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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2020

Erweiterung und Sanierung der Stadtbücherei in Esslingen

Ansicht Webergasse

Ansicht Webergasse

Anerkennung

Preisgeld: 14.500 EUR

Max Dudler GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Bibliotheken bekommen in der modernen Gesellschaft eine immer bedeutendere Rolle. Als sogenannter „dritter Ort“, neben Wohnort und Arbeitsort, dient er den Menschen aller Altersgruppen und Gesellschaftsschichten als öffentlicher Treffpunkt. In einer sich ständig digitalisierenden und privatisierenden Welt bildet die Bibliothek einen wichtigen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Diese große kulturelle Bedeutung sollte aus unserer Sicht auch entsprechend Ausdruck in der architektonischen Ausgestaltung des Bauwerks haben. Unser Entwurf für den Erweiterungsbau der Stadtbücherei Esslingen steht für ein deutliches Zeichen mit Ausstrahlung über die Grenzen der Stadt hinweg. Der expressive Baukörper mit seiner markanten Dachform fügt sich einerseits harmonisch in die bestehende Dachlandschaft Esslingens ein, andererseits positioniert er sich frei und selbstbewusst, ikonographisch zwischen den dicht aneinandergereihten Fachwerkhäuser der mittelalterlichen Altstadt. Der neue Baukörper setzt sich optisch auf die bestehenden Pfleghofmauern der Nanzhalle und staffelt sich mit 4 weiteren Ebenen nach oben fort. Das Gebäude findet seinen Abschluss in einem leicht überhöhten Dachgeschoss mit einer umlaufenden Gaubenstruktur. Die leichte Staffelung der Geschosse nach außen nimmt Bezug auf die historische Bauweise der Fachwerkhäuser, welche sich ebenso nach oben hin leicht staffeln. Die First- und Traufhöhen orientieren sich an der angrenzenden Bebauung der Webergasse und Heugasse. Der neue Bibliothekskubus ruht gewissermaßen wie ein Solitär auf der denkmalgeschützten Bausubstanz und bildet zu allen Seiten attraktive Fassaden mit Blickbezügen in die Altstadt. Das Bauvolumen nimmt sich Richtung Rathausplatz bewusst zurück und bildet hier einen attraktiven Eingangshof, einen Vorplatz mit Fahrradstellplätze und Außenbestuhlung für das Cafe. Die denkmalgeschützten Gebäude an der Heugasse werden behutsam in das neue Bibliothekskonzept einbezogen und nur geringfügig verändert. Die Angaben aus dem Denkmalbindungsplan werden berücksichtigt, mit Ausnahme der 2 funktionalen Anbindungen im Bereich Heugasse 11 zum Neubau im Norden sowie im Westen zur Heugasse 9. Diese Abweichungen sind mit der Denkmalpflege weiter abzustimmen, dienen jedoch der nötigen Zirkulation zwischen den Gebäudeteilen.

Der Erweiterungsbau besticht durch stützenfreie, flexibel nutzbare Räume für die Aufstellung von Regalflächen oder Benutzerarbeitsplätzen. Durch ein zentral angelegtes Atrium entsteht ein offener und kommunikativer Raumverbund. Die Orientierung im Gebäude vom Haupteingang über den geschützten Vorplatz mit direktem Sichtbezug in die unterschiedlichen Geschosse ist klar und selbsterklärend. Die Konstruktion der Wände und Decken erfolgt monolithisch in Stahlbeton mit fertiger Sichtbetonoberfläche. In die Decken werden Schallabsorber integriert, so dass im gesamten Gebäude eine optimale Raumakustik zur Verfügung steht. Grundlegender Gedanke ist, dass je höher man sich im Gebäude befindet, desto ruhiger und konzentrierter die Leseplätze. Im obersten Geschoss befindet sich schließlich die Leselounge als „Highlight“ für den längeren Aufenthalt im Gebäude. Die großen Panoramafenster sind um ca.40cm vom Boden abgesetzt, so dass hier eine informelle Sitzgelegenheit mit attraktivem Tageslichteinfall zum Verweilen einlädt. Die Böden erhalten einen hellen Betonterrazzo mit robuster und pflegeleichter Oberfläche. Die Außenwände werden mit einem Natursteinmauerwerk als Vorsatzschale in Anlehnung an die Bruchsteinmaueroptik der Pfleghofmauern hergestellt.

Mitarbeiter: Dennis Assaf; Rinaldo Makaj, Rebecca Alsfasser, Hye Kwang Shin, Matthias Wolf, Annette Kern, Björn Werner, Jochen Soydan

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen markanten Baukörper entlang der Webergasse vor, der expressiv und provokant in Erscheinung tritt. Der massive architektonische Ausdruck der neuen Stadtbibliothek führt zu einem Bruch in der Maßstäblichkeit und wird stark hinterfragt.
Die freie und selbstbewusste ikonografische Setzung des voluminösen Neubaus erzeugt ein Spannungsfeld mit dem räumlichen Kontext und eröffnet damit eine intensive und kontroverse Diskussion.
Die strenge städtebauliche Konzeption erfährt eine konsequente Fortsetzung in der inneren Organisation und Struktur des Gebäudes. Die funktionale Anordnung der Hauptbereiche ist klar strukturiert und die freie Bespielbarkeit der Büchereigeschosse gewährleistet. Leider ist die Flexibilität der Gesamtanlage durch die Abgrenzung des Ensembles in vier Gebäudebereiche eingeschränkt. Allerdings tritt die klare Ablesbarkeit der Neubaumaßnahme in spannungsvollen Dialog mit dem Altbestand.
Der Besucher gelangt über einen gut dimensionierten Eingangshof in die Bücherei und wird empfangen von einem offen gehaltenen, annähernd quadratischen Raum.
Die hier anknüpfenden Raumabfolgen und Erschließungsräume im Eingangsgeschoss überzeugen und lassen abwechslungsreiche Bibliotheknutzungen erwarten.
Die Raumorganisation nimmt einerseits Rücksicht auf den Erhalt des Altbestands, andererseits ergeben sich durch die kleinen Raumstrukturen im Altbau Konflikte mit der Nutzung und Orientierung. Die Anordnung des Veranstaltungsraums im UG, ohne Bezug zum öffentlichen Leben in der Bibliothek und ohne natürliche Belichtung wird kritisch gesehen.
Das Vorhaben, die Materialität der Pfleghofmauer aufzunehmen und monolithisch als Vorsatzschale in den Obergeschossen vorzuführen, erscheint kontextfremd und erzeugt eine erdrückende monumentale Anmutung.
Der Entwurfsansatz eine zeichenhafte Architektur für die Bibliothek zu wählen wird grundsätzlich gewürdigt, eine deutlich sensiblere Umsetzung im Kontext des historischen Erbes wäre wünschenswert gewesen.
Stellungnahme der Denkmalpflege:
Der monumental wirkende Baukörper setzt einen selbstbewussten, aber unpassenden Akzent in der Esslinger Altstadt. Er ist funktional autark und tritt additiv ohne gravierende Eingriffe neben die historischen Gebäude
Lageplan

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