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Einladungswettbewerb | 11/2019

Dom zu Schwerin - Einbau eines Gemeindesaales

1. Rang

Preisgeld: 8.000 EUR

STOY - Architekten

Architektur

Carsten Radloff - Brandschutzingenieur

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Der östliche Kreuzgangflügel des Doms zu Schwerin soll für die Einrichtung eines großen Domsaals überplant werden. Der Saal ist als Ersatz für die Thomaskapelle vorgesehen, deutlich größer als diese, als Sakralraum (Winterkirche) und als flexibel nutzbarer Raum für kirchliche und nicht-kirchliche kulturelle Veranstaltungen.

Ziel des Entwurfs ist es, das Gesamtbild des Kreuzganges, den Kreuzganginnenhof und die intakte Fassade aus dem 19.Jhdt. zu erhalten. Daher konzentrieren sich die Eingriffe auf das Gebäude-innere, das Obergeschoss für den zukünftigen Domsaal, den östlichen Kreuzgang und die Thomaskapelle im Erdgeschoss.

Die besondere Bedeutung des Ortes, der Anspruch vielfältiger Nutzungskonzepte, die Größe des Saales und die damit verbundene hohe Zahl der Besucher stellen besondere Anforderungen an das Erschließungskonzept. So sind die gesetzlichen Bestimmungen an die Errichtung einer Versammlungsstätte (zwei bauliche Rettungswege) zu erfüllen und Barrierefreiheit zu schaffen. Darüberhinaus soll der Besucher geführt, eingeladen und eingestimmt werden. Der Weg, die Räume werden zur Inszenierung.

Kreuzgang
Der Kreuzgang wird von den Einbauten freigeräumt und wieder hergestellt. Er dient als Haupteingang und schafft die wichtige Verbindung zum Dom. Die Einheit von Dom und Kreuzganganlage wird so wieder erlebbar. Verstärkt wird dieses durch die Öffnung zum Innenhof, die zum einen den barrierefreien Zugang zum Kreuzgang schafft, zum anderen die direkte Nutzung des Innenhofs für Veranstaltungen ermöglicht.

Foyer zum Domsaal (ehemalige Thomaskapelle)
Vom Kreuzgang aus betritt der Besucher das großzügige Foyer des Domsaals. Es ist als Ort der Kommunikation konzipiert, der, über seine Erschließungsfunktion und die erforderliche Infrastruktur (Teeküche, WCs, Garderobe, Abstellraum) hinaus, Raum bietet für Begegnung und Austausch. Kirchencafe, Ausstellungen und kleinere Veranstaltungen sind im Foyer möglich.
Um die Großzügigkeit des Raumes zu erhalten, sind die Einbauten als kubische Baukörper geplant, die frei in den Raum eingestellt sind. Die Teeküche kann je nach Art der Veranstaltung unterschiedlich groß geöffnet werden, von geschlossener Box bis zum umlaufend offenen Tresen-bereich.

Treppenanlage
Über eine gerade Treppenanlage, die sich aus dem Foyer heraus entwickelt, wird der Besucher auf eine Galerieebene geführt, die zwischen Unten und Oben vermittelt, die den Blick über das Foyer schweifen lässt und auf den Domsaal vorbereitet. Eine umlaufende Sitzbank lädt zum Innehalten ein.

Der Einschnitt der Treppe erfordert den Rückbau eines Gewölbefeldes, ermöglicht aber vor allem das Freilegen älterer historischer Schichten. Die ursprüngliche Domwand mit Stützpfeiler wird sichtbar, die ehemalige Verbindung zwischen Kirche und Dormitorium wieder geöffnet, eine Sichtverbindung zum Kirchenraum geschaffen.

Die neue Treppenanlage verbindet somit nicht nur Foyer und Saal, sondern stellt gleichzeitig den räumlichen und inhaltlichen Bezug zum Dom her.



Domsaal
Der Domsaal wird über einen Vorbereich erschlossen, der die notwendige akustische und brandschutztechnische Trennung zum darunterliegenden Geschoss herstellt. Die Trennwand ist zum Teil als Möbel (Einbauschrank z.B. für Gesangbücher u.a.) geschlossen gestaltet, zum Teil als durchlässige bzw. opake Glaswand.
Große Öffnungsflügel laden den Besucher in den Domsaal ein. Dieser wird geprägt und strukturiert durch die vorhandenen architektonischen Elemente: die gusseiserne Tragkonstruktion mit der Kappendecke, die umlaufenden Fenster.
Eine zurückhaltende, ruhige Gestaltung soll einen Raum schaffen, der trotz Anforderung an eine flexible Nutzung, die Atmosphäre eines Sakralraums spürbar werden lässt.
Der Altar ist zentral vor der östlichen Aussenwand geplant. Zusammen mit der Orgel an der Nordwestseite ermöglicht diese Aufstellung eine Vielzahl an unterschiedlichen Gottesdienst-formen.
Ebenso lässt sich der Domsaal für andere Veranstaltungen wie Vorträge, Gemeindefeste, Konzerte, Theater, Ausstellungen, workshops sehr gut nutzen.

Barrierefreiheit
Der barrierefreie Zugang zum Domsaal führt über den Innenhof zum neuen Eingang in den östlichen Kreuzgang. Hier befindet sich der Aufzug, der mit einer Kabinengröße von 1,40m *1,58m für 13 Personen ausgelegt ist. Zudem ist er als Durchlader mit zweiseitigem Zugang geplant, um den Abstellraum für Stühle und Tische im Dachgeschoss optimal nutzen zu können.
Eine Nutzung des Aufzugs für das Archiv ist ebenfalls möglich.

Brandschutz
Die Größe des neuen Domsaals und seine geplante Nutzung über den Gottesdienst hinaus, erfordert eine Bewertung nach der Versammlungsstättenverordnung. Zwei bauliche Rettungswege sind somit notwendig. Diese werden hergestellt über die bestehende Treppe im Turm mit dem direktem Ausgang ins Freie und die neue Treppe mit dem Foyer als erweiterter Treppenraum. Durch die Konzeption der Nebenräume als eingestellte Kuben, kann insbesondere die Küche abgeschirmt und eine im Brandfall auftretende Rauchausbreitung verhindert werden.
Im neuen Domsaal erfüllt die gusseiserne Konstruktion vermutlich nicht die Anforderungen an tragende Bauteile einer Versammlungsstätte. Zur Kompensation einer unwirtschaftlichen Ertüchtigung der Konstruktion wird der Einbau einer Brandmeldeanlage vorgeschlagen. Eine Aufschaltung zur Feuerwehr ist nicht erforderlich.

Energiekonzept
Für das geplante flexible Nutzungskonzept ist eine energetische Ertüchtigung anzustreben , die sowohl die Aufenthaltsqualität, die Wirtschaftlichkeit und den Erhalt der historischen Bausubstanz ganzheitlich berücksichtigt.
Das Konzept sieht vor, die Wärmeverluste über die Gebäudehülle über eine kapillaraktive Innenwanddämmung, die die Flankenbereiche miteinschließt, zu verringern. Hier sind bauphysikalische Untersuchungen notwendig, um die mögliche Stärke der Dämmung zu ermitteln. Die historischen Fenster mit Bleiverglasung werden durch eine rahmenlose Vorverglasung ertüchtigt.
Für eine gleichmäßige Erwärmung der Substanz soll auf den vorhandenen Boden des Domsaals ein neuer Boden mit Fußbodenheizung als Flächenheizung aufgebaut werden.
Durch die zu erwartenden Besucherzahlen ist insbesondere auch der Feuchteeintrag zu berücksichtigen. Es wird eine kontrollierte Be- und Entlüftung vorgeschlagen, wobei die Zuluft über Quellöffnungen im Fussboden zugeführt und die Abluft in den Deckenrandbereichen abgesogen wird. Hierdurch wird eine gleichmäßige Durchströmung des Raumes erreicht.
Die unterschiedlichen Nutzungsbedingungen erfordern ein intelligentes Regelungssystem, das über die Automatisierung hinaus, einfach, transparent und nutzerfreundlich zu bedienen sein soll.