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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Erweiterung der Eisschnelllaufhalle – Spitzensportliches Trainingszentrum Wintersport – Sportforum Berlin in Berlin Lichtenberg

Perspektive

Perspektive

3. Preis

Preisgeld: 13.000 EUR

Heide & von Beckerath

Architektur

StudioC

Tragwerksplanung

Ingenieurgemeinschaft Weissensee (IG-W)

TGA-Fachplanung

Brandkontrolle Andreas Flock

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Das Sportforum Berlin in Alt-Hohenschönhausen ist mit täglich über 3000 trainierenden Nachwuchs- und Spitzensportler*innen nach dem Olympiapark das zweitgrößte Trainingszentrum für den Leistungssport in Berlin – als Olympiastützpunkt und Austragungsort zahlreicher Wettkämpfe kommt ihm dabei internationale Bedeutung zu. Mit den drei Hallen bilden die Eissportarten einen wichtigen Schwerpunkt. Im Winter ist die bestehende Eisschnelllaufhalle zudem ein beliebter Ort für den Freizeitsport, sodass die lokale und internationale Nutzung und Bedeutung hier auf eine selbstverständliche Weise zusammenkommen. Das Sportforum soll in seiner besonderen gesellschaftlichen Relevanz und vor dem Hintergrund seiner langen Geschichte zukünftig eine größere Präsenz in der Stadt erhalten. So entsteht der Erweiterungsbau im Zuge einer umfangreichen Modernisierung des Areals und ergänzt die Halle von 1986 um eine effiziente Infrastruktur mit modernen Trainingsräumen für die athletische Ausbildung. Durch den Neubau werden die Zuwege der unterschiedlichen Nutzergruppen übersichtlicher organisiert und deren Bereiche klarer voneinander getrennt, ohne dabei jedoch den besonderen transparenten Betrieb von Spitzensport und Freizeitkultur aufzugeben. Durch die Hervorhebung des Eingangsbereiches als städtebaulichen Auftakt zum gesamten Ensemble der Eissporthallen erhält der Standort eine neue Adresse, welche die besondere Bedeutung des Standortes für den internationalen Spitzensport würdig repräsentiert.

Das Sportforum ist mit seinen Freiräumen und den angrenzenden Kleingärten, Park- und Friedhofsanlagen in einen stadtübergreifenden Grünzug eingebettet, welcher sich vom Stadtzentrum bis zum Stadtrand erstreckt. Die Eisschnelllaufhalle befindet sich an der südöstlichen Ecke des Areals und bildet ein Ensemble mit dem Trainingshallenkomplex im Westen und dem „Wellblechpalast“ im Norden. Die Ausrichtung der bestehenden Halle orientiert sich am Verlauf der nordöstlich angrenzenden Friedhofsmauer, sodass ein dreieckiger Vorplatz entsteht. Die nördliche, das Grundstück erschließende Konrad-Wolf-Straße ist durch gründerzeitliche Bauten geprägt. Der Baukörper des Neubaus ist der Halle auf der südöstlichen Seite als ein langer Riegel vorgelagert und ragt leicht über die Flucht der benachbarten Halle hinaus. Er ist somit bereits von der Konrad-Wolf-Straße aus sichtbar und markiert als städtebaulich wirksamer Auftakt diesen Zugang zum Sportforum. Die zweite, orthogonal zur Straße verlaufende Wegachse führt direkt auf den zentralen neuen Haupteingang zu. Durch die präzise stadträumliche Setzung, die Konstruktionsweise und die Materialwahl fügt sich der Neubau in das bestehende Ensemble ein, behauptet sich jedoch zugleich als ein eigenständiger Baukörper. Sowohl die bestehende Halle als auch der Neubau sind geprägt durch eine Ökonomie der Form. Darüber hinaus besteht in der jeweiligen Kombination einer massiven Basis mit einer aufgesetzten, leichten Hallenstruktur auch eine strukturelle Ähnlichkeit der Raumprinzipien. Der Neubau strukturiert im Zusammenspiel mit der Freiraumgestaltung den Vorplatz neu und setzt durch die markante Sägezahn-Form des Sheddaches einen städtebaulichen Akzent. Durch den Unterschnitt wird eine Raumfuge ausgebildet, welche den öffentlichen Raum fortführt und den Beginn der Eingangssequenz bildet.

Der Neubau bildet gemeinsam mit der bestehenden Halle und deren Nebenbauten eine funktionale Einheit. Die Formgebung und Organisation der Grundrisse vereint eine klare und ablesbare, auf die Ansprüche des professionellen athletischen Trainings ausgerichtete Funktionalität mit einer räumlichen Qualität, in welcher die Sportkultur einen angemessenen architektonischen Ausdruck findet. Der Baukörper gliedert sich in ein massives Sockelgeschoss mit einer zu den Längsseiten beidseitig auskragenden Deckenplatte und eine darauf aufgesetzte Halle in Holzbauweise, welche mit einem silbern glänzenden Trapezblech verkleidet ist. Die geschlossene Hülle der Halle erhält ein Sheddach, welches eine optimale, natürliche Belichtung ermöglicht und dem Gebäude zugleich eine skulpturale Außenform verleiht. Der Anbau ist lediglich im Übergangsbereich zur Halle mit dem Bestandsbau verbunden und greift nur minimal in die bestehende Baustruktur ein. Das Gebäude wird über zwei durch einen Mittelgang miteinander verbundene Treppenkerne erschlossen, welche sich im zentralen Eingangsbereich sowie am nördlichen Ende des Gebäudes beim separaten, nichtöffentlichen Eingang befinden. Die Eingangssequenz wird durch den Unterschnitt als parallele Achse sowie die orthogonal zur Straße verlaufende Wegachse eröffnet. Der Eingangsbereich dient als axialer Verteilerraum, von welchem die Eisbahnen sowie die unterschiedlichen Funktionsräume erschlossen werden. Durch den Neubau wird die Wegführung der unterschiedlichen Nutzergruppen neu organisiert. Dem zentralen neuen Haupteingang ist der Schlittschuhverleih für den Freizeitsport und der Kassenbereich mit Drehkreuz angegliedert. Die öffentliche Durchwegung des Gebäudes führt über den Tunnel zur inneren Eisfläche. Die Zuschauer*innen erreichen auch über einen rückwärtigen Ausgang den bestehenden, die Halle umschließenden Umlauf, über welchen die Zugänge zu den Rängen erschlossen werden. Im Eingangsbereich befinden sich im Erdgeschoss die Sanitärräume für Besucher*innen und Zuschauer*innen sowie die Aufenthalts- und Büroräume für das Hallenpersonal. Vom öffentlichen Bereich abgetrennt schließt sich der interne Bereich mit den Büroräumen und Umkleideräumen für die Athlet*innen an. Das eigentliche sportliche Training findet im Obergeschoss statt. Der offenen, rund 80 m langen Halle mit den Laufbahnen und der Sprunggrube sind separate Hallenräume für Kraftsport, Ballett und Ergometrie sowie der Gemeinschaftsraum angegliedert. Neben dem Erschließungskern mit zentralem Lastenaufzug befindet sich die Werkstatt und ein Lagerraum. Wie im Erdgeschoss befindet sich auch hier die Anbindung an die bestehende Halle, über welche die Tribüne 1 und der geschlossene Regietrakt erreicht wird. Grundsätzlich bilden das Basisgeschoss und die Halle zwei sich dialogisch ergänzende, aufeinander bezogene Raumprinzipien: Eine pragmatische, funktional definierte Zellenstruktur im Erdgeschoss sowie die großzügige, offene Sequenz von Hallenräumen, die ganz der Aktivität und Dynamik gewidmet ist. Im Gegensatz zu den klar definierten Funktionsräumen sind die Hallen prinzipiell in ihrer räumlichen Nutzung interpretationsoffen und flexible in ihrer zukünftigen Nutzung. Die Halle wird ausschließlich über die Decke belichtet, wodurch eine ungestörte Fokussierung auf die sportliche Tätigkeit ermöglicht wird. Sie erhält den Charakter eines Laboratoriums für sportliche Spitzenleistungen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser der Arbeit gehen mit einem klaren und charaktervollen Ansatz an die Lösung:
Ein scharfkantig geschnittener Grundriss (leicht zurückgenommen im Erdgeschoss) wird von einem starken Baukörper mit flach geneigtem Sheddach gekrönt. Damit wird ein einfaches, aber eindrückliches Bild erzeugt.
Die Lage nah zur Straße bietet Präsenz und führt gut in die Situation ein. Der Baukörper wird diszipliniert parallel zum Bestand gesetzt, steht aber eigenständig und wird nur an den notwendigen Stellen mit dem Bestand verkoppelt.
Der schwierige Bereich des bestehenden Technikbaus wird belassen und geschickt arrondiert - nahezu unsichtbar.
Ansichten und Visualisierung versprechen mit der Keramikfassade im Erdgeschoss und der Alufassade für den Sportbereich darüber eine geradezu kühle, dabei strahlend saubere Wirkung, die eine interessante Korrespondenz zur eissportlichen Nutzung aufweist.
Über Dimension und Material wird der Neubau zum Partner der Eislaufhalle und zum Ensemblemitglied vor Ort.
Innerlich gibt der Entwurf der vielfältigen Nutzung eine straffe Struktur vor, die jedoch flexibel ausgelegt werden kann. Die Sheddachhalle für Lauftraining und Kraftsport sowie Ballett erscheint mit ihrer alleinigen Belichtung über die Oberlichter sehr hermetisch.
Die Ausnutzung des Volumens ist hoch, damit wird der Bau als effizient und eher kostengünstig in der Umsetzung eingeschätzt.
Was dem Entwurf mit der klaren Gestalt und der straffen Organisation der Nutzung gelingt, wirkt schwächer in der Ausbildung eines Eingangs in Verbindung zur großen Halle.
Der Eingang liegt recht weit zurück im Gelände, der Einschnitt in der Fassade weist dem Publikum Richtung, dennoch ist der Zugang kein überzeugendes Erlebnis. Der Bereich wirkt insgesamt eher eng und dunkel. Auch wird die fehlende klare Trennung zwischen Publikums- und Sportbereich im Erdgeschoss festgestellt.
Der Entwurf wirft interessante Fragen in der Gewichtung der Lösung auf: Zum einen zeigt seine klare Gestalt und präzise Haltung in der Programmstruktur große Stärken, die fehlende Großzügigkeit im Eingangsbereich wird zu Recht als noch nicht stimmig empfunden.
Das Gebäude präsentiert sich als ästhetisch übersetztes Diagramm seiner Nutzung und bietet damit ein hohes Maß an Wiedererkennbarkeit.
Modell

Modell

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss OG 1

Grundriss OG 1

Ansicht 1

Ansicht 1

Ansicht 2

Ansicht 2