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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2019

Ersatzneubau der Rathausbrücke in Zürich (CH)

1. Rundgang

vetschpartner Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Explorations Architecture

Architektur

schlaich bergermann partner - sbp SE

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Emch+Berger Gruppe

Wasserbau

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projektteam definiert die geometrische Form ihrer Brücke mit der Blickachse ausgehend vom Schnittpunkt der Markt- und Münstergasse. Abgesehen davon, dass es im angrenzenden Stadtraum durchaus auch andere, wichtige Blickachsen gäbe, wirkt die direkte Umsetzung zu plakativ und ist beim seeseitigen Brückenrand problematisch. So überschreitet der Anschluss beim Rathaus das zugestandene Mass und – was aus städtebaulicher Sicht schwerer wiegt – der räumliche Bezug des Weinplatzes zur Limmat wird noch stärker beschnitten als es bereits heute der Fall ist.
Der architektonische Ausdruck, der stark geprägt wird durch den gewählten konstruktiven Ansatz, fasziniert auf den ersten Blick mit einer raffinierten Einfachheit. Über das Wasser auskragende Sitzbalkone verleihen der neuen Brücke eine fast schwebende Eleganz. Die diversen, wie Intarsien eingestreuten, dekorativen Elemente, die auf die Herleitung der Brückenform verweisen sollen, wirken dann aber über- instrumentiert und bemüht. Zwar soll die ‘goldene Scheibe’ mitten auf der Brücke zugunsten einer mögichst flexiblen Nutzbarkeit demontierbar sein, in der Realität wäre dies aber allein aufgrund ihrer Grösse und ihres Gewichts aufwändig und wenig praktikabel.
Die beiden als durchgehende Sitzbänke ausgebildeten Brückenränder sind leicht abgesenkt und richten die Brücke stärker auf das Wasser aus. Leider wird die Funktionalität dieses an sich schönen Elementes durch die schmale Dimensionierung in Frage gestellt; auch der hindernisfreie Zugang ist nicht gewährleistet. In Bezug auf die gesamte Fläche der Brücke wirken diese, als einzige für einen ungestörten Aufenthalt explizit ausgewiesene Bereiche, disproportioniert und ungenügend. Das Beleuchtungskonzept ist schwer lesbar. Neben der linearen, indirekten Beleuchtung der beiden Brückenränder, die atmosphärisch durchaus ihren Wert hat, soll wohl die Beleuchtung der angrenzenden Erdgeschossfassaden zur Ausleuchtung beigezogen werden. Dies wird als ungenügend bewertet, unabhängig davon, dass dazu die Einwilligung jedes einzelnen Eigentümers erforderlich wäre.
Das Projekt zeichnet sich durch eine unkonventionelle Materialisierung aus, welche die Tragkonstruktion an der Brückenoberfläche sichtbar macht: Die Oberflansche der als Plattenbalken ausgebildeten Brückenträger werden aus Granit gefertigt und bilden den Brückenbelag. Die dreifeldrige Brücke wirkt statisch als Einfeldträgerkette, wobei jede Spannweite durch mehrere, nebeneinander liegende Plattenbalken gebildet wird. Deren statische Höhe ist relativ gross, da der entfallende Belagsaufbau für das Trag- werk genutzt wird. Die Plattenbalken werden vorfabriziert; sie bestehen jeweils aus einem Steg in Stahl- beton und einem Oberflansch aus Granitplatten. Diese Beton-Granit-Verbundträger werden über Schubdorne gelenkig mit den Pfeilerscheiben verbunden; die Brücke ist damit schwimmend gelagert.
In Längsrichtung werden die Träger mit Spannkabeln, die im Steg verlaufen, relativ stark vorgespannt. In Querrichtung werden ihre Flansche, die mit Nut und Kamm ausgebildet werden, mit Expoxidharz verklebt und mittels Monolitzen zusammengespannt. Damit resultiert eine Vielzahl von Fugen, was wegen der fehlenden Abdichtung trotz Vorspannung Fragen bezüglich der Dauerhaftigkeit aufwirft. Die Entwässerung erfolgt in Längsrichtung zu Entwässerungsschlitzen über den Stützenscheiben und bei den Auflagern; diese werden hinsichtlich Unterhalt als kritisch beurteilt.
Durch den Einsatz vorfabrizierter Träger ist die Erstellung ohne Lehrgerüst möglich. Die Verklebung und Vorspannung der Flansche ist jedoch hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs äusserst anspruchsvoll. Die Erstellungskosten sind im Vergleich mit den anderen Projekten hoch. Die Anforderungen an eine glatte Brückenuntersicht werden nicht eingehalten; ansonsten sind die hydraulischen Anforderungen durch die vorgesehene Sohlenabsenkung erfüllt. Die beidseitig der Pfeilerscheibe vorgeschlagenen Sohlenbaggerung bis auf Kote 400.00 m ü.M. müsste mittels Abflussmodell überprüft werden.
Fazit:
Das Projekt interessiert mit einem sehr eigenständigen konstruktiven Ansatz, der wohl bei kleineren und einfacheren Brücken denkbar wäre, dessen Tauglichkeit aber für die komplexen Anforderungen an die Rathausbrücke bezweifelt wird. Trotz einzelner schöner Ansätze im Umgang mit dem Stadtraum, in der architektonischen Gestaltung und der gewünschten Nutzbarkeit gelingt keine kohärente und gesamthaft überzeugende Bearbeitung.