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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2020

Sanierung und Erweiterung der Kulturhalle in Steinwiesen

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 17.000 EUR

Lauer + Lebok Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Steinwiesen erhält eine neue Veranstaltungslandschaft, eine Kulturhalle, einen Treffpunkt für die Gemeinde, einen Versorgungspavillon für Feste auf dem neuen Kulturplatz – je nach Art und Größe der Veranstaltung. Die Möglichkeiten der Nutzung sind vielfältig, die neue Infrastruktur schaltbar, nutzungsneutral und offen für viele Interpretationen. Funktional und optisch aus dem Schulkontext herausgelöst, präsentiert sich die neue Kulturhalle selbstbewusst im Ortskern ohne aufdringlich zu sein und nimmt in ihrer aulichen Sprache die Rolle des Vermittlers zwischen Einfamilienhäusern und dem Schulkomplex ein.

Städtebau
Der neue Eingangspavillon der Kulturhalle fasst den Vorplatz nach Südwesten. Das neue Foyer bildet gleichzeitig Fuge und Verbindung zwischen dem Pavillon und der Halle. Das Vorfeld der Halle ist geprägt vom Aufeinandertreffen der kleinteiligen Strukturen des Ortskerns und der Baumasse des Schulkomplexes. Hier vermittelt der Neubau durch seine Form und setzt einen Akzent durch seine Höhe. Die fein gefaltete Dachlandschaft mit Giebeln zum Zentrum bricht den Maßstab der Veranstaltungshalle auf den der benachbarten Wohnhäuser. Durch überlegt gesetzte Ausblicke verbindet sich die Halle mit dem Ort: die Kirche Mariä Geburt ist vom Foyer zu sehen, die bewaldeten Hänge über die neu geöffneten Fenster in der Halle und im Foyer. Eben diese Öffnungen sind es auch, die der Kulturhalle die neue Orientierung zum Kulturplatz hin geben.

Funktionen / Flexibilität
Die bestehenden Funktionen wie Halle, Bühne, Lager und Küche mit Theke werden erhalten und gestärkt. Ergänzt wird der Bestand durch ein angemessenes Foyer und einen Eingangspavillon mit Funktionen wie Garderobe, Toilette und Ausschank. Dies ermöglicht maximale Nutzungsflexibilität. Ob Großveranstaltung, Vortrag, ein runder Geburtstag oder eine Außenveranstaltung: die drei Bereiche Halle, Foyer und Pavillon können getrennt oder in verschiedenen Kombinationen zusammen genutzt werden.

Der sanierte Hallenbereich ist optimiert auf die Nutzung als Veranstaltungshalle. Akustik, Brandschutz und Technik/Lüftung können so integriert werden, dass viele vorhandenen Elemente weitergenutzt werden. Die bestehende Küche in der Nebenraumspange wird so umgebaut, dass Aus- und Rückgabe getrennt werden können und der 2. Fluchtweg einwandfrei funktioniert.

Über neue Türen zum Foyer und die bestehenden Glasbausteine wird eine großzügige Ver-bindung geschaffen.

Das Foyer übernimmt die Funktion eines Pausenbereichs für Großveranstaltungen, fungiert als Bar mit Blick in den Ortskern bei Tänzen oder als Treffpunkt für kleinere Gruppen. Dort können Faltgarderoben bei Bedarf ausgeklappt werden oder einfach ein kleiner Vortrag stattfinden, ganz nach Bedarf. Durch die großzügigen Öffnungen verbindet sich die Halle über das Foyer mit dem Kulturplatz, sowohl als Durchblick wie als Durchgang.

Der Pavillon nimmt alle Versorgungsfunktionen auf, die der bestehenden Halle nach der Abtrennung von der Schule fehlen. Die Toiletten sind für 400 Personen ausgelegt, der Ausschank wird geöffnet, wenn er benötigt wird.

Temporär benötigte Einrichtungen, wie Garderobenhaken oder der Ausschanktresen werden so gestaltet, dass diese verschwinden, wenn sie nicht benötigt werden.

Erschließung
Über die trichterförmige Freitreppe auf dem neuen Kulturplatz erreicht der Besucher die Kulturhalle und betritt sie durch den Eingangspavillon, der in das großzügige Foyer leitet. Die Schüler erreichen den Haupteingang behindertengerecht auf der Ostseite des Platzes ohne Höhenunterschied. Der Zugang zur Sporthalle über den erst kürzlich geschaffenen Eingang bleibt bestehen. Alle Gebäudeteile sind behindertengerecht erreichbar.

Platzgestaltung
Der Platzbereich zwischen den Risaliten der Schule wird vom Verkehr und Versiegelung befreit und über großzügige, naturnahe Pflanzbereiche mit der benachbarten Streuobstwiese verbunden.

Fahrzeuge jeglicher Art bleiben im oberen Bereich mit Kurzzeitparkzone, wo Schüler aussteigen können oder die Fahrräder abstellen. Bei Veranstaltungen können Personen mit Handicap hier ihr Auto abstellen und gelangen über eine Rampe zum Eingang der Kulturhalle.

Stufen mit Sitzfunktion schafft eine Barriere und grenzt den renaturierten Bereich ab. Auf
Eingangsniveau der Kulturhalle bietet ein nutzungsneutraler, mineralischer Vorplatz für Kulturhalle, Schule und Sporthalle eine Freifläche, die sich über großzügige Öffnungen mit dem Foyer und der Halle verbinden lässt.

Brandschutz
Die konsequente Trennung der Halle von der Schule ist in jeder Hinsicht sinnvoll. Vor allem die Anforderungen zur Erfüllung des Brandschutzes werden geringer, da die niedrige Gebäudeklasse I angesetzt werden kann.

Die Trennwand zur ehemaligen Pausenhalle wird als Brandwand ausgebildet. Die Wand zur Lager- und Nebenraumspange muss qualifiziert umgebaut werden, weshalb die Geräteraumtore ausgebaut und durch große zweiflüglige Türen ersetzt werden. Halle und Foyer werden Brandschutztechnisch als eine Einheit betrachtet. Somit besteht keine Anforderung an die Trennwand.

Alle verwendeten Materialien entsprechen den Anforderungen aus der Versammlungsstättenrichtlinie. Zum Schutz von Personen und Immobilie wird eine Brandmeldeanlage vorgesehen. Die Entrauchung erfolgt über Drehlamellen in der Glasfassade nach Norden.

Umgang mit Bestand
Mit den bestehenden Elementen und Qualitäten geht der Entwurf respektvoll um. Bauteile
werden nur verändert, wenn dies funktional oder räumlich eine Verbesserung mit sich bringt.

Die Glasbausteine im oberen Bereich der Halle werden ausgebaut, da nur so eine energetisch sinnvolle Lösung geschaffen werden kann. Hinzu kommt der Vorteil, dass Waldsilhouette so auch vom Halleninneren wahrnehmbar wird. Die neuen Fenster legen sich wie ein Band vor das bestehenden Betonskelett und schützen dieses vor Witterung ohne seine Proportionen zu verändern.

Im Innenraum der Halle werden die robusten Klinkeroberflächen erhalten und repariert, Nischen für Sportgeräte bleiben wie Intarsien zurück, erzählen von der ehemaligen Nutzung und nehmen neue Nutzungen wie Akustikpaneele oder Lautsprecher auf.
Der Neubau stellt sich eigenständig neben den Bestand, versorgt mit allem Fehlenden und bildet die Adresse der neuen Kulturhalle.

Materialität
Der Anbau wird konsequent aus dem für den Frankenwald typischen Material Holz errichtet. Die Konstruktion aus Massivholzelementen ist so gewählt, dass sie von einheimischen Firmen umgesetzt werden kann.

Die Fassade aus eloxiertem Metall, welches in unregelmäßigen Abständen gefaltet ist, zieht sich wie ein vereinender Vorhang über Bestand und Neubau. Sie schützt die vorhandene Struktur zuverlässig vor äußeren Einflüssen, ist nachhaltig, da sie recycelt werden kann und bedarf kaum Unterhaltung. Es zeigt die gestalterische Einheit und dazu ihre heutige Entstehungszeit.

Im Inneren werden vor allem robuste Materialien wie Hartholz, Beton oder die bestehenden Klinkersteine in wenig veredelten Qualitäten verbaut, was den Unterhalt erleichtert und kostengünstig ist.

Technik / Energetik
Die Technikflächen liegen unter der Bühne im Bestand und im Neubau über den Toiletten.
Die Halle wird über schnell reagierende Deckenstrahlplatten beheizt, die im Sommer auch einen leichten Kühleffekt erzeugen können. Die Energie kommt aus einer effizienten Gas-
Brennwerttherme, ergänzt durch eine konditionierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung um die Anforderungen an erneuerbare Energien zu erfüllen. Für den sommerliche Wärmeschutz werden außenliegende Lamellenjalousien an den nach Süden orientierten Fassaden vorgesehen, eine textile Verdunkelungsmöglichkeit liegt zusätzlich innen.

Die Bestandshalle wird nach modernen Anforderungen auf der Bodenplatte und an den Fassaden gedämmt, was in Verbindung mit dem bereits erneuerten Dach den Energieverbrauch minimiert. Eine Ausführung der neuen Bauteile in Passivhausstandard ist auf Grund der ohnehin notwendigen mechanischen Lüftungsanlage möglich.

Das Lüftungskonzept sieht im Sommerbetrieb eine natürliche Lüftung über drehbare Glaslamellen vor, die auch der Nachtauskühlung dienen können. Im Winter und wenn es die Luftqualität bei großen Veranstaltungen notwendig macht, kommt eine kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz.

Der Erhalt der Oberlichter in den Fassaden und deren Umrüstung auf Klarglas bietet eine gute Beleuchtung mit Tageslicht. Mit zwischen den Akustikbaffeln platzierten LED-Downlights wird eine gleichmäßige und blendfreie Kunstlichtbeleuchtung gewährleistet, ergänzt mit kleinen Pendelleuchten, die den Saal bei Bedarf in eine festlich-elegante Atmosphäre tauchen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau Das Projekt sieht der bestehenden Halle vorgelagert zwei verbundene Baukörper vor, die sich so abstaffeln, dass zur bestehenden Schule hin eine schön gegliederte Hofsituation entsteht. Die Erweiterung wird durch eine geschickte Dachfaltung der bestehenden Halle angegliedert, welche durch ihre Ausformulierung auch einen regionalen Bezug zu den in der Umgebung vorherrschenden Giebeldachform aufnimmt. Gewürdigt wird die sorgfältige Auseinandersetzung mit der topografischen Situation. Die Höhenunterschiede werden in der freiraumplanerischen Ausgestaltung genutzt um eine klare Zonierung des Vorplatz mit grünen Aufenthaltsqualitäten zu schaffen. Ökologische Aspekte werden über naturnahe Blumenwiesen und Eidechsenmauern etc. berücksichtigt. Die geforderten Stellplätze wurden nicht auf dem Gelände untergebracht.
Gestaltung Eine Metallvorhangfassade zieht sich über Bestand und den neuen hölzernen Anbau und fasst alle Kubaturen zu einer gezackten Landschaft zusammen. Der architektonische Ausdruck wird als städtisch und im Kontrast zu der bestehenden Schularchitektur aus den 60er Jahren auseinandersetzend bewertet. Das Preisgericht empfiehlt sowohl die etwas überdimensionierte Geste des Eingangsbereiches, der sich im Inneren stark verengt, als auch die ortsfremde und expressive Fassadenmaterialität für eine größere Sensibilität zum Ort und vor allem zum Bestand zurückhaltender zu formulieren.
Funktionalität Die gezielte Schleuse durch Garderobe und Sanitär in ein großzügigs und wohl platziertes Foyer schafft eine übersichtliche Situation und eröffnet vielseitige Blickbeziehungen auf Platz, in die Kulturhalle, aber auch auf die Kirche Maria Geburt und die umliegende Hügellandschaft. Trotz des expressiv ausformulierten und vorgelagerten Eingangsbereich erscheint die Adressbildung des neuen Kulturbaus ist durch die beiden Zugangsmöglichkeiten vor allem in der Perspektive zu wenig differenziert. Geschätzt wird die Möglichkeit des Außenausschanks. Auch die vorgeschlagene Infrastruktur für Anlieferung und Bedienung der Bühne wird gewürdigt.
Berücksichtigung akustischer Belange Akustische Belange werden über Akustikbaffeln an der Saaldecke und Akustikpanele in den Bestandsnischen berücksichtigt.
Energie und Raumklima Die Verfasser schlagen eine Platzierung der haustechnischen Anlagen sowohl im Bestandskeller unter der Bühne, als auch im Anbau über den Sanitäranlagen vor. Die Notwendigkeit von Letzterem sollte überprüft werden. Der sommerliche Wärmeschutz wird durch außenliegende Lamellen garantiert, deren gestalterische Einbindung durch die Darstellungen nicht nachgewiesen wird.
Nachhaltigkeit Bei dem neuen Anbau handelt es sich um einen Massivholzbau und damit um die Verwendung eines regional vorhandenen und nachwachsenden Rohstoff. Im Saalinneren finden robuste Materialien Platz, welche einer langjährigen Nutzung standhalten können.
Wirtschaftlichkeit Die Hülle aus eloxiertem Metall wird nicht weiter beschrieben und sollte sowohl in nachhaltiger wie auch wirtschaftlicher Hinsicht überdacht werden.
Realisierbarkeit Das Projekt kann aus allen genannten Aspekten und unter Berücksichtigung der Wettbewerbsbeurteilung für realisierbar eingeschätzt werden und wird deshalb von dem Preisgereicht zur Weiterbearbeitung empfohlen.