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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2020

Ersatzneubau Schulzentrum Campus Glashütte in Norderstedt

Anerkennung

Preisgeld: 30.750 EUR

Baumschlager Eberle Architekten

Architektur

USUS Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

IPJ Ingenieurbüro P. Jung GmbH

Energieplanung

Erläuterungstext

Städtebau und Außenraum – eigene Atmosphäre
Das neue Schulgebäude rückt in den Norden und wird über den Schulhof mit dem Ossenmorpark verbunden. Auf diese Weise wird der Park wieder in den gesamtheitlichen Grünraum der Umgebung integriert. Parke verfügen sehr oft über ihre eigene Atmosphäre und sagen sehr viel über die Wünsche und Bedürfnisse zur Zeit ihrer Entstehung aus. Der Ossenmoorpark wird charakterisiert durch geschwungene Wege, welche die polygonalen „Inseln“ unterschiedlich intensiver Nutzungen“ umspielen. Diese Gliederung gilt auch für die Bereiche, welche unmittelbar von den Schüler*innen in Anspruch genommen werden. Sie erstrecken sich vom Rand des Grundstückes bis hin zum eigentlichen Schulbau. Gefasste Zonen und landschaftliche Weiten ergänzen einander in der Nutzung und Wahrnehmung des Freiraumes. Ungewöhnlich ist auch der fließende Übergang zwischen öffentlich und schulisch genützten Grünflächen.
Vom südlichen Teil der Straße am Böhmerwald erfolgt der hauptsächliche Zugang zur Schule. Dieser führt über den öffentlichen Grünraum und an der Sporthalle vorbei zum trichterförmigen Schulhof, um dann mittig oder tangential – je nach Belieben - in den Haupteingang zu münden. Die bestehende Aula und die neue Schule werden durch eine direkte Achse miteinander verbunden, die sicherlich prägend für das gesamte Areal wirkt.
Das Haus mit den 4 Nutz*innen selbst wird ganz klar an drei Seiten von Baumreihen gefasst. Besonders aus dem Dialog zwischen dem zurückgesetzten Haupteingang und der vorgezogenen Baumreihe entsteht eine recht spannende räumliche Situation. Wie viele pädagogische Einrichtungen werden auch hier die Schule von Externen genutzt. Daher sind für dies, wie auch für den „Offenen Ganztag“, die Lehr*innen und dem Wartungspersonal eigene Eingänge vorgesehen.

Erschließung und Funktion – ein Haus für vier
Die neue Schule verbindet als räumliche Hülle die Aufgaben von 4 Institutionen. Das Gemeinsame steht über dem Trennenden. Diese Haltung ist bereits am Eingang und besonders im Erdgeschoß erkennbar. Hier finden sich die gemeinschaftlichen Nutzungen (Mensa, die Bibliothek, Lehrer*innenzimmer…) des Hauses, die um eine großzügige zentrale Erschließung samt Bioladen als erlebbare Mitte gruppiert werden. Räumliche Vielfalt bringen zudem die beiden unterschiedlichen Hofbereiche ein, deren Charakteristik auf die angrenzenden Räume abgestimmt ist. Ein Skulpturengarten öffnet sich zum Zeichen- und Handarbeitsräumen, der „stille Hof“ findet sich nahe den Klassenarbeitszimmern und dem Bibliotheksbereich. Diese Mitte reflektiert die Anordnung der beiden Schulen: Das Lise-Meitner-Gymnasium und die Gemeinschaftsschule Ossenmorpark teilen sich jeweils eine Etage, sodass der unmittelbare Bezug zwischen beiden pädagogischen Einrichtungen strukturell gegeben ist.
In die Obergeschosse führen zwei breite Aufgänge mit Sitzstufen, die mit den beiden Innenhöfen beginnen, sodass das Erlebnis der Dreidimensionalität unmittelbar gegeben ist. Bestärkt wird diese Öffnung durch eine Galerie für jede Schule mit Sichtbezug ins Freie und die zentrale Mitte. Die Cluster gruppieren sich um Atrien, welche die Differenzierungsräume belichten und zur Clustermitte erweitert werden können. Die Raumatmosphäre im Lerncluster ist überschaubar und kleinteilig. Differenzierung der Teilbereiche, Ausbildung von Nischen, Transparenzen zur Clustermitte und Gliederung in Kommunikations- und Konzentrationszonen bieten ein sehr weites Spektrum räumlichen Eigenschaften, die auf die Schüler*innen abgestimmten sind.
Die neuen Sporthallen sind strukturell ähnlich wie die Schule aufgebaut. Eine gemeinsame Mitte erschließt – mit Sichtbezug - die beiden Hallen, welche halb im Terrain eingelassen sind. Auf diese Weise sind Einblicke vom Schulhof aus möglich, wie auch der Zuschauerbereich niveaugleich von außen wahrgenommen werden kann.

Konstruktion und Material – Beständigkeit in der Veränderung
Schulgebäude weisen eine viel längere Nutzungsdauer auf als die sich häufig ändernde pädagogische Praxis und die damit verbundenen räumlichen Anforderungen. Daher fiel die Wahl auf eine flexible Holz-Skelett-Konstruktion mit Holz-Beton-Verbund-Decken. Räumliche Anpassungen können einfach vorgenommen werden, während die architektonisch identitätsstiftende Erscheinung erhalten bleibt. Die Systematik aus großen und kleinen Räumen basieren auf der einheitlichen Gebäudekonzeption.
Es werden ausschließlich natürliche, langlebige alterungsbeständige Materialien verwendet, wie natürliches Holz, Glas, Metall und strapazierfähiger Beton. Auf diese Weise entsteht eine robuste Hülle für die schulischen Aktivitäten mit dem Potential der Veränderung.
Tageslicht-Nutzung ist in allen Bereichen der Schule möglich, durch das Brise Soleil wird der außenliegende Sonnenschutz reduziert, sodass blendfreies Lernen mit Aussicht möglich ist.


Ökonomie und Ökologie – gemeinsame Teile eines Systems
Grundlage für die Verbindung der wesentlichen Parameter im Bau ist die kompakte Kubatur von Schule und Sporthallen mit ihrem optimierten Verhältnis zwischen Außenflächen und Volumen. Auf diese Weise werden schlichtweg Geld und Energie gleichermaßen wie auch beständig eingespart. Einhergehend damit ist das optimierte Verhältnis von Tageslichtnutzung sowie den Außen- und Innenraumbezüge. Will heißen, soviel wie notwendig sowenig wie nötig werden die Öffnungen gesetzt, um eine stimmige Atmosphäre der Schule zu erreichen. Die Sporthallen werden teilweise im Erdreich abgesenkt, nicht nur wegen der Sichtbeziehungen, sondern auch aus Gründen der Energieoptimierung.
Die thermische Hülle wird entsprechend aktueller Energiestandards gedämmt, die Kompaktheit der Baukörper bringt auch eine Reduktion der technischen Anlagen sowie der Betriebskosten mit sich. Die Nutzung von Geothermie zur Heizung und Kühlung ist ebenso möglich, wie natürliche Lüftung und Nachtkühlung.
Die höheren Kosten für das Tragwerk im Rohbau werden durch die Sichtqualität und damit verbunden einen reduzierten Ausbau, der verkürzten Bauphase und der Langlebigkeit der verwendeten Materialien mehr als kompensiert. Natürliche, alterungsbeständige Materialien verringern den Schadstoff-Eintrag und generieren ökonomische wie ökologische Nachhaltigkeit in Bezug auf die Lebens-Zyklusanalyse.

Architektur – Geometrie, Licht, Materialität
Die städtebauliche Leitidee der Schaffung eines zentralen Campus in Glashütte wird mit den elementaren Möglichkeiten des Mediums intensiviert. Die klare Geometrie schafft ein signifikantes, orthogonales Volumen, das auf dem Bezug zwischen der Körperlichkeit des Gebauten und dem freien Raum der Höfe begründet ist. Dichte und Transparenz des Hauses werden durch das omnipräsente Tageslicht akzentuiert, während die Materialität das Moment des Visuellen um den Aspekt des Berührbaren erweitert, sodass die Sinnlichkeit des Gebauten ihre Wirkung entfalten kann.
Plastizität und Offenheit als Leitideen bilden sich konkret in der Organisation des Gebäudes ab. Seine Lesbarkeit, die räumliche Differenzierung und die klare Zonierung im Inneren führen zu einem ganz konkreten, praxisbezogenen Ergebnis: dem langfristigen Komfort der Nutzung.

Conclusio – Ziele und Umsetzung
Schulen sind heute mehr als nur pädagogische Anstalten, sie sind integrativer Teil von Bildungslandschaften und Aktivitätsbereichen, welche die Menschen (fast) allen Alters berührt. Daher ist hier in Glashütte das Ziel der planerischen Intention zu unterstützten: nämlich die nahe Kooperation der Beteiligten, die Schaffung eines Orts der Begegnung und die Stärkung des sozialen Zusammenhalts im Stadtteil
Die Umsetzung dieser Ideen findet sich konkret in der zentralen Mitte für den Schulalltag beider Schulen und der anderen Bildungsträger. Ebenso wurde das Haus vertikal organisiert, sodass eine erlebbare Nähe zwischen Schulen entstehen kann, während Funktionsbereiche auch außerhalb der Schulzeiten das Haus für andere Bildungsträger, Institutionen und die Öffentlichkeit offen ist – seien es Sportler*innen oder Erkenntnissuchende.
Last but not least: Nach der eigenen Wohnung ist die Schule das erste prägende räumliche Erlebnis für junge Menschen, welches sie ihr Leben lang begleitet -bewusst oder unbewusst. Die Botschaft der Schul-Architektur, wie sie hier intendiert ist, beruht auf den elementaren Aussagemöglichkeiten des Mediums, welche die Schüler*innen in ihrem Leben begleiten sollen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Gruppierung der Schule, der Sporthallen und der bestehenden Aula bildet
einen gekonnten Dreiklang auf dem Wettbewerbsgelände. Die städtebauliche
Konzeption des Schulgebäudes, entlang einer linearen Erschließungsachse die
Gebäudevolumen und die Höfe auf dem nördlichen Teil des Grundstücks zu
gliedern und mit dem Außenraum zu verzahnen, wird von der Jury positiv
gewertet. Die Entscheidung des Verfassers für die konsequente Drei-
Geschossigkeit lässt das Gebäude selbstverständlich in den Maßstab der
Umgebung einfügen. Auch der gewählte Abstand zur nördlichen
Wohnbebauung wird als wohltuend und als respektvoller Umgang mit der
Nachbarschaft empfunden.
Die Qualität der klar gegliederten Fassade mit ihrer sichtbaren warmen
Holzfassade und den davor gesetzten filigranen Brise Soleil als hartes
Betonfertigteil überzeugen. Die Proportionen der Gebäudeansichten
erscheinen in Ihrer Maßstäblichkeit angemessen und angenehm. Die sauber
strukturierten Grundrisse werden hervorgehoben und von der Jury in ihrem
grundsätzlichen Ansatz für gelungen befunden
Es ist ein kompaktes nord-südausgerichtetes Gebäude entstanden, das
geschickt mit dem Thema Enge und Weite sowie Dichte und Transparenz spielt.
Neben den gestalterischen Vorzügen werden die für eine Schule wichtigen
Aspekte der Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit von Technik, Materialität,
Investitions- und Lebenszyklus für gut bewertet.
Dennoch fällt bei näherer Betrachtung leider auf, dass die für die Cluster so
wichtige Kommunikationszone lediglich in der Aufweitung des Flures mit
Sitzbank Berücksichtigung findet. Ein Ort der Begegnung, des
selbstorganisierten Lernens, der Erholung, der Gruppenarbeit und des
Miteinanders scheint hier nicht möglich. Ebenso kritisch wird die Platzierung
der Seminarräume für Physik und Chemie im Untergeschoss bewertet und
deren Qualität des abgegrabenen nördlichen Außenraums in Frage gestellt.
Der Wunsch der Ausloberin, den Betrieb einer Bestandssporthalle bis zur
Fertigstellung der neuen zu berücksichtigen, scheint machbar, aber bei der
gewählten Position der neuen Sporthallen sehr schwierig umsetzbar.
Landschaftsplanung:
Die Campusmitte wird in diesem Wettbewerbsbeitrag als grüne Lichtung
zwischen einem großzügig erweiterten, baumbestandenen Ossenmoorpark auf
der einen und dem Schulneubau mit den Sporthallen auf der anderen Seite
gestaltet. Diagonale Hauptwege führen von der Aula zum Haupteingang der
Schule und von dort in den Ossenmoorpark. Kleinere Wege vernetzen die
Sporthallen mit der Schule, der Aula und dem Park.
Fraglich ist dabei, ob die Nutzung der parkartigen Felder als Schulgarten und
Liegewiese in direkter Nachbarschaft zum stark frequentierten Schuleingang
sinnvoll angeordnet ist. Angesichts der großen Anzahl an Schüler*Innen wird
der Bewegungsraum als zu gering eingeschätzt bzw. der überwiegend als
Grünraum geplante Schulhof kritisch gesehen.
Bei diesem Konzept wird bemängelt, dass die Adresse der Schule zur
Poppenbüttler Straße zugunsten des Parks verloren geht und der gesamte
PKW-Verkehr zu den Stellplätzen auf die verkehrsberuhigte Straße „Am
Böhmerwald“ (Tempo 30 Zone) gelenkt wird. Der dortige Parkeingang wird
erheblich durch den erweiterten Parkplatz eingeschränkt. Als weiterer
Negativpunkt wird auch die Einengung des Parkbands durch den Neubau der
westlichen Sporthalle gesehen.
Das neue Schulgebäude wird intern über drei baumbestandene Höfe belichtet
und im Erdgeschoss mit sinnvollen Außenraumnutzungen versehen. Der
Haupteingang erweitert sich nach Westen zu einem gepflasterten Campusplatz,
der an die Lehrküche und den Speiseraum der Mensa angrenzt.
Wirtschaftlichkeit:
Die Arbeit bewegt sich mit den BGF-Flächen leicht oberhalb des Durchschnitts,
im Bereich des umbauten Raumes diese Arbeit ebenfalls in einer
durchschnittlichen Höhe. Die Stahl-Beton-/ Holz -Hybrid-Konstruktion ist
wirtschaftlich. Die vorgehängten „Brise Soleil“-Konstruktionen als Stahl-Beton-
Fertigteile bringen die notwendige Verschattung. Alle Nutzungsbereiche sind
belüftet, ansonsten ist das TGA-Konzept als reines Strom-Konzept beschrieben
mit Erdreichsonden und Batteriespeicher. Die Sporthallen sind ebenfalls in der
gleichen Konzeption erstellt, allerdings mit Leimbindern.
Energie und Nachhaltigkeit:
Die N/S-Orientierung der Unterrichtsräume in Verbindung mit dem wirksamen
Sonnenschutz stellt gute raumklimatische Bedingungen sicher. Insgesamt
berücksichtigt die Arbeit die Prinzipien des nachhaltigen Bauens exemplarisch
und verfügt über einen geringen Gesamt-Energiebedarf wie günstige
Betriebskosten. Durch das kleine Raumvolumen sowie die Holz-Beton Hybrid-
Konstruktion erfordert die Arbeit wenig „Graue Energie“.