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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2020

Quartiersentwicklung "Sullivan Süd" in Mannheim

Räumliche Visualisierung Quartiers-Entrée

Räumliche Visualisierung Quartiers-Entrée

1. Preis / Zur Realisierung empfohlen

Preisgeld: 15.000 EUR

ISR Innovative Stadt- und Raumplanung GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Mannheim go on!

Gemeinsam zukonftsorientiert wohnen, arbeiten und leben. Autofreier Freiraum für Menschen.

Bislang wird zwar viel von Freiraum gesprochen, doch am Ende ist meistens Straße gemeint und wird auch baulich umgesetzt. Auch hier soll ein gemeinschaftlicher Freiraum als Erschließungsfläche errichtet werden und am Ende sieht die Vorplanung hier auch nur eine Straße für Autos zum Fahren und Parken vor. Wir sehen das anders! Der Freiraum ist für die Menschen nicht für die Autos! Ohne ein gutes und nutzbares Freiraumraumangebot kann kein Quartiersleben entstehen.

Der Entwurf knüpft an die bisherige Entwicklung an und bildet ein neues Karree zum Abschluss der Siedlungsentwicklung Sullivan. Der Baustein Sullivan Süd ist ein wichtiges Element und Anbindungspunkt an das bestehende ÖPNV-Netz sowie die bestehende Siedlungsstruktur. Die erhaltenswerten Bestandsgebäude fügen sich selbstverständlich in die neuen Baustrukturen ein und werden teilweise in die neu entstehenden Blöcke integriert. Die beiden Bestandsgebäude am Eingang bilden den Auftakt mit einer „Torsituation“, die in der Platzsituation – dem florierenden Raum des Quartiers – stehen.

Das Ziel der Integration sowie der Vernetzung der neuen Siedlungsstrukturen in die vorhandene Stadt wird mit einem gut durchdachten, städtebaulichen Grundgerüst erreicht, das robust und gleichzeitig flexibel in Bezug auf die möglichen Nutzungen ist. Das städtebauliche Grundgerüst wurde so entwickelt, dass die vorhandene Siedlungsstruktur sinnfällig und logisch unter Beachtung des Bestands ergänzt wird.

Der Bestandsolitär am Eingang wird um einen großzügigen Außenbereich ergänzt und bietet Platz für Gastronomie. Hier sehen wir vor allem auch die Anknüpfungspunkte zum passierenden Radweg als sinnvolle Synergie.

Um dem neu konzipierten „Platz der Musik“ finden sich in den Erdgeschosszonen verschiedene Einrichtungen wie ein Musikladen, Bücherei, Café, Bühne, Büro- und Dienstleistungen sowie Co-Working Arbeitsplätze. Der vorgesehene Schwerpunkt „Musik“ lässt sich rund um den Platz zur Belebung gut integrieren. Auf dem Platz können Konzerte und Aufführungen stattfinden. Der südwestliche Baukörper am Platz integriert auch eine kleine Bühne, die von Externen oder auch durch die Nachbarschaft bespielt werden kann. Im Norden schließt die Quartiersgarage mit Mobilitätsstation an.

Wir haben ein Quartiersparkhaus am Eingang in die Nachbarschaft vorgesehen. Kein*e Anwohner*in hat es weiter als 150 m bis zu seinem/ihrem Auto. Das Quartiersparkhaus ist gleichzeitig Mobilitätsstation und ermöglicht den Umstieg vom Auto aufs Rad und auch vom eigenen Auto auf das geteilte (Car-Sharing) Auto. Ebenfalls steht beim Auto die E-Mobilität durch eine entsprechende Ladeinfrastruktur im Fokus. Das Angebot wird mit Leihrädern und Leihlastenrädern ergänzt. Innerhalb des Quartiers fahren keine Autos, der Freiraum ist keine Straße sondern ein Freiraum für Fußgänger, Radfahrer, Raum für Begegnung, Nachbarschaft und Kinderspiel.

Zentral im Plangebiet befindet sich, eingebunden in erhaltenswerte Bestandsgebäude, die Kita mit einem entsprechenden Außengelände.
Im östlichen Bereich werden die Stadthäuser des anschließenden Quartiers fortgesetzt.

Das Plangebiet ist in mehrere Nachbarschaften/Bauabschnitte gegliedert, welche unterschiedlich und unabhängig voneinander entwickelt werden können. Das Konzept bietet Raum für Innovation in Architektur und Städtebau, sodass Vorschläge für innovative, individuelle und auch gemeinschaftsorientierte Wohnformen Platz finden. So sind zum Beispiel Senioren- und Mehrgenerationenwohnungen gut in die vorgeschlagenen Strukturen integrierbar.

Um ein harmonisches Gestaltungsbild zu wahren, schlagen wir vor, die Auswahl an Materialien zu begrenzen. Passend ist das Ziegel-Mauerwerk, welches im Detail mit weißem Putz oder Holz ergänzt wird.

Nach Süden wird eine geschlossene Bauweise vorgesehen um die innenliegende Nutzung vor Verkehrslärm zu schützen. Im Bereich der Wohnbebauung werden Schallschutzloggien und eine Grundrissoptimierung vorgesehen.

Wie auch die bereits bei den anderen Quartieren auf Sullivan wird hier eine eigene Identität entwickelt, die als eigener Baustein einen hohen Wert auf ein identitätsstiftendes Quartiersbild legt.

Zentrales Element des Entwurfes sind die qualitätsvoll gestalteten Straßenbäume sowie die einladenden Platzsituationen, die zur Lebendigkeit des Quartiers beitragen. In Grüninsel sind Spiel- und Aufenthaltselemente integriert. Klimaresistente Zukunftsbäume finden sich in der ganzen Nachbarschaft. Die Straßenräume sollen nicht dauerhaft für den fließenden oder ruhenden Verkehr genutzt werden, jedoch sind Anlieferung und Rettung sowie das temporäre Befahren für den MIV möglich.

Von besonderer Relevanz ist die Ermöglichung von Begegnungsorten für ein soziales Miteinander. Das Freiraumkonzept übernimmt hier eine zentrale Rolle. Die Lebensqualität in Mannheim ist hoch, der Maßstab ist der Mensch. Der neue „Platz der Musik“ ist florierendes Herzstück des Quartiers. Hier wird ein besonderer Polygonal-Plattenbelag verwendet, in deren Fugen sich immer wieder Grün findet, um einen urbanen - aber dennoch zukunftsfähigen - Platz zu schaffen. Der Platz scheint an einigen Stellen wie aufgebrochen – hier fügen sich Nutzungs- und Aufenthaltsinseln ein.

Der Freiraum fördert den sozialen Austausch und schafft somit öffentliches Leben, indem er zum Beispiel zum gemeinsamen „Aktiv-sein“ einlädt.

Ein attraktives Fuß- und Fahrradwegenetz verbindet das neue Gebiet mit den angrenzenden Stadt- und Landschaftsräumen. Viele verschiedene Orte in den einzelnen Bereichen sowie der zentrale große Platz laden zum Verweilen ein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau:
Die robusten, im Inneren feinsinnig gestalteten Baukörper werden in eine flexible, städtebaulich-freiräumliche Grundstruktur mit ausdrucksstarker Lesart überführt. Auf diese Art entstehen unterschiedliche Nutzungs- und Freiraummilieus, deren Übergänge und Überleitungen thematisch und räumlich inszeniert werden. Dabei wird eine starke, atmosphärische Gliederung bei Beibehaltung eines eigenständigen Charakters des Gebietes ausformuliert, die in sich differenziert ist, aber schlüssig als Ganzes. Zudem entsteht eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, die begrüßt wird. Kritisch wird der Übergang zwischen Wettbewerbsgebiet und Joy-Fleming-Ring gesehen. Die vorgesehene Bebauung überzeugt nicht, sie sollte einerseits einen angemessenen Abstand zum Bestandsgebäude und zudem eine durchgängige Ost-West Grünverbindung ermöglichen.

Nutzungsqualitäten und Eignung:
Die vorgeschlagene Mischung der Nutzungen und die Kleinteiligkeit der Baukörper bietet eine hohe Flexibilität in der Zukunft und verspricht eine gute Anpassungsfähigkeit der Blöcke. Besonders die Ausformulierung eines „Kulturhofes“ überzeugt, da diese Nutzung so auf Franklin noch nicht angelegt ist. Die Differenzierung der Höfe trägt zur Identität bei. Das Quartiersparkhaus hat eine hohe Komplexität, die im Weiteren genauer Betrachtung bedarf. Gegebenenfalls können Synergien mit dem alten Kino / Theater entstehen. Die Ecksituation bedarf eines bewussteren Umgangs mit der Umgebung, beispielsweise mit einem durchgesteckten Foyer. Die Lage der KiTa ist sehr gut gewählt, im Wohnbereich mit guter Außenfläche wird sie zum selbstverständlichen Teil der Struktur. Kritisch angemerkt wird die Wohnnutzung im Südosten des Quartiers, eine gewerbliche Nutzung wird bei der angedachten Bebauungsstruktur für denkbar gehalten. Die Gastronomie liegt leider ohne Bezug zum Quartier an der stark befahrenen Straße, was nicht nachvollziehbar ist. Insgesamt sollten die Verbindungen zu anderen kulturellen Bereichen auf Franklin noch deutlicher gestärkt werden.

Umgang mit dem Bestand:
Die beiden zum Erhalt geforderten Bestandsgebäude sind überzeugend in das städtebauliche Konzept integriert. Ausdrücklich positiv wird der Erhalt des dritten Bestandsgebäudes gesehen, sowie die Erweiterung und Transformation.

Verknüpfung und Freiraumbezüge:
Die Arbeit vermag es, die kontextuellen Gegebenheiten wie Schneisen, Biotope, Bestandsgebäude in ein selbstverständliches und neues Bezugssystem zu überführen und dieses durch geometrische Aufweitungen perspektivisch interessant erlebbar zu machen. Über die bereits dargelegte städtebauliche Struktur hinaus, sind die freiräumlichen Verbindungen zu den angrenzenden Bereichen subtil und schlüssig aufgenommen und in das Quartier hineingeführt. Die nördliche Bebauung wird kritisch gesehen, da die Freiraumfuge deutlich eingeschränkt wird.

Mobilitäts- und Erschließungskonzept:
Die Quartiersgarage fängt den relevanten MIV des Gebietes frühzeitig ab; damit gelingt es, den öffentlichen Raum im Quartier weitgehend autofrei zu halten und als Aufenthalts- und Bewegungsfläche für Fußgänger und Fahrradfahrer nutzbar zu machen. Positiv ist ebenfalls der Ansatz der Aufhebung klassischer Straßen- und Verkehrsquerschnitte.

Immissionsschutz
Die Wohnbebauung im Südosten wird kritisch gesehen.

Fazit
Der Entwurf überzeugt durch die konsequente Haltung, Heterogenität als Eigenart weiter zu entwickeln und unterstützt damit die Vielschichtigkeit und Einzigartigkeit Franklins. Die reaktive Arbeit erlaubt es, durch hohe Freiheitsgrade sensibel auf Veränderungen zu reagieren. Nicht zuletzt aufgrund der guten Anpassungsfähigkeit an Entwicklungen im Quartier und der Leichtigkeit der Raumstruktur erscheint dieser Entwurfsansatz besonders interessant und stimmig.
Lageplan | Maßstab 1:1.000

Lageplan | Maßstab 1:1.000

Vertiefungsbereich Eingangssituation George-Sullivan-Ring / Abraham-Lincoln-Allee + Vertiefungsbereich Platz der Musik | Maßstab 1:500

Vertiefungsbereich Eingangssituation George-Sullivan-Ring / Abraham-Lincoln-Allee + Vertiefungsbereich Platz der Musik | Maßstab 1:500

Grundrisse Erdgeschoss | Maßstab 1:500

Grundrisse Erdgeschoss | Maßstab 1:500

Piktos

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