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Einladungswettbewerb | 06/2020

Zukunftskirche St. Marien in Gladbeck

2. Preis

Preisgeld: 5.000 EUR

UKW Innenarchitekten

Innenarchitektur

Erläuterungstext

KIRCHE DER VIELFALT
Die Kirche St. Marien der katholischen Kirchengemeinde St. Lamberti in Gladbeck erfährt eine Neuorientierung. Gemeinsam mit den benachbarten kirchlichen und städtischen Einrichtungen wie zum Beispiel Altenheim, Kindergarten und Mädchenzentrum wird eine stadtteilorientierte Zukunftskirche entwickelt, die neben der gottesdienstlichen Nutzung neuen, vielfältig nutzbaren Raum für Begegnungen unterschiedlichster Formen für den Stadtteil schafft. Das Angebot ist besonders auf die Bewohner und Bedürfnisse des Stadtteils ausgerichtet. Der Standort bildet als nicht-kommerzieller und schwellenfreier Treffpunkt mit verschiedenen Angeboten gemeinsam mit den benachbarten Einkaufsmöglichkeiten eine neue, starke Ortsmitte.
Kirche der Vielfalt// Ort der Begegnung// Offenheit und Transparenz
Das Kirchengebäude bleibt in seiner Kubatur erhalten. Die Fensteröffnungen in allen Fassaden werden erweitert.
So gelangt mehr Tageslicht ins Innere, schafft neue Einblicke in die Kirche und Ausblicke zum Stadtteil und die Umgebung. Dies unterstützt die äußere Wahrnehmung und Öffnung des Gebäudes zum Einen, und Öffnung des Angebotes für den Stadtteil zum Anderen. Es wird eine neue Präsenz und Sichtbarkeit im Stadtraum und für neue Nutzer- und Interessengruppen geschaffen. Der Innenraum gliedert sich in verschiedene Nutzungsbereiche ohne sich voneinander sichtbar abzuschotten und räumlich zu verschließen. Der Besucher erhält Einsicht und Einladung in die verschiedenen Bereiche hineinzuschauen, sie zu betreten und sich den Raum anzueignen. Die räumliche Gliederung wird größtenteils durch Glastrennwände geschaffen- so bleibt der Charakter der dreischiffigen Hallenkirche und das Raumvolumen weiterhin spürbar.
Die Neugestaltung des Kirchenvorplatzes ist essenziell für einen neuen schwellenfreien Zugang zu Kirche und neuen Angeboten- physisch und psychisch. Angehoben auf die Ebene der Kirche und des Eingangs des Gebäudes, öffnet der neue Platz die Kirche nach außen. Dadurch wird der nutzbare Raum für Veranstaltungen wie z.B. Pfarr- und Stadtteilfeste, Konzerte oder Märkte, als öffentlicher, kommunikativer Treffpunkt erweitert. Feste Sitzbänke und Leuchten sind hierfür vorgesehen. Der Kirchenvorplatz ist von Strasse und Parkplatz über Rampen barrierefrei betret- und befahrbar und ermöglicht einen schwellenlosen Zugang zum Gebäude.
Der Außenraum wird verstärkt begrünt und die versiegelten Flächen um das Gebäude weitestgehend aufgelöst.
Neugliederung des Innenraums

Der große Kirchenraum definiert verschiedene neue Nutzungsbereiche: im Zentrum des Gebäudes steht weiterhin die Gemeinde und der Ort für liturgische Feiern.
Eine komprimierte, dennoch flexible Fläche für Gottesdienste im Mittelpunkt des Kirchengebäudes schafft freiwerdende Flächen im Chorraum, unter und auf der Empore für die gewünschte gemeinschaftliche Nutzung. Im Chorraum beendet sich jetzt ein teilbarer Saal für kleine und große Veranstaltungen, der ebenfalls als Erweiterung für den liturgischen Raum nutzbar ist. Zwei weitere Räume für kleinere Gruppen befinden sich auf der erweiterten Empore. Die ehemalige Sakristei wird verkleinert und schafft dadurch Raum für das Gemeindebüro mit separatem Zugang.
Ergänzend befinden sich erdgeschossig in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang die Küche mit Bistro für eine optionale Selbstbedienung, der Sanitärbereich sowie Lagerflächen. Die zentrale Position dieser Bereiche ermöglicht eine gleichwertige Zugänglichkeit für alle Nutzungseinheiten im Innenraum sowie für Veranstaltungen
im Außengelände. Aufgrund der bereits bestehenden verschiedenen Ebenen im Kirchengebäudes sind diese Nutzungsbereiche nicht unmittelbar dem Saal zugeordnet, da sonst kein Zusammenschluss von Kirchenraum und Saal zu ermöglichen wäre.
Die Anordnung der verschiedenen Nutzungsbereiche im Gebäude dieses Entwurfes ermöglicht eine große Flexibilität und Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Nutzungen und Veranstaltungen (mit der gebotenen Option und Vorsicht Abstände einhalten zu können).

Kirchenraum
Die Raumgliederung hat eine neue Zelebrationsrichtung zur Folge. Die eingeschobenen Kuben im Eingangsbereich definieren einen zentralen Gang mit Taufbecken zum Ort der Liturgiefeier. Der Zugang ist in Anlehnung an den Bergbau mit schrägstehenden Stollenwänden ausgeführt. Über die Seitenschiffe gelangt man ebenfalls in den Kirchenraum. Dieser Bereich kann mit transluzenten Vorhängen, die Tageslicht und die farbigen Kirchenfenster durchscheinen lassen, abgetrennt werden. Der repräsentative Kirchenraum schafft die Möglichkeit für Liturgiefeiern unterschiedlicher Größe. Die Bestuhlung ist flexibel veränder- und erweiterbar mit einer großzügigen Öffnung des dahinterliegenden Saals bei größeren Gottesdiensten, beispielsweise an besonderen Feiertagen. Die Bestuhlung im Kirchenraum wird ergänzt durch eine zeitgemäße Sitztreppe. Ein besonderer Ort mit besonderer Atmosphäre soll den einzelnen Besucher auch außerhalb der Gottesdienste zum Verweilen, persönlichen Gebet oder Gespräch einladen, beispielsweise auf der Sitztreppe. Diese verbindet zum Einen die beiden Ebenen von Kirchenraum
zum Saal und kann aber auch mit geschlossenem, transluzenten Vorhang als weiche Schwelle den Raumabschluss des liturgischen Ortes bilden.
Saal
Der Chorraum übernimmt eine neue Funktion und bietet Fläche für unterschiedliche Veranstaltungen
und Gruppierungen. Das Raumvolumen kann als großer Saal, zwei kleinere Säle oder geöffnet als Erweiterung für große Gottesdienste und Veranstaltungen genutzt werden. Mobile Schiebetrennwände ermöglichen eine maximale Flexibilität. Im hinteren Bereich befinden sich zudem zusätzliche Lagerflächen für Tische, Stühle und Ausstellungswände.
Raum 1 + 2
Diese Bereiche sind auf der erweiterten Empore verortet und barrierefrei zugänglich. Die Räume können zum Beispiel für den Kommunionsunterricht oder andere Formate genutzt werden. Die Zweigeschossigkeit in diesem Bereich ist notwendig, um alle gewünschten Nutzungseinheiten mit entsprechenden Raumgrößen im Kirchengebäude platzieren zu können.
Konstruktion// Belichtung// Belüftung
Für eine klarere Raumkubatur wird die flachgewölbte Raumdecke im Innenraum entfernt und ermöglicht dadurch neue Öffnungen in der Dachfläche für mehr Tageslicht und Belüftung für den Veranstaltungssaal und die neuen Räume auf der Empore. Eine markante Schwarzstahlkonstruktion mit transparenten und in Teilbereichen opaken Glasflächen zu Saal und Räumen auf der Empore schließen mit der Decke ab und leiten so auch das Tageslicht
der Oberlichter in das gesamte Raumvolumen. Die Fassaden werden geöffnet: die Kirchenfenster über dem Haupteingang werden vergrößert, in Südost- und Nordwestfassade werden die bestehenden Kirchenfenster bodentief erweitert und ermöglichen auch hier eine Optimierung von Tageslicht und Belüftung für den Innenraum und schaffen zusätzlich die Möglichkeit für weitere neue Ein- und Ausblicke. Der eingeschobene, geschlossene Kubus unter der Empore nimmt verdeckt Küche und Sanitärbereich auf.
Barrierefreiheit// Brandschutz
Für eine einfache Orientierung im Gebäude sind die Nutzungseinheiten übersichtlich und klar gegliedert. Alle
Ebenen und Nutzungseinheiten sind barrierefrei über Rampen und einen Aufzug erreichbar. Induktionsschleifen für Hörgeschädigte sind sowohl für den Kirchenraum als auch für den Saal vorgesehen und ermöglichen so eine optimale Raumakustik für alle Besucher. Erschließung, Brandschutz und Rettungswege für diesen Entwurf sind durch einen Brandschutzsachverständigen geklärt.
Farbe// Material

Ausgewählte, reduzierte Materialien und Farben schaffen eine ruhige Atmosphäre und heben die besonderen Raumqualitäten, unter anderem der farbigen Kirchenfenster, des Bestandsgebäudes hervor. Merkmale des bergmännischen Kohleabbaus lassen die Verbindung der Kirche zum Ort spürbar werden. Dies spiegelt sich sowohl in der Formgebung, beispielsweise die schrägstehenden Stollenwände der Taufkapelle, als auch im Materialeinsatz von Schwarzstahl wider. Der Bestandsboden wird aufgearbeitet, plangeschliffen und behält seine Farbigkeit. Boden und Möbel im Saal werden aus Eiche, weiß geseift, gefertigt. Die festen und flexiblen Trennwände sind in Schwarzstahl und Wabenplatte aus Acryl ausgeführt. Für ein gesundes Raumklima ist Lehmputz für die Wandflächen vorgesehen, der Kirchenraum wird mit Akustikvorhängen ausgestattet. Die bewusste Auswahl an natürlichen Farben und Materialien schaffen ein helles und großzügiges Raumvolumen und unterstützen das Konzept der Offenheit und Transparenz der Zukunftskirche.

Beurteilung durch das Preisgericht

Zur äußeren Erschließung und zum Außenbereich:
Die Erweiterung des Bodenniveaus der Kirche zum Vorplatz wird sehr begrüßt. Dieser Vorschlag kann die gewünschte Öffnung der Kirche zur „Welt“ sehr gut unterstützen. Der Vorschlag zum zukünftigen Grundstückszuschnitt entspricht den Anforderungen und ist sinnvoll.

Zur Umsetzung des Raumprogramms:
Der Entwurf zeichnet sich durch sehr detaillierte und wertvolle Vorschläge und einen hohen Grad der Durcharbeitung aus. Nur in diesem Entwurf werden auch Möblierungsvorschläge im Detail gemacht. Die Darstellungen wirken sehr überzeugend. Die Grundkonzeption wird aber kontrovers diskutiert: ob die Vorschaltung der Taufkapelle vor den Gottesdienstraum der Forderung nach einer Öffnung des Kirchengebäudes auch zur außerkirchlichen Öffentlichkeit entgegenkommt, wird bezweifelt.

Die Stellung des Altares vor dem Durchgang zur Taufkapelle ist liturgisch kaum vorstellbar. Möglicherweise erzwingt die vorgeschlagene Koppelung von Taufkapelle und Gottesdienstraum eine andere liturgische Ordnung („Communio-Raum?) oder die Verwendung beweglicher Prinzipalstücke (– wobei im Kolloquium mitgeteilt wurde, dass die Prinzipalstücke fest stehen sollen.)
Die Verlegung des Saals auf die höhere Ebene des Chores erschwert seine barrierefreie Erschließung: diese wird nur von Außen über die dargestellte Rampe zum Seiteneingang nachgewiesen. Im Inneren gibt es keine barrierefreie Verbindung vom Gottesdienstraum zum Saal – was auch die Koppelung beider Räume im Bedarfsfall erschwert.

Zur Konstruktion und Wirtschaftlichkeit:
Auch hier wird ein sehr hoher baulicher Aufwand zu erwarten sein: beide Gruppenräume im Obergeschoss, Öffnung der Fassade über dem Haupteingang, Ersatz der gesamten Decke und Einbau von Oberlichtern sind Vorschläge, die es unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass dieses Programm im Kostenrahmen der Auslobung realisierbar ist.