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Offener Wettbewerb | 02/2020

Landesgartenschau Höxter 2023

3. Preis

Preisgeld: 36.000 EUR

club L94

Landschaftsarchitektur

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Visualisierung

Erläuterungstext

Mit der Bewerbung um die Gartenschau in 2023 hat sich Höxter bereits intensiv mit ihren Bürgern auf den Weg gemacht, um die Defizite und Potentiale der Stadt zu ergründen. Dabei wurden schon viele positive Alleinstellungsmerkmale identifiziert. Das Naturschutzgebiet Bielenberg schiebt sich weit an den Altstadtkern heran und verbindet die Siedlung mit dem Landschaftsraum. Auch das Brückfeld im Osten und die Godelheimer Seen südlich der Stadt sind für die Naherholung von hoher Bedeutung. Der mittelalterliche Altstadtkern ist heute auf den Flächen der ehemaligen Graben Wallanlage als Stadtbefestigung mit einem grünen Park aus hohen alten Bäumen umgeben. Die Marktkirche St. Peter und Stiftskirche St. Paul sind in städtebauliche Strukturen eingebunden und dominieren die Stadtsilhouette.
Natürlich spielt das Reichskloster Corvey als UNESCO Weltkulturerbe, mit der Blutbuchenallee als barocke Achse in die Stadt, eine große Bedeutung. Das Benediktinerkloster besitzt eine der bedeutendsten Bibliotheken. Das Karolinger Westwerk aus der Frühzeit der Abtei dominiert das heutige Gebäudeensemble. Von herausragender Bedeutung für die Archäologie ist auch die im Weserbogen gelegene früh mittelalterliche Markt- und Fischersiedlung mit städtischen Rechten – Civitas Corvey, die durch ein Feuer untergegangen und nie mehr aufgebaut worden ist. Sie entstand an der Weser-Furt, der uralten Ostwestverbindung des westfälischen Hellwegs, der hier die Weser querte.
Alles kulturell Gewachsene und die Morphologie der Naturlandschaft des Holzmindener Wesertals sind von den Jahrtausend alten Windungen des Flusses dominiert. Die Weser ist zwar ausgewiesene Schifffahrtsstraße, seit dem Strukturwandel der Montanindustrie jedoch heute lediglich für touristische Ausflugsfahrten genutzt. Der Fluss begleitende Weg entlang der grünen Ufer wird nach Norden von der Bahnstrecke Altenbeken-Kreiensen in Dammlage begleitet. An zwei ebenerdigen Übergängen und drei Unterführungen kann die Stadt von der Weser aus erreicht werden.

Konzept
Das landschaftsarchitektonische Konzept hat zum Ziel, die oben beschriebenen Bereiche Wallanlage, Weserwiesen, Kloster Corvey und die verschwundene Stadt Corvey im Weserbogen als eine ganzheitliche Parklandschaft zu entwickeln. Dabei sollen die Charaktere der einzelnen Bereiche herausgearbeitet und über ein starkes und hierarchisch strukturiertes Wegesystem sinnvoll miteinander verknüpft werden.
ParkLandschaften Höxter

Wall- und Graben Park
Der Grüne Ring aus großartigen Gehölzgruppen umschließt die Altstadt. Die vorhandenen Grünräume haben das Potential, als innerstädtische Freiräume im Alltag für die angrenzenden Bewohner als hochwertiges Wohnumfeld hergerichtet zu werden. Die dichten Strauchpflanzungen werden zurückgeschnitten und Bäume aufgeastet, so dass der Blick auf die Stadtmauer wieder möglich ist. Ein übergeordneter und beleuchteter Fuß- und Radweg begleitet den Grünen Ring und vernetzt sich mit den angrenzenden Stadtadern aus den Quartieren. Die verschiedenen Abschnitte des Altstadtrings werden unterschiedlich thematisiert. Vom Alleenring im Westen, über die Wasserflächen mit Schilfufern, bis zu den neuen Spiel- und Erlebnisgärten mit Wasserwelt und anderen attraktiven Angeboten, entstehen Bereiche für alle Generationen in der Stadt. Enden wird der Rundweg am Weserufer im Osten der Altstadt. Der befestigte Uferbereich hinter dem Bahnhof hat heute schon mit seinen Deckwerken eine urbanere Prägung. Hier soll ein großes Holzdeck als Bootsanleger dienen und kann sogleich innenstadtnaher Treffpunkt am Wasser sein und ein neuer Hotspot werden. Die Übergänge aus der Innenstadt zum Fluss, ob oberirdisch, oder als Unterführung, werden im Jahr der Gartenschau deutlich aufgewertet.

Weser Wiesen Park
Ein neuer Fuß- und Radweg schmiegt sich weit nach Norden verschoben an die Dammkante der Bahnlinie mit ihren grünen Böschungen heran. Dadurch erhalten die heute kleinen Wiesenrestflächen ein großzügiges, zusammenhängendes Areal, das den Bürgern als vielfältig nutzbare Fläche im Sommer zur Verfügung steht. Die Uferkante ist mit den typischen Hochstaudenfluren begleitet. An den Stellen der Badefurt und den Wiesenstegen ist das Wasser direkt erreichbar.

Archäologischer Park Civitas Corvey
Die verschwundene Stad Corvey - Wie spannend kann die Geschichte der brandgestürzten Stadt erzählt werden? Ein unglaubliches Potential für die Etablierung eines Archäologischen Parks.
Das landschaftsarchitektonische Konzept gestaltet die ersten Akzente für den Beginn der Erzählung, die im archäologisch musealen Konzept weiterentwickelt wird. Grundidee des Parks ist die Zonierung der großen Weserschleife durch die Einbringung zweier Wege, die sich in Bereich des frühmittelalterlichen Hellwegs und des Neuen Hellwegs, der Teil der Civitas war und Alten Markt mit der Marktkirche vorbei führte. Die mittelalterliche Gebäudestruktur wird durch erhobene Rasenfelder nachgeahmt und kann gartenkünstlerisch auf das gesicherte Bodendenkmal verweisen. Die Erdplateaus können zur Gartenschau bepflanzt werden, da bei Bodenarbeiten die Flugsohle über dem Bodendenkmal nicht gestört wird. Einzelne vertikale Stahlelemente mit Texten, Bildern und medialen Schlüsseln verweisen aus der Ferne betrachtet auf den neu interpretieren artifiziellen Hellweg. Die Gestaltung der beiden Wege bezieht sich auf Grabungsbilder des echten Hellweges, wie er bei wissenschaftlichen Schürfen gefunden wurde. Der frühmittelalterliche Hellweg war oft mit Holz und Ästen ausgebaut, deshalb ist dieser als Holzpfad nachempfunden. Der Neue Hellweg soll aus Buntsandstein hergestellt werden.
Im Bereich des Marktplatzes wird die Kontur der Marktkirche im Boden nachgezeichnet. Das neue Zentrum des Archäologischen Parks soll auf den Flächen des alten Holzwerkes einen modernen baulichen Akzent erhalten, der zunächst als skulpturale Dachlandschaft auf Ständerwerk, als Verweis auf die giebelständigen Häuser der Civitas, entstehen. Formal erinnert das Objekt auch an eine typische Remise in der Feldlandschaft. Zur Gartenschau kann unter dem Dach die Hallenschau stattfinden. Später sollen hier die Nutzungsbausteine für die Archäologie und Pädagogik ihren Platz finden.

Schloss und Klosterpark Corvey
Im südlichen Bereich des alten Klosterbaus, innerhalb der Mauern, entsteht der neue Konventgarten.
Im Sinne der klösterlichen Gartenkultur, der sich selbstversorgenden Gemeinschaften, entsteht hier ein neues Ensemble aus kleinen und größeren Nutz- und Schaugärten. Als Ergänzung zur Kloster- und Schlossanlage können die neuen Gärten ein attraktiver Besuchermagnet werden und den touristischen Ort um eine weitere Attraktion ergänzen.
Ein Schiffsanleger nahe dem Kloster kann Besucher direkt vom Bahnhof an die Anlage heranbringen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem Entwurf gelingt es mit angemessenen Mitteln die Prägungen der drei Grünräume Weser, Wall und Weltkultur in ihren sehr unterschiedlichen Qualitäten herauszuarbeiten und durch ein eindeutiges Wegesystem zu einer ganzheitlichen Parklandschaft zu verbinden.

Im Bereich des Weserufers vor der Altstadt bleiben allerdings die Aufwertungsmaßnahmen um die Stadt ans Wasser zu bringen hinter den Erwartungen zurück. Hier werden die Wünsche nach einer größeren Vielfalt und Dichte von städtischen Erlebnisräumen am Wasser für alle Generationen nicht erfüllt.

Im Bereich der Wallanlagen werden die Zufahrtssituationen zur Altstadt mit zurückhaltenden, angemessenen Mitteln in Materialität und Maßstab gut gelöst und führen in die Altstadt hin. Gleichzeitig wird die Durchgängigkeit der Wallanlage nicht gestört. Durch den durchgängigen übergeordneten und beleuchteter Fuß- und Radweg, der den Grünen Ring begleitet und sich mit den Stadtadern aus den Quartieren vernetzt, wird die gewünschte Symbiose zwischen Wallanlagen und Altstadt geschaffen. Gleichwohl wird die zu intensive Belegung der Wallanlage mit Spiel, Sport und insbesondere Wasser als zu starker Eingriff in die Substanz und das Erscheinungsbild des historischen Walls negativ bewertet.

Im weiteren Verlauf des Weserufers überzeugt die Verlagerung des Weserradweges nach Norden. Der so entstehende „Weserwiesenpark“ mit seinen spielerischen Wegen und Stegen unmittelbar am Wasser wird von der Jury als wesentliche Verbesserung der Aufenthaltsqualität bewertet, da er deutlich mehr Nutzungsmöglichkeiten am Wasser für alle Generationen bringt. Die Anlage der Uferzonen mit extensiven Hochstaudenfluren ist attraktiv und gleichzeitig nachhaltig wie wirtschaftlich in der Pflege.

Im Bereich des Archäologieparks werden durch behutsame Eingriffe mit gezielten landschaftsarchitektonischen Elementen erste Akzente gesetzt. Durch die artifizielle Nachbildung des neuen und alten Hellweges wird die weitläufige Weserschleife zoniert, ohne Sie mit fremden Elementen zu verstellen. Die Idee der vertikalen Stahlelemente, die weitere Möglichkeiten der Vermittlung bieten und aus der Ferne auf die künstlerisch interpretierten Hellwege hinweisen sind interessante Elemente für die Vermittlung der versunkenen Stadt. Die Idee der Dachlandschaft aus Ständerwerk, als Verweis und gleichzeitig typisches landschaftliches Element wird ebenfalls als eine gelungene Geste bewertet. Gleichzeitig sind die Dächer vielfältig nutzbar. Kritisiert wird, dass die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche und die Grundstücksverhältnisse bei der Anlage der Gartenelemente nicht berücksichtigt werden, und dass die Anbindung und Auffindbarkeit dieses wichtigen Bereiches in der Raumfolge des weitgespannten Wegeverlaufes nicht ausreichend ausformuliert ist. Als Grundgerüst für den Remtergarten wird die historische Wegestruktur klar aufgenommen. Durch ein Patchwork aus kleineren und größeren Nutz- und Schaugärten wird der Bereich allerdings mit weiteren Strukturen überfrachtet. Vor den Gebäuden zum Beispiel ist die Gestaltung mit Baumrastern zu intensiv und entspricht nicht der historischen Situation. Bei detaillierter Betrachtung wird der Remtergarten nicht entsprechend seiner gartenkulturellen Bedeutung differenziert genug ausgearbeitet.

Die Aussagen zum Thema Gartenschau sind sehr zurückhaltend. Eine besucherbezogene und an das Gelände angepasste Verteilung der zukünftigen Gartenschaubeiträge ist nicht überzeugend gelöst. Die Gartenschaubeiträge sind nicht ausreichend ausformuliert und wären in Bezug auf die Lage zu optimieren.

Insgesamt ist der Entwurf ein sehr gelungener Beitrag für die Gesamtentwicklung des Raumes. Atmosphärisch werden dichte und angemessene Bilder vermittelt, die jedoch in der Detailbetrachtung nicht in der gleichen Weise überzeugen.