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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2020

Neubau des Kinder- und Jugendtheaters "Junge Bühne" in Dortmund

3. Preis

Preisgeld: 18.000 EUR

KSP ENGEL

Architektur

Theater Engineering Ingenieurgesellschaft mbH

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Leitidee & Entwurfskonzept
Unser Entwurf für die Junge Bühne in Dortmund setzt einen ruhigen Gegenpol zur kleinteiligen und unruhigen Bebauung des bestehenden Theaterensembles. Seine klare Gesamtform setzt sich aus drei Elementen zusammen: einem transparenten Sockel mit einem darauf stehenden transluzenten Kubus. Durch beide zeichnet sich das Herzstück ab: der Bühneneinbau mit vorgelagerter skulpturaler Treppe. Dieser erhält durch seine Farbgebung gestalterisch wie auch im übertragenen Sinne eine große Strahlkraft. Die großzügige Glasfassade des zweigeschossigen Foyers verbindet Innen- und Außenraum, so dass die Junge Bühne sich als offenes Haus präsentiert, interessierte Blicke von außen werden bewusst zugelassen.

Städtebauliche Einbindung
Der Entwurf bildet den fehlenden städtebaulichen Abschluss des Theaters. Die historischen Baufluchten entlang des Hiltropwalls werden durch den neuen Eckbaukörper aufgenommen und durch die großzügige Glasfassade des Foyers fortgeführt. So entsteht das Bild eines zusammengehörenden Ensembles. Der Neubau gliedert sich in zwei Volumen: einem zwischen den Höhen des Magazins am Theaterkarree und der des Schauspielhauses vermittelndem gläsernen Sockel und einem darauf sitzenden Kubus, welcher sich an den Aufbauten entlang des Hiltropwalls orientiert. Durch das an das Schauspielhaus anschließende Dach wird der Ensemblecharakter gestärkt. Zudem entsteht ein einladender Vorplatz, welcher die Gesamtproportion des Gebäudes optimiert. Die abgerundeten Ecken des Sockels bilden im Zusammenspiel mit dem geradlinigen klaren Aufbau und dem dahinter befindlichen Baudenkmal einen weiteren repräsentativen Eingang zur Stadt Dortmund.

Freiraumplanung
Der zwischen dem Eingang zur Jungen Bühne und dem des Schauspielhauses neu geschaffenen Platz bietet den kleinen und großen Besuchern einen von der Straße abgewandten, geschützten und sicheren Eingangsbereich. Verschiedene Sitzmöglichkeiten zwischen Bäumen und Beeten laden zum Verweilen ein. Ein Teil des Sockeldachs ist als Dachterrasse ausgebildet und bietet den Mitarbeitern qualitative Außenraumfläche.

Erschließung
Über den Vorplatz, der zwischen den Eingängen des Schauspiels und der Jungen Bühne am Hiltropwall entsteht, gelangt der Besucher barrierefrei durch den Haupteingang in das zweigeschossige Foyer. Ein separater Personaleingang liegt an der Hövelstraße. Die Anlieferung erfolgt von Norden über das Theaterkarree. Dort liegt bereits die Versorgungsspange des bestehenden Magazins, welche beibehalten und mitgenutzt wird (Anlieferung, Zufahrt, Hebebühne). Ein Lastenfahrstuhl fährt alle notwendigen Geschosse des Neubaus an.

In diesem transparenten der Straße zugewandten Teil liegen die öffentlichen Funktionen des Gebäudes. Ein großer Einschnitt im Foyer gibt einen Einblick in das Treiben des Untergeschosses: die dort befindliche Tribüne, welche den Besuchern als Aufenthaltsfläche bzw. bei Vorführungen in der Studiobühne als zusätzliche Sitzfläche dient. Zudem erleichtern einfache Sichtverbindungen die Orientierung im Gebäude, so dass ein klassisches Leitsystem auf ein Minimum reduziert werden kann

Die skulpturale Freitreppe erstreckt sich vom UG bis zum 2. OG und ermöglicht den Zugang zu allen öffentlichen Bereichen und eine gute sowie einfache Orientierung. Im 2. OG führt sie die Besucher zum Zuschauerraum der Hauptbühne. Um einen gewünschten Austausch und eine Durchmischung sicherzustellen, nutzen Mitarbeiter und Schauspieler des Theaters dieselben Treppen und Eingänge. Zusätzlich gibt es zwei weitere interne Treppen, die ebenso wie die zwei Aufzüge seitlich der Bühne angeordnet sind sowie zwei Fluchttreppenhäuser.

Funktionalität
Der Neubau der Jungen Bühne sieht die Trennung von öffentlichem Foyer und Gastrobereich zum privaten Backstage-Bereich vor. Dies schafft einen klar zonierten Grundriss, welcher gleichzeitig durch gemeinsame Erschließungszonen Bereiche miteinander verschmelzen lässt – ganz im Sinne eines jugendlichen offenen Theaters. Die Gastronomie befindet sich im Galeriegeschoss in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang der Tribüne und dient vor und nach jeder Veranstaltung als Ort des Austauschs, des Kennenlernens und der Gemeinschaft.
Studiobühne (UG – EG) und Hauptbühne (1. OG – 5.OG) werden übereinander angeordnet, so dass ein kompaktes übersichtliches Theater entsteht. Die Erschließung durch das Foyer erlaubt kurze Wege. Kulissenlager und Technik verschwinden als Nebenräume der Bühne durch die Anordnung im obersten 5. OG neben dem Bühnenturm aus dem Besucherblickfeld. Die Workshopräume liegen wie die Proberäume in unmittelbarer Nähe zur Studiobühne und dem Foyer im Untergeschoss. Hier entsteht ein Ort, an dem der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind und neue Theaterkonzepte der Jungen Bühne entwickelt werden können. Eine sich aus der Treppenskulptur entwickelnde Treppentribüne im UG kann durch eine mobile Minibühne ergänzt werden und so auch für Veranstaltungen kleinerer Art wie Vorträge oder Lesungen genutzt werden.

Materialien / Konstruktion
Als Gegenstück zum unruhigen Theaterensemble mit unterschiedlichen Formen, Farben und Materialien besticht der Entwurf der Jungen Bühne durch die ruhig und sanft anmutende Fassade und klare Formen. Die transparente Fassade durchflutet die hohen öffentlichen Räumlichkeiten mit viel Licht. Das Gebäude bildet den Ruhepol im Gesamtensemble und nimmt sich gegenüber dem angrenzenden Baudenkmal zurück. Glas als Hauptelement der Fassade wird in verschiedenen Arten der Durchlässigkeit eingesetzt: vom transparenten Sockel über dessen opake Attika bis hin zum transluzenten Kubus. Die Fassade wirkt wie ein Schleier und bringt Assoziationen eines Bühnenvorhanges hervor, dieser gewährt wiederum Einblicke auf das Innere, das Herzstück des Theaters, die Bühne.
Auf verklebte Bauteile oder Verbundbaustoffe wird weitgehend verzichtet. Alle Bauteile sind daher sortenrein demontierbar, auf Wunsch können Produkte mit hohem Recyclinganteil oder auch Cradle2Cradle zertifizierte Produkte eingesetzt werden. Optional können PV auf dem Dach installiert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der kompakte und nicht sehr hohe Baukörper kann geschickt die heterogenen Gebäude des Schauspielhauses zusammenbinden und ergänzen. Durch ein verbindendes Dach über den Theaterplatz hinweg wird auch zum Schauspielhaus eine Gemeinsamkeit hergestellt und hier zu einem geschlossenen Ensemble komplettiert (allerdings unter Aufgabe der Bäume auf dem Vorplatz). Hier ist der Eingang in das großzügige Foyer richtig platziert. Insbesondere aber auch nach Norden kann durch eine gelungene bauliche Verbindung die Ausbildung einer Rückseite vermieden werden.

Aus denkmalfachlicher Sicht wird die Rhythmisierung in der Aufweitung des Walls zwischen Bühnenhaus und ehemaligen Postscheckamt anerkannt, wobei die Transparenz der Flucht gewahrt bleibt. Der Rückversatz über dem Erdgeschoss an der Hövelstraße erweitert die Blickbeziehung vom Wall auf das Gesundheitshaus. Die ruhige Fassadengliederung beeinträchtigt das Erscheinungsbild des Denkmals Gesundheitshaus nicht.

Das hohe und helle Foyer wird mit einer spannungsreich gestalteten skulpturalen Treppenanlage bespielt, die mit einer Sitzstufenanlage auch in die im UG angeordnete Studiobühne sehr gut anbindet und sinnvoll erweitern kann. Hier erscheint die Vermittlungsarbeit des Theaters besonders gut möglich. Die probenräume im Untergeschoss entsprechen den Größenanforderungen und Anforderungen an die ihre Proportion noch nicht. Diese Erschließungstreppe führt über einen offenen und abwechslungsreichen Luftraum bis ins 2. Obergeschoss zum Zugang der Hauptbühne und macht die geneigte Decke des Saales darüber zum komplexen dreidimensionalen Raumerlebnis.

Der Saalbereich wird als eingestellter Kubus einfach und rechteckig ausformuliert. Er wird komplett von Fluren umgeben, wodurch die Trennung in Publikums- und Mitarbeiterbereich klar erreicht werden kann. Die Fluchttreppen liegen im Übergang dieser Bereiche und sind räumlich knapp, aber grundsätzlich so möglich; hierdurch ist auch eine gemeinsame oder eine getrennte Nutzung möglich. Allerdings sind die Probebühnen und die Workshopbereiche ausschließlich im Untergeschoss angeordnet und nur teilweise über die großzügige Treppenanlage zu erreichen.

Die Anlieferung ist grundsätzlich zufriedenstellend gelöst, die Müllpresse im Untergeschoss ist so aber nicht möglich. Die darüber liegenden Arbeitsbereiche sind auf mehrere Ebenen verteilt und eröffnen dadurch wenig Möglichkeiten des kommunikativen Austauschs. Die angebotene Terrasse auf dem 3. Obergeschoss kann dies ein wenig auffangen; sie liegt aber weit entfernt von den meisten Mitarbeiterbereichen.

Die vorgestellte Fassade aus transparenten und opaken Glasscheiben führt zu erheblichen Bedenken, nicht nur bezüglich der energetischen Auswirkungen. Das gewünschte helle Gebäude ist nur schwer zu bespielen. Die Wirtschaftlichkeit der Erstellung liegt aufgrund der kompakten Bauweise im vorderen Bereich der eingereichten Arbeiten, wobei die Flächen teilweise so noch nicht in gewünschter Größe nachgewiesen sind und die Wirtschaftlichkeit durch den energetischen und Unterhaltungsaufwand durch die Glasfassade etwas relativiert wird.

Insgesamt kann dieses kompakte Konzept im Ensemble mit dem bestehenden Schauspielhaus und dem sehr attraktiven bespielbaren Foyer überzeugen.
Piktogramm Bühneneinbau

Piktogramm Bühneneinbau

Perspektivschnitt

Perspektivschnitt

Ansicht West

Ansicht West