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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2020

Neubauten für die Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg

Perspektive Campusmitte

Perspektive Campusmitte

1. Preis

wörner traxler richter

Architektur

MJRM Mijaa Raummanufaktur Architekten

Architektur

Erläuterungstext

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Petra Wörner
Björn Bischoff
Edin Saronjic
Sebastian Pfau
Jan Kucera
Alexander Scholtysek

Julia Kemkemer
Konstantin Kirstein
Maximilian Pfaff
Alexander Hubl
Levin Dolgner



ENTWURFSPRÄGENDE THESEN

1. Der neue Campus verlangt nach Identität, diese stiftet das historische Kesselhaus mitsamt seiner baukörperlichen Kraft und seiner fein gegliederten Fassade.

2. Begegnung und Austausch brauchen kraftvolle, intuitiv auffindbare Orte. Die Neubauten müssen mit ihren Raumkanten die Kulisse für solche Orte bilden.

3. Die Niveauversprünge der gewachsenen Topografie sind nicht Hindernis, sondern Potentiale für das gemeinschaftliche Leben und den Austausch, sowohl zwischen als auch in den Gebäuden.

4. Die Neubauten müssen in behutsam entwickelter Beziehung zum Kesselhaus positioniert, detailliert und stadt‐ und innenräumlich organisiert werden.



STÄDTEBAULICHES KONZEPT UND FREIRAUMQUALITÄT

Bezug zur historischen Bebauung

Das Kesselhaus und die umgebenden historischen Bauten verankern das neue bauliche Gefüge des erweiterten Campus´ identitätstiftend an diesem stark überformten Ort. Darum werden die Wegeführungen zwischen den Gebäuden und die Zugänge zu den Neubauten in klarer Beziehung zum Kesselhaus, zur ehemaligen Desinfektionsanstalt und dem Bestandsbau der Pathologie entwickelt. Blickbeziehungen zwischen Bestehendem, weiterhin Gültigem und den Orten der künftigen Bebauung versetzen den Campus in eine produktive Spannung.


Städtebauliche Setzung und der Campus als Gemeinschaftsort

Die neuen, eigenständigen Baukörper bilden, zusammen mit den bestehenden Treppenanlagen und dem Straßenraum im Südwesten, eine einfassende, gemeinsame und durchgehende Raumkante um das taktgebende Kesselhaus. Diese Raumkante bildet einen definierten Stadtraum aus, der Platz und Bühne für Begegnung und Austausch ist – hier entwickelt sich das Herz des Campus´. Die Neubauten nehmen das plastisch kraftvolle Kesselhaus in ihre Mitte, nehmen sich im Ausdruck zurück und bilden die Kulisse für das Campusleben in und um das Kesselhaus. Dieses gemeinschaftliche Leben des Campus´ entwickelt sich spannungsvoll zwischen den offenen, fachbereichsübergreifenden Nutzungen des Kesselhauses und den platzzugewandten, den Austausch fördernden Nutzungen (Hörsäle, zweigeschossige Foyers, Ausstellungsräume und Cafenutzungen) der Neubauten. Von allen Niveaus aus wird der Platz visuell belebt – und der Platz erhält hierüber im Gegenzug spannungsvolle, belebte Fassaden, die vom Platzniveau bis hin zu den gemeinschaftlichen Arbeits‐, und Kaffeenischen sowie den Begegnungsorten in den oberen Geschossen reichen.

LEITIDEE DES ENTWURFS UND ARCHITEKTURQUALITÄT

Topografie als Potential – Verwebung von Stadtstruktur und Gebäudeinnerem

Die derzeit sehr stark voneinander getrennten Niveaus der Röntgenstraße und des Kesselhauses werden mit Hilfe von Auftaktplätzen, Gassen, Treppen, Wegen und Plätzen miteinander verflochten, so dass ein kontinuierlicher, offener Stadtraum entsteht. Die Bewegungsräume und Zugangsbereiche sind dabei auf die neue Mitte mit dem historischen Kesselhaus und den umsäumenden Platz ausgerichtet.


Vermittlung zwischen den beiden Erdgeschossen im Innenraum und Außenraum

Die Besonderheit der Stadttopografie wird zum prägenden gestalterischen Element der neuen Baukörper und der Außenraumgestaltung. Die äußere und innere Struktur richtet sich dabei auf die Campusmitte mit dem zentralen Kesselhaus. Die Besonderheit der Stadttopografie wird zur Besonderheit der neuen Struktur. Die Orientierung dieser kommunikativen Elemente zueinander fördert die Begegnung, Kommunikation und Austausch.


Der vermittelnde Sockel und die Begegnungsorte

Zwischen dem oberen und unteren Erdgeschoss spannt sich ein vermittelnder, gestaltprägender Sockel. Dessen Material‐ und Maßstabsbezug zur historischen Bebauung verleiht dem Ensemble ein zusammenhängendes Gepräge, ein durchlässiges, die Baukörper miteinander verbindendes, fast städtisches »Raumgefüge« kann so entstehen.
Die Zugänge, Foyers, Begegnungs‐ und Austauschzonen der neuen Laborgebäude orientieren sich zum gemeinsamen Platz der Forschung. Innerhalb der Eingangsbereiche der Module 1.1 und 2.3 mit ihren großzügigen Lufträumen finden die beiden eingelagerten Portalteile (Karchergelände und Kinderklinik) ihren neuen Platz und bilden damit den Auftakt der Ausstellungsbereiche, welcher durch das Schaufenster für Plastinate in Modul 2.1 und die geplante Ausstellung im Kesselhaus nach Umsetzung des Ideenteils komplettiert wird.
Sowohl zwischen den Gebäuden als auch im Gebäudeinneren werden die Erschließungsräume als in ihrer Qualität »städtische« Begegnungsorte begriffen und als solche räumlich entwickelt: Zum Platz ausgerichtete Vorlesungssäle überführen die topografischen Sprünge des Außenraums in das Innere. Breite Freitreppen verknüpfen die verschiedenen Anschlussebenen der mehrgeschossigen Foyers zu kommunikativen und repräsentativen Begegnungsorten. Diese entwickeln sich in den Obergeschossen zu weiteren Orten der Zusammenkunft, die immer zum Platz und den Zugangsbereichen der Neubauten ausgerichtet sind.


Fassadengestaltung

Der zwischen dem oberen und unteren Erdgeschoss gespannte vermittelnde, gestaltprägende
`Sockel` nimmt die Maßstäblichkeit und die Materialität des historischen Kesselhauses auf und interpretiert diese neu. Der Material‐ und Maßstabsbezug zur historischen Bebauung verleiht dem Ensemble ein zusammenhängendes Gepräge. Die öffentlichen Funktionen der Hörsäle, Ausstellungsräume, Veranstaltungsräume und Cafénutzungen verleihen dem massiven `Sockel` eine zusätzliche Porosität, Durchlässigkeit und Offenheit. Die Einkleidung des Sockels in einem rötlich gefärbten Sandstein nimmt den Bezug zum roten Klinker der Bestandsbauten auf.

Die aufgehenden Baukörper der Neubauten nehmen den strukturellen Bezug zum Sockel auf, entwickeln jedoch durch die kontrastierende Materialität und Farbigkeit eine Leichtigkeit. Die

feingliedrigen Leichtmetallelemente erhalten eine helle Beschichtung. Die Transluzenz der Streckmetall‐Verschattungselemente verleiht der Fassade eine zusätzliche Leichtigkeit. Die beweglichen Faltschiebeläden folgen dem Sonnenverlauf und kreieren eine ständig verändernde Kulisse.


Freiraum

Die Freiräume und Innenräume des neuen Campus` überschneiden sich auf verschiedenen Ebenen: visuell, materiell und programmatisch. Mithilfe der Frei‐ sowie Innenraumbeziehungen werden die Studenten, Forscher, Mitarbeiter und Besucher zwischen den wichtigen Ankerpunkten/Haupträumen des Campus` geführt.
Eine homogen bepflasterte Fläche schmiegt sich um die neuen Baukörper und schafft einen Übergang zu den prägenden Bestandsbauten sowie großzügige Eingangssituationen. Die Möblierung des Außenbereichs setzt sich im Inneren des Gebäudes, in den zweigeschossigen Foyers und den Sitztreppen über ein Mobiliar gleicher Materialität fort.
Die beiden erhaltenswerten und den Straßenraum prägenden Kastanien an der Ecke Röntgenstraße und Am Friedhof, sowie die beiden Atlaszedern, welche zu dieser Baumgruppe gehören, werden in den Entwurfsansatz integriert und tragen somit dem stadtklimatischen und ökologischen Aspekt Rechnung. Der kraftvolle, städtische Platz wird mit behutsam gesetzten Bäumen und durchgrünten Aufenthaltsorten angereichert. Orte der Bewegung, Begegnung und Entschleunigung wechseln einander in dichter Folge ab.



PROGRAMMERFÜLLUNG UND INNERE ORGANISATION, FUNKTIONALITÄT

Innere Organisation ‐ Verwebung von Begegnungsorten im Innen‐ und Außenraum

Die innere Erschließung des Gebäudes ist als Fortsetzung des Stadtraums im Gebäude gedacht. Diese wesentlichste, innere Raumbeziehung der Neubauten entwickelt sich entlang von Freitreppen und begleitenden, mehrgeschossigen Lufträumen und verbindet die Begegnungs‐ und Verweilorte zu einem Raumgefüge über alle Geschosse. Diese räumlichen Beziehungen und Bewegungen der Nutzer durch das gesamte Gebäude zeichnen sich in den Fassaden der Baukörper deutlich ab.


Funktionalität

Die Module 1.1 (Forschungs‐ und Lehrgebäude) und 1.2 (ECAS) weisen eine vergleichbare Struktur auf. In den Regelgeschossen bilden jeweils zwei Laboreinheiten einen Gebäuderücken aus, während sich die andere Seite der Gebäude in eine ruhigere Bürozone und einen kommunikationsfördernden Bereich mit Besprechungs‐ und Sozialräumen gliedert. Dabei ist insbesondere die Vernetzung der Ebenen untereinander hervorzuheben, welche sich durch die versetzte Anordnung der Lufträume ergibt.
Sowohl im Modul 1.1 (Forschungs‐ und Lehrgebäude) als auch in dem Modul 2.3 (Hörsaalgebäude) verbinden die Hörsaalbereiche die beiden entwurfsprägenden Ebenen Kesselhaus und Straßenniveau miteinander, indem die Bewegung des ansteigenden Gestühls dem Geländeverlauf folgt. Das studentische Leben wird dadurch automatisch zur Drehscheibe des Campus`, dem Kesselhaus mit dem umgebenden Freiraum geführt. Der kommunikative Charakter des Moduls 2.3 (Hörsaalgebäude) wird durch die Verknüpfung der Seminarräume über die Freitreppe im Atrium auf den oberen Ebenen fortgesetzt.
Die Tierhaltung im Gebäude 111 kann durch den Neubau des Moduls 1.1 abgelöst werden. Die vier hygienischen Bereiche sind separat angelegt und werden dementsprechend über eigenständige

Schleusenbereiche erschlossen, während der allgemeine Lagerbereich und die Umkleiden den Hygienebereichen vorgeschaltet sind. Die unmittelbare Anordnung der technischen Gebäudeausrüstung oberhalb der Tierhaltung stellt eine wirtschaftlich optimale Lösung dar, welche zudem beste Voraussetzungen für Wartung‐ und Instandhaltungsmaßnahmen bietet.
Mit der Umsetzung des Neubaus aus dem Ideenteil (Modul 2.1) entsteht ein weiterer platzbegleitender Baustein. Während die Obergeschosse das Grundprinzip der Kombination aus Labor, Büro und Kommunikationsbereich in angepasster Struktur fortgeführt wird, bildet das Schaufenster der Medizinischen Fakultät mit dem Ausstellungsbereich für Plastinate in dem ergänzten Sockelbereich benachbart zum studentischen Cafe eine weitere Attraktion auf dem Kesselhausniveau.



WIRTSCHAFTLICHKEIT (Flächeneffizienz, Nutzungsflexibilität, Lebenszykluskosten)

Flächeneffizienz

Die Gesamtfläche der Raumprogramme wird bei den einzelnen Gebäuden sehr nah an den Vorgaben umgesetzt, wodurch die kostenbewusste Herangehensweise ersichtlich wird. Die Kennwerte der Neubauten befinden sich in einem üblichen Rahmen für universitäre Bauten der Forschung und Lehre, sodass verhältnismäßig geringe Betriebskosten zu erwarten sind, da die Neubauten zudem in Anlehnung an die Passivhausbauweise, sowie angestrebter BNB‐Zertifizierung in Silber und somit auf dem neuesten Stand der Technik errichtet werden.


Tragwerk

Für die Neubauten ist ein fugenlos geplantes Stahlbeton‐Skeletttragwerk vorgesehen. Das regelmäßige Stützraster korrespondiert sowohl mit dem Ausbauraster von 1,30 x 1,30 m, als auch mit den durch den integrierten Betriebshof gegebenen Abhängigkeiten der Tiefgarage.
Dementsprechend beträgt die maximale Ausdehnung 7,80 x 7,80 m, sodass sich eine wirtschaftliche Gesamtkonstruktion mit unterzugsfreien Flachdecken in Ortbetonbauweise bei den Regelgeschossen ergibt. Diese sind als durchlaufende punkt‐ und liniengelagerte Flachdecken geplant und werden im Sinne der Flexibilität und Nachhaltigkeit in den oberirdischen Geschossen für eine Nutzlast von mindestens 5,00 kN/m² ausgelegt. In den Bereichen des Betriebshofes, sowie in allen Technikzentralen werden entsprechend höhere Werte angesetzt. Da die Aussteifung der Neubauten jeweils durch die Gebäudekerne erreicht wird, besteht in der Bespielung der Grundrisse eine größtmögliche Flexibilität.



ENERGIE, GEBÄUDETECHNIK, RESSOURCENEFFIZIENZ
(Konzeption Gebäudetechnik, Energiebedarf und ‐deckung, Versiegelung, Konstruktion und Baustoffe)


Energie und Nachhaltigkeit

Das Energiekonzept sieht eine Kombination von Bedarfsminimierung und Versorgung mittels erneuerbarer Energieträger (Fernwärme und PV) unter Berücksichtigung der Investitions‐ und Unterhaltskosten vor. Zur Minimierung des Heizwärmebedarfs im Betrieb werden alle Außenbauteile im Passivhausstandard ausgeführt.

Die Struktur des Entwurfes trägt dazu bei, Gebäudetechnik nur dort einsetzen zu müssen, wo sie zwingend notwendig ist. Die Räume, die eine hohe Belegungsdichte aufweisen, werden mechanisch be‐ und entlüftet. Die Zuluft wird über zentrale Lüftungsanlagen in die Räume eingebracht und kann über ein Nachheizregister weiter erwärmt werden. Die Wärme aus der Abluft wird zurückgewonnen. Die Gemeinschaftsbereiche sind hingegen über Öffnungsflügel und die Dachfenster natürlich belüftet, um den Installationsaufwand des Gebäudes zu minimieren.
Im Sommer wird das gesamte Gebäude durch Nachtauskühlung über die mehrgeschossigen Atrien und Lufträume der Gemeinschaftsbereiche gekühlt. Dies wird durch die mikroklimatische Situation des Grünraums im Süden begünstigt, da dort auch in heißen Sommern eine ausreichende Kühlung zu erwarten ist. Der Sonnenschutz ist auf die jeweilige Nutzung und Himmelsrichtung bezogen. Auf der Nordfassade verringern die vertikalen Fensterformate im Zusammenspiel mit tiefen Fensterlaibungen die Erwärmung in den sommerlichen Morgen‐ und Abendstunden.



BAUPLANUNGS- UND BAUORDNUNGSRECHT, BRANDSCHUTZ

Bauphasen

Die Etappierung der Campusentwicklung sieht im ersten Schritt eine Fassung der südlichen Raumkanten durch die Laborgebäude vor. Der Campusplatz setzt sich im Platz der Forschung fort und wird im Südosten durch die Neubauten gefasst und mit Gemeinschaftsnutzungen belebt.
Die Neubaumodule 1.1 (Forschung‐ und Lehrgebäude), 1.2 (ECAS) und 2.3 (Hörsaalgebäude) können gleichzeitig und unabhängig von dem zunächst noch notwendigen Erhalt des Gebäudes 111 errichtet werden. Nach Erstellung des Forschungs‐ und Lehrgebäudes und Inbetriebnahme der dort vorgesehenen Tierhaltung werden das Gebäude 111 und der östliche Anbau an das Kesselhaus zurückgebaut. Die Inhalte des Ideenteils können ebenfalls gleichzeitig und ohne Interdependenz errichtet werden. Bis die zweite Etappe das Ensemble abschließt, kann ein freiraumplanerisches Konzept den zentralen Campusplatz im Süden volumetrisch einfassen.


Stellplätze

Es werden insgesamt 86 neue Stellplätze realisiert, welche vollständig in der Tiefgarage untergebracht werden. Da zu den 100 geforderten neuen Fahrradstellplätzen weitere 112 zusätzliche Fahrradstellplätze erstellt werden, kann die baurechtlich notwendige Anzahl der Stellplätze um 28 Plätze reduziert werden.


Brandschutz

Das Ziel des brandschutztechnischen Konzeptes ist es, notwendige und innenliegende Flure soweit möglich zu vermeiden. Dabei werden die oberirdischen Ebenen der Neubauten in Nutzungseinheiten mit einer Größe < 400 m² gegliedert, und jeweils durch zwei unabhängige bauliche Rettungswege gesichert. Die Hörsaalbereiche weisen sowohl Ausgänge auf dem Niveau des Kesselhauses, als auch auf dem Niveau der das Gelände umschließenden Straßen, Röntgenstraße und Krafft‐Ebing‐Straße auf. Gleiches gilt für die Angriffswege der Feuerwehr, welche sowohl auf dem Platz um das Kesselhaus, als auch auf Straßenniveau zwischen den Neubauten die notwendigen Aufstellflächen vorfindet. Alle Neubauten sind so geplant, dass sie unterhalb der Hochhausgrenze bleiben.

Beurteilung durch das Preisgericht

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Den Verfasser/ innen ist ein feiner Entwurf gelungen, der subtil und leise auf die kontextuellen Bedingungen eingeht, die funktionalen Anforderungen des Raumprogramms geschickt umsetzt und im architektonischen Ausdruck überzeugen kann.
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Dem Entwurf liegt die These zugrunde, dass das historische Kesselhaus von identitätsstiftender Kraft für den neuen Medizinischen Lehr- und Forschungs-Campus ist. Die städtebauliche Setzung ist hierauf fein abgestimmt. Die Positionierung der Module 1.1 und 1.2 erfolgt entlang der Grundstückskante zum Friedhof. An der Röntgenstraße wird das Modul 2.1 verortet, jedoch nimmt es nicht die Vorderkante des Kesselhauses in der Flucht auf, sondern springt etwas zurück, hinter die Linie der Türme, die den historischen Altbau fassen. Der Abstand des Neubaus zur Straße wird durch eine Außentreppe geschickt genutzt, um die unterschiedlichen Ebenen zu verbinden. Somit können Sackgassen auf der unteren Niveauebene vermieden werden.

Das Kesselhaus steht frei, bekommt der Raum, den es braucht um seine ortsprägende Wirkung zu behalten. Im nördlichen Teil des Grundstückes ist das Hörsaalgebäude (Modul 2.3) situiert, mit ausreichendem Abstand zum historischen Desinfektionsgebäude. Alle vier Baukörper sind gut proportioniert und entwickeln eine Ensemblewirkung gemeinsam mit den beiden Baudenkmälern. Die definierten Freiräume besitzen eine hohe Aufenthaltsqualität, es wird differenziert zwischen dem Campusplatz (auf der Ebene des Kesselhauses) und einem Platz der Forschung (auf Straßenebene). Im Unterschied zum grünen Klinikgelände auf der gegenüberliegenden Straßenseite sowie der Grünanlage des angrenzenden Friedhofs, formuliert der neue Medizinische Lehr- und Forschungs-Campus einen städtischen Charakter. Die Verfasser/ innen schlagen einen Pflasterbelag vor. Die beiden Straßenraum prägenden Kastanien können erhalten werden.

Auch die innere Organisation reagiert subtil auf den Kontext. Eine Vernetzung von Außenräumen und Innenräumen wird angestrebt und mittels Treppenanlagen umgesetzt. So findet sich die Freitreppe, die die beiden Hauptebenen miteinander verbindet, auch im Innenraum wieder, mit hoher Aufenthaltsqualität im Vorbereich des großen Hörsaals. Die Grundrisse der Labor- und Bürogeschosse sind stringent organisiert. Durch verspringende Lufträume entsteht eine interessante Vernetzung der Geschosse untereinander, hier sind die Sozial- und Besprechungsräume sowie die Kommunikationsbereiche angeordnet. Das Angebot wird an der Schnittstelle zwischen Laborbereich und Büroräumen gemacht, hierdurch ergeben sich informelle Begegnungen, die die Interaktion untereinander fördern. Die Größe der Kommunikationsflächen erscheint ausreichend, jedoch könnte eine Erhöhung der Flächen in diesem Bereich die Innenraumqualität noch erhöhen. Kritisch diskutiert wird die Organisation der drei Untergeschosse. Die Lage der Tierhaltung im 3. Untergeschoss muss aufgrund der Grundwasserthematik in Frage gestellt werden.

Die Hörsäle mit ansteigendem Gestühl im Modul 2.3 sind auf dem Niveau des Kessel-hauses vis-a-vis der Freitreppe und dem Hörsaal im Gebäude 1.1 angeordnet. Hierdurch entsteht ein gelungener Dialog über den Campusplatz hinweg.

Die Fassadengestaltung der Neubauten ist ebenfalls aus dem Bestand abgeleitet. Die Sockel nehmen Farbigkeit und Materialität der Baudenkmäler auf, darüber befinden sich fein strukturierte Metallfassaden. Die Gliederung bildet die dahinter liegenden Nutzungen ab. Der Anteil an Glasflächen und geschlossenen Fassadenbereichen überzeugt.

Technik:

Komplette Technikebene in UG 1. Nur wenige, aber sehr große Technikschächte zur Versorgung der Labore. Die Sonnenschutzanlage ist sehr aufwendig. Die Anpassung auf den Sonnenstand ist ungünstig, allerdings entsteht durch die Perforation auch bei geschlossenem Sonnenschutz eine Sichtverbindung nach außen.

Nachhaltigkeit:

Die Arbeit bietet bei einem Gesamtfensterflächenanteil kleiner 50% eine angemessene Tageslichtversorgung der Nutzbereiche und Erschließungen. Hinsichtlich der Nachhaltigkeitskriterien bewegt sie sich im mittleren bis günstigen Bereich.

Denkmalschutz:

Da der östliche Neubau gegenüber dem Kesselhaus zurückversetzt wird, ist die gute Einsehbarkeit gewährleistet. Die Fassaden wählen für die unteren beiden Geschosse ein anderes Material als für die oberen, was den Größenverhältnissen zwischen Kulturdenkmal und Neubau guttut. Roter Sandstein für die Neubauten nimmt Bezug auf die historischen Gebäude.
Perspektive Röntgenstrasse-Süd

Perspektive Röntgenstrasse-Süd

Perspektive Hörsaalzentrum, Röntgenstrasse-Nord

Perspektive Hörsaalzentrum, Röntgenstrasse-Nord

Lageplan Ideenteil

Lageplan Ideenteil