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Nicht offenes, einphasiges, hochbauliches Workshopverfahren | 08/2020

Carlsberg-Haus im Holsten Quartier Baufeld 8 in Hamburg-Altona

ein 1. Preis

augustinundfrank/winkler ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau und Gebäudekonzept

Das Gebäude ist innerhalb der durch den Bebauungsplan vorgegebenen Kubatur entwickelt. Abweichend von dieser Kubatur schlagen wir einen Gebäuderücksprung (Staffelgeschoss) bereits bei einer Höhe von 38.10 NHN, über dem 4. Obergeschoss vor. Der Rücksprung läuft mit unterschiedlichen Tiefen um das gesamte Gebäude und den Innenhof. Durch die Wahl unterschiedlicher Außenwandkonstruktionen entsteht ein massiver fünfgeschossiger Sockel mit einem leichten, filigranen zwei- bis dreigeschossigen Aufbau. Die Schnittlinie zwischen beiden Gebäudeteilen repräsentiert die mittleren Traufhöhen der geplanten umgebenden Wohnhäuser. Im „Fußgängerbereich“ übernimmt sie die Höhe der gegenüberliegenden Bebauung und stärkt damit in besonderer Weise diesen Straßenraum.

Die kräftige Struktur der „Sockels“ verbindet urbanes Flair mit größtmöglicher Offenheit für unterschiedliche Nutzungen. Die filigrane Dachzone hingegen bietet Themen für eine atmosphärische Einbindung in das umliegend neu entstehende Wohngebiet.

Außenwände

Beide Außenwandkonstruktionen, Sockel und Aufbau, sind gerastert und raumhaltig.
Sie erhöhen die Leistungsfähigkeit der eingebauten Fenster und Verglasungen, die in diesem Fall sehr einfache Konstruktionen sein können wie Drehkippflügel oder fest verglaste Flächen. Die Gesimsplatten des Sockels schützen die Fenster in Kippstellung und ermöglichen eine gute Nachtauskühlung des Gebäudes im Sommer. Die Wartungsgänge in Verbindung mit der Unterkonstruktion für den feststehenden Sonnenschutz des Aufbaus ermöglichen eine leichte Wartung und Reinigung und damit eine überwiegende Festverglasung der Außenwände. Beide Fassadenkonstruktionen sind im Detail auf den Plänen erläutert.

Regenwassernutzung und Begrünung

Für eine erweiterte Regenwassernutzung und zur Verbesserung des Mikroklimas (Verdunstungskälte) schlagen wir eine Begrünung der feststehenden Sonnenschutzkonstruktion des Aufbaus vor. Siehe auch hier die Erläuterungen im Detail.
Der bepflanzte Aufbau verbessert nicht nur den Energiehaushalt indem er die notwendige Kühlenergie verringert. Er trägt insgesamt zur Zeichenhaftigkeit des Gebäudes bei und bereichert die Büroarbeit um eine Atmosphäre des draußen und anderswo Seins.
Damit bildet er nach Innen und Außen einen besonderen Ort.

Rohbau und Gebäudestruktur

Das Gebäude ist eine Stahlbetonkonstruktion mit flachen Decken, einem großmaschigen Stützenraster und aussteifenden Kernen. Die Außenwände sind gerastert. Die Innenstützen nehmen dieses Raster auf. Die Strukturierung der Geschosse erfolgt in separaten ca. 400m2 großen Nutzungseinheiten gemäß den Brandschutzbestimmungen. Sie werden über Sicherheitstreppenhäuser erschlossen. Die Flächen sind schaltbar bzw. teilbar wie in den Anforderungen der Auslobung beschrieben.

Haustechnik

Es wird eine insgesamt schlanke Anlagentechnik angestrebt, entsprechend dem vorliegenden Energie- und Versorgungskonzept. Für eine flexible Installationsführung wird in den Büros ein Hohlraumboden vorgeschlagen. Die Decken der Büros werden offen installiert. In allen anderen Bereichen, insbesondere beim Handwerkerhof werden die haustechnischen Installationen offen und sichtbar geführt. Mit Einschränkungen bei den lärmbelasteten Seiten können alle außen liegenden Räume natürlich belüftet werden. Eine sommerliche Nachtauskühlung ist auf Grund der Fassadenkonstruktionen sehr gut möglich und auf Grund der offenen, massiven Stahlbetondecken auch effektiv. Die Technikräume im UG scheinen nach Abzug der Erschließungskerne ausreichend dimensioniert.

Stellplätze für PKWs und Fahrräder

Im überdachten Bereich des Hofes sind 20 PKW-Stellplätze möglich. Die Bilanz der Tiefgaragen- Stellplätze nach Abzug der Erschließungskerne ist in den Übersichten 1/500 dargestellt. Die Fahrradräume in der Tiefgarage erscheinen ausrechend dimensioniert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Gebäude für ausschließlich gewerbliche Nutzungen des Baufeldes 8 im Holsten Quartier orientiert sich einerseits an der im Kontext vorgefundenen städtebaulichen Urbanität, andererseits beeinflusst die industrielle Vorgeschichte des Quartiers die klare rationale und ausdruckstrake Erscheinung.

Die einheitlich gerasterte Fassadengliederung umfasst alle Nutzungsbausteine gleichermaßen. Lediglich im Erdgeschoss wird bei besonderen Anforderungen, wie Einfahrten oder beim Supermarkt, sehr genau akzentuiert, diese Stringenz unterbrochen.

Die horizontale Gliederung der Fassade des gesamten städtebaulichen Blockes definiert sich außerordentlich klar. Vom Erdgeschoss bis zum 4. OG ist dieser als überhöhter Sockelbereich ablesbar und durch ein Stahlbetonfertigteil – Raster gegliedert, dessen Fenster deutlich zurückgesetzt sind und dadurch eine große Plastizität entstehen lässt. Ab dem 5. OG beginnt ein filigraner Dachbereich, der je nach Orientierung einen leichten Rücksprung bildet. Die vorgelagerten feststehenden filigranen Konstruktionen mit Wartungsgängen erhalten ein ausgeklügeltes Begrünungssystem. Diese übernehmen nicht nur die Funktion des feststehenden Sonnenschutzes des großzügig verglasten Aufbaus, sondern dienen gleichzeitig als erweiterte Regenwassernutzung, als Verbesserung des Mikro- und Stadtklimas und als große Bereicherung der Arbeitsatmosphäre in den Innenräumen.

Die gesamten Grundrisse weisen eine sehr strukturierte und gut organisierte Einteilung auf, die eine sehr große Flexibilität assoziieren. Allerdings kann das Erdgeschoss die komplexen Anforderungen an die Raumorganisation und Funktionalität noch nicht ausreichend nachweisen. Der Platzbedarf der Anlieferung ist zu klein bemessen, die Lage der Brandabschnitte ist zu überprüfen und die Zuwegung für die Fahrradfahrer ins UG über die Pkw-Rampe sollte überprüft werden.

Der gestaffelte begrünte Innenhof verleiht den nach innen ausgerichteten Räumen eine hohe lärmabgewandte Aufenthaltsqualität. Die Fortsetzung der Begrünung eines nutzbaren Dachgartens (nicht nur extensive Begrünung) ist von den Entwurfsverfassern zu überprüfen.

Die große Wirtschaftlichkeit des Konstruktionsprinzips, der Materialauswahl und des TGA-Konzeptes runden den Entwurf hinsichtlich seiner Rationalität auf allen Ebenen sehr durchdacht ab.