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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2020

Konzeption eines Besucherzentrums sowie die landschaftsplanerische Aufwertung des Alten Friedhofs Judensand in Mainz

Entwurf

Entwurf

2. Preis

Preisgeld: 7.000 EUR

Die LandschaftsArchitekten. Bittkau-Bartfelder PartG mbB | Landschaftsarchitektur und Stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Ferdinand Heide Architekt

Architektur

Erläuterungstext

EINLEITUNG
Der alte jüdische Friedhof „Auf dem Judensand“ wurde zur Aufnahme in die UNESCO Welterbeliste angemeldet. Seine Historie geht bis in das 10. Jhr zurück. Mainz, Speyer und Worms standen im engen kulturellen Austausch. Ihre jüdischen Gemeinden bildeten zusammen die sog. SchUM - Gemeinden.
Der Friedhof „Auf dem Judensand“ ist ein bedeutendes Relikt des größten und frühesten mittelalterlichen Friedhofs Europas.
Für eine angemessene, dem Denkmal würdige, Lösung der Planungsaufgabe steht die entsprechende Achtung der Gräberflächen des Denkmal- und Besucherfriedhofs im Vordergrund.
Ein weiteres Ziel des Gestaltungsansatzes ist es, den „Friedhof Judensand“ wieder in den Fokus der Betrachtung zu rücken. Der Friedhof liegt in einem städtebaulich stark heterogenen Umfeld, das geprägt ist durch unterschiedlichste Nutzungen wie Wohnen, Hotel, Gewerbe und Bahngelände. Hinzu kommt das hohe Verkehrsaufkommen der Momba- cher Straße.
Das kulturelle Erbe „Friedhof Judensand“ soll im Stadtraum seiner Bedeutung entsprechend herausgearbeitet werden, mit Wegebeziehungen verknüpft und mit einem Besucherzentrum besser nutzbar gemacht werden.

LEITIDEE
Die zentrale Idee ist naheliegend aber dennoch prägnant und aus einer Besonderheit des Ortes und der Aufgabenstellung geboren:
einerseits gilt es eine Einfriedung zu entwickeln, die Abschluss und zugleich Filter ist, anderseits gilt es einen neuen Weg und Zugang zu formulieren, der den Friedhof respektiert aber städtebaulich besser einbindet.
Daher machen wir die Besonderheit an der westlichen Grenze des Besucherfriedhofs zum Thema: hier wurde der Friedhof durch die vorhandene Mauer begrenzt.
Der öffentliche Weg, der die Mombacher Straße mit der Paul-Denis-Straße verbindet, führt über das eigentliche Friedhofsgelände, versiegelt es und ist auf einer Seite durch einen unschönen Zaun begrenzt. Stattdessen schlagen wir diesen Weg als einen vom Friedhof abgehobenen und von der Mauer abgesetzten schwebenden Steg vor, dessen Geländer so ausgeführt wird, dass es gleichzeitig auch den Zaun zum Friedhof bildet. Das Thema Steg wird dann konsequent bis zum Besucherzentrum weitergeführt. Er schwebt, ohne die Fläche zu betreten, über den Grabfeldern und rückt auf diese Weise den Besucher mit gebührendem Respekt an den Friedhof heran.
Durch seinen neuen Verlauf führt der Steg den Besucher/Passanten in Zukunft stufenfrei über die Verbindung < Mombacher Straße - Besucherzentrum - Paul-Denis-Straße > in beide Richtungen. Die Stegkonstruktion integriert den umlaufenden Zaun, der durch seine neue Transparenz dem Besucher/ Passanten immer wieder neue Einblicke und visuelle Eindrücke auf den Besucher- und Denkmalfriedhof bietet.

DAS BESUCHERZENTRUM
Das Besucherzentrum ist als eine Art Gelenk an dem Knickpunkt der zwei neuen Stege und unmittelbar neben dem Eingang zum Denkmalfriedhof gelegen. Es ist ein zurückhaltender flacher Baukörper in Holzbauweise, der durch konzeptionelle Details besticht: Das Volumen wird in einen geschlossenen Baukörper mit den Funktions- und Nebenräumen gegliedert und in eine transparente Foyerzone, die Veranstaltungen, Ausstellungen und wartende Besucher aufnehmen kann. Der Foyerzone vorgelagert ist eine, von der auskragenden Dachkonstruktion, überdecke Terrasse, deren Standhöhe oberhalb der bestehenden Friedhofsmauer einen guten Überblick in beide Fried- hofsteile gewährt. Auf eine Terrasse auf dem Dach des Gebäudes wird verzichtet, denn wegen der vorhandenen dichten Kronen der schützenswerten Bäume ist der Blick von der unteren Terrasse – über die Grabsteine hinweg und unter dem Baumdach hindurch – deutlich attraktiver und besser.
Der Zutritt in das Besucherzentrum wird durch verschiedene Raumsequenzen und Transparenzen thematisiert. Die Zugangstür ist ein gebäudehohes, zweiflügliges Portal mit geschlossenen Holztürblättern. Davor stehend hat der Besucher durch das seitlich anschließende Einzelstabtor bereits Einblick in den Denkmalfriedhof, nicht jedoch
in das Gebäude. Dieses betritt er auch noch nicht nachdem das Holzportal geöffnet wurde, denn zunächst verbleibt er im Außenraum, auf der Terrasse über dem Friedhof. Von hier hat er auch Einblick und Zugang in das zurückgesetzte, weitgehend verglaste Foyer. Um bei der Baumaßnahme nur einen minimalen Eingriff in das Gelände vorzunehmen, wird der Boden und das Dach des Pavillons als Holzträgerrost ausgebildet, der auf
6 Bohrpfählen über dem Gelände und den verbleibenden Fundamentresten ruht.
Die Fassade des Pavillons besteht in Analogie zu den Zäunen aus einer vertikalen Reihung natürlich ergrauender Holzlamellen, die entweder vor der hinterlüfteten Dämmung geschlossener Holzwände oder vor der Isolierverglasung des Foyers angebracht sind. Unterschiedliche Lamellenstellungen und -abstände spielen auch hier mit dem Thema Transparenz und Abgrenzung.
Vor dem Besucherzentrum wird eine kleine Platzfläche mit baumüberstandenen Sitz- möglichkeiten gestaltet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Aus dem Protokoll des Preisgerichtes:

"...Den Verfassern gelingt es, die umfassende Erschließung in Verbindung mit der eingrenzenden Umzäunung des Friedhofsgeländes zu entwickeln und in einer transparent-markanten Formensprache zu gestalten. Zudem wird das Besucherzentrum als eine Art Gelenk in die umfassende Spange integriert und fügt sich in seiner zurückhaltenden und klaren Architektur wohltuend ein.
Positiv gewertet wird die geschickte Platzierung des Besucherzentrums, mit der der Eingriff in das Friedhofsgelände auf ein Mindestmaß beschränkt wird...."
Perspektive

Perspektive

Eingang Besucherfriedhof | Öffentliche Erschliessung

Eingang Besucherfriedhof | Öffentliche Erschliessung

Lageplan

Lageplan

Visualisierung

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