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Mehrfachbeauftragung | 02/2019

Neubau Bürgerhaus Gemeinde Kippenheim

Ansicht Ost

Ansicht Ost

2. Rang

HESS VOLK Architekten PartGmbB

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept
Es ist nicht das Gebäude, das im Vordergrund den Ortseingang markiert. Vielmehr das aktive, kulturelle und gesellschaftliche Leben, das in vielfältiger Weise den kulturellen Mittelpunkt Kippenheims bildet. Einladend, sichtbar und direkt erlebbar.
Vom Ortseingang aus sieht man den Weihnachtsmarkt, das Wein- und Bockbierfest aber auch die feierlichen und kulturellen Veranstaltungen im neuen Bürgerhaus, die in Kombination der festlichen Beleuchtung von Gebäude und Baumdach, eine stimmungsvolle Atmosphäre nach außen strahlen und zum Ortseingang hin sichtbar machen. Kombinationen zwischen „Drinnen und Draußen“ mit hoher Aufenthaltsqualität.
Der neue Ort zeigt sich in einer symbiotischen Kombination aus Festplatz, Gebäude, Freizeitbereich mit hoher Erlebnis- und Aufenthaltsqualität, mit direktem Anschluss an die freie Landschaft.
Die Lage von Park- und Festplatz ermöglicht sowohl nach Osten durch die Abstandsfläche der B3, als auch nach Westen durch die öffentlichen Gebäude, einen idealen Schallschutz zu den angrenzenden Misch- / Wohngebieten.
Die Zu- und Abfahrt des Parkplatzes über den Schlackweg bildet eine kurze Anbindung an die Bundesstraße. Der Parkverkehr belastet somit weder die verkehrsberuhigte Erschließung des Bürgerhauses, noch des vorgesehenen öffentlichen Gebäudes.
Das Bürgerhaus öffnet sich mit seiner attraktiven Seite zum Festplatz. Eingang und Saalfassade sind von der Wetterseite abgewandt. Der Gebäuderücksprung bietet somit eine geschützte Zone zwischen drinnen und draußen.
Die Nebenraumspange des Bürgerhauses ist nach Westen orientiert und bildet den Schallschutz für die geplante Wohnbebauung im Westen.
Das weitere öffentliche Gebäude für Bildung / Erziehung öffnet sich richtigerweise nach Westen, zu den vom Parkplatz abgewandten Freiflächen. In Lage und Größe flexibel planbar.

Freiraumkonzept
Der Festplatz ist vielfältig und flexibel nutz- und bespielbar. Er bietet den vielfältigen Nutzungen wie Weinfest, Märkten und Events einen atmosphärischen Rahmen. Die Fläche zum Parken ist mit 60 Stellplätzen flexibel und erweiterbar.
Herzstück des Platzes mit hoher Aufenthaltsqualität ist das Baumdach aus Boulevard- Eichen, die eine auffallende rote Herbstfärbung entwickeln. Ahorn-Bäume bilden den Rahmen, die mit ihrem gelben Herbstlaub ein interessantes Wechselspiel erzeugen.
Eingebettet in das Areal, bieten Holzdecks Sitzgelegenheiten im Schatten sowie bespielbare Bühnen, die temporär überdacht werden können. Das Atrium unter Bäumen ist Treffpunkt und geschützter Ort für Feste, Open-Air-Konzerte, lädt aber auch zum Spielen und Ausruhen im Schatten ein. Von hier aus nimmt man die besonderen landschaftlichen Bezüge wahr: Die umgebenden Weinberge, der Blick zum markanten Schutterlindenberg und zum historischen Kirchturm von Kippenheim.
Der Bezug zu den Weinbergen wird mit Trockenmauern als leichte Abgrenzung zur Straße (untere Hauptstraße) aufgenommen. Die Mauern werden teilweise mit ‚Weinspalieren‘ überstellt bzw. mit Waldreben begrünt. Sie rahmen den Festplatz und sorgen für einen sanften räumlichen Abschluss zur Straße.
Aus dem Saal des Bürgerhauses hat man einen direkten Bezug zum Baumquartier. Unregelmäßig angeordnete Bodenstrahler erzeugen ein atmosphärisches Lichtspiel und geben dem Baumdach auch bei Nacht eine erlebbare Struktur.
Im Südwesten des Bürgerhauses entsteht durch den Gebäuderücksprung vor der Bibliothek und dem Seminarraum eine großzügige Terrasse zum Lesen und Verweilen.
Der das Gebäude umgebende Belagsteppich besteht aus Farbasphalt, wassergebundener Wegedecke, Schotterrasen und einem dezenten Plattenbelag.
Das Regenwasser wird über eine offene Rinne in eine Retentionsmulde mit Überlauf in den Schlackgraben eingeleitet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Platzierung des Gebäudes erfolgt in Richtung Norden und damit am Rande des möglichen Baufensters. Ein Fokus der Planung lag auf der Ausformulierung eines Vorbereiches, der die verkehrliche Situation klärt, gestaltete Parkierungsmöglichkeiten anbietet und einen gestalteten Platz mit einem Baumdach, Atrium und Bühne verortet. Die Geländemodellierung orientiert sich am vorhandenen Gefälle, damit liegt das Gebäude tiefer als die Bundesstraße. Das Gebäude öffnet sich nach Süden. Hier ist der zu erwartende Schallaustrag am höchsten und folgerichtig wurde die Entfernung zur gegenüberliegenden Bebauung maximiert. Die Anordnung und Gestaltung des Freiraumes in Bezug zur Ausrichtung und Öffnung des Baukörpers ist nachvollziehbar und spannend. Die Gestaltung unterschiedlicher Freiraumqualitäten, sowohl für den Nutzer, als auch für den Betrachter aus dem Bürgerhaus, wie auch aus Sicht der Bundesstraße bietet Abwechslung. Die Gliederung der Fläche für verschiedene Verkehrsteilnehmer ist gut durchdacht, die Anbindung an bestehende und neue Gebiete funktioniert. Die gewünschten größeren Feste lassen sich auf dem geplanten Platz durchführen. Der Freiraum ist relativ aufwendig im Pflegeaufwand, eine dauerhafte Nutzung der Flächen durch beispielsweise Kinder und Familien der Umgebung könnte dies rechtfertigen. Es wird kritisch angemerkt, dass die Öffnung des Gebäudes nach Süden - und somit zur Bundessstraße statt zur Landschaft nach Osten - eine Chance auf Identifikation mit Kippenheim und seiner Landschaft vergibt. Das Gebäude liegt tiefer als die Bundesstraße und rückt weit von der Straße ab und nimmt sich damit als wichtiger Baustein am Ortseingang sehr zurück. Die städtebauliche Eingangssituation wird statt von einem Gebäude von den Ideen des Freiraums geprägt und der gestaltete Parkplatz bleibt prominent.

Kubatur und Fassade
Die Kubatur des Gebäudes weist grundsätzlich angenehme Proportionen auf und wirkt gut dimensioniert für den geforderten Nutzungsinhalt. Das asymmetrische Satteldach wird genutzt, um das tieferliegende Gebäude städtebaulich sichtbarer zu machen und im Innenraum eine differenzierte Saalhöhe zu erreichen. Die Öffnungen des Saales, die Eingangssituation und die Bibliothek schaffen eine transparente Situation zum Platz. Die reduzierten Öffnungen nach Norden sind sowohl energetisch als auch schalltechnisch nachvollziehbar. Die Dachform wird kontrovers diskutiert. Die Jury wertet das Gebäude mit der Proportion, den Materialien der Fassade und den Fensterformaten grundsätzlich als schlicht und zeitlos.

Grundriss und Funktionalität
Der Grundriss weist eine ganz klare Zonierung mit drei Bausteinen auf: Saal, Bibliothek und Seminar, sowie einer nördlichen Nebenraumspange. Die Abläufe und Möglichkeiten des Zusammenfügens von Räumen je nach Veranstaltung wurden durchgespielt und für sehr funktional befunden. Das Gebäude erfüllt die multifunktionalen Erwartungen. Das Foyer ist großzügig und als Verkehrs- und Verteilerfläche gedacht. Alle geforderten Räume sind nachgewiesen und die Vereine können ihre gewünschten Tätigkeiten in den Räumen grundsätzlich gut ausführen. Die Nebenräume sind vielfältig und gehen über den formulierten Bedarf hinaus. Grundsätzlich sind die Aussagen und Überlegungen zur Haustechnik schlüssig und nachhaltig. Es wurde kritisch diskutiert, dass die Küche nördlich im Gebäude und dadurch nicht unmittelbar zum Platz angeordnet ist. Nachvollziehbar war die Erläuterung, die Küche nicht direkt an den Saal anzuschließen, die nun entstandene Situation über den Flur erscheint jedoch recht eng.

Zusammenfassung
Das Gebäude weist eine hohe Funktionalität auf, was sich in der Ausarbeitungstiefe des Entwurfes wiederspiegelt. Die Architektursprache des Gebäudes ist schlicht und zeitlos. Die Freiraumgestaltung überzeugt mit verschiedenen nachvollziehbaren und guten Elementen. Grundsätzlich wird der gesamte Entwurf jedoch als Zeichen am Ortseingang als zu zurückgenommen und zu wenig wahrnehmbar diskutiert. Zudem wird die Ausrichtung des Gebäudes sowie die Küchensituation kritisch bewertet. Diese Punkte sind konzeptentscheidend und würden in einer Nachbearbeitung nicht sinnvoll verändert werden können.
Ansicht Ost

Ansicht Ost

Lageplan

Lageplan

Grundriss

Grundriss

Modell

Modell

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