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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2020

Neubau eines "Wissensquartiers" für Stadtarchiv, Stadtmuseum und Stadtbibliothek in Einbeck

Perspektive EIngangsbereich

Perspektive EIngangsbereich

1. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

MOSAIK architekt:innen bda

Architektur

GrünPlan Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erläuterungsbericht

Leitidee
Das Entwurfsgebiet als innerstädtisches gemischtes Quartier ist geprägt durch seinen heterogenen, kleinteiligen Charakter sowie seine gewachsene, im Laufe der Historie teils überformte Bebauungsstruktur.
Diese Eigenschaften als Chance zu begreifen, bestehende Qualitäten zu stärken, Potentiale zu entwickeln und dem Quartier einen lebendigen Stadtbaustein hinzuzufügen, der Altes und Neues miteinander verbindet, ist erklärtes Ziel dieses Entwurfs.
Dabei ist es uns ein Anliegen, dass sich der neue Baukörper in Körnung, Maßstab, Materialität und Habitus zum einen in den Bestand einfügt, sich benimmt und zurückhält und zum anderen eine eigenständige, klare und selbstbewusste Position einnimmt die Ausstrahlung und Wirkung auf das Gesamtquartier und die Stadt entfaltet.

Körnung und Maßstab – Entwicklung einer transformierten Typologie
Aus dem Kontext vor Ort aufgefundener Strukturen wird eine transformierte Typologie abgeleitet. Der Hauptbaukörper der neuen Stadtbibliothek entspricht in Volumen und Proportion den Baukörpern des bestehenden Stadtmuseums. Die Dachform wird, dem heterogenen Charakter der Innenhöfe folgend um 90 Grad zum Baukörper gedreht, sodass ein gleichmäßiger Doppelgiebel entsteht.

Raum für die Öffentlichkeit – Raum zur Aneignung
Der entwickelte Baukörper wird an der Südseite des Grundstücks L-förmig mittels einer Fuge an den Bestand angeschlossen. Die so entstehende Gesamtform bildet das städtebauliche Pendant zur neuen benachbarten KiTa. Der sich zur Stadt und zum öffentlichen Weg öffnende Winkel bildet eine einladende Geste aus und lässt im Zusammenspiel von Alt und Neu einen Platz in einem menschlichen, dem Quartier angemessenen Maßstab entstehen.
Dieser Platz ist Auftakt, verbindendes Element, Treffpunkt und öffentliches Wohnzimmer zugleich. Er bietet einen öffentlichen multifunktionalen Raum der Schwellen und Berührungsängste abbaut und so Kommunikation und Gemeinschaft fördert. Der Platz wird zum zentralen Element des neuen Wissensquartiers.

Nutzungsverteilung und Funktion:
Gesäumt und umgeben wird der Platz von den neu entstehenden öffentlichen Nutzungen des Foyers, der Gastronomie, sowie des Museumsshops. Diese werden erdgeschossig um den Platz angeordnet und führen den öffentlichen Freiraum weiter in die Gebäude hinein.
Während die Gastronomie den wesentlichen Teil des Erdgeschosses des nördlichen Bestandsgebäudes belegt, ist der Shop in einem neuen Nebengebäude untergebracht, welches als Überformung an den zweigeschossigen Anbau des Bestandsgebäudes gefügt wird. Diese Überformung bildet als von der Straße sichtbarer Auftakt die neue Adresse des Ensembles und macht gleichsam auf der Hofseite die ursprüngliche Achsensymmetrie des Frontispiz wieder erlebbar.
Der Hauptzugang zum Museum und zur Bibliothek erfolgt einheitlich über den Platz in das Foyer. Eine in das Volumen des Doppelgiebelhauses eingestellte Raumskulptur verknüpft Museum und Bibliothek barrierefrei und formt eine sich überlagernde, ineinanderfließende Bildungslandschaft. Über eine großzügig gestaltete Treppe gelangt man in das erste Obergeschoss. Hier befindet sich zum einen der Auftakt und Übergang in die Ausstellung des Museums sowie eine zum Foyer hin ausgerichtete Galerie als Lese- und Kommunikationsebene. Die Ebene verfügt über eine Sitztreppenanlage und senkt sich zum Foyer hin ab. Mit einer weiteren, darüberliegenden Galerie fungiert die Zwischenebene als verbindendes Element zwischen öffentlichem Foyer und Hauptmedienfläche im 2.OG. und kann bei Veranstaltungen als zusätzliche Tribüne und Erweiterung genutzt werden.
Im Obergeschoss der Bibliothek befindet sich der lichtdurchflutete, zum Platz ausgerichtete Mediensaal welcher durch seine Raumproportion und Lage unter den Satteldächern einen einzigartigen Charakter erhält. Durch die eingestellten Treppentürme wird der Raum strukturiert und es bietet sich die Möglichkeit abgeschlossene Räume für Sondernutzungen wie Leseräume für konzentriertes Arbeiten sowie Räume für neue Medien (FabLab, Makerspace etc.) auszubilden.
Um die verschiedenen Nutzungen miteinander zu verbinden sowie die bestehenden Ressourcen des Bestandsgebäudes effizient zu nutzen werden weitere Medienflächen der Bibliothek in direkt angrenzenden Räumen des Bestandsgebäudes untergebracht. Mit unmittelbarer Verbindung zum Foyer befindet sich im Bestandgebäude der Lese- und Ruhesaal für Archivarbeit. Angegliedert wird ein Archiv-Büro, über das eine Betreuung des Lesesaals jederzeit möglich ist.
Die Verwaltungen sowohl der Bibliothek als auch des Museums werden kompakt und effizient im Erdgeschoss nebeneinander und ergänzend angeordnet. Sie erhalten einen gemeinsamen Personaleingang und Anlieferung an der südlichen Grundstücksgrenze in der verglasten Fuge zwischen Alt- und Neubau. Von hier aus kann ebenfalls direkt das Vorarchiv sowie der angegliederte Lastenaufzug erreicht werden.
Im Kellergeschoss befinden sich das Archiv und Funktionsräume. Ein reibungsloser Arbeitsablauf wird hierbei durch die direkte Anbindung des Archivs an den Lastenaufzug sichergestellt.

Die Nutzungen der Bestandsgebäude werden mit dem Ziel Orientierung und Struktur übersichtlicher, einfacher und barrierefrei zu gestalten, neu geordnet. Die Ausstellungsräume sind von der Verwaltungsnutzung getrennt und befinden sich nunmehr nur noch in den Obergeschossen. Von der ersten Ebene des Neubaus betritt man die Ausstellung und beginnt einen Rundgang durch das historische Ensemble. Die teilweise unklare Struktur der bestehenden Geschossverbindungen wird durch ein neues, skulpturales Treppenhaus ersetzt, welches sowohl Rettungswege als auch Barrierefreiheit sicherstellt. In Kombination mit einem Plattformlift wird ebenfalls der bedeutende historische Saal barrierefrei zugänglich gemacht.

Nach dem Rundgang über alle Etagen verlässt man das Museum im 2.OG wiederum über die Fuge zwischen Alt und Neu und gelangt so erneut in das Foyer. Da der geplante Aufzug im Neubau die Etagen des Museums barrierefrei erschließt, ist es denkbar den zweiten Aufzug im Altbau durch zwei weitere Plattformlifte zu ersetzen. Unter Berücksichtigung eines Komfortverzichts könnten so die Eingriffe in den Bestand minimiert und Kosten gespart werden.

Materialität, Fassade, Konstruktion
Im Kontext und als Reaktion auf die überformte und kleinteilige Nachbarschaft soll sich das Erscheinungsbild des Neubaus als ruhige, klare Form abbilden. Die ortstypische Urform eines Hauses mit gleichgeneigtem Satteldach wird weder durch Ornamentik noch Fassadenversprünge gestört. Die historischen Fachwerkhäuser Einbecks weisen zu Ihren Innenhofseiten oftmals, sowie auch das bestehende Stadtmuseum, eine Verkleidung durch eine vorgehängte Holzfassade auf. In transformativer Weise wird im Neubau auf diese in der Umgebung typische Materialien zurückgegriffen. Die neue Fassade besteht aus einer vorgehängten Bekleidung aus vertikalen Holzlamellen, welche sowohl über mit Pfosten Riegel Konstruktionen verglaste Fassadenbereiche als auch über geschlossene Rückfassaden gelegt wird.
Der Sockelbereich des Neubaus wird in seiner Materialität abgesetzt. Während zur Hofseite eine großzügige Verglasung das nahtlose ineinanderfließen von Platz und Foyer gewährleistet, werden die Fassaden zur KiTa sowie zur südlichen Grundstücksgrenze als monolithischer, weißlich eingefärbter Dämmbetonsockel ausgeführt. Der Neubau wird über eine leichte, verglaste Fuge an den Bestand angeschlossen.
Im Innenbereich des Neubaus wird das skulpturale Raumgerüst an den Sichtseiten mit einer einheitlichen Holzverkleidung ausgeführt. Diese übernimmt, je nach Ausführungsart, ebenfalls raumakustische Eigenschaften.

Im Außenraum wird der Platz im Zuge einer multifunktionalen Nutzbarkeit zurückhaltend möbliert. Eine Linde mit ausreichend Wurzelraum im Keller ergänzt das Raumgefüge der Gebäude, eine Sitzecke schafft Unterzonen und eine Bank an der Mauer lädt zum Verweilen ein. Als Belag nimmt ein hellgrauer Klinker im Langformat Bezug zur Holzlamellenfassade.

Im Zusammenspiel von Material, Kubatur, Körnung und Maßstab entsteht so eine Architektur welche sich wie selbstverständlich in den Kontext des Ortes einfügt und gleichsam im Zusammenspiel von Alt und Neu eine starke Eigenständigkeit mit identitätsstiftender Wirkung entfaltet. Die Einladende Geste des neuen Ensembles sowie die maßstäblichen Raumproportionen lassen einen sozialen Ort der Gemeinschaft und der Kommunikation in der Stadt entstehen der das Potential in sich trägt, als dritter Ort zu einem neuen Wohnzimmer der Einbecker Bürgerinnen und Bürger zu werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf nimmt die kleinteilige Struktur des innerstädtischen Quartiers und die bestehende, historisch gewachsene Bebauungsstruktur sehr gut auf. Gleichzeitig nimmt er sich hinter dem historischen Gebäude angemessen zurück, ohne zu „Selbstverzwergung" zu führen. Insgesamt liegt eine sehr disziplinierte Planung vor. Durch die gewählte L-Form entsteht ein eindeutig formulierter und eigenständiger Platzraum, der durch die Stufen erhöht wird und deutlich von der Durchwegung abgetrennt ist. Der fügt sich aber gleichzeitig im Sinne der Aufgabe harmonisch in das Quartier ein. Der Eingang über den Kulturhof wird durch die Wegeführung entlang einer virtuellen Zeitreise automatisch gefunden.
Die Freiflächenstruktur des Entwurfs überzeugt durch die Schaffung eines auf der einen Seite zur Stadt hin offenen und einladenden, auf der anderen Seite jedoch gestalterisch als eigener Raum klar erkennbaren, angemessen abgeschirmten, Kulturhofes. Die vorgeschlagene Mauer zu den Kindergärten eröffnet -auch für die Weiterentwicklung der Freiflächengestaltung der Kindergärten als bespielbares Elementinteressante Möglichkeiten. Die Anbindung des Kulturhofes durch eine kleine Stufenanlage mit Rampe zur nördlichen Erschließung sowie die Anordnung der gestalterischen, funktionalen und gliedemden Ausstattungselemente verdient uneingeschränktes Lob. Der Entwurf bietet für die weitere Durcharbeitung im Laufe des Planungsprozesses alle Möglichkeiten für die Schaffung eines gelungenen, den städtischen Raum bereichernden, Freiraums.
Ein sich über den kompletten Platzraum erstreckendes Untergeschoss nimmt das Archiv vollständig auf und erfüllt damit die konservatorischen Anforderungen an gleichmäßige klimatische und Belichtungsverhältnisse. Dadurch wird ein kleinteiliger, zurückhaltender dreigeschossiger Baukörper ermöglicht. Die Funktionen Archiv, Foyer, Verwaltung, Bibliothek und Museum sind vollumfänglich erfüllt. Die Positionierung des Museumsshops bietet einen spannenden Kontrapunkt zum Foyer.
Es gibt wenig Verkehrsfläche und eine straff durchorganisierte Wegeführung durch das Gebäude. Die Eingangssituation ist großzügig und einladend gestaltet. Medienlesesaal im Altbau 1. OG ist in der Funktion nicht klar zugeordnet.
Die Konstruktion und Ausformulierung des entwurfsbestimmenden Dachs bedarf einer Präzisierung.
Die Mauer zur Kita schaff eine klare Platzkante. Das Preisgericht schlägt vor, in der weiteren Entwurfsplanung an eine Nutzung hinsichtlich Bespielbarkeit von Seiten der Kita zu denken.
Die Pflanzung eines Großbaumes auf dem Kulturhof ist aus wirtschaftlichen Gründen zu überprüfen.
Die Außenfläche der Kinderkrippe ist zu klein dimensioniert und bedarf einer Überarbeitung.
Sehr gute BGF, sehr wirtschaftliche Raumnutzung gegeben.
Die hell lasierte Douglasienverlattung bzw. -dacheindeckung inklusive der dahinter liegenden Fensterfronten sind zu hinterfragen. Die Satteldachkonstruktion auf dem nördlichen Bestandsgebäude ist nach Auffassung des Preisgerichts alternativ als Flachdachkonstruktion zu prüfen.
Der Entwurf kommt mit wenigen Engriffen in die denkmalgeschüme Bausubstanz der Bestandsgebäude aus. Der Anschluss des Neubaus an den Bestand ist durch eine Glasbrücke gelungen.

Das sehr große Untergeschoss ist angesichts der schwierigen Bodenverhältnisse eine technische Herausforderung, die erhebliche Kosten zu verursachen droht.

Die Fluchtwege im Untergeschoss sind maßvoll zu lang, die Flure dürften hinsichtlich der Barrierefreiheit bereichsweise zu schmal sein. Das bauplanungsrechtliche Einfügen dürfte ebenso unproblematisch sein, wie die (baurechtliche) Nachbarsituation.
Die Freiflächen der benachbarten KiTa sind derzeit zu klein bemessen. Hier wäre ein Ankauf des nördlichen Nachbargrundstücks notwendig.
Ob die Aufstellflächen für die Feuerwehr ausreichend sind, ist zu verifizieren.
Das Energiekonzept dieser Arbeit ist mit gering ausgeprägter Beschreibung, ohne Darlegung von Systemskizzen etc. aufgezeigt.
Ein funktionales, gesamtheitliches Zusammenwirken der eingesetzten Effizienzkomponenten ist schlüssig nicht zu erkennen. Eine systemische Überarbeitung der Energiekonzeption ist hervorgehoben zu empfehlen. Dabei sollte bedacht werden, dass eine verstärkte Einbindung regenerativer Energieanteile, Energiespeicherung und erhöhte Systemeffizienz eingerichtet wird. Die mit Auslobung eingeforderte Zukunftsausprägung einer nachhaltigen Energieverwendung sind mit Neuorientierung des Konzeptes zu berücksichtigen. Die Möglichkeiten hierzu sind ohne Einschränkungen des baulichen Entwurfs gegeben.
Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Kulturhof

Kulturhof

Grundriss EG

Grundriss EG

Auftakt

Auftakt

Perspektivskizze Foyer

Perspektivskizze Foyer

Perspektivskizze Lesesaal

Perspektivskizze Lesesaal

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Querschnitt

Querschnitt