Forum, vor. Die östlich vom M-Park gelegene nicht überbaute Fläche wird dritte Etappe durch ein Gewerbegebäude komplettiert. Die vierte Etappe sieht an der Spitze des Areals (Kreuzung Münchensteinerstrasse – Dornacherstrasse) ein neues Kopfgebäude vor, dass zwei bestehende kleinere Gewerbebauten ersetzt. In einer fünften und letzten Etappe können die Regent-Gebäude durch Neubauten, die eine Verdichtung ermöglichen, ersetzt werden.

LICHT UND SCHATTEN
Sowohl der Lichteinfallswinkel als auch der Zwei-Stundenschatten werden zu der Dornacher- und Reinacherstrasse durch die jeweilige Lage und Höhe der Hochbauten eingehalten. Durch die jeweils zueinander abgedrehten Fassaden der Wohnbauten, insbesondere der Hochhäuser, kann auch der Lichteinfallswinkel der Bauten zueinander eingehalten werden. Sowohl der Lichteinfallswinkel als auch der Zwei-Stundenschatten werden zu den Wohnbauten an der Dornacher- und Reinacherstrasse durch die jeweilige Lage der Hochbauten eingehalten. Durch die prismatische Form und die Position der Hochbauten kann eine gegenseitige Verschattung minimiert werden.

LÄRM
Die durch den Verkehr (Strasse und Schiene) verursachten Lärmemmissionen bedeuten für die Bewohner relativ hohe Belastung. Bedingt durch seine starke Exposition schlagen wir für die Wohnnutzungen in den Hochhäusern umlaufende Balkone und tiefergelegte Loggien vor, die allesamt mit absorbierenden Oberflächen belegt sind. Die durch den Verkehr (Strasse und Schiene) verursachten Lärmemmissionen bedeuten für die Bewohner relativ hohe Lärmimmissionen. Da die Struktur des Hochhauses kein Durchwohnen ermöglicht, sehen wir für die Wohnungen durchlaufende Balkone und tiefergelegte Loggien vor, deren Oberflächen mit schallabsorbierenden Materialen belegt werden. Das Lärmproblem kann grundsätzlich über diese strukturellen und materialtechnischen Massnahmen gelöst werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfassenden nehmen eine klare Unterteilung der Nordspitze vor. Den nördlichen Arealteil besetzen sie in lockerer Komposition mit sieben im Grundriss nahezu gleich grossen, unregelmässigen, fünfeckigen Türmen. Diese unterschiedlich hohen Gebäude beherbergen in den Erdgeschossen Quartiernutzungen, darüber wenige Bürogeschosse sowie rund 900 Wohnungen. Die Türme stehen auf einer städtischen Platte, die gemäss den Projektautoren als «Forum» funktionieren und die Bauten zusammenfassen soll. Als Referenz verweisen die Projektverfassenden auf das paradigmatische Bild der Torres de Satélite von Luis Barragán und Mathias Goeritz, die in ihrer skulpturalen Anmutung damals zum Wahrzeichen eines neuen Stadtteils avancierten. Die «Birsstadt» findet am Kopf des Dreispitzes mit dem programmatischen Anspruch des Entwurfs ihren Abschluss in einer prägnanten und eigenständigen Ausformulierung. Diese Haltung hat eine kontroverse Diskussion über das richtige Auftreten an diesem Ort erlaubt, was gerade in Anbetracht der kurzen Entstehungszeit des Konzepts ausdrücklich zu würdigen ist.

Auf dem südlichen Teil wird der MParc sinnvoll konsolidiert. Weitere Verkaufsflächen, Gewerbe und Migros-Sondernutzungen wie die Klubschule und das Fitnessangebot werden hier angesiedelt. Der OBI befindet sich im Untergeschoss. Dadurch wird seine direkte Anbindung an die unterirdische Parkierung gewährleistet. Auf dem Dach soll ein Freizeitzentrum untergebracht werden. Dieses vermittelt ein interessantes Bild von neuen halbkommerziellen Nutzungen und könnte wohl bei geglückter Ein- und Anbindung tatsächlich zu einem verbindenden sozialen Angebot im Quartier mit Ausstrahlung werden. Zu klären bliebe dabei die Frage nach dem Betreiber.

Die Teilung des Areals in zwei Bereiche erfolgt in der Weiterführung der Güterstrasse, was im Prinzip eine gute Anbindung an das Gundeli gewährleistet. Der Vorteil der expliziten Zweiteiligkeit wird letztlich aber zu wenig genutzt. Im Gegenteil: Das Zusammentreffen der Konsumwelt im MParc mit dem hybriden, von den Projektverfassenden als «informell» bezeichneten Forum überzeugt nicht. Der Freiraum des Forums scheint sich zwischen den unterschiedlich hohen Bauten etwas zu verlieren, und trotz ihrer sauberen Präsentation tragen die Bilder leider wenig zur Klärung der Entwurfsabsicht der Freiräume bei.

Die zweigeschossige Tiefgarage bedeutet eine Herausforderung, und die Beschränkung auf lediglich eine Einfahrt oder die Konzentration der Veloflächen sind konzeptuell schwierig. Auch wenn in der städtebaulichen Phase noch keine statischen Antworten gefordert sind, dürfte die Lastabtragung der Hochhausgeometrie zu einer Reduktion der komplexen Parkierungsflächen führen.

Die in den Türmen vorgeschlagenen Wohnungen sind von hoher Qualität. Sie sind gut geschnitten, profitieren von unterschiedlichen Ausrichtungen und einem weiten Blick. Aufgrund des ausnahmslos vorherrschenden Typus «Turmwohnen» besteht allerdings die Befürchtung, dass eine stadtsoziologisch unerwünschte Monokultur entstehen könnte. Familien, Wohngruppen, aber auch Angebote in unterschiedlichen Preissegmenten dürften kaum erreicht werden. – Insgesamt würdigt das Beurteilungsgremium den Vorschlag in seiner klaren und prägnanten Formulierung. Es bleibt allerdings fraglich, ob der Entwurf die Integration der Nordspitze als lebendigen und atmosphärisch dichten Teil ins Stadtgefüge bewerkstelligen könnte.
Situation

Situation

Nutzung

Nutzung

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Regelgeschoss Büro

Regelgeschoss Büro

Regelgeschoss Wohnen

Regelgeschoss Wohnen