modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Machbarkeitsstudie | 08/2020

Wissenschafts- und Kreativstandort Campus Weißensee Berlin

Gewinner

MLA+

Stadtplanung / Städtebau

Studio M³Architektur und Urbanismus

Stadtplanung / Städtebau

LOHRENGEL LANDSCHAFT

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt leitet seine grundlegende Struktur stringent aus der Umgebung ab. Die Verfasser beschreiben es als im Spannungsfeld von offenem Campus und Hortus conclusus. Die Offenheit begründet sich zum einen aus der Fortführung des vorhandenen Grünzugs in Ost-West-Richtung, der selbstverständlich durch das Gebiet hindurchgeführt wird und die benachbarten Quartiere gut vernetzt. Zum anderen bindet die Erweiterung den vorhandenen Campus an einer sinnvollen Stelle orthogonal dazu an. Der „Schnitt“ im Bestand ermöglicht eine enge Verzahnung von Alt und Neu. Es entsteht insgesamt eine einfache Grundordnung aus vier Quadranten mit einer klaren, gut proportionierten Mitte, die aus einem zweigeteilten Platz mit einer landschaftlichen und einer städtischen Seite gebildet wird. Diese Fokussierung auf einen Platzraum erscheint richtig. Die Eingangssituation zur Campuserweiterung ist selbstverständlich an der Schnittstelle zwischen Bestand und Erweiterung gelöst, und macht den Platz zur Drehscheibe der Durchwegung des neuen Campus.

Ausgehend von dieser Grunddisposition entwickeln die Verfasser sehr nachvollziehbar ein Regelwerk für die vier Cluster, für die das Bild des Hortus conclusus gewählt wurde. Wesentlicher Aspekt ist eine konsequente Nutzungsmischung bei drei der vier Cluster, die jeweils einen Wohnanteil und eine Hochschulnutzung bzw. hochschulnahe Nutzung kombinieren. Die Modellierung der Baukörper folgt dabei einem subtraktiven Prinzip von Masse und Hohlraum, angelehnt an ein bildhauerisches Arbeiten „aus dem Volumen“. Dieses Prinzip ermöglicht eine situativ angepasste Ausformulierung der Baukörper und gezielte Reaktionen auf angrenzende Nutzungen. Explizit wird diese Herangehensweise mit der Idee der Werkhöfe in seinen Prinzipien geschätzt und als gute Basis einer zukünftigen Weiterentwicklung des Projekts angesehen. Aufgrund der sehr kleinen Höfe und der mangelnden Belichtung werden sie in der gezeigten Ausformulierung in ihrer Qualität in der Diskussion angezweifelt. Die hohe Dichte innerhalb der Baufelder wird kritisch betrachtet, ebenso wie das relativ enge Profil der begrünten Durchgänge. Die perspektivischen Darstellungen sind nicht dazu geeignet, die gewünschte Qualität von gestalterischer Offenheit und Robustheit der Bauten nachzuweisen.

In den kommenden Arbeitsschritten gilt es, die Prinzipien der Cluster und die Idee der Werkhöfe weiter zu entwickeln und ihre räumliche Qualität bei verträglicher Dichte nachzuweisen. Hierbei gilt es auch, mögliche Konflikte zwischen den unterschiedlichen Nutzungen (Wohnen und Arbeiten) zu lösen, sowie die grüne Durchwegung zwischen den Gebäuden offener zu gestalten.

Die Erdgeschosse sind insgesamt stark nutzungsgemischt angelegt und erscheinen in dieser Form machbar. Die Mischung sollte weiter auf Durchführbarkeit im Rahmen Bauherren-/ Betreiberkonzepte entwickelt werden, so dass auch flexible Nutzungen möglich bleiben. Die publikumswirksamen Nutzungen sind sinnfällig an den strategischen Orten, zum Beispiel am zentralen Platz, verortet. Die Jury lobt die breite Auseinandersetzung mit der Belebung des Campus in verschiedenen Zeiträumen (Vorlesungszeit, vorlesungsfreie Zeit) des Jahres und den „Ideenpool“ zur Integration möglicher, über das konkrete Raumprogramm hinausgehender soziokultureller Angebote in das Quartier. Im Ganzen sollte die Durchmischung nicht zu kleinteilig werden und auch hier Betreiberkonzepte geprüft werden.

Kontrovers diskutiert wird die Setzung der Hochpunkte um den zentralen Platz. Sie erscheinen im Kontext der bereits recht hohen Ausnutzung der Baufelder als verzichtbar.

Die Ausformulierung des Grünzugs ist mit 15 m im Verhältnis zur dichten Bebauung sehr schmal und ist im weiteren Verfahren aufzuwerten. Das Prinzip der unterschiedlichen Obstbaumsetzungen als Referenz an die vorhandenen Obstgärten ist gefällig. Die Ansätze zur Dachbegrünung und die Regengärten genannten Versickerungsräume sind sinnvoll und im weiteren Verfahren zu präzisieren.

Nicht abschließend gelöst erscheint die Erschließung des „gefangenen“ Baufeldes mit Kooperationsflächen. Hier wird die Prüfung einer Erschließung über die als Skulpturengarten bezeichnete Fuge zwischen Alt und Neu im Sinne einer Mehrfachnutzung angeregt.

Insgesamt verspricht der Beitrag eine robuste und anpassungsfähige Basis für eine Weiterentwicklung im Bebauungsplanverfahren und den weiteren Planungsschritten. Die Jury empfiehlt aufgrund der anspruchsvollen Aufgabe die Durchführung weiterer, qualitätssichernder Maßnahmen in Form einer Begleitplanung (z.B. Gestaltungshandbuch) und hochbaulicher Wettbewerbe.