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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2020

Neubau des Pflegeheims Areal Herosé in Aarau (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 50.000 CHF

Meyer Gadient Architekten AG

Architektur

Rogger Ambauen AG

Architektur

vetschpartner Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Rothpletz, Lienhard + Cie AG

Bauingenieurwesen

Amstein + Walthert AG

TGA-Fachplanung

ErlÀuterungstext

Der Neubau des Pflegeheimes fĂŒgt sich mit einer organischen, punktsymmetrischen Form in den Park ein. Er behĂ€lt einen angemessenen Abstand zu den Nachbarbauten. Im Nordosten schafft er einen grosszĂŒgigen geschĂŒtzten Dementengarten. Mit der gewĂ€hlten Volumetrie kann ein wesentlicher Teil des geschĂŒtzten Baumbestandes und des Teiches und damit die IdentitĂ€t des Ortes erhalten werden. Zwischen Teich und Herzoghaus bleibt die grosse freie Parkmitte erhalten. Der Neubau mit den Alterswohnungen rĂŒckt deutlich vom Herzoghaus weg, schafft damit einen grosszĂŒgigeren Zugang zum Park vom Effingerweg her und ermöglicht das Wiederherstellen des Baumsaumes als westlicher Parkabschluss.

Der wertvolle Baumbestand, welcher dem Areal einen fassenden Rahmen verleiht, wird mit SolitĂ€rbĂ€umen und Baumgruppen ergĂ€nzt und weitergefĂŒhrt. Die historische Struktur des Parks mit offener Mitte wird hervorgehoben und neu gestĂ€rkt. Vom Herzogshaus geht der Park fliessend in den belebten Vorbereich der GebĂ€ude ĂŒber. Die Zone verbindet die GebĂ€ude miteinander und schafft eine klare Adressierung der Bauten. GeschĂŒtzt im hinteren Parkteil integriert, befindet sich der Dementengarten und der Anlieferungsbereich. Ein vielfĂ€ltiges Wegenetz erweitert die bestehenden Verbindungen und regt zum Spazieren und Aufenthalt im Park an. Ein zusĂ€tzlicher Aufenthaltsbereich und Treffpunkt bietet der Baumhain mit blĂŒhenden ZierobstbĂ€umen, die den historisch wertvollen Baumbestand erweitert. Die bestehende, prĂ€gende Teichanlage mit der mittigen Schwarzkiefer wird in ihrer Grösse im VerhĂ€ltnis zum Park reduziert und die Gestaltung eingegliedert. Die prĂ€zisen, feinen Eingriffe ordnen den Freiraum um das Pflegeheim und die Alterswohnungen in den denkmalgeschĂŒtzten Kontext ein und lassen ein Gesamtensemble aus Neubauten und bestehendem Park entstehen, welches das Wohlbefinden der Nutzer in den Vordergrund stellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebauliches Konzept
Das Projekt AUBERGE sucht die stĂ€dtebauliche Einordnung mit zwei raumbildenden und wegführenden GebĂ€udefiguren, die prĂ€zise auf die knappen RaumverhĂ€ltnisse im Park abgestimmt sind. Das fünfgeschossige, Z-förmige GebĂ€ude für das Pflegeheim zeigt sich mit zwei schmalen Stirnfassaden nach "aussen". Damit reagiert der Baukörper gekonnt auf die Nachbarschaft, insbesondere auf das als Ensemble geschützte Herzoggut. Zudem gliedert der Neubau die Aussenbereiche thematisch auf in einen geschützten Dementengarten und einen Eingangshof um die Teichanlage, der eine stimmungsvolle Adresse für das neue Pflegeheim ist. Gegenüber dem Herzoghaus wird damit ein respektvoller Abstand gewahrt. Das Alterswohnen ist ein neunspĂ€nniger, fünfeckiger Punktbau, der mit einem minimierten Fussabdruck am Rand viel ParkflĂ€che freispielen kann. Ein Baumsaum verleiht der Anlage einen Rahmen. Insgesamt führt diese Konstellation zu einem überzeugenden Ensemble, das in MassstĂ€blichkeit und Körnung sehr schön zusammenspielt und sich in den vorgefundenen Kontext einpasst.

Frei- und Parkraum
Das Projekt überzeugt durch die geschickte und zurückhaltende Platzierung der beiden kompakten Baukörper. Dadurch gelingt es, die Grosszügigkeit des Parkinneren zu erhalten. Das Alterswohnen rückt vom Herzoghaus ab, so dass dieses wieder mehr Freiraum erhĂ€lt. Die Prinzipien der historischen Parkanlage, wie Baumgruppen an den RĂ€ndern, zentrale RasenflĂ€chen im Zentrum und der (verkleinerte) Teich schrĂ€g gegenüber des Herzoghauses werden erhalten bzw. weitertradiert. Ein Teil der wertvollen BĂ€ume beim Teich kann erhalten werden, die Partie mit den grossen Buchen im Norden des Parks muss weichen, wird aber durch gleichwertige BĂ€ume ersetzt. Gegen Norden fĂ€llt das Terrain sanft ab, wodurch die fliessende Wirkung des Parks bis an die Hangkante am Grundstücksende fortgeführt wird. Die zentrale ParkflĂ€che mit der von einem Rundweg aus beigem Asphalt umfassten Blumenrasen bildet ein ruhiges Gegenüber zu den intensiver gestalteten Aussenbereichen in GebĂ€udenĂ€he. Diese werden mit BewegungsgerĂ€ten, Sitzgelegenheiten, Hoch- und Blumenbeeten ausgestattet. Der verkleinerte Teich wird auf Seite des Pflegeheims von einem breiten, platzartigen Weg eingefasst, der sich zu einem interessanten Aufenthaltsort entwickeln wird. Die Parkanlage ist sowohl für die Heimbewohnenden als auch die Öffentlichkeit nutzbar. Auf der nördlichen Seite des Pflegeheims entsteht durch die zweimal abgewinkelte Grundrissform des Pflegeheims ein kleiner, separater Dementengarten, der mit Rundwegen und verschiedenen haptischen Elementen ausgestattet ist. Insgesamt sind die FreirĂ€ume sehr sorgfĂ€ltig ausgearbeitet.

Erschliessung
Ein Erschliessungsnetz führt von drei Seiten in den Park und verbindet durch die geschickte Setzung die GebĂ€ude mit leicht geschwungenen und doch direkten Wegen miteinander, was zu einer klaren Orientierung und Adressierung führt. Der Zugang ins Pflegeheim erfolgt über zwei EingĂ€nge, aufgeteilt in die Verbindung zum Alterswohnen mit Passerelle und den offenen Zugang von der Südseite. Die Anlieferung erfolgt über den Effingerweg.

Architektonischer Ausdruck
Der architektonische Ausdruck ist geprĂ€gt von der Gliederung mit horizontalen GesimsbĂ€ndern und vertikal konkav geknickten Wandscheiben. Die aufgegliederte GebĂ€udefigur mit der dunklen Farbgebung passt sich prĂ€zise in die Parkanlage ein, auch wenn die Bauten nicht wie im Projektbeschrieb mit der gewĂ€hlten Materialisierung "zwischen den BĂ€umen optisch verschwinden". Die Fassadenknicke rhythmisieren das GebĂ€ude und schaffen im Innern der Zimmer eine erkerartige Situation, die einen Ausblick in zwei Richtungen freispielt. Die Fassadenkonstruktion mit dunkeln "PlĂ€ttli & Kleber auf der DĂ€mmung" ist pragmatisch und konstruktiv einfach umsetzbar – es müsste geprüft werden, ob eine Konstruktion mit einer Hinterlüftung dem Projekt auch auf dieser Ebene die gewünschte Langlebigkeit gĂ€be.

FunktionalitÀt
Die Grunddisposition für die Stationsgeschosse ist klar strukturiert und schlüssig als innerer Organismus gestaltet: schöne RundlĂ€ufe entlang der kranzförmigen Zimmeranordnung und mit geschickt gesetzten grösseren und kleineren Kernen, sodass auf der Station durch Querbeziehungen und Transparenz vielschichtige Spazierwege entstehen, aufgelockert mit Ausblicken durch AufenthaltsrĂ€ume mit Loggien und Sitznischen. Die Vertikalerschliessung erfolgt in der Mitte vom punktgespiegelten GebĂ€udekörper, aus der mit einem Zugang übersichtliche und kurze Wege in beide Stationsteile führen. Überblick und WeglĂ€ngen sind damit auch für den Betrieb optimiert. Ein klar strukturierter Zimmertyp bietet vielseitige Möglichkeiten zur Möblierung. Im Erdgeschoss sind die öffentlichen und gemeinschaftlichen Nutzungen angeordnet. Das Bad liegt als eingeschossiger Anbau auf der Nordseite. Damit organisiert und fasst es den Dementengarten, der gut auffindbar angeordnet ist. Durch die offene Gestaltung mit punktuellen GebĂ€udekernen und der grosszügigen Verglasung findet eine Vernetzung der AussenrĂ€ume statt. Die Küche liegt im Untergeschoss. Wünschenswert wĂ€re diese aus logistischen Gründen sowie aufgrund des Bezugs der Bewohnenden zu den Mahlzeiten im Erdgeschoss.

Anlieferung
Die Anlieferung erfolgt nordseitig über einen extra Hof im Untergeschoss; diese ist selbstverstĂ€ndlich in die Topografie eingebettet und liegt abseits von Fussverkehr. Die Entfluchtung der in der GebĂ€udemitte liegenden TreppenhĂ€user erfolgt über einen Stichgang im Untergeschoss, was auf der Westseite zu einem (nicht dargestellten) Kellerabgang entlang der Fassade führt.

Wirtschaftlichkeit
Die Baukörper sind sehr kompakt, weshalb das Projekt deutlich unter dem Durchschnitt liegende FlÀchen- und Volumenkennwerte aufweist.

Energie, Gesundheit, Bauökologie
Konzeptionelle Überlegungen zum nachhaltigen Bauen sind im Entwurf gut erkennbar. So wurde beispielsweise ein guter Kompromiss zwischen Kompaktheit und einer mĂ€ssigen Raumtiefe gefunden, so dass die Tageslichtversorgung der RĂ€ume generell als gut beurteilt wird. Die Holz-Beton-Hybridkonstruktion wird bezüglich grauer Energie als gut eingestuft. Die Konstruktion der Holzfassade muss jedoch bezüglich Bauteiltrennung und Langlebigkeit noch einmal überprüft werden. Die Anbindung an den NahwĂ€rmeverbund und die Ausrüstung mit PV werden positiv bewertet. Es ist ein klares Steigzonenkonzept erkennbar, so dass die RĂ€ume effizient mit Technik versorgt werden können, das Lüftungskonzept ist gut. Das Tageslicht wird in den Pflegezimmern als positiv bewertet. Die raumhohe Verglasung ermöglicht zwar den ungehinderten Blick ins Grüne, führt jedoch eher zu Überhitzung oder Kaltluftabfall. Die vorgesehene Materialisierung der Pflegezimmer mit Parkett und Gipskartonplatten wirken freundlich, sollen jedoch hinsichtlich Behaglichkeit und Akustik überprüft werden.

Gesamtwürdigung
Das Projekt AUBERGE passt sich sorgfĂ€ltig in das Gesamtensemble ein, sodass die einzelnen Baukörper mit der Aussenanlage zusammenwirken und vielfĂ€ltige Querbeziehungen im Park bestehen bleiben. Das Projekt ist eine rĂ€umlich gelungene Interpretation, in der detaillierten Ausformulierung respektvoll und bietet im Innern zeitgemĂ€sse und flexible RĂ€ume für den Aufenthalt im Pflegeheim. Die hohen QualitĂ€ten mit der kompakten Anlage im Äussern wirken sich auch positiv auf die betrieblichen AblĂ€ufe im Innern aus; so entsteht eine Synthese der architektonischen und betrieblichen Anforderungen.