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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2020

Erweiterung des Campus West der Johannes Kepler Universität in Linz (AT)

Anerkennung

Preisgeld: 11.000 EUR

Pichler & Traupmann Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Architektonisches, städtebauliches Konzept:

Der Campus der JKU ist geprägt von herausragenden architektonischen Objekten in gewissermaßen loser Anordnung mit jeweiligem Bezug zum Freiraum, der zu einem wichtigen Faktor in der weiteren Gesamtentwicklung des Areals wird – das Gesamtkonzept von RIEPL| RIEPL und D\D widerspiegelt die entsprechende Ambition, die die rationale, teils streng orthogonale Gebäudestruktur in ein „weiches“ Feld der sie umspielenden Landschaft setzt.
Der Auslobungstext verlangt für die westseitige Erweiterung des Areals ein identitätsstiftendes Großes und Ganzes für die neuen Objekte unter der Prämisse des Campusgedankens, der noch zu stärken ist.

Das gegenständliche Projekt reflektiert genau diese beiden Hauptgedanken:
Campus-Typologie
Einheit der Teile

„House of Schools“ ist das Leitmotiv, das die in Phasen zu errichtenden Elemente als zusammengehörende Gesamtstruktur verlangt. Wir interpretieren dieses Postulat in der Form eines geometrisch neu angelegten, triangulierten Musters als selbstreferenzielles System mit starkem wechselseitigem Bezug.
Dieser Bezug wird auch in der Ausformulierung der Zusammengehörigkeit so weit artikuliert, dass die Teilobjekte mit einem umlaufenden Dach zusammengebunden sind, das in der Öffnung wiederum einen zentralen Hof ausbildet.
Die „Komposition“ folgt dem „figure-ground-Prinzip“ von Landschaftsraum und gebauter Struktur, die die Kohärenz des leistungsfähigen Musters beansprucht.
Das triangulierte System bleibt nicht nur selbstreferenziell, sondern kann die bestehenden Strukturen bestens aufnehmen bzw. auch vermitteln. Prinzipiell nimmt die Anordnung der Baukörper die Haupterschließungsachse der Gesamtanlage auf, die dann in den angesprochenen Innenhof mündet. Von hier aus ist das „House of Schools“ zu betreten, hier sind die vom Umgang geschützten Haupteingänge in die Objekte 1-3.
Der Hof fungiert dann wiederum als ein Gelenk oder Ventil, das den Bewegungsstrom auf das weitere Areal lenkt und verteilt.
Eine Fassadenkante eines der Objekte bezieht sich auch auf die Anlage des Biologiezentrums, und generiert mit diesem selbst einen gefassten Hof, sodass die städtebauliche Eingliederung dieser Einheit gewissermaßen selbstverständlich erscheint.
Der dreiecksförmige Fußabdruck der Objekte leistet für den Freiraumbezug einen wesentlichen Beitrag, als man von allen fassadenseitigen Räumen einen uneingeschränkten Blick in den umlaufenden Grünraum hat. Die Freiraumkeile dynamisieren die Öffnung des „House of Schools“ zum Park hin und vollziehen damit die Grundeigenschaft des Campus als Wechselspiel von gebautem Volumen und Freiraum. Wichtig war uns, in dieser Anlage Häuserschluchten oder Frontbildungen zu vermeiden, sodass sich Durchblicke in die Ferne aus allen Positionen des „House“ ergeben.


Freiraumkonzept und Ökologie:

Die architektonische Geste der Triangulation wird im Freiraum aufgenommen und konsequent weiterverfolgt. In dieser charakteristischen Formensprache werden Grünflächen gebildet, die von Wegeflächen definiert sind. Die Haupterschließungen zu den neuen Gebäudeteilen erfolgt einerseits vom Parkplatz und der neuen Hochgarage und andererseits als Verlängerung der fußläufigen Hauptachse des bestehenden Campusareals. Das parkartige Erscheinungsbild im Bestand wird fortgesetzt und mit zahlreichen Baumpflanzungen ergänzt. Dadurch natürlich beschattet laden Rasenflächen zur Nutzung als erweiterter Pausenraum und Sportfläche ein. In den Knotenpunkten der Triangulation werden kleine Platzflächen gebildet, die den Campus strukturieren, weitere Aufenthaltsbereiche bilden und Raum für Veranstaltungen und Sondernutzungen bieten.
Die Maximierung von botanischen Elementen, das vor Ort Versickern von Oberflächenwässern und die zusätzliche Integration von Wasserspielelementen stärkt den Campus der Johannes-Keppler-Universität als kühlendes Stadtraumelement mit nachhaltigem Klimahaushalt.
Die sich mit der gebauten Struktur verzahnende Grünraum wirkt im Sinne der gesamtökologischen Betrachtungsweise als eine den Gebäuden vorgelagerte kleinklimatische Komfortzone und ergibt auch im Baumbewuchs einen ökologischen, natürlichen Sonnenschutz. Die Gründächer dienen ebenso dem Klimahaushalt der Gebäude wie der Retention des Regenwassers im Versickerungsprozess.

Funktionen
Die Anordnung der Funktionen im Gebäude folgt der Logik der Platzierung von dauernden Arbeitsplätzen entlang der Fassaden mit Blick nach außen. An den Spitzen der Baukörper sind unter Ausnutzung der Geometrie die Seminarräume positioniert. In den dunklen Bereichen sind die notwendigen Kernzonen (WC-Gruppen, Lager, Archiv, etc.) verortet.
Die Besprechungsräume sind um einen offenen Innenhof herum angelagert. Damit sind ebenso der freie Blick nach außen und insbesondere auch die natürliche Belüftungsmöglichkeit gegeben. Das Arrangement der Besprechungsräume mit dem Hof ergibt quasi die Kommunikationsmitte der Objekte. Ein besonderes Asset sind die den Besprechungseinheiten vorgelagerten Freiterrassen, die auf dem begehbaren Dach großzügig ausgebaut sind und auch einen Lehrbetrieb im Freien ermöglichen können.
Der Innenhof könnte bei Bedarf auch teilgedeckt sein. Er bildet zugleich die unmittelbare Erweiterungsmöglichkeit der sparsam angelegten Eingangszone. Diese ist überschaubar mit Infopoint und direktem Zugang zum Stiegenhaus und zu den Liften konzipiert. Teilweise sind auch noch gedeckte Austritte ins Freie über Gebäudeeinschnitte möglich, die zugleich eine subtil ausgebildete Strukturierung der Volumina erzeugen.


Die Fassaden zeigen eine balancierte Aufteilung in offene und geschlossene Flächen sowie eine spielerisch angeordnete Vertikalstruktur, die Zuordnungen zu dahinterliegenden Räumen
unterschiedlichen Zuschnitts erkennen lässt. Eine artikulierte Leibungstiefe wurde gewählt, um eine gewisse Plastizität der Objekte zu erzeugen.

Die Parkgarage folgt der Logik des Gesamtsystems und ist als ein durchgehendes Rampenbauwerk mit drei Parkierungsschenkeln angelegt. Die durchgehende Neigung erspart die üblichen Auf- und Abfahrtsrampen von Garagenbauwerken. Hier ist ebenfalls ein begrünter Innenhof geplant, sowie eine diffus transparent erscheinende Außenhaut mit begrünter Fassade. Die Grundform ermöglicht ein gutes Abrücken des Objektes vom Wohnbau und steuert ebenso den Erschließungsstrom in geeigneter Weise. Dieses Objekt enthält auch eine großzügige Fahrradgarage. Der Ausgang am Eck gegenüber dem Spar bindet die Funktion in das Gesamtgefüge des Areals ein.

Energiekonzept

Das Energiekonzept (Heizen und Kühlen) wird auf Geothermie aufgebaut. Wechselweise wird dem Boden die Wärme entzogen (im Winter), im Sommer über den Kühlprozess wieder dem Boden zugeführt (damit die Medien über die kälteren Bodenschichten gekühlt). Zudem ist eine Nachtablüftung vorgesehen. Der freie Innenhof der Einzelobjekte erlaubt eine gute Durchströmung mit Frischluft. Wärmerückgewinnung als Stand der Technik kommt zur Anwendung.
Die Flachdächer werden mit Solarenergiesystemen bestückt und bieten auch ein Experimentierfeld für vonseiten der JKU erforschten Anwendungssystemen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt verortet die dreimodulige Erweiterung als Komposition triangulärer Strukturen
mit starkem Grünraumbezug im Nordwesten des Planungsgebietes. Die Situierung am
Ende der erweiterten „Promenade" im Übergang zum Naturraum mit den damit generierbaren Qualitäten wird besonders gewürdigt.
Gleichzeitig wird die Positionierung des Modul 1 ganz im Westen wegen der langen Wege
kritisch gesehen. Durch die Ausrichtung der Gebäude zum zentralen Platz wird die Anbindung an den Campus geschwächt, die Idee des Weiterbauens relativiert. Es entsteht ein entschieden eigenständiger Ort, der aber die Verbindung mit dem Biologiezentrum sehr gut gewährleistet.
Die Ausformung des Parkhauses in formaler Anlehnung an die Institutsgebäude, jedoch
von wesentlich größerer Dimension, erscheint wenig proportional und kann nicht nachvollzogen werden. Die Architektur der Institutsgebäude ist in der Außenwirkung dreidimensional schön durchgearbeitet. Die Qualität der Innenräume kann dieses Versprechen nicht einlösen. Die Büroräume sind größtenteils einhüftig an der Gebäudeperipherie, die Besprechungs- und Seminarräume zum Innenhof hin angeordnet. Diese Disposition führt zu Gangsituationen, die auf weiten Strecken ohne Tageslicht auskommen müssen. Es gibt wenig Begegnungszonen und die Haupterschließung ist von vernachlässigbarer Qualität. Die Anordnung der Baukörper bildet interessante Freiräume mit diversen Nutzungsmöglichkeiten und attraktiven Freiraumqualitäten. Jedoch kann die Anordnung zu einer Beeinträchtigung des Windfeldes und somit der nächtlichen Abkühlung des Campus führen.
Funktionell sind die Grundrisse nachvollziehbar, lassen die erwünschten Aufenthaltsqualitäten und Begegnungsmöglichkeiten, die die Anlage im Außenbereich bietet, schmerzlich vermissen.
Das Parkhaus als Rampenanlage ohne erkennbare „Kurzschlüsse" führt zu unverhältnismäßig langen Fahrwegen, der Innenhof ist unattraktiv, der Flächenverbrauch sehr groß. Aufgrund der städtebaulichen Anordnung der Institutsgebäude und ihrer Verschränkung mit dem Freiraum stellt das Projekt jedoch einen interessanten Beitrag zu einer Erweiterung der JKU im Nordwesten dar.