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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2020

"Wohnen am Stadtgarten" in Illnau-Effretikon (CH)

EVERGREEN

Gewinner / Wohnbau/ Erweiterung Corrodi-Haus

HELLE ARCHITEKTUR GmbH

Architektur

META Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Pérez Schmidlin Bauingenieure GmbH

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliches Konzept, Architektur und Freiraum
Das klar geschnittene, rechteckige Wohngebäude begleitet den Stadtgarten entlang der nördlichen Parzellengrenze. Mit dem schlanken Gebäude wird der Stadtgarten breiter und bekommt mehr Raum. Aufgrund der geringen Überschneidung wird zudem das Corrodi-Haus freigespielt. Der Zwischenraum zwischen Corrodi-Haus und Stadthaus wirkt relativ offen, womit bereits nach dem Austritt aus der quartierverbindenden Unterführung Rosenweg ein diagonaler Sichtbezug zum Stadtgarten gegeben ist. Der Übergangsraum könnte jedoch mehr leisten als in den Plänen dargestellt ist. Das Potenzial ist weder räumlich noch gestalterisch ausgeschöpft.
Zusammen mit dem Stadthaus und dem Alters- und Pflegezentrum Bruggwiesen entsteht mit dem Neubau ein auf sich bezogener, gefasster Innenhof. Die Verfassenden versuchen erst gar nicht, diesen Hof mit dem Stadtgarten zusammenzubinden. Eine gewisse Belebung des Föhrenhofs wird sich über den Dialog zwischen dem begrünten Laubengang und den Balkonen des Alters- und Pflegezentrums ergeben. Der Vorschlag des Teams, die bestehende Abfahrt zur Tiefgarage offen zu lassen, ist akustisch und ästhetisch nicht erwünscht.
Das gesamte Gebäude mit einem rucksackartigen, offenen Laubengang zu erschliessen, befreit das thermisch gedämmte Gebäude und ergibt im Innern eine fast uneingeschränkte Planungs- und Nutzungsfreiheit. Vor allem im Erdgeschoss kommt dies vorteilhaft zum Tragen. So werden grosszügige, zusammenhängende Gewerbeflächen und ein gut funktionierender Bürotrakt ermöglicht. Eine zweiseitig orientierte Eingangshalle mit Briefkästen anzubieten, wird begrüsst. Der räumlichen Gestaltung fehlt jedoch noch die Ausstrahlung, damit der Briefkasten- und Begegnungsraum nicht als Durchgangsraum aufgefasst wird. Für den täglichen Kontakt mit den Bewohnenden gälte es zu prüfen, den Empfang mit dem Gemeinschaftsraum abzutauschen und letzterem einen geschützten Aussenraum anzubieten. Die Gewerbeflächen und die Büros sind auf der richtigen Seite platziert. Da sämtliche Wohnungen auf den besonnten Stadtgarten orientiert sind, kommen alle Bewohner in den Genuss gleicher Vorteile, was der Habitat 8000 ein wichtiges Anliegen ist. Für ältere Bewohner, die tagsüber oft zu Hause sind, ist ein attraktiver Ausblick und ein besonnter Aussenraum wertvoll. Die Südfassade wirkt unaufgeregt und ausgeglichen. Architektonisch wird die vorgeschlagene, horizontale Fassadengliederung, welche auf die Baumkronen Bezug nimmt, als ein wichtiges Gestaltungselement angesehen.
Die Seniorenwohnungen und Kleinwohnungen für mobile Singles und Paare werden geschossweise geschichtet angeordnet. Die prozentuale Aufteilung des Raumprogramms wird nicht exakt abgebildet. Dies wird nicht als Nachteil gewertet, da die Aufteilung aufgrund der identischen durchgehenden Raumstruktur justierbar ist.
Die Grundrisse der 56 Wohnungen sind durchwegs sehr einfach und klar strukturiert und gut organisiert. Mit der Orientierung von Entrée/Garderobe und Wohnküche zum Laubengang sowie den Individualzimmern mit den privaten Aussenräumen zur Seite des Parks können die Bewohner sowohl die Gemeinschaft und den Austausch leben als auch den Rückzug geniessen. Nach diesem Prinzip wird auch das Bad von zwei Seiten erschlossen. Interessanterweise kann man bei den grösseren Wohnungen zwischen abgetrennten und offenen Küchen wählen. Eher knapp bemessen sind die Keller und Technikräume. Den Dämmperimeter bei den Seniorenwohnungen aussen anzuordnen, um die Loggien als Wintergärten zu nutzen, wurde im Zusammenhang mit der Belüftung kontrovers diskutiert. Um den einzelnen Parteien eine uneingeschränkte und individuelle Benutzbarkeit der Aussenräume zu gewährleisten, müsste auch die innere Abwicklung isoliert sein. Somit wäre auch die Lüftungsfrage der Zimmer gelöst.
Bezüglich Wirtschaftlichkeit bewegt sich das Projekt im günstigeren Bereich, was aufgrund der Kompaktheit, der unkomplizierten und stringenten Gebäudestruktur, den Eternitfassaden und den mit Holz verkleideten Laubengängen nicht überrascht. Damit kommt das Projekt den Forderungen nach bezahlbaren Wohnungen recht nahe. Die Grösse der Seniorenwohnungen liegt an oder leicht unter der Untergrenze der Vorgaben.
Der strukturelle Umbau im Corrodi-Haus ist marginal. Das Hochparterre wird gartenseitig mit einem einseitigen Terrassenvorbau erweitert. Es wird auf eine getrennte Erschliessung vom Restaurant und den Wohnungen geachtet. Ein behindertengängiger Zugang zum Restaurant ist nicht ersichtlich.
Das Projekt überzeugt als eine auf verschiedensten Ebenen schlüssige Lösung. Es ist städtebaulich verständlich, architektonisch unaufgeregt, strukturell klar und einfach. Die Wohnungen entsprechen den erwarteten und gewünschten Anforderungen. Die zur Verfügung gestellten attraktiven Räume im Erdgeschoss haben das Potenzial, einen Beitrag zur Belebung des Stadtgartens zu leisten.
Die Verfassenden entwickeln in einem ersten Arbeitsschritt ein parkartiges Konzept für den Stadtgarten. Einfache Schemata zeigen konzeptionell Wegnetze, Erschliessungen, Aussenraum, Nutzungen und Vegetationstypologien auf. Referenzbilder tragen zur künftigen Stimmung im Stadtgarten bei.
Die Setzung des Neubaus im sanft geneigten Gelände mit den künftigen Erdgeschossnutzungen nimmt über die publikumsorientierten Nutzungen, der grosszügig verglasten Fassaden und der asphaltierten Vorzone direkten Bezug auf den Stadtgarten. Hofseitig entsteht zwischen der bestehenden Tiefgarageneinfahrt und dem dazu leicht abgedrehten Neubau ein Spickel mit dienenden Nutzungen, dessen Charakter die bestehende Hofatmosphäre ergänzt.
Auf dem Konzept des ersten Arbeitsschrittes und auf Basis der Rückmeldung des Beurteilungsgremiums aus der Zwischenbesprechung vertiefen die Verfasser das Projekt. Über die geschickte, städtebauliche Setzung des schlanken Neubaus entsteht ein grosszügiger Stadtgarten. Die Distanz des Neubaus bildet einen adäquaten Freiraum zum Corrodi-Haus.
Der Stadtgarten lässt sich in zwei Vegetationstypologien gliedern: Saum und Park. Der Saum bildet den Auftakt zum Corrodi-Haus an der Bahnhofstrasse und begleitet die Tagelswangerstrasse. Aus den Schnitten und Ansichten ist nicht klar ersichtlich, welchen räumlichen Effekt der Saum in seiner Höhe und Dichte generiert. Somit bleibt offen, ob der Saum eine Abgrenzung oder Verbindung zum Quartier bildet. Das Wegnetz wird in diesen Saum gelegt und definiert die Zugänge zum Park.
Eine Hierarchisierung der Zugänge bleibt ausser acht, trotz Aussagen hierzu aus dem Masterplan. Mit dem Einlegen der Parkplätze erhält der Saum eine stattliche Breite zu Ungunsten der Fläche des Parkraumes.
Zwischen Neubau und Saum spannt sich, im leicht von Osten nach Westen ansteigenden Gelände, der Park auf. Der westlich gelegene Obsthain bildet den Abschluss des Parks. Die Spiel- und Aufenthaltsflächen weisen eine vielfältige und individuelle künftige Nutzung auf. Aussagen zu ökologisch wertvollen Freiflächen werden keine gemacht. Um dem künftigen Hitzeinseleffekt entgegen zu wirken, empfiehlt sich ein Überdenken der Materialität der südlich gelegenen und asphaltierten Neubauvorzone.
Der hofseitige Freiraum zwischen Neubau und bestehender Tiefgaragenzufahrt wird im Gegenzug zum ersten Arbeitsschritt der Thematik des Laubenganges zugeschlagen und entzieht sich erdgeschossig einem Bezug zum Hof. In den oberen Geschossen wird jedoch das Defizit über die grosszügigen und belebten Laubengänge Wett gemacht. Bühnenartig beleben die Laubengänge den Alltag des Hofes positiv. Die Pflanzberankung über acht Geschosse an der Nordfassade ist zu überdenken.
Die Verfasser präsentieren ein in sich schlüssiges Konzept für den Stadtgarten. Es gelingt jedoch nicht ganz, den Stadtgarten in das künftige übergeordnete Masterplankonzept und das bestehende feingliedrige Wohnquartier in seiner Massstäblichkeit zu integrieren.
Nachhaltigkeit
Das klar strukturierte Projekt hat gute Voraussetzungen, die Forderungen im Bereich Energie umzusetzen. Der klassische Massivbau weist eine einfache Tragkonstruktion auf und erreicht eine ansprechende Kompaktheit und gute Gebäudehüllzahl. Die Graue Energie und die Treibhausgasemissionen aus der Erstellung des Baus sind durchschnittlich. Mit der hinterlüfteten Fassadenkonstruktion wird eine hohe Beständigkeit erreicht. Der Dämmstandard ist aber noch klar zu knapp gewählt und insbesondere im Bereich des Laubengangs sind markante Wärmebrücken zu eliminieren. Die Medienführung ist einfach angedacht und durchgängig, die Schächte aber noch zu knapp dimensioniert.
Wirtschaftlichkeit
Geplant ist ein länglicher Gebäudekörper mit einem Laubengang als Erschliessungselement. «Evergreen» ist eines der wirtschaftlicheren Projekte. Sowohl die Kostenkennwerte wie auch die Formquotienten liegen im Vergleich in der oberen Hälfte. Das Projekt mit einer hinterlüfteten Fassade und nur einem Untergeschoss weisst das tiefste Gebäudevolumen und die niedrigste Geschossfläche aus.
Plan 1

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Plan 2

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Plan 3

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Plan 4

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Plan 5

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Plan 6

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