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Offener Wettbewerb | 04/2018

Marktplatz Neuwied

Anerkennung

Preisgeld: 1.250 EUR

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Marktplatz liegt südwestlich der Innenstadt von Neuwied. Er befindet sich entlang der Hauptverkehrsachse für Fußgänger, die von der Innenstadt an den Rhein gelangen möchten.
Im Laufe der Jahre veränderte sich der Neuwieder Marktplatz immer wieder in seiner Gestaltung. Heute wird der Marktplatz vollständig als Parkplatz genutzt, die Raumkanten sind teilweise aufgerissen und der Baumrahmen ist unvollständig. Dadurch fehlt es ihm an einer städtebaulichen Einbindung.
Nach der Stadtgründung war der Marktplatz Zentrum des öffentlichen Lebens der Bürger von Neuwied. Seine verkehrliche Bedeutung wird durch die historische Marktstraße als damaliger Handelsweg zwischen der Neuwieder Innenstadt und der Deichkrone und der Fährstelle am Rhein unterstrichen. Als historischer Mittelpunkt befinden sich ebenfalls wichtige öffentliche Einrichtungen wie die Marktkirche und das historische Rathaus im näheren Umfeld des Platzes.
Heute entspricht die Nutzung des Marktplatzes nicht mehr seiner ehemaligen Bedeutung. Er dient lediglich als zentrumsnaher Parkplatz und wird nur einmal im Jahr als Veranstaltungsort für den französischen Markt genutzt. Diese Nutzungen schöpfen das städtebauliche Potential nicht aus und auch die Bürger wünschen sich den Marktplatz als öffentliche Freifläche zurück.
Ziel des Wettbewerbes ist es den Marktplatz individuell und mit eigenen Qualitäten zu entwickeln. Er erfährt durch die neue Planung eine besondere Entwicklungschance. Als neuer Trittstein schließt er die bisherige ‚Lücke‘ zwischen den in der Innenstadt liegenden Fußgängerzonen und der derzeit im Bau befindlichen neuen Promenade am Rhein.
Östlich des Platzes wird zugunsten des Marktplatzes die Pfarrer-Werner-Mörchen-Straße zurück gebaut. Durch die angepassten Straßenführungen und die neuen Ansprüche an den Marktplatz besteht die Chance den Marktplatz neu zu organisieren und ihm durch eine Umgestaltung eine höhere Aufenthaltsqualität unter Berücksichtigung der Nutzungsanforderungen zu geben.

Freiraumkonzept
Das Freiraumkonzept des Marktplatzes teilt sich in ein räumliches und ein inhaltliches Konzept.
Das räumliche Konzept basiert auf dem Prinzip der Trittsteinbildung. Der neue Marktplatz orientiert sich an seiner historischen Bedeutung entlang der Handelsstraße und dient zukünftig der innerstädtischen Freiraumvernetzung von Stadtzentrum und Rhein.

Das inhaltliche Konzept basiert auf den geologischen und historischen Besonderheiten der Stadt Neuwied. Das natürliche Aufkommen von Bimsstein im Neuwieder Becken und die Farbigkeit der Kirchenfassade diente der charakteristischen Farbgebung von grauen und braunen Tönen, die sich in der Gestaltung der Platzoberflächen wiederfindet. Des Weiteren dient die löchrige Beschaffenheit des Bimssteines als Inspiration für das Rastermuster, welches als abstrakte Übertragung dieser Eigenschaft gesehen wird. Für die Schließung des grünen Platzrahmens werden die Bestandsbäume mit Neupflanzungen von Tilia tomentosa als Weiterentwicklung des historischen Baumrahmens ergänzt. Das 7m x 7m Raster aus Linden bildet auf dem Platz sowohl einen Rahmen als auch ein Dach und markiert damit die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten. Die offene Platzmitte erlaubt eine multifunktionale Nutzung als Marktplatz und als Veranstaltungsort. Unter Berücksichtigung der Verkehrsbeziehungen wird der Baumrahmen entlang der Kirch- und Pfarrstraße verstärkt, um einen Puffer zur Platzmitte auszubilden.

Für den täglichen Betrieb werden 30 Parkplätze (inkl. 3 Behindertenparkplätze) entlang der Kirchstraße vorgesehen. Der Innenraum des Platzes ist durch versenkbaren Anfahrschutz markiert und kann bei Marktveranstaltungen barrierefrei genutzt werden. Die Zufahrt der Hausnummern eins bis drei in der Pfarrer-Werner-Mörchen-Straße wird gewährleistet. In unmittelbarer Nähe werden hier Außengastronomiebereiche unter dem Blätterdach angeboten. Optional kann dieser mit einem Kiosk ergänzt werden, der modular in das Platzraster unter den Linden eingefügt werden kann.
Die Ausstattung des Marktplatzes wird an seine neuen Anforderungen angepasst. Nicht nur die moderne technische Ausstattung mit Multifunktionspollern und wlan-fähigen Leuchten bieten die besten Voraussetzungen für Veranstaltungen auf dem Platz. Auch die über den Platz verstreute sich aus dem Raster heraus entwickelnden Flächen für Aufenthalt und Spiel laden zum Verweilen ein.
Das Fontänenfeld, welches einen optischen Bezug zur Kirchenpforte herstellt, ist das Highlight des offenen Marktplatzes und schafft eine belebende Atmosphäre. Darüber hinaus greift es das Element Wasser in Anlehnung an die historische Quelle auf. Der aktuelle Marktfrau-Brunnen wird aufgegeben und die Marktfrau wird als alleinstehende Statue am Rande des inneren Baumrahmens mit Blick auf den Markt positioniert.

Das neue Konzept für den Marktplatz fördert seinen Stellenwert im erweiterten Stadtzentrum sowie die Vernetzung wichtiger Bezugspunkte in Neuwied. Durch das Aufgreifen seiner historischen Bedeutung und auch der historischen Gestaltung wird mit einer zeitgemäßen Umgestaltung eine Freifläche geschaffen, die auf die Wünsche der Bürger eingeht.
Abgeleitet aus dem 7m x 7m Baumraster entwickelt sich das neue Grundraster des Marktplatzes im Format 3,50m auf 3,50m. Dieses Raster dient als Modul für die unterschiedlichen Elemente des Platzes. Baumscheiben, Sitzgelegenheiten, Kiosk und Spielobjekte füllen das Raster auf mannigfache Weise.

Es entsteht ein markanter „Marktteppich“ aus großformatigen eingefärbten Betonplatten von 1,75m x 1,75m, der sowohl die funktionalen Anforderungen eines befahrbaren Marktplatzes (18 cm Dicke) als auch dem Anspruch einer charaktervollen Gestaltung gerecht wird. Die Fläche unter dem schattigen Baumhain als auch alle Baumscheiben werden aus wassergebundener Wegedecke hergestellt, die ebenfalls das Farbspiel aufnimmt. Die umgebenden Flächen und die Randbereiche vor den Fassaden der Gastronomie und der Kirche sowie die Parkplätze entlang der Kirchstraße werden mit einem „Stadtbelag“ aus Betonsteinpflaster ausgebaut.

Das Grundmaterial des Platzes sind farbige Betonsteinplatten und wassergebundene Wegedecke. Die Farbigkeit changiert spielerisch zwischen Braun- und Grautönen, die mit der Marktkirche harmonieren und zugleich mit dieser den Bezug suchen. Ein Raster aus schmalen hellen Randsteinen im Format 15 cm x 30 cm ordnet die Elemente zu. Holz für die Sitzelemente und die Kioskfassade ergänzen das Materialkonzept. Der Betonstein unter den Sitzelementen passt sich dabei farbig an das Holz an. Die Spielelemente hingehen setzten durch einen farbenfrohen Kunststoffbelag einen besonderen Akzent. Die Kletterwürfel innerhalb eines Moduls erheben sich in Pixelform aus dem Belag und die Trampoline nehmen die Maße des einzelnen Moduls auf.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Vorschlag eines Baumhaines und klaren Baumrahmens mit großer zusammenhängenden freier Platzfläche wird als starke Grundidee für diesen Stadtplatz gewürdigt. Dass dabei die Bestandsbäume erhalten und durch neue ergänzt werden entspricht zusätzlich der gewünschten nachhaltigen Entwicklung. Leider wird im offenen Platzbereich und in der Randbegrünung nicht auf die Zugangsachse zur Kirche geantwortet.

Das gewählte starre Raster, das auch über die wassergebundene Fläche gezogen wird, überzeugt nicht. Im Gegenteil dominiert dieses Raster unnötigerweise den Platzraum. So werden Baumabstände, Beleuchtung etc. diesem Raster untergeordnet. Das Angebot einer Außenbestuhlung vor den bestehenden Gastronomiebetrieben ist richtig platziert, der Standort für einen möglichen Kiosk ist etwas nah an die bestehende Außengastronomie herangerückt.

Die Einbeziehung der Pfarrer Mörchen Straße in die Platzfläche wird positiv gewertet. Die geforderten Parkplätze werden als Senkrechtparker entlang der Kirchstrasse vorgeschlagen, dies ist bei der Enge der Fahrbahn (4,25m) problematisch.

Der gewünschte Bezug zwischen dem’ Marktteppich’ aus großformatigen eingefärbten Betonplatten von 1,75 x 1,75m und der Löchrigkeit und Farbigkeit des heimischen Material Bims erschließt sich dem Preisgericht nicht.

Wirtschaftlich liegt die Arbeit im Vergleich der Arbeiten im oberen Preissegment.

Insgesamt stellt die Arbeit in ihrer strengen Klarheit einen interessanten Beitrag dar. Diese Strenge führt jedoch gleichzeitig zu konzeptionell fragwürdigen Einengungen und nutzungsmäßigen Einschränkungen.