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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2019

Neubau des Seminargebäudes I der Justus-Liebig-Universität Gießen

Der Neubau ist ein wichtiger Baustein des zukünftigen zentralen Campusplatzes

Der Neubau ist ein wichtiger Baustein des zukünftigen zentralen Campusplatzes

5. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

Nickl & Partner

Architektur

LINDENKREUZ EGGERT | Bildermacherei & Utopografie

Visualisierung

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHES KONZEPT
Harmonische Eingliederung in den Masterplan
Der Neubau des Seminargebäudes I an der Justus-Liebig-Universität in Gießen ist ein wichtiger Baustein des zukünftigen zentralen Campusplatzes. Neben der in Planung befindlichen Bibliothek und dem zukünftigen Mensagebäude nimmt es eine prägnante Position als Auftaktgebäude am Platz ein. Das Seminargebäude wird den Vorgaben des Masterplans gerecht. Sowohl die Baulinie als formulierte Platzkante, als auch die Baufeldtiefe werden berücksichtigt. Durch Anpassung an die Gebäudehöhe der benachbarten Bibliothek wird der Campusplatz auch vertikal gleichwertig gefasst. Das viergeschossige Gebäude findet seinen Abschluss in einem zurückspringenden Technikgeschoss. Der Haupteingang orientiert sich an der Platzgestaltung des Masterplans und liegt gut sichtbar zur Haupterschließungsstraße des Campus. Das Zurückspringen der erdgeschossigen Südwest- und Südostfassade bildet eine eindeutige und wettergeschützte Eingangssituation, die durch einen Arkadengang gestalterisch betont wird. Zugleich dient dieser den Wartenden der Buslinie als Aufenthalt.

ARCHITEKTUR- UND GESTALTUNGSKONZEPT
Im Zentrum die Lernlandschaft
Eine große, offene Lernlandschaft prägt das Gestaltungskonzept des neuen Seminargebäudes. Diese ist als 3-geschossiges Atrium gestaltet und wird über eine verglaste Decke natürlich belichtet. Offene Galerien fassen den Raum und eröffnen Blickbeziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen. Eine Freitreppe mit Sitzstufen verbindet das Atrium mit den ersten zwei Obergeschossen und lädt zum Verweilen und diskutieren ein. Zusammen mit den öffentlichen Funktionen im Erdgeschoss wird hier ein kommunikativer und repräsentativer Mittelpunkt für Studierende, Forschende und Lehrende geschaffen.
Die drei Hauptfunktionen des neuen Seminargebäudes - Lehr- und Seminarraumflächen, Büro- und Projekträume, sowie die Bausteine Campusleben und Campusmanagement - sind geschossweise entsprechend ihres Anspruchs auf gute Zugänglichkeit oder Abgeschiedenheit um die zentrale Lernlandschaft herum angeordnet.

Öffentliche Funktionen im Erdgeschoss
Im Erdgeschoss werden die Studierenden und Besucher in einem weitläufigen Foyer empfangen. Hier befinden sich alle öffentlichen Nutzungen, die den Campusalltag gestalten. Direkt seitliches des Eingangs sind das Campusmanagement (CMI) und der Campusladen verortet. Gegenüberliegend charakterisieren die Multifunktions- und Ausstellungsfläche sowie das Hochschulrechenzentrum (HRZ) das Erdgeschoss.
Flexible Nutzung der Seminarräume im Obergeschoss 1 & 2
Über die Freitreppe des Atriums gelangt man in die Seminarbereiche im ersten und zweiten Obergeschoss. Die Seminarräume sind entlang der Südwest- und Nordostfassade angeordnet, während Nebenräume und fokussiertes studentisches Arbeiten mittig liegen und somit schnell zu erreichen sind. Die Raumtiefe der Seminarräume wurde so dimensioniert, dass ausreichend Tageslicht ideale Bedingungen für Studierende und Lehrende schafft. Es wurden bewusst alle Seminarräume, inkl. des AHS-Raums auf nur zwei Ebenen verteilt, um so eine leichte Orientierung im Gebäude zu gewährleisten. Zudem können die Seminarräume durch diese Gruppierung flexibel zusammengelegt oder in kleine Einheiten unterteilt werden.

Konzentriertes Arbeiten im dritten Obergeschoss
Über den Seminargeschossen befinden sich im dritten Obergeschoss die Büroräume der Drittmittel- und Forschungsverbundprojekte.
Wie in den Seminargeschossen sind auch hier die Einzel- und Gruppenbüros entlang der Außenfassaden angeordnet, während sich eine offene Besprechungs- und Arbeitslandschaft rund um den Innenhof über dem Atrium entwickelt. Flexible Anpassungen durch Neueinteilung oder Zusammenlegung von Büros der Projektgruppen sind aufgrund der Modularität der Büroräume jederzeit möglich. Ein wichtiges Anliegen des Entwurfes ist es, sowohl ruhiges und konzentriertes Arbeiten in geschlossenen Büroräumen zu ermöglichen, als auch eine offene, kommunikationsfördernde Arbeitswelt mit Sichtbeziehung zum Atrium zu schaffen. Anders als die Seminargeschosse wird für das 3. Obergeschoss eine separate Erschließung über den Aufzug und die zwei großzügig dimensionierten Treppenhäuser vorgeschlagen, um eine kontrollierte Eingangssituation zu gewährleisten.

Ein flexibler Veranstaltungsort
Das Seminargebäude soll nicht nur Lern-und Arbeitsort sein, sondern auch als Austragungsort größerer Veranstaltungen genutzt werden können. Das 3-geschossige Atrium ermöglicht daher ein leichtest Zusammenschalten mehrerer Seminarräume mit den Multifunktionsflächen im Erdgeschoss. Somit entsteht eine flexible Veranstaltungs- und Symposiums-Fläche, bei der das verbindende Element die Lerntreppenlandschaft ist.

BAUKONSTRUKTION UND FASSADE
Der Neubau wird in Stahlbeton als Skelettbau mit aussteifenden Wänden geplant. Dadurch wird nicht nur die Menge der tragenden Elemente reduziert, sondern auch eine Flexibilität hinsichtlich möglicher späterer Umnutzungen geschaffen. Das Konstruktionsraster mit einem Achsmaß von 7,50 m passt sich der Grundstruktur der Seminarräume an. Somit sind diese stützenfrei. Die Decken werden ohne Unterzüge als Flachdecken ausgebildet, um eine flexible Nutzung und haustechnische Ausstattung zu gewährleisten.
Die Fassadengestaltung unterstreicht die Zukunftsvision eines Campus, dessen klare Volumen einzig durch Materialität und Rhythmus bestimmt sind. Angestrebt wird ein ruhiges Fassadenbild mit hochwertiger Verarbeitung gezielt gewählter Materialien. Eine tragende Fassade mit vorgesetzten geschliffenen und polierten Betonfertigteilen als Rahmenelemente mit regelmäßiger Gliederung charakterisiert das zukünftige Seminargebäude. Die großformatigen Fensteröffnungen orientieren sich an der Grundform der Seminarräume und lassen somit die innere Gliederung des Gebäudes von außen ablesbar werden. Sie erzeugen ein Fassadenbild mit Betonung der Horizontalen, welches Zuwendung zur Öffentlichkeit signalisiert. Zurückgesetzte geschlossene Elemente unterteilen die Rahmenelemente und erzeugen eine Spannung zwischen geöffneten und geschlossenen Fassadenanteilen. Messingfarbene Aluminiumrahmen fassen die großformatigen Fensterflächen und bilden einen reizvollen Kontrast zum gedeckten Farbton der geschlossenen Bauteile.
Die zurückversetzte Fassade im Eingangsbereich des Erdgeschosses wird als geschosshohe Verglasung mit Pfosten-Riegel-Konstruktion ausgeführt. Die tragende Fassade der Obergeschosse bildet vor diesem transparenten Eingang einen schützenden Arkadengang. Es entsteht ein lebendiges Gesamtkonzept, welches sich harmonisch in das zukünftige Campusensemble einfügt und zugleich einen eigenen Charakter formuliert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorgeschlagene Entwurf wird den städtebaulichen und gestalterischen Vorgaben des Masterplanes gerecht. Der viergeschossige Baukörper wirkt in der Gliederung der Fassaden und der vorgesehenen Materialität ruhig und stellt einen selbstbewussten Mitspieler am Campusplatz dar. Eine sichtbare Störung dagegen verursacht das überdimensionierte Volumen der Technikflächen auf dem Dach. Durch das Zurückspringen der erdgeschossigen Südwest- und Südostfassaden wird eine positive Eingangssituation zum Campusplatz wie auch zur Bushaltestelle ausgebildet. Der richtig positionierte Eingang führt in ein langgestrecktes dreigeschossiges Atrium, welches das Herzstück des Seminargebäudes bildet.

Eine über zwei Geschosse führende breite Treppe ist als Lernlandschaft konzipiert. Im Sinne der Lehre wird hier Raum für Fortbewegung und informelle Kommunikation geschaffen. Kritisch gesehen wird jedoch der Endpunkt der Treppe, die Länge des „Aufstiegs“ erfordert hier eine größere räumliche Tiefe. Ebenso erscheinen die den Seminarräumen vorgelagerten Korridore zu schmal dimensioniert. Dieses gilt auch für die Seminarräume, die in ihrer Proportion zu langgestreckt ausgebildet sind.

Das Erdgeschoss ist gut strukturiert. Die Forderung nach einer flexiblen Tagungsfläche mit separater Erschließung ist nicht erfüllt. Die Positionierung dieser Fläche im ersten Obergeschoss führt zu Engpässen im Parallelbetrieb.

Der Wettbewerbsbeitrag liegt – bezogen auf den vorgegebenen Kostenrahmen – in der vergleichenden Kostenbetrachtung über dem vorgegebenen Wert im erhöhten Bereich, aber unter dem Durchschnitt aller Wettbewerbsbeiträge. Der Bruttorauminhalt des Wettbewerbsbeitrags liegt in der vergleichenden Betrachtung über dem Wert der Annahme aus dem “0“-Projekt und unter dem Durchschnitt aller Wettbewerbsbeiträge. Das Technikkonzept hat grundsätzliches Potenzial. Zum Brandschutz bleiben noch Fragen offen. Die erforderliche Brandschutztrennung fehlt. Die Unabhängigkeit der Rettungswege könnte aber durch ergänzende Maßnahmen erbracht werden. Die Entlüftung der Obergeschosse erscheint nicht schlüssig.

Insgesamt stellt der Entwurf einen positiven Beitrag dar, der einer interessanten innenräumliche Idee folgt, die jedoch in der angedachten Umsetzung nicht durchgängig überzeugen kann.
Lageplan

Lageplan

Städtebau

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Längsschnitt

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Ansichten

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