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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2019

Sanierung und Neugestaltung des Stadtmuseums in Weilheim i.OB

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

Beer Bembé Dellinger Architekten und Stadtplaner

Architektur

Barthel & Maus Beratende Ingenieure

Tragwerksplanung

Hübner & Kollegen GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Ausgangssituation

Das Alte Rathaus der Stadt Weilheim, nach Reinhard Helm 3.Rathaus an diesem Ort, geht zurück auf einen Entwurf von 1789 und enthält Reste des Vorgängerbaus von 1538 wohl in Erdgeschoss und Gründung, in seiner Lagebeziehung zur Kirche verweist es auf eine noch frühere Vorgängerbauten.

Die Erscheinung des Gebäudes basiert auf einer zweiteiligen Typologie von Sockelgeschoss mit Marktnutzungen und darüber 2-geschossigem Rathaus mit opulenter Freitreppe und repräsentativer Eingangstüre. Die beiden Geschosse aber funktional nicht verknüpft.

Die umlaufend gleichförmig strukturierte Obergeschossfassade mit Walmdach und Dachreiter sowie die aussenliegende Treppenanlage zeigen einen klassizistischen Baukörper. Im 19. Jahrhundert wurde das Sockelgeschoss stark überarbeitet, in der Fenstergliederung an die Obergeschosse angeglichen und in der Putzstruktur mehrfach unterschiedlich gefasst.

Im Innenbereich wurden bis ca. 1900 noch mehrfach Umbauten im Rahmen der gegebenen Typologie, Sockelbau mit Oberbau, vorgenommen, darunter 1856 Einbau der Schulräume mit neuer Treppenanlage anteilig unter Verwendung historischer Bauelemente. Im Erdgeschoss werden schrittweise neue Programme wie Poststelle, Wache etc. in die vormlaige Schranne eingebaut.
Die Umbauten des 20.JH verändern die Typologie des Sockelgeschosses grundlegend. Mit dem Zugang des Stadtmuseums im Erdgeschoss über die Westfassade und den Einbau einer Treppe zwischen UG und EG erfolgt abschließend die Stillegung der Freitreppe und die ursprüngliche Typologie ist nicht mehr sinnhaft erlebbar.

Gleichwohl steht das Haus mit seiner gegebenen Fassade insgesamt unter Denkmalschutz, bauliche Eingriffe, „die das Erscheinungsbild des Gebäudes maßgeblich verändern, sind nicht möglich.“ Aufgrund des Zeugniswertes für die wechselvolle Nutzungs- und Umbaugeschichte des Hauses sind in den Innenräumen desweiteren die historischen Treppen ab 1.OG und Dielenböden zu erhalten.

Städtbau und Architektur

Ziel der neuen Raumstruktur und ihrer Erschliessung ist es, die ursprüngliche Typologie des Hauses und seiner Erschliessugsstruktur wieder herzustellen.

Die Nutzung des Hauses „Stadtmuseum“ erhält über die historische Freitreppe und Türanlage wieder eine angemessene Adressbildung. Über die zugeordnete Fahne mit Stadtwappen wirkt die Situation selbsterklärlich weit in den Marktraum hinein.

Die direkt angrenzenden Belagsbereiche werden über Führung der Rinnen, ggf. auch leichte Differenzierung der Oberflächenstruktur- als „Inlay“ im Marktraum- angedeutet. Gleichzeitig werden die Gefälle sanft verzogen und der barrierefreie Zugang unterstützt. Die freistehenden ELT-Verteiler werden im Raum unter der Aussentreppe angeordnet. Die Fahrräder entlang der Längsfassade sollten im Marktraum einen anderen Aufstellort finden. Insgesamt wird das Haus als eigenständiger Solitärbau im Marktraum gestärkt.

Das Erdgeschoss wird gegenüber den oberen Geschossen als Sockelbau gestärkt. Die Türlaibungen werden in der Tiefe zurückgenommen, die Türblätter farbig gefasst (- der Haupteingang im 1.OG muss in seiner Wertigkeit gestärkt werden-), die Faschen der Fenster entfallen. Desweiteren wird vorgeschlagen, den Sockel in der Putzoberfläche gegenüber den Obergeschossen über eine etwas gröbere Putzstruktur zu differenzieren (- in Interpretation des vermuteten Natursteinquaderwerks -).
In weiterem Diskurs mit der Denkmalpflege erscheint auch eine Reduktion der Befensterung im EG im Sinne weniger und urspgl. eher kleinerer Formate ggf. geeignet, sowohl den historischen Charakter des Hauses zu stützen, als auch moderne Ausstellungsflächen im EG –von aussen einsichtbar- zu gestalten.

Die Fenster der Obergeschosse werden im Sinne der historischen Idealplanung allseitig befenstert geöffnet, die Bereiche der Dauerausstellung infolge als abstrakte Raumschalen weiter gestärkt.
Das Dachgeschoss enthält Gauben in sinnfälliger Zuordnung zur konstruktiven Struktur des Walmdaches, konstruktiv als einfache Volumen gebaut. Die charakteristische Shilouette des Hauses soll nicht gestört werden.

Programmverteilung

Im Rahmen der detailliert formulierten denkmalpflegerischen Auflagen wird für das Stadtmuseum ein Umbaukonzept erarbeitet, das die limitierte Eingrifftiefe grundsätzlich respektiert.
Die Programme sollen sich dabei entsprechend der historischen Vornutzungen im Baukörper sinnfällig einordnen und ablesen lassen.

Innenräumlich anschließend ergänzen eine Thekensituation mit bis zu zwei Arbeitsplätzen und Präsentationsflächen für Kataloge etc. den Eingangs- und Foyerbereich des Museums. Die barrierefreie Erschliessung über Aufzug ist dort mit Ruftaster aufgeschaltet.

Die zentralen Programmbereiche „Dauerausstellung“ werden sinngemäß in den beiden von Raumhöhe und Belichtung her optimalen, historischen Verwaltungsgeschossen des Rathauses eingeordnet. Der Treppenraum, Stand 1856, wird im Sinne der zuletzt eingebauten Erschliessung des 19.JH durch Zuordnung eines barrierefreien Aufzugs ergänzt und im Sinne möglichst großzügiger Flächen für Ausstellung kompakt hgehalten.

Verwaltung und Multifunktionsbereiche werden im räumlich bis in den Spitz geöffneten Dachraum eingeordnet. Für die Museumsleitung und Forschung entsteht ein großzügiger, loftartiger Bereich mit Arbeitsplätzen und Bibliothek, der über Vorhänge zoniert werden kann. Die Museumspädagogik erhält ebenfalls einen großzügigen, im Dachspitz knapp 4m hohen Raum.

Im Erdgeschoss, durch eine neue Treppe erschlossen, wird die Sonderausstellung zum Marktplatz orientiert eingeordnet. Der zusätzlich mögliche Zugang verknüpft eine Aussenfläche für zugeordnete Events, z.B. im Rahmen von Eröffnungen. Durch Einordnung von Garderobe und WC-Anlagen des Stadtmuseums im EG kann die Fläche der Sonderausstellung –bei entsprechendem Personalkonzept- auch einmal einzeln oder zusätzlich bespielt werden. Von Westen aus kann, erschliessungstechnisch entflochten, das Lager angedient werden.

Gebäudetechnik, Licht

Das Gebäude wird über ein kombiniertes Heiz-/Kühlsystem temperiert, die Flächenkörper jeweils in den Fensternischen eingeordnet. Der Steigschacht befindet sich im Bereich Aufzug. Eine Teilunterkellerung ist je nach System / Flächenbedarfen später zu prüfen. EDV und Sicherheitstechnik sind im Bereich des Lagers zugeordnet.

Die zu sanierenden Holzfenster der beiden Obergeschosse werden durch ein durchgehend innenräumlich flächenbündig vorgesetztes integriertes Technikelement erweitert, das die notwendigen Qualifikationen von Heizen/Kühlen, Licht-/Sonnenschutz und Raumlicht aufnimmt.
Konstruktion als Holzrahmensystem mit durchbrochenen Füllungen, verdeckte Screenführung(en) , addierte Lichtschiene im Bereich Bogensturz für direkte/indirkte Lichtführung in den Raum.

Für Aussenbeleuchtung wird das Haus an seinen vier Gebäude-Ecken von ca. 70cm hohen Stahlkörpern gefasst, die auch als Poller fungierenden, und die Fassaden des Hauses je 2-seitig mit Lichtfläche bespielen.

Materialkonzept

Die gegebenen, hellen Putzfassaden mit weissen Holzfenstern werden in Abstimmung mit der Denkmalpflege in der Gliederung exakt gehalten und farblich feineingestellt. Eine Farbdifferenzierung zum Sockel entfällt, da sich dieser über die gröbere Putzstruktur in der Helligkeit absetzt.
Die Fenster im Sockelbereich sind in Weiterführung der im zweiten Schritt vorgeschlagenen Abstraktion (s.o., weniger, kleinere Öffnungen?) als Stahlfenster mit flächiger Verglasung denkbar; hier könnten werblich auch Plakate eingeordnet werden. Die gezeichneten Fassaden stellen den in der Ausschreibung geforderten Stand dar. Die Gauben im Dachbereich sind in Kupfer eingeschlagen, die Verglasungen zurückgesetzt zur Vorderkante flächig umgesetzt.

Ein Grossteil der Exponate sind hölzerne, teilweise farbig gefasste Möbel und Skulpturen. Einer romantisierenden „Holzumgebung“ im Inneren soll daher entgegengewirkt werden, die Exponate sich autonom in der Ausstellungsumgebung behaupten können. Die historischen Treppenelemente, ggf. auch Dielenböden, sollen gemäß vertiefter Befundung farbig hell lackiert werden. Innenputz, Fenster- und Türelemente weiss lackierte Oberflächen.


Brandschutz

Der Brandschutz wurde mit einem Fachbüro vorberaten. Das Gebäude ist in Gebäudeklasse 4 einzustufen. Die Wandkonstruktionen sind „feuerbeständig“. Die Decken können aufgrund der denkmalpflegerischen Anforderungen an die Putzuntersichten in den meisten Bereichen nur oberseitig geöffnet und ertüchtigt werden und sind daher folgend „feuerhemmend“ einzuordnen.
Der offene Dachstuhl kann nur im Bereich der Sparren gekapselt werden, Pfetten und Ständer werden holzsichtig bleiben. Die denkmalpflegerisch zu erhaltenden Treppen sind ebenfalls aus Holz.
Insofern wird primär ein „notwendiges Treppenhaus mit Mängeln“ geschaffen, das im 1. OG entflüchtet wird und den 1. Baulichen RW herstellt.Es handelt sich um eine über vier Geschosse verbundene, zusammenhängende Nutzungseinheit. Im EG kann über 2 Seiten direkt ins Freie entflüchtet werden, im 1.OG einseitig.

Dementsprechend werden die Bereiche so ausgebildet, dass die größte zusammenhängende Raumeinheit ca. 300 qm umfasst und die anschließenden Bereiche über selbstschliessende T30 RS Türen zoniert werden. Als weitere Kompensations-Maßnahme wird eine Brandmeldeanlage eingeführt, die im Rahmen der Deckensanierungen verkabelt wird (keine Funkmelder). Für den 2. Rettungsweg werden zwei Feuerwehraufstellflächen nachgewiesen. Das 1. und 2.OG werden über Steckleitern angeleitert, das DG über eine Drehleiter. Die entsprechenden Fenster sind entsprechend BayBO dimensioniert. Für die Nutzung des DG ist mit der Feuerwehr ein Evakuierungsplan zu erarbeiten. Die zugelassene Personenanzahl für die beiden Nutzungsbereiche der Ebene wird in diesem Zusammenhang wohl auf eine Anzahl zwischen 10 und 15 festgesetzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die prägende Idee des Entwurfes ist die Verortung des Haupteinganges zum Museum über die südliche Freitreppe im ersten Obergeschoß. Somit wird die ursprüngliche Typologie des Gebäudes wiederhergestellt:
Schranne (Marktplatz) im Erdgeschoß, und hochwertige (ehemalige Verwaltungs-)-Räume als Ausstellungsräume in den beiden Obergeschossen.
Dieser Ansatz wird kontrovers diskutiert, und vor allem von Betreiberseite aufgrund der eingeschränkten Wahrnehmbarkeit durch potentielle Besucher vom Marienplatz sehr kritisch gesehen. Teile des Preisgerichtes sind der Meinung, dass diese neue Adressbildung trotzdem eine gute städtebauliche und funktionelle Lösung ist, die neue Chancen in sich birgt und den südlichen Platz belebt. Der Sonderausstellungsraum kann als Schaufenster des Hauses in den öffentlichen Raum wirken. Die mögliche Türöffnung erscheint zum Außenraum nur bedingt bedienbar. Eine Öffnung zum Marienplatz kann hier nur bei Veranstaltungen erfolgen.
Im Erdgeschoss befindet sich (über den ehemaligen Haupteingang erschlossen) neben dem Raum für die Sonderausstellung WC´s, Garderobe, Aufzug, EDV-Raum und Lager.
Der barrierefreie Zugang, welcher an der Südseite platziert ist, ist aufgrund dieser Lage für Besucher schwer zu finden und ist derzeit funktional und sicherheitstechnisch unzureichend gelöst. Eine sehr gute Lösung stellen die großzügigen Dauerausstellungsflächen in den beiden gut organisierten und wohlproportionierten Obergeschossen dar. Sie sind sehr gut bespielbar. Im Dachgeschoss befinden sich, ebenfalls ansprechend angeordnet, die Arbeitsräume und Räume für die museumspädagogische Arbeit.
Die funktionale Einteilung des DG ist gut gelöst.
Der Entwurf ist denkmalpflegerisch konsequent, da der Bestand respektiert und eine Korrektur gewisser bestehender Defizite (z.B. die teils zugesetzten Fenster) angestrebt wird. Durch den Verzicht auf eine Unterkellerung und einen Anbau sind keine Eingriffe in das Bodendenkmal erforderlich, das Erscheinungsbild des Museums bleibt weitestgehend gewahrt mit Ausnahme der Gauben.
Den Brandschutz betreffend ist im Dachgeschoss der zweite Rettungsweg noch nicht für beide Seiten gelöst. Zwei verschiedene Aufstellorte für eine Drehleiter sind nicht möglich. Die Anzahl der zu rettenden Personen im Dachgeschoß (Museumspädagogik) erscheint bedenklich.
Es sind nahezu keine Aussagen zum Tragwerk vorhanden. Für den Aufzug sind voraussichtlich örtliche Spezialtiefbaumaßnahmen für die Gründung der Wände erforderlich, ebenso Anpassungen bei den tragenden Wänden.
Es wären noch zahlreiche tragwerksplanerische Themen zu klären, insofern ist eine abschließende Beurteilung in dieser Hinsicht nicht möglich. Die sehr spärlichen technischen Erläuterungen sind nicht zufriedenstellend, ebenso die unklare Darstellung.
Angesichts der Haltung des Gesamtkonzepts kann davon ausgegangen werden, dass die intensive Auseinandersetzung mit dem Bestand eine sehr nachhaltige Lösung nach sich ziehen wird.
Die im Text angesprochene Sanierung der Bestandsfenster sollte eventuell überdacht werden. Mittels dem Einbau neuer Fenster, die die anskizzierten Eigenschaften (Lichtschutz, Heizung, Klimatisierung) erfüllen kann insgesamt die Energiebilanz des Gebäudes verbessert werden.
Die Arbeit überzeugt durch ihren sensiblen und damit ökonomischen Umgang mit dem Bestand. Allerdings wird festgestellt, dass eine Teilunterkellerung für die Unterbringung der fehlenden Technikflächen höchst wahrscheinlich notwendig sein wird.
Abgabeplan Seite 1

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Abgabeplan Seite 2

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